Loretokapelle (Kloster Muri)

Loretokapelle (Kloster Muri)
Kloster Muri, Ansicht von Westen
Blick in die Loretokapelle im Nordflügel des Kreuzganges
Altar der Loretokapelle

Die Loretokapelle ist ein Teil des ehemaligen Klosters Muri im Kanton Aargau in der Schweiz. Sie befindet sich im Nordflügel des Kreuzganges[1] dieser ehemaligen Benediktinerabtei und dient wie viele europäische Loretokapellen der Verehrung der Gottesmutter Maria. Seit 1970 beherbergt sie eine Begräbnisstätte des Hauses Habsburg-Lothringen, die als Familiengruft für die Nachkommen des letzten österreichisch-ungarischen Herrscherpaares dient.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Die Loretokapelle in Muri befindet sich beim Zugang zum südlich an die ehemalige Klosterkirche anschliessenden Kreuzgang. Dieser besteht aus gotischen Fenstern mit einem äusserst wertvollen und bestens erhaltenen Glasgemäldezyklus aus dem 16. Jahrhundert.[2] Der kleine und in seiner künstlerischen Ausstattung heute recht einfach gehaltene Kapellenraum enthält einen blau gefassten Altarvorbau, das Kreuzrippengewölbe ist ebenfalls blau mit der Darstellung des Firmaments bemalt. Die Loretokapelle entstand Ende des 17. Jahrhunderts. Beim Umbau der romanischen Klosterkirche zum barocken Oktogon in den Jahren zwischen 1695 und 1697 wurde ein Teil des Nordtraktes des gotischen Kreuzganges in den Kirchenraum integriert[3], während ein anderer Teil 1698[1] zu einer Loretokapelle umgebaut wurde, in Anlehnung an die Wallfahrtsstätte Loreto in Italien.

Habsburger-Familiengruft

Das Kloster Muri war 1027 durch Radbot von Habsburg und seiner Frau Ita von Lothringen gegründet worden, deren Sitz die rund 30 km vom Kloster entfernte Burg Habsburg war. Die Stifter fanden später im Inneren der Klosterkirche ihre letzte Ruhestätte, und nach ihnen diente die Klosterkirche noch rund fünf Generationen als Grablege.[4] Diese Tradition kam nach dem Ende der habsburgischen Herrschaft in der Schweiz zum Erliegen und nach dem Aargauer Klosterstreit 1841 wurde das Benediktinerkloster Muri aufgelöst. Die Mönche fanden 1845 in Bozen eine neue Heimat, wo das Benediktinerkloster Muri-Gries entstand.

1970 schloss die Familie Habsburg-Lothringen mit der katholischen Kirchgemeinde und der Einwohnergemeinde Muri einen Vertrag über eine Familiengruft für die Nachkommen des letzten österreichischen Kaisers Karl I. Nach dem Ende der Monarchie im Jahr 1918 war die Familie aus Österreich ausgewiesen worden, und auch der Zugang zu traditionellen Begräbnisstätten wie der Kapuzinergruft in Wien blieb den Nachkommen Kaiser Karls I. über Jahrzehnte verwehrt. Die Familie suchte daher einen neuen Bestattungsort für ihre Mitglieder und fand ihn schliesslich in der Schweiz.[5]

Der Vertrag über die Errichtung einer Habsburger-Familiengruft in der Loretokapelle wurde im März 1970 im Hospiz des Klosters im Rahmen einer Feierstunde besiegelt. Für die Familie Habsburg unterzeichnete Erzherzog Rudolph († 2010) den Vertrag, für die Kirchenpflege Muri deren damaliger Präsident und späterer Nationalrat Dr. Leo Weber. Als Zeugen anwesend waren Graf Paul Forni aus Bozen, Gemeindeammann Arthur Christen und Karl Kron von der Lokalzeitung Freischütz als Pressevertreter und Fotograf.[6]

Zugang zur Gruft

Die Gruft unter der Loretokapelle wurde noch im selben Jahr eingeweiht.[5] Den Zugang bildet eine Falltür in Form eines eisernen Gitters, in das oben der kaiserliche Doppeladler mit dem österreichischen Bindenschild und unten die Darstellung eines steigenden Löwen aus dem Wappen der Familie Habsburg eingearbeitet sind. Vor diesem Gitter befinden sich abnehmbare Bodenplatten mit Ringen, die den Zugang zur Treppe darunter erleichtern. Die Verstorbenen ruhen im ebenen Gruftraum darunter in hölzernen Särgen, die mit metallenen Innensärgen versehen sind (Abbildung).

Im Jahr 1971 erfolgten die ersten Beisetzungen in der Loretokapelle. Die Herzurne des 1922 im Exil auf der Insel Madeira verstorbenen ehemaligen Kaisers Karl I. fand in einer Stele hinter dem Altar der Kapelle ihren Platz, und die Gruft nahm die sterblichen Überreste seiner Schwiegertochter Xenia auf, die 1968 bei einem Auto-Verkehrsunfall in Belgien ums Leben gekommen war und nun aus Brügge nach Muri überführt wurde. Zwei Jahre später wurde mit Maria Theresia Gräfin von Korff, genannt Schmising-Kerssenbrock, die langjährige Kinderfrau der kaiserlichen Familie beigesetzt[5], und 1975 fand Johannes, Xenias früh verstorbener Sohn, ebenfalls hier seine letzte Ruhe.

Seit der Einrichtung der Gruft wird sie regelmässig von Angehörigen der Familie Habsburg-Lothringen besucht, die auch jedes Jahr in der Krypta einen Gedenkgottesdienst feiern. Die ehemalige Kaiserin Zita etwa besuchte die Grablege jährlich am 1. April - dem Todestag ihres Mannes -, um an den Särgen zu beten. Im September nahm sie jeweils am Gottesdienst zum Gedenken an den Tod ihres Gatten teil. [5]

Stele hinter dem Altar der Kapelle mit den Herzurnen des Kaiserpaares Karl I. († 1922) und Zita († 1989) von Österreich

Nach dem Tod Zitas im Jahr 1989 wurde ihr Leichnam in der Kapuzinergruft in Wien bestattet, ihr Herz hingegen in Muri neben dem ihres Mannes beigesetzt.[5] Die beiden silbernen Urnen mit den Herzen des letzten österreichischen Kaiserpaares befinden sich, in einem Kasten verwahrt, in einer gemauerten Stele an der Rückseite des Altars der Kapelle, wo sie durch ein schmiedeisernes Gitter zu sehen sind: oben der Herzbecher Karls I., darunter der Zitas. Beide tragen von Karl Wolfsgruber verfasste Inschriften mit Chronogrammen. Auf der Herzurne Karls I. steht "CAROLI AVSTRIAE IMPERATORIS AC HVNGARIAE REGIS COR IN DEO QVJESCAT".[7] Die Herzurne Zitas trägt die Inschrift "ZITAE AVSTRIAE IMPERATRICIS HVNGARIAE REGINAE COR INSEPERABILITER CONIVGIS CORDI IVNGATVR".[7]

Auf einer Tafel in der Nähe des Altars ist zu lesen: "Plus pour vous que pour moi – Hinter diesem Altar ruht nun auch in Gottes heiligen Frieden das leidgeprüfte Herz ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Zita, Prinzessin von Bourbon und Parma, geb. in Pianore am 9. Mai 1892, selig im Herrn entschlafen am 14. März 1989 im Johannesstift zu Zizers, nach 67-jähriger Trennung vereint mit dem Herzen ihres am 1. April 1922 in Madeira zu seinem Schöpfer heimgekehrten Gemahls, Kaisers Karl I. von Österreich, apostolischen Königs von Ungarn, Königs von Böhmen, Kroatien, Galizien, Dalmatien etc. etc."[8] An den Wänden der Kapelle befinden sich weitere metallene Tafeln, deren Inschriften an die hier beigesetzten Familienmitglieder erinnern (Abbildungen siehe hier).

Im Kreuzgang vor dem Eingang zur Loretokapelle befindet sich eine bronzene Büste des 2004 selig gesprochenen Karl I. Die Kosten für die überlebensgrosse Büste teilten sich die Kirchgemeinde Muri und der Verein „Freunde der Klosterkirche“. Die St. Martins-Stiftung trug die Kosten für den Transport, so dass die Büste am 20. Februar 2010 feierlich enthüllt werden konnte.[9]

Als bisher letztes Familienmitglied wurde der am 6. September 2011 in Mexico City verstorbene Erzherzog Felix in der Gruft beigesetzt.

Bestattungen (Stand September 2011)

Stele hinter dem Kapellenaltar: [5]

Familiengruft unter der Kapelle: [5]

  • Erzherzogin Xenia (geb. Gräfin Czernichew-Besobrasow, 1929–1968), erste Ehefrau von Erzherzog Rudolph († 2010). Starb durch einen Verkehrsunfall in Belgien, 1971 von Brügge in die Gruft von Muri überführt.
  • Gräfin Maria Theresia Sidonia von Korff, genannt Schmising-Kerssenbrock (1888–1973). Langjährige Kinderfrau der kaiserlichen Familie, hier beigesetzt als Dank für ihre Treue (vgl. das Grab der Gräfin Fuchs in der Kapuzinergruft).
  • Erzherzog Johannes (Carl Ludwig Clemens Maria Joseph Marcus d'Aviano Leopold; * 11. Dezember 1962 in Brüssel, † 29. Juni 1975 ebenda), frühverstorbener Sohn von Erzherzog Rudolph († 2010) und Xenia († 1973).
  • Erzherzog Robert (1915–1996), 3. Kind von Karl I. und Zita.
  • Erzherzogin Anna Eugenie (geb. Herzogin von Arenberg, 1925–1997), Ehefrau von Erzherzog Felix.
  • Erzherzog Rudolph (1919–2010), 6. Kind von Karl I. und Zita, Ehemann von Xenia († 1973) und Vater von Johannes († 1975).
  • Erzherzog Felix (1916–2011), 4. Kind von Karl I. und Zita, Ehemann von Anna Eugenie († 1997).

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Loretokapelle Muri auf www.klosterkirche-muri.ch (Zugriff am 25. Juli 2011)
  2. planet-vienna.com: Kloster Muri (Zugriff am 25. Juli 2011)
  3. Murianer Museen - Kreuzgang
  4. Murianer Museen - Habsburger (Zugriff am 25. Juli 2011)
  5. a b c d e f g Die Habsburger und das Kloster Muri (Zugriff am 25. Juli 2011)
  6. Wie die Habsburger im Kloster Muri zu ihrer letzten Ruhestätte kamen (Zugriff am 25. Juli 2011)
  7. a b Jan Mikrut (Hrsg.): Kaiser Karl I. (IV.) als Christ, Staatsmann, Ehemann und Familienvater, Band 1 von Veröffentlichungen des Internationalen Forschungsinstituts zur Förderung der Kirchengeschichte in Mitteleuropa, Dom, 2004, ISBN 3-85351-188-0, S. 197; bzw:
    Josef Gelmi: Der letzte Kaiser: Karl I. (1887-1922) und Tirol, Tyrolia, 2004, ISBN 3-7022-2619-2, S. 97-98
  8. planet-vienna.com: Kaiserin Zita (Zugriff am 25. Juli 2011
  9. Kaiser Karl I. bewegt Muri - Aargauer Zeitung (Zugriff am 25. Juli 2011)
47.27548.3380555555556

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