Kabotage

Kabotage

Als Kabotage bezeichnet man das Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb eines Landes durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen (bzw. das Recht, dies zu tun). Der Begriff kommt ursprünglich aus der Seefahrt, vom französischen caboter (an der Küste entlang, „von Kap zu Kap“ fahren); man verwendet ihn seit langem auch für

und zwar für Personentransporte oder für Gütertransporte.

Spricht man von einer Kabotage im engeren Sinn, geht man nur vom Transport der Güter und von Personen aus, unabhängig von der Nationalität des transportierenden Unternehmens.

Innerhalb der Europäischen Union bezeichnet man

  • große Kabotage = den Transport zwischen zwei EU-Staaten durch den Frachtführer eines dritten Staates und
  • kleine Kabotage = den Transport innerhalb eines EU-Staates durch einen ausländischen Frachtführer.

Inhaltsverzeichnis

Kabotagefreiheit

Unter Kabotagefreiheit ist zu verstehen, dass Verkehrsmittel aus einem Staat das Recht haben, in einem anderen Staat Transportleistungen gegen Entgelt anzubieten und durchzuführen. Beispiel: Binnenschiffe unter polnischer Flagge haben seit dem Beitritt Polens zur EU am 1. Mai 2004 das Recht, Güter innerhalb Deutschlands zu transportieren. Zu Zeiten des Kabotageverbotes führte dies nach Hintransport immer zu unwirtschaftlichen und umweltbelastenden Leerfahrten.

Das Einschränken der Kabotagefreiheit bis hin zum vollständigen Verbot von Kabotage ist eine protektionistische Maßnahme. Zum Beispiel gewährt die Konvention von Chicago aus dem Jahr 1944 ihren Unterzeichnerstaaten das Recht, Kabotage im Flugverkehr zu untersagen.[1]

Kabotage in der Europäischen Union

Innerhalb der Europäischen Union ist die Kabotage teilweise eingeschränkt. Dies wird z. B. damit begründet, dass man nationale Unternehmen gegen Billigkonkurrenz schützen will. Mit der Liberalisierung, also dem Abbau von Kabotageverboten, wurde vor vielen Jahren begonnen.

Im Gütertransport auf der Schiene ist Kabotage seit dem 1. Januar 2007 uneingeschränkt erlaubt (es herrscht also Kabotagefreiheit), im Personenverkehr seit dem 1. Januar 2010 ebenfalls.

Im Güterkraftverkehr ist die Kabotage seit dem 1. Juli 1998 freigegeben, jedoch galt diese Freigabe zunächst nur für die 15 alten EU-Mitgliedsstaaten (EU 15) sowie für die EWR-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein.

Für die später der EU beigetretenen Länder gab es Übergangsfristen, ausgenommen Slowenien, Malta und Zypern, für die keine Übergangsfristen vereinbart wurden.

Seit dem 1. Mai 2009 ist nun auch die Übergangsfrist für Transportunternehmen aus Polen, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, der Slowakei und Tschechien verstrichen und das generelle Kabotageverbot aufgehoben.

Seit Oktober 2009 ist die Kabotage auf drei Kabotage-Fahrten in sieben Tagen

  • innerhalb des Mitgliedsstaates, in welchem der ursprüngliche Transport entladen wurde, oder
  • auf je eine Fahrt in einem Transitland (d.h. einem benachbarten Mitgliedsstaat zu dem Mitgliedsstaat, in dem ursprünglich entladen wurde) begrenzt. (vgl. Art.8 Abs.2 VO(EG) 1072/2009)[2]

Die Rechtsverstöße und Strafen der Transportunternehmen werden im Elektronikregister festhalten und die Unionsländer tauschen die Daten im Bedarfsfall untereinander aus[3].

In Deutschland ist eine solche Begrenzung auf drei Fahrten innerhalb von sieben Tagen seit dem 14. Mai 2008 nationale Vorschrift[4]. Ein Verstoß gegen die Verordnung über den grenzüberschreitenden Verkehr und den Kabotageverkehr (GüKGrKabotageV) ist als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeld bewehrt (§ 25 in Verbindung mit § 19 der Verordnung). Seit Inkrafttreten der o.g. EU-Verordnung wird die deutsche Verordnung im Wesentlichen durch die EU-Verordnung überlagert.

Derzeit haben die einzelnen EU-Staaten noch die Möglichkeit, die Kabotage mittels nationaler Bestimmungen einzuschränken, wenn durch die Kabotage „schwere Marktstörungen“ auftreten. Die EU-Kommission will bis spätestens Ende 2013 die Auswirkungen der neuen Kabotageregelung auf den Straßengütertransportmarkt untersuchen. Die Kommission könnte eine vollständige Aufhebung der Beschränkungen, wie ursprünglich vom Europäischen Parlament gefordert, vorschlagen, wenn kein Sozialdumping festgestellt wird. Außerdem will die Kommission überprüfen, wie effizient die Mitgliedstaaten die Einhaltung der neuen Regelung überprüfen.

Am 14. Mai 2010 traten die Kabotageregelungen (Art. 8 und 9) der EG-Verordnung Nr. 1072/2009 in Kraft.[5]. Gemäß Artikel 19 dieser Verordnung ist eine einheitliche Regelung der Kabotage im Straßengüterverkehr in den EWR-Staaten verwirklicht. Die oben beschriebenen nationalen „Alleingänge“ sind unmöglich geworden. Artikel 8 der Verordnung nennt die Bedingungen, unter denen Kabotage betrieben werden kann: Entweder kann der Transportunternehmer im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung in den Aufnahmemitgliedstaat nach Auslieferung der Güter bis zu drei Kabotagebeförderungen mit demselben Kraftfahrzeug innerhalb von sieben Tagen nach der letzten Entladung im Aufnahmemitgliedstaat durchführen, oder er kann im Anschluss an eine grenzübereitende Beförderung nach Auslieferung der Güter innerhalb von sieben Tagen nach der letzten Entladung einige oder alle der Kabotagebeförderungen in jedem Mitgliedstaat unter der Voraussetzung durchführen, dass sie auf eine Kabotagebeförderung je Mitgliedstaat innerhalb von drei Tagen nach der Einfahrt des unbeladenen Kraftfahrzeugs in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats beschränkt sind.[6]

Die EU-Kommission drängt auf eine möglichst schnelle Aufhebung aller Kabotagebeschränkungen, um Leerfahrten weitgehend zu vermeiden und dadurch unnötigen Verkehr, Treibstoffverbrauch und Kosten zu vermindern. Ein aus ökonomischer und ökologischer Sicht optimaler Einsatz eines Transportfahrzeuges ist nur dann möglich, wenn keinerlei Verbote die Kabotage einschränken. Um dies im Rahmen eines fairen Wettbewerbs zu ermöglichen, ist die Harmonisierung anderer Vorschriften erforderlich, wie etwa von Sozialvorschriften für das eingesetzte Personal, der Kfz-Steuer etc.

Beispiele

Deutschland

Siehe Homepage des BMVBS (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung)[7], sowie Verordnung über den grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr und den Kabotageverkehr (GüKGrKabotageV)

Griechenland

Bisher dürfen Kreuzfahrtschiffe nur dann in griechischen Häfen Passagiere an Bord nehmen oder entlassen, wenn sie

  • unter griechischer Flagge fahren oder
  • in mehrheitlich griechischem Besitz sind oder
  • mit zumindest teilweise griechischer Crew fahren.

Andere Schiffe, vor allem ohne Flagge eines EU-Landes, dürfen nur Transitstopps machen. Diese Kabotage wurde von griechischen Seeleuten und Hafenmitarbeitern durchgesetzt und soll ihre international vergleichsweise hohen Löhne sichern. Dem griechischen Tourismus entgeht dadurch viel Geld: Tagestouristen geben viel weniger aus als bei einem längeren Landaufenthalt. Der Ökonom Yannis Stournaras schätzt den Verlust auf bis zu 1,5 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung (ca. drei Milliarden Euro im Jahr).

Premierminister Giorgos Papandreou kündigte im April 2010 an, dass die Kabotage beendet werde. Daraufhin riefen Seeleute mehrmals Streiks in allen griechischen Häfen aus und blockierten Kreuzfahrtschiffe mit nicht-griechischer Besatzung. Beispielsweise hinderten am 26. April 2010 einheimische Seeleute knapp 1.000 Passagiere, die „Zenith“ (ein unter der Flagge Maltas fahrendes Kreuzfahrtschiff) nach einem Ausflug wieder zu betreten.[8]

Siehe auch

Literatur

  • zum Güterkraftverkehr:
    • Jürgen Knorre, Die neuen Bestimmungen über Kabotagetransporte innerhalb Deutschlands, transpr 2008, 465 [Zeitschrift "Transportrecht"]
    • Hartenstein/ Reuschle, Handbuch des Fachanwalts für Transport- und Speditionsrecht, 1.Aufl., Köln 2010 [Verlag Luchterhand], Teil 4: Öffentliches Recht, Kap.20 B: Güterkraftverkehrsrecht, III: Kabotage, Rn.52
    • Eberhard Brandt, Kabotage im europäischen Straßengüterverkehr, transpr 2011, 1
  • zur Seekabotage:
    • Eckehard Volz / Frithjof Ehm, Die EU-Verordnung zur Liberalisierung der Seekabotage, transpr 2009, 393

Weblinks

Einzelnachweise

  1. en:Convention on International Civil Aviation
  2. Informationen der Europäischen Union zum Gütertransport, u.a. zur Kabotage
  3. Verkehrsrundschau 25. September 2009. Artikel: Neue Markt- und Berufszugangsregeln
  4. ihk-nordwestfalen.de: Dauer der Kabotage. Zugriff: 27. August 2009
  5. Die übrige Verordnung tritt gemäß Art. 19 am 4. Dezember 2011 in Kraft.
  6. EG-Verordnung Nr. 1072/2009, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union L 300/72 ff., 14. November 2009
  7. Artikel zur Kabotage des BMVBS, abgerufen August 2010
  8. Florian Hassel: Griechenland spart auch an den nötigen Reformen. In: Welt am Sonntag 24/2010 vom 13. Juni 2010
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