Kloster Muri

Kloster Muri
Kloster Muri, Ansicht von Westen

Das Kloster Muri ist ein ehemaliges Benediktinerkloster in Muri im Kanton Aargau in der Schweiz. Das Kloster ist die älteste Stiftung und Grablege der Habsburger. Gegründet im Jahr 1027, wurde es im Rahmen der Säkularisierung im Jahre 1841 aufgehoben, was in der Schweiz zu innenpolitischen Auseinandersetzungen führte und selbst Österreich zu Interventionen reizte. Nach der Aufhebung zogen die Benediktiner von Muri nach Bozen, wo sie 1845 die Abtei Muri-Gries gründeten.

Inhaltsverzeichnis

Kirche und Klosteranlage

Choraltar der Klosterkirche
Klosterkirche von Westen
Kirchenkuppel mit Fresken

Das Herzstück des Klosters ist ein im Barockstil gebauter, achteckiger Zentralbau (Oktogon) aus dem 17. Jahrhundert. Der Zentralbau wird eingefasst durch Teile einer aus dem 11. Jahrhundert stammenden romanischen Kirche, von der das Querschiff, der Chor und die Krypta erhalten geblieben sind. Auch Elemente des gotischen und des Rokoko-Baustils sind vertreten. Die Kirche ist reich mit Fresken und Schnitzereien verziert.

In der Klosterkirche gibt es nicht weniger als fünf Orgeln. Die Grosse Orgel von 1619 stammt vom Orgelbauer Thomas Schott. Die Lettnerorgeln wurden 1743 durch Joseph und Viktor Ferdinand Bossart erbaut. Johannes Strobl betreut seit 2001 die historisch bedeutende Orgelanlage und ist künstlerischer Leiter der Konzertreihe Musik in der Klosterkirche.

Im Kreuzgang ist ein wertvoller Glasgemäldezyklus aus dem 16. Jahrhundert, 19 dreiteilige Masswerkfenster mit 57 Kabinettscheiben (Schweizerscheiben) und fantasievollen Masswerkscheiben. Dargestellt werden Heilige mit ihren Attributen, geistliche oder weltliche Scheibenstifter mit ihren Werken und biblische oder profane Szenen. Die meisten Scheiben sind Werke der Zürcher Glasmaler Carl von Egeri und Heinrich Leu. Weitere sind von Niklaus Bluntschli, Christoph Brandenberg und anderen.

Ebenfalls im Kreuzgang befindet sich die Loretokapelle mit der 1970 neu eingerichteten Familiengruft des Hauses Habsburg-Lothringen. Hinter dem Altar ruhen die Herzen des letzten österreichischen Kaiserpaares Karl I. und Zita, in der Gruft die Särge von weiteren Angehörigen der Familie.

Im Klostermuseum werden die wertvollen Kunstschätze des Klosters ausgestellt. Es gibt auch eine permanente Ausstellung des Alpenmalers Caspar Wolf. Andere Teile der Klosteranlage werden seit 1843 als Schulhaus, seit 1909 als Pflegeheim und seit 1997 als Sitz der Gemeindeverwaltung genutzt.

Geschichte

Stiftung und Schutzherrschaft der Habsburger

Aus den Acta Murensia, einer bedeutenden Chronik aus dem Jahr 1160, geht hervor, dass dieses Kloster die älteste Stiftung der Grafen von Habsburg ist. Es wurde im Jahr 1027 von Radbot von Habsburg und seiner Frau Ita von Lothringen gestiftet, um die Schuld zu sühnen, die sie durch die Entrechtung der hier lebenden Freien auf sich geladen hatten.

Die ersten Mönche des Klosters Muri stammten aus dem Kloster Einsiedeln und zogen 1032 ein. Am 11. Oktober 1064 weihte Rumold, der Bischof von Konstanz, die Klosterkirche. Mit der Wahl von Propst Burkard zum ersten Abt wurde Muri 1065 von Einsiedeln unabhängig. Die Stifter von Muri wurden im Inneren der Klosterkirche bestattet, und nach ihnen diente sie rund fünf weiteren Generationen von Habsburgern als Grablege.[1] Das Stifterdenkmal im Oktogon der Klosterkirche und die älteste Grablege der Habsburger vor dem Kommuniongitter erinnern noch heute an sie.[2]

Ab 1080 bestand ein Frauenkonvent, der 1140 ins Kloster Hermetschwil umzog.

Eine erste Blüte durchlebte das Kloster unter dem Abt Luitfrid (1085–1096). Im Jahr 1120 entsandte Muri die ersten Mönche ins Kloster Engelberg. 1114 erhielt das Kloster die niedere Gerichtsbarkeit über die nähere Umgebung zugesprochen, die bis 1798 von einem Ammann ausgeübt wurde. Es erwarb darüber hinaus durch weitere Vergabungen Streubesitz in Unterwalden, in Gersau, am Zugersee und im Elsass. Auch übernahm es das Patronatsrecht vieler Kirchen. In die Literaturgeschichte ging das Kloster mit dem ältesten erhaltenen geistlichen Drama in deutscher Sprache ein: Das Osterspiel von Muri entstand wahrscheinlich um 1250.

Schutzherrschaft der Eidgenossen

Nach der Schlacht von Sempach im Jahr 1386 brandschatzten die Eidgenossen das Kloster; nach der Eroberung des Aargaus im Jahr 1415 übernahmen sie die Schutzherrschaft von den Habsburgern. Der Konvent trat in relativ geordneten Verhältnissen ins Zeitalter der Glaubensspaltung, was damals keinesfalls selbstverständlich war. Während des Zweiten Kappelerkriegs von 1531 wurde das Kloster von Truppen aus dem reformierten Bern verwüstet. Der damalige Abt Laurentius von Heidegg (1508–1540), ein ehemaliger Jagdgenosse des Reformators Heinrich Bullinger, konnte das Kloster vor der Auflösung retten.

Bei den Religionswirren 1531 wurde auch der romanische Kreuzgang zerstört. Unter Abt Laurentius von Heidegg (1508–1549) zwurde er 1534/35 gotisch neu aufgebaut. Abt Christoph von Grüth begann zwei Jahrzehnte später die Fensteröffnungen mit farbenprächtigen Glasgemälden auszuschmücken, wobei er als Stifter Bischöfe, Äbte, Könige, Städte, bedeutende Familien der Urschweiz und die sieben Schirmorte von Muri gewinnen konnte.[3]

Klosterkirche (Innenansicht)

Abt Jakob Meyer, der aus einer vornehmen Luzerner Familie stammte und deshalb den Schutz des katholischen Vororts Luzern genoss, führte das Kloster durch Misswirtschaft beinahe in den Ruin. Die Schirmherren erzwangen schliesslich 1596 seinen Rücktritt und ersetzten ihn durch Johann Jodok Singisen (1596–1644). Unter seiner Führung erlebte das Kloster eine zweite Blütezeit. Singisen legte grössten Wert auf die Bildung der Mönche und sorgte für den Ausbau der Bibliothek, was das Kloster weitherum bekannt machte. 1647 wurden die Reliquien des römischen Märtyrers Leontius überführt, was das Kloster zu einem viel besuchten Wallfahrtsort machte. Einen baulichen Höhepunkt bildete 1694 die Umgestaltung der romanischen Klosterkirche zu einer barocken Kirche mit dem grössten Kuppelzentralbau der Schweiz.

Ein politischer Erfolg war während der Amtszeit von Abt Plazidus Zurlauben die Erhebung in den Rang einer Fürstabtei im Jahr 1701. Dies garantierte dem Kloster im Heiligen Römischen Reich einen Sitz unter den Reichsfürsten. Zu jener Zeit galt Muri als das reichste Kloster der Schweiz. 1750 wurde die Klosterkirche mit Rokoko-Elementen ausgestattet. Die Zeit der Aufklärung überstand das Kloster unversehrt.

Krise und Auflösung

Nach der Ausrufung der Helvetischen Republik im Jahr 1798 wurde das Kloster aufgehoben, letzter Fürstabt war Gerold II. Meyer. Die Franzosen beschlagnahmten den Klosterschatz, entliessen die Untertanen in die Freiheit und verboten die Aufnahme von Novizen. 1803 erfolgte die Wiederherstellung des Klosters. 1835 kamen erneut antiklerikale Tendenzen auf und der Kanton stellte das Kloster unter eine strenge Aufsicht. Die Klosterschule wurde geschlossen, die Mönche mussten Steuern zahlen, die Aufnahme von Novizen wurde erneut verboten. Am 13. Januar 1841 beschloss das Kantonsparlament nach religiös motivierten Unruhen die Auflösung des Klosters, was zum Aargauer Klosterstreit führte. Ende Januar verliessen die letzten Mönche das Kloster Muri.

Ansicht des Klosters (1868)

Der Abt versuchte, in den katholischen Kantonen Unterstützung für die Sache des Klosters zu erhalten. In einem ersten Schritt kamen einige bisher in Muri Tätige nach Sarnen, wo sie das Benediktinerkollegium Sarnen bildeten. Im November 1841 übernahmen die Benediktiner die dort seit 1752 bestehende Lateinschule und führten das Gymnasium bis 1984. Sie betreuten auch das Internat bis zu dessen Schliessung im Jahr 2000. Noch heute befindet sich im Lehrkörper der Kantonsschule Obwalden ein Pater.

Zuerst hofften Abt und Konvent noch, dass das Kloster Muri bald restitutiert würde. Immerhin legte Fürst Metternich dem österreichischen Kaiserhof in Wien einen Plan vor, wie dem früheren Stammkloster geholfen werden könnte. Neben diplomatischem Druck war sogar eine militärische Intervention eine der Optionen. Die Hoffnungen auf eine Wiedereröffnung des Klosters Muri zerschlugen sich bald. Schon 1845 zog der Konvent unter Abt Adalbert in das ehemalige Chorherrenstift von Gries-Quirein bei Bozen im Südtirol ein. Seit dieser Zeit besteht die Abtei Muri-Gries. Weil immer auch Patres in Sarnen wohnten und dort unterrichteten, ist manchmal auch vom Kloster Muri-Gries-Sarnen die Rede.

Nach der Auflösung

1843 wurde das Kloster erstmals als Schulgebäude verwendet (Primarschule, bis 1885 auch Bezirksschule). 1861 wurde die erste landwirtschaftliche Schule des Kantons eröffnet, die jedoch 1873 wegen mangelndem Interesse der Bauern wieder schliessen musste. 1871 wurden über 1000 Soldaten der Bourbaki-Armee im Kloster interniert. 1887 zog die Aargauische Pflegeanstalt in das Kloster ein. Am 21. August 1889 brannten die Abtskapelle und ein Teil des Ostflügels vollständig nieder.

Nach Behebung der grössten Schäden zog die Pflegeanstalt 1909 wieder ein. Zwischen 1929 und 1934 erfolgte die Renovierung der Klosterkirche. 1957 wurde die Renovierung des Kreuzgangs und der Aussenfassade vollendet. Seit 1960 ein kleines Benediktinerhospiz in einem der Flügel eingerichtet wurde, leben wieder einige Mönche im Kloster, die in der Seelsorge der Pfarrei Muri tätig sind. 1971 wurde – einer alten Tradition folgend – das Herz des letzten Habsburger-Kaisers Karl im Kreuzgang beigesetzt, 1989 jenes seiner Gattin Zita. Der Wiederaufbau des Ostflügels konnte erst 1989, also hundert Jahre nach dem Brand, vollendet werden. 1996 erfolgte eine zweite Aussenrenovation, ein Jahr später bezog die Gemeindeverwaltung einen der Klosterflügel.

Wappen von Placidus Zurlauben, Fürstabt im Kloster Muri von 1684-1723, mit steigendem Habsburger Löwen und Österreicher Wappen

Siehe auch

Literatur

  • Georg Germann: Die Kunstdenkmäler des Kantons Aargau – Band V: Bezirk Muri. Birkhäuser, Basel 1967.
  • Peter Felder: Das Kloster Muri. Schweizerischer Kunstführer, Band 692. Bern 2001, ISBN 3-85782-692-4.
  • Dieter Meier: Die Orgeln der Klosterkirche Muri – Geschichte, Beschrieb, Orgelbauer. Hier und Jetzt, Baden 2010, ISBN 978-3-03919-201-4.
  • Bruno Meier: Das Kloster Muri – Geschichte und Gegenwart der Benediktinerabtei. Hier und Jetzt, Baden 2011, ISBN 978-3-03919-215-1.

Weblinks

 Commons: Kloster Muri – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Klosterkirche Muri – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Murianer Museen - Habsburger. Abgerufen am 25. Juli 2011.
  2. Die Habsburger und das Kloster Muri. (PDF) Abbildungen der Grablege auf royaltyguide.nl. Abgerufen am 25. Juli 2011.
  3. Murianer Museen - Kreuzgang, murikultur.ch


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