Spediteurs-Sammelladungs-Konferenz

Spediteurs-Sammelladungs-Konferenz

Die so genannte Spediteurs-Sammelladungs-Konferenz (SSK) bestand aus Speditionsunternehmen, die sich im nationalen österreichischen Sammelladungsverkehr für Stückgut betätigten, und veröffentlichte in einer bis 2007 jährlich erschienenen, gedruckten Broschüre die aktuellen Tarife für den Transport von Stückgut; auch eine Liste der Mitgliedsfirmen war darin enthalten.[1] Es gab auch Computerprogramme zur Tarifberechnung nach SSK.[2] Die SSK war bis 2007 in der Rechtsform einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht organisiert und beim Zentralverband der Spediteure (ZV, jetzt: Zentralverband Spedition & Logistik) angesiedelt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die SSK-Rahmenübereinkunft existierte etwa seit den 60er Jahren keineswegs geheim[3] und umfasste zunächst sowohl den nationalen österreichischen als auch den grenzüberschreitenden Stückgutverkehr; im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt Österreichs wurde die Rahmenübereinkunft im Jahr 1994 auf den innerösterreichischen Sammelladungsverkehr beschränkt. Gemäß Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 2. Februar 1996, 4 Kt 79/95-12, wurde festgestellt, dass die von den Mitgliedern des Zentralverbandes der Spediteure im Jahr 1994 gegründete Spediteurs-Sammelladungs-Konferenz (SSK) ein Bagatellkartell im Sinn des § 16 Kartellgesetz darstellt. Die an der SSK beteiligten Unternehmen beriefen sich auch 2010 nach der Einleitung des Geldbußenverfahrens (siehe unten) darauf, dass es sich bei der SSK um ein zulässiges und angemeldetes Bagatellkartell gehandelt habe. Die betroffenen Unternehmen waren aufgrund des offiziellen Charakters der SSK und der Tatsache, dass sie öffentlich bekannt war, der Ansicht, an keinem illegalen Kartell oder an verbotenen Preisabsprachen teilgenommen zu haben und habe sich diesbezüglich auf den Zentralverband der Spediteure verlassen, dessen Kernaufgabe es gewesen sei, zu prüfen, ob die Kriterien für ein zulässiges Bagatellkartell vorliegen.[4]

Geldbußenverfahren

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) leitete aufgrund eines Kronzeugenantrags der Österreich-Tochter von Schenker AG in 2007 Ermittlungen ein und beantragte 2010 beim Kartellgericht Geldbußen gegen die beteiligten Unternehmen mit Ausnahme des Kronzeugen. Laut BWB sollen 42 österreichische Spediteure von 1994 bis 2007 ein professionell organisiertes Preis- und Absprachenkartell in Sachen Stückgutsammelladungen im Straßentransport gebildet haben.[5] Daneben soll - ebenfalls laut BWB - die SSK seit 1999 mit dem Schienen-Spediteur Rail Cargo Austria einem weiteren Kartell für das Sammelladungsgeschäft auf der Schiene nachgegangen sein.

Das Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht wies mit Beschluss vom 22. Februar 2011 in erster Instanz den Geldbußenantrag der BWB mit der Begründung ab, dass die Unternehmen kein Verschulden treffe, wenn sie auf die Weitergeltung der Kartellgerichtsentscheidung aus 1996 vertrauten[6] (nicht vorwerfbarer Verbotsirrtum).[7]

Ähnliche, historische Konferenzen, Absprachen und Wettbewerbsbeschränkungen

In der Transportbranche gab es mehrere, der SSK ähnliche Konferenzen, Absprachen und Wettbewerbsbeschränkungen , unter anderem folgende:

  • Autosammelladungskonferenz als in Österreich (vor 1994) genehmigt gewesenes Kartell[8]
  • Bahnsammelladungskonferenz als in Österreich (vor 1994) genehmigt gewesenes Kartell [9]
  • Linienkonferenz oder Konferenz, gebildet als Gruppe von Unternehmen der Seeschifffahrt, die internationale Liniendienste für die Beförderung von Ladung innerhalb fester geografischer Grenzen zur Verfügung stellt und die übereingekommen ist, auf der Grundlage einheitlicher oder gemeinsamer Frachtraten und etwaiger sonstiger vereinbarter Bedingungen hinsichtlich der Bereitstellung von Liniendiensten zu arbeiten. Diese Festlegung der Beförderungspreise und -bedingungen, die Aufteilung der Lademengen oder der Einnahmen unter den Mitgliedern im Seeverkehr für Kabotagedienste und Trampdienste (unregelmäßige Massenguttransporte zur See) war (bis 18. Oktober 2008) erlaubt nach Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr 4056/86 als Ausnahme vom Kartellverbot des damaligen Art 81 ex 85 EG, nunmehr Art 101 AEUV[10].
  • Regulierung und Absprache von Beförderungsentgelten nach der Verordnung (EWG) Nr 3568/83 des Rates vom 1. Dezember 1983 (gültig bis 31. Dezember 1989) über die Bildung der Beförderungsentgelte im Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten[11]
  • Einheitlicher Transporttarif (tariffa di riferimento) der Federazione Nazionale Spedizionieri (Milano 1992).[12]
  • Im Seeverkehrsliniendienst waren gemäß Verordnung (EG) Nr. 823/2000 der Kommission vom 19. April 2000 (in Kraft vom 26. April 2000 bis 25. April 2010) zur Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 EG-Vertrag bestimmte Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen zwischen Seeschifffahrtsunternehmen (Konsortien) zulässig.
  • Die Kabotage war lange Zeit gemeinschaftsrechtlich beschränkt und hat jetzt noch administrative Hürden gemäß Verordnung (EWG) Nr. 3118/93 des Rates vom 25. Oktober 1993 zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Güterkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind.[13]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [1], Industriemagazin 31. März 2010
  2. http://www.salzburg-transport.at/news_detail.php?N_ID=44 Wirtschaftskammer Salzburg, abgefragt 2. März 2011
  3. Die SSK wurde ausdrücklich dargestellt in einer Regierungsvorlage des Kartellgesetzes 1972, 473 der Beilagen des Nationalrats der XIII. Gesetzgebungsperiode
  4. Der Standard 24. Januar 2011
  5. [2], Bekanntgabe der BWB
  6. Die Presse 26. Februar 2011
  7. Dazu Walter Brugger: Verbotsirrtum und Kartellrecht auf www.profbrugger.at, abgefragt am 2. März 2011
  8. Registerzahl K 40 des Kartellgerichts beim Oberlandesgericht Wien; gelöscht mit Gerichtsbeschluss 4 Kt 877/93
  9. Registerzahl K 41 des Kartellgerichts beim Oberlandesgericht Wien; gelöscht mit Gerichtsbeschluss 4 Kt 878/93
  10. Pressemitteilung Kommission 1. Juli 2008, IP/08/1063
  11. Basedow in: Europäische Verkehrspolitik (Tübingen 1987), Seite 17.
  12. http://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:FqNNT4smMigJ:www.agcm.it/concorrenza--delibere/concorrenza-istruttorie/download/41256297003874BD/08A1F9708FEB0C2FC12560C3002030FF.html%3Fa%3Dp780.pdf+Federazione+Nazionale+Spedizionieri+1992&hl=de&gl=at&pid=bl&srcid=ADGEESgfh_RTDMe3TGUrlgTAYDUKCgf-HnrgCCO-2O8b_pVu9_gVU129HFRigRNO-2_c01e9GyD2WPtptqCOdwgW3IQfCkO_YQKK465MrhWLvVQ-lcApgFR3VYqEd3Y_3Ja37bseJAWg&sig=AHIEtbTBYcwTArvUZzSlBxZ7ri6R3kYQ8g
  13. http://europa.eu/legislation_summaries/internal_market/single_market_services/l24044_de.htm und: ABl L 279 vom 12. November 1993, S 0001 - 0016.

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