Lawinenkatastrophe von 1954 in Vorarlberg

Lawinenkatastrophe von 1954 in Vorarlberg
Lawinenkatastrophe 1954
Klassifikation Starkschneeereignis
Daten
Beginn 8. Januar
Höhepunkt 10.–12. Januar
Schneefall > 2 m/24 h
Lawinen gesamt ~ 400
davon Schadlawinen ~ 150
Folgen
Betroffene Gebiete Vorarlberg-Alpenraum, insb. Gemeinde Blons
Opfer ca. 280 Verschüttete, 125 Tote[1]
Schaden: über 600 Gebäude zerstört
Markstein der Lawinenverbauung im Ostalpenraum

Die Lawinenkatastrophe von 1954 in Vorarlberg (Land Vorarlberg in Österreich) mit dem Schwerpunkt im Großen Walsertal, dort besonders die Gemeinden Blons, Sonntag, Fontanella und St. Gerold. Sie umfasste auch das Montafon, dort besonders Bartholomäberg, das Klostertal, dort besonders Dalaas, den Bregenzerwald, dort besonders Mellau und Hittisau.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

Zwischen dem 10. und dem 12. Jänner 1954 ereigneten sich etliche Lawinenkatastrophen, denen extreme Schneefälle vorausgegangen waren. Die Schadensbilanz war erschreckend, ca. 280 Personen wurden verschüttet, wovon 125 Menschen ihr Leben verloren.

Am extremsten war es im Großen Walsertal und dort vor allem in der Gemeinde Blons, wo von zwei Lawinen ein Drittel der Häuser zerstört und insgesamt 57 Menschen getötet wurden. Die Überlebenden mussten teils schwer verletzt zwei Tage lang auf Hilfe warten. In den ebenfalls im Großen Walsertal liegenden Gemeinden Sonntag, Fontanella und St. Gerold kamen insgesamt 13 Menschen ums Leben. Außerhalb des großen Walsertales war die Gemeinde Bartholomäberg stark betroffen, wo bei zwei Lawinenabgängen 18 Menschen den Tod fanden.

Am 12. Jänner 1954 wurde in Dalaas eine im Schnee eingeschlossene Lokomotive mit mehreren Waggons und ein Teil des Bahnhofsgebäudes mitgerissen. Dabei wurde zehn Personen, die in der Wartehalle des Bahnhofs saßen, getötet. Im Bregenzer Wald kamen insgesamt 15 Menschen ums Leben. Besonders betroffen waren dort die Gemeinden Mellau und Hittisau.

Meteorologie und Folgenanalyse

Der Winter 1953/1954 begann sehr mild. Noch am 9. Dezember 1953 war es ungewöhnlich warm, Frühlingsblumen sprossen. Ab dem 8. Jänner 1954 setzte Schneefall in einer Stärke ein, wie es die Einwohner vorher nicht erlebt hatten.[2] Binnen 24 Stunden fiel bis zu zwei Meter Neuschnee. Die großen Mengen Neuschnee konnten sich bei den zuvor herrschenden Temperaturen nicht mit dem Untergrund verbinden, die Lawinengefahr spitzte sich gefährlich zu.

Schon am Morgen des 10. Jänner setzten erste Lawinenabgänge ein. In den drei Tagen bis zum 12. Jänner gingen ca. 400 Lawinen ab, davon 150 Schadlawinen. Dadurch wurden rund 280 Personen verschüttet und etwa 600 Wohn- und Wirtschaftsgebäude zerstört. Den Tod fanden 125 Personen wie auch 500 Stück Groß- und Kleinvieh. Die Bergungs- und Wiederaufbauaktionen konnten nur durch internationale Hilfe und großer Anteilnahme der Öffentlichkeit bewältigt werden.

Beachtlich für die damalige Zeit war die bald einsetzende und lang anhaltende internationale Rettungsaktion bzw. Unterstützung der Opfer. Zudem wurde als Konsequenz aus der Lawinenkatastrophe mit dem Bau umfassender Lawinenverbauungen in den österreichischen Alpen begonnen.[3]

Ereignisse in den einzelnen Regionen

Gedenktafel der Opfer von Fontanella
Gedenkstein der Opfer von Bartholomäberg und Schruns

Großes Walsertal

Am Morgen des 10. Januar forderte eine Lawine im Seewaldtobel bei Fontanella im Großwalsertal zwei erste Todesopfer.

Am Vormittag des nächsten Tages, Montag den 11. Jänner, um 10 Uhr wurden am Falbkopf oberhalb von Blons 82 Bewohner während starken Schneefalls in 14 Höfen im Ortsteil Walkenbach von einer ersten Staublawine verschüttet. 34 von ihnen starben.

Am Abend desselben Tages, ca. 19:30 Uhr, löste sich am Mont Calv eine weitere Lawine und begrub 43 Menschen. Davon starben 22 Personen. Die ersten Helfer kamen am 12. aus dem zunächst alarmierten Nachbarort Gerolds.

In den anderen sonnenseitig gelegenen Gemeinden des Großen Walsertals kosteten Lawinen in Sonntag und Fontanella zehn und in St. Gerold drei Menschenleben. Das Lawinenunglück betraf fast jede Familie im Großen Walsertal.

Montafon

Neben dem Großen Walsertal waren im Montafon die Gemeinden Bartholomäberg bis Schruns stark betroffen. Bei zwei Lawinenabgängen in der Parzelle Lutt und auf der Montjola wurden 35 Personen verschüttet, von denen 18 ums Leben kamen.

Klostertal

Am 12. Jänner starben im Klostertal am und im Bahnhof von Dalaas Menschen. Dort ging eine Lawine kurz nach Mitternacht ab und traf die Lokomotive und einige Waggons eines im Schnee eingeschlossenen Personenzugs und einen Teil des Bahnhofsgebäudes. Während die Passagiere in den Waggons mit dem Schrecken davonkamen, starben im Warteraum des Bahnhofs zehn Menschen.

Im ganzen Bezirk Bludenz wurden in der Folge 280 Haushalte mit zusammen über 1.200 Personen als Lawinengeschädigte erfasst.

Bregenzerwald

Im Bregenzerwald verloren 15 Menschen durch Lawinenabgänge das Leben. Hier waren vor allem die Gemeinden Mellau und Hittisau betroffen.

Ablauf zur Gemeinde Blons

In der Vorarlberger Berggemeinde Blons lebte man schon lange, wie in der ganzen Region, überwiegend von der Viehwirtschaft, was auch zur allmählichen Verringerung der Bannwaldflächen (Schutzwald) führte.

In der Nacht vom Sonn- auf den Montag fiel im gesamten Gebiet der Strom aus. Am Vormittag des 11. Jänner, verschüttet um 10 Uhr unterhalb des Falbkopfes die erste große Lawine 82 Bewohner in 14 Höfen.

Am Abend löste sich am Mont Calv eine weitere Lawine und begrub 43 Menschen, darunter auch viele, die der ersten Lawine entkommen waren.

Einen ganzen Tag lang waren die Überlebenden in der Gemeinde Blons zunächst mit den Folgen der Tragödie allein, weil die Telefonleitungen nicht mehr funktionierten und die Straßen unpassierbar waren. Mit bloßen Händen suchten sie nach Angehörigen und ihren Kindern. Die ersten Helfer kamen am 12. aus dem zunächst alarmierten Nachbarort St. Gerold.

Als die Behörden am Nachmittag dieses Tages (12. Jan.) von der Katastrophe erfuhren, setzte sofort ein Großeinsatz ein: Bereitschafts-Gendarmerie, Hilfsorganisationen, Feuerwehren und Hunderte im Radio aufgebotene Freiwillige aus dem In- und dem Ausland fuhren in das tief verschneite Walsertal. Darunter waren auch Angehörige der französischen und amerikanischen Besatzungsmacht. Es wurden erstmals in Europa zur Bergung Hubschrauber eingesetzt.

Siehe auch

  • Winter des Jahres 1689 und die Lawinenkatastrophe von 1689 im Montafon
  • Lawinenwinter 1951, Januarereignis 19. bis 22. Januar

Literatur

  • Reinhold Bilgeri: Der Atem des Himmels. Roman, Belletristische Darstellung, 2. Auflage, Molden Verlag, Wien, 2005. ISBN 3-85485-146-4
  • Eugen Dobler (Augenzeuge, Lehrer in Blons, Jg. 1901): Leusorg im Grossen Walsertal : Die Lawinenkatastrophe 1954. Eugen Dobler - München : Selbstverlag, 2009 - 7. Auflage (Rezension)
  • Helga Nesensohn-Vallaster: Der Lawinenwinter 1954. Der 11. Jänner 1954 aus Sicht einer Betroffenen. Heimatschutzverein Montafon, Schruns, 2004. ISBN 3-902225-10-6

Medien

Weblinks

 Commons: Lawinenkatastrophe von 1954 in Vorarlberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Weblink Vorarlberg-Chronik
  2. Zink, Jelinek: Lawinenkatastrophe von Blons. Dokumentation, 2010. Div. Augenzeugenberichte.
  3. Edlinger, Staude-Stock: Lawinenschutz. Fachgeographische Übung, 2003, Technische Angaben zur Lawine und Maßnahmen zum Schutz vor Lawinen in Galtür. (pdf, eduhi.at)
  4. Liebe und Wahnsinn im Lawinenhang. Der Standard, 15. März 2010
  5. Filmdreh auf der Alpe Oberpartnom, alpenlandforum.net, aufgerufen am 10. Dez. 2010

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