Lokal integrierbare Funktion

Lokal integrierbare Funktion

Eine lokal integrierbare Funktion ist eine Funktion, die auf jedem Kompaktum integrierbar ist, jedoch muss diese Funktion auf gewissen offenen Mengen nicht integrierbar sein. Solche Funktionen werden in der Analysis beziehungsweise Funktionalanalysis als Hilfsmittel eingesetzt. So spielen diese insbesondere in der Distributionentheorie eine wichtige Rolle. Außerdem kann man das Konzept der lokal integrierbaren Funktionen auf die lokal p-integrierbaren Funktionen und auf die lokal schwach differenzierbaren Funktionen übertragen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

In diesem Abschnitt werden die lokal integrierbare Funktion und der Funktionenraum L^1_{\mathrm{loc}} definiert. Sei \Omega \subset \R^n eine offene Teilmenge und f : \Omega \to \C eine lebesgue-messbare Funktion. Die Funktion f heißt lokal integrierbar, falls für jedes Kompaktum K \subset \Omega das Lebesgue-Integral

\int_K |f(x)| \mathrm{d} x < \infty

endlich ist. Die Menge dieser Funktionen wird mit \mathcal{L}^1_{\operatorname{loc}}(\Omega) bezeichnet.[1] Identifiziert man alle Funktionen aus \mathcal{L}^1_{\operatorname{loc}}(\Omega) miteinander, die fast überall gleich sind, so erhält man den Raum L^1_{\operatorname{loc}}(\Omega). Im Zusammenhang mit der Distributionentheorie findet man auch die äquivalente Definition

L^1_{\operatorname{loc}}(\Omega) := \left\{f \in L^0(\Omega) |\int_{\R^n} f(x) \phi(x) \mathrm{d} x < \infty,\ \phi \in \mathcal{D}(\Omega) \right\},

wobei L0(Ω) die Menge der Äquivalenzklassen der messbaren Funktionen, die fast überall gleich sind, und \mathcal{D}(\Omega) \cong C_c^\infty(\Omega) der Raum der Testfunktionen ist.

Anstatt zu fordern, dass Ω offen ist, wird Ω von anderen Autoren auch als σ-kompakt vorausgesetzt.[2] Für die Definition des Raums L1(Ω) wäre es ausreichend, wenn \Omega \subset \R^n eine messbare Menge wäre. Für die Definition der lokal integrierbaren Funktionen reicht dies nicht aus, da es messbare Mengen gibt, die außer der leeren Menge kein Kompaktum enthalten. Dies würde dazu führen, dass jede messbare Funktion lokal integrierbar wäre.

Beispiele

  • Die konstante Einsfunktion ist lokal integrierbar, aber nicht lebesgue-integrierbar.
  • Alle Lp-Funktionen sind auch lokal integrierbar.
  • Die Funktion
     f(x)=
\begin{cases}
1/x &x\neq 0\\
0 & x=0
\end{cases}
    ist bei x = 0 nicht lokal integrierbar.

Lokal p-integrierbare Funktion

Analog zu den L^1_{\mathrm{loc}}(\Omega)-Funktionen kann man auch L^p_{\mathrm{loc}}(\Omega)-Funktionen definieren. Sei \Omega \subset \R^n offen oder σ-kompakt. Eine messbare Funktion f : \Omega \to \C heißt lokal p-integrierbar, falls der Ausdruck

\int_K |f(x)|^p \mathrm{d} x\,

für p \geq 1 und für alle Kompakta K \subset \Omega existiert.[3]

Eigenschaften

  • Eine reguläre Distribution ist ein stetiges und lineares Funktional, das durch
    \phi \in \mathcal{D}(\R^n) \mapsto \int_{\R^n} f(x) \phi(x) \mathrm{d} x
    für eine fixierte, lokal integrierbare Funktion f \in L^1_{\mathrm{loc}}(\R^n) definiert ist. Daher identifiziert man den Raum L^1_{\mathrm{loc}}(\R^n) mit der Menge der regulären Distributionen auf \R^n. Mit der Abbildung \textstyle f \in L^1_{\mathrm{loc}}(\R^n) \mapsto \left(\phi \in \mathcal{D}(\R^n) \mapsto \int_{\R^n} f(x) \phi(x) \mathrm{d} x\right) erhält man also eine stetige Einbettung
    L^1_{\mathrm{loc}}(\R^n) \hookrightarrow \mathcal{D}'(\R^n)
    in den Raum der Distributionen.
  • Eine Funktion f \in L^p_{\mathrm{loc}}(\Omega) ist im Allgemeinen kein Element von Lp(Ω). Jedoch gilt L^p(\Omega) \subset L^p_{\mathrm{loc}}(\Omega) für alle 1 \leq p \leq \infty.[4]
  • Für 1 \leq p < r \leq \infty gilt
    L^r_{\mathrm{loc}}(\Omega) \subset L^p_{\mathrm{loc}}(\Omega).
    Dies gilt für die Lp(Ω)-Räume im Allgemeinen nicht, außer wenn Ω endliches Maß hat.[4]
  • Sei (\Omega_i)_{i \in \N} eine beliebige Folge offener, relativer kompakter Teilmengen von Ω mit \textstyle \Omega = \bigcup_{i \in \N} X_i, dann ist \| \cdot \|_{L^p(\Omega_i)} eine Folge von Halbnormen auf L^p_{\mathrm{loc}}(\Omega). Mit dieser Halbnorm wird L^p_{\mathrm{loc}}(\Omega) zu einem metrisierbaren lokalkonvexen Vektorraum. Da bezüglich dieser Metrik alle Cauchy-Folgen konvergieren, der Raum also vollständig ist, ist er ein Fréchet-Raum.[5]

Lokal schwach differenzierbare Funktionen

Die Räume der schwach differenzierbaren Funktionen sind die Sobolev-Räume Wk,p(Ω). Da diese Unterräume der Lp(Ω) sind, definiert man auch für diese ganz analog lokale Sobolev-Räume. Sei \Omega \subset \R^n offen und 1 \leq p \leq \infty. Eine Funktion f \in L^p_{\mathrm{loc}}(\Omega) liegt im Raum W^{k,p}_{\mathrm{loc}}(\Omega), wenn deren k-te schwache Ableitung existiert.[6] Diese Definition ist äquivalent zu

W^{k,p}_{\mathrm{loc}}(\Omega) := \left\{u \in \mathcal{D}'(\Omega)| \phi u \in W^{k,p}(\R^n), \forall \phi \in \mathcal{D}(\Omega)\right\},

wobei \mathcal{D}'(\Omega) der Raum der Distributionen ist. Diese Art von Sobolev-Räumen ist ebenfalls ein Fréchet-Raum.[7] Für p = \infty entspricht der Sobolev-Raum W^{1,\infty}_{\mathrm{loc}}(\Omega) dem Raum der lokal lipschitz-stetigen Funktionen. Schränkt man p auf n < p \leq \infty, wobei n die Dimension des umgebenden \R^n ist, so ist f \in W^{1,p}_{\mathrm{loc}} fast überall differenzierbar in Ω und der Gradient von f stimmt mit dem Gradienten im Sinne der schwachen Ableitung überein. Da W^{1,\infty}_{\mathrm{loc}}(\Omega) der Raum der lokal lipschitz-stetigen Funktionen ist, folgt der Satz von Rademacher als Spezialfall.[8]

Einzelnachweise

  1. Otto Forster: Analysis 3. Integralrechnung im Rn mit Anwendungen. Vieweg-Verlag, 4. Aufl. 2007, ISBN 3-528-27252-X, Seite 87
  2. Konrad Königsberger: Analysis 2. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg, 2000, ISBN 3-540-43580-8, Seite 281
  3. Juha Heinonen: Lectures on analysis on metric spaces. Springer, 2001, ISBN 0387951040, Seite 5
  4. a b Elliott H. Lieb & Michael Loss: Analysis. American Mathematical Society, Second Edition, 2001, ISBN 0-8218-2783-9, Seite 137
  5. Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis III. 1. Auflage. Birkhäuser-Verlag, Basel/Boston/Berlin 2001, ISBN 3-7643-6613-3, Seite 129
  6. Juha Heinonen: Lectures on analysis on metric spaces. Springer, 2001, ISBN 0387951040, Seite 14-15
  7. Alain Grigis & Johannes Sjöstrand: Microlocal analysis for differential operators: an introduction, Cambridge University Press, 1994, ISBN 0-521-44986-3, Seite 44
  8. Lawrence Evans: Partial Differential Equations. American Mathematical Society, ISBN 0-8218-0772-2, Seite 280-281

Weblinks


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