- Charlottenburger Brücke
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Das Charlottenburger Tor ist ein neobarockes Schmuckbauwerk, das Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet wurde, um den Repräsentationsbedürfnissen der Stadt Charlottenburg zu dienen. Heute befindet es sich an der Grenze der Berliner Ortsteile Charlottenburg und Tiergarten auf der Straße des 17. Juni zwischen Ernst-Reuter-Platz und Siegessäule. Es bildet das Pendant zum Brandenburger Tor auf der gegenüberliegenden Seite des Tiergartens. Die in den Torbau integrierte Charlottenburger Brücke überspannt hier den Landwehrkanal.
Inhaltsverzeichnis
Charlottenburger Brücke
An der Stelle der heutigen Charlottenburger Brücke befand sich früher eine hölzerne Klappbrücke über den Landwehrkanal, die im Besitz des preußischen Staates war. Seit 1897 plante die Königliche Wasserbauverwaltung diesen Engpass sowohl für den Schiffs- als auch für den Straßenverkehr durch einen Neubau zu beseitigen. Verhandlungen mit der Stadt Charlottenburg führten 1900 zur Übernahme der Brücke in den Besitz Charlottenburgs, da Charlottenburg im Zusammenhang mit einem Brückenneubau plante, diesen Bereich künstlerisch neu zu gestalten.[1]
Steuerhäuser
Bereits 1856 wurde diese Stelle am Westrand des Tiergartens das erste Mal architektonisch gestaltet, als nach Entwürfen von Friedrich August Stüler zwei im Abstand von 15 Metern einander gegenüberstehende Steuerhäuser errichtet wurden.[2] Das eine Steuerhaus diente als Zollhaus für Schlacht- und Mahlsteuer, das andere als Einnahmestelle für das Chausseegeld.[3] Beide Steuerhäuser waren zueinander symmetrisch. Ihre Fronten waren mit einer kleinen, offenen, jedoch an den Seiten geschlossenen Vorhalle gestaltet. Drei Rundbögen ruhten auf den Außenwänden und auf jeweils zwei dorischen Säulen. Diese Säulen aus Sandstein wurden aus einem Stück gefertigt. An den zurückliegenden Wänden der Vorhalle waren jeweils drei runde Reliefs angebracht, auf denen kniende weibliche Gestalten dargestellt waren. Diese Reliefs unterschieden auch die Häuser. Am nördlichen symbolisierten sie Technik, Kriegswesen und Verkehr, am südlichen Wissenschaft, Bau- und Bildkunst.
Nachdem die in den Steuerhäusern erhobenen Abgaben abgeschafft wurden, benötigte die Steuerverwaltung die Häuser nicht mehr und vermietete sie. Für den ansteigenden Verkehr zum Ende des 19. Jahrhunderts stellte der nur 15 Meter breite Durchlass zwischen den Häusern jedoch immer mehr einen Engpass dar. Deshalb wurden zu dieser Zeit die Seitenwände der Vorhallen entfernt, sodass diese als Arkadengang nutzbar wurden.
Im Rahmen der Baufeldfreimachung für den Neubau des Charlottenburger Tores wurde das nördliche Steuerhaus 1905 und das südliche 1907 abgebrochen. Die sechs runden Reliefs sowie die vier dorischen Säulen wurden gesichert und der Technischen Hochschule übergeben. Die Säulen wurden als Anschauungsstücke für den architektonischen Unterricht im Hof der Hochschule aufgestellt, wo sich bereits eine Sammlung von Berliner Bauresten befand und auch heute noch befindet. Der Standort der Säulen war seit der Aufstellung 1908 an den rückwärtigen Ausgängen des Hauptgebäudes.[2] Anfangs standen sie beidseits der Türen und dienten als Auflage für Rankspaliere. Heute stehen sie jeweils nebeneinander, den Längsenden des Gebäudes zugewandt. Die Säulen stehen heute unter Denkmalschutz.[4]
Öffentlicher Wettbewerb
Im Februar 1900 initiierte der Magistrat der Stadt Charlottenburg einen „Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für die künstlerische Ausgestaltung der Charlottenburger Brücke“.[5] Ziel war es, im Zusammenhang mit dem ohnehin notwendigen Ersatz der hölzernen Klappbrücke eine repräsentative Eingangssituation an der Chaussee von Berlin zu schaffen, die der gestiegenen Bedeutung Charlottenburgs gerecht würde. Die Steuerhäuser wurden bewusst zur Disposition gestellt. Es gingen 52 Entwürfe ein. Die große Anzahl an Entwürfen stand jedoch im Gegensatz zur Qualität. Die Berliner Architekturwelt verdeutlichte an diesem Fall das Problem der offenen Wettbewerbe: „Es wiederholt sich hier der bei den meisten Wettbewerben der letzten Jahre zu Tage getretene Vorgang, dass sich an die Aufgabe viele unreife, manchmal noch auf der untersten Stufe künstlerischer Ausbildung stehende Kräfte heranwagen, die das Gebiet des öffentlichen Wettbewerbs als einen willkommenen Tummelplatz ansehen.“ [6] So legte zwar das Preisgericht drei Preise fest und empfahl noch drei weitere Entwürfe zum Ankauf, erklärte aber, dass „weder die drei preisgekrönten, noch die drei zum Ankauf empfohlenen Entwürfe […] in ihrer vorliegenden Form zur Ausführung geeignet [sind].“ [6]
Die Entwürfe unterteilten sich in zwei Hauptgruppen, von denen die erste die Straße mit einem Tor überbauen und die zweite die Straßenränder betonen wollte. Während die Stadt Charlottenburg eine Straßenrandbetonung favorisierte, zeichnete die Jury einen Torentwurf mit dem ersten Preis aus. Dieser wurde dem Architekten Friedrich Pützer aus Darmstadt zugesprochen. Pützer entwarf ein stadttorartiges Gebäude mit einem 17 Meter breiten und 11 Meter hohen Korbbogen für die Fahrbahn und zwei kleineren Bögen für die Fußwege. An der nördlichen Seite des Tores wuchs ein Turm empor, an den sich nach Westen hin eine Säulenhalle mit Freitreppe anschloss.[3]
Der zweite Preis ging an einen Entwurf, der den Straßenrand betonte, entworfen von Josef Welz, und der dritte an eine Torüberbauung, entworfen von Kurt Winter. Auch innerhalb des Preisgerichts war man über die grundsätzliche Gestaltung unterschiedlicher Meinung. Für das weitere Vorgehen empfahl das Preisgericht, „den drei Siegern in einem engeren Wettbewerb die Aufgabe zu stellen, den Entwurf nach zwei Richtungen hin aufs neue zu bearbeiten, und zwar einmal mit einer Ueberbauung der Hauptstrasse durch ein Thor, zum anderen durch eine architektonische Betonung der Strassenränder mit entsprechender künstlerischer Vorbereitung und Anpassung an die landschaftliche Umgebung.“ [6]
Engerer Wettbewerb
Die Stadt Charlottenburg entschloss sich endgültig gegen eine Torüberbauung. Unter dieser Vorgabe wurde der vom Preisgericht vorgeschlagene engere Wettbewerb durchgeführt. Aber auch der Anfang 1901 abgeschlossene, engere Wettbewerb erbrachte kein Resultat, mit dem sich die Stadtverordneten und Magistratsmitglieder in Charlottenburg zufrieden gaben. Auch eine nochmalige Überarbeitung seines Entwurfes durch Friedrich Pützer änderte an dieser Situation nichts.[7]
Bemerkenswert ist jedoch ein weiter Entwurf, der außerhalb des Wettbewerbs vom Berliner Architekten Bruno Jautschus vorgestellt wurde, da dieser bereits Elemente des später umgesetzten Baus vorwegnahm.
Unbefriedigt von den Wettbewerbsergebnissen beauftragte Charlottenburg letztendlich seine eigenen Bauämter für Hoch- und Tiefbau unter Berücksichtigung der erworbenen Entwürfe, einen endgültigen Bauentwurf aufzustellen. Diese sollten dann mit der architektonischen Ausgestaltung der Anlage einen namhaften Bildhauer beauftragen. Die Berliner Architekturwelt kommentierte das Scheitern des Wettbewerbs lakonisch: „Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, hätte es wahrlich nicht des Aufwandes eines großen Wettbewerbs bedurft!“ [8]
Bau des Charlottenburger Tores
Mit dem Neubau der Charlottenburger Brücke wurde 1904 begonnen. Die 55 Meter breite Brücke überspannte den Landwehrkanal auf einer Breite von 26 Metern mit einem Gewölbe und wurde einschließlich der Flügelmauern und Uferabschlüsse im März 1907 fertig gestellt. Weitere zwei Jahre benötigten die Aufbauten für das Charlottenburger Tor. Insgesamt kostete die gesamte Neuanlage 1.572.000 Goldmark. Die Bauleitung der Gesamtanlage lag in den Händen von Hermann Zangemeister.[1]
Bauwerk
Die architektonische Gestaltung der Brücke wurde nach dem Scheitern des Wettbewerbs dem nicht am Wettbewerb beteiligten Architekten Bernhard Schaede übertragen. Auch dieser fertigte nacheinander noch drei stark unterschiedliche Entwürfe an, bis ein die Charlottenburger Stadtverwaltung zufriedenstellender Entwurf gefunden war, der auch die Zustimmung von Kaiser Wilhelm II. fand. Grundsteinlegung für das Tor war am 6. Mai 1907.
Schaedes Torentwurf bestand aus drei Elementen, die aus Ettringer Tuffstein gefertigt wurden. Hauptteil waren zwei leicht gekrümmte Säulenhallen, die sich auf beiden Seiten des Fahrdamms in einem Abstand von 15 Metern gegenüber standen. Sie endeten neben dem Fahrdamm mit jeweils einem kräftigen pylonartigen Mauerkörper. Den Abschluss zur fahrbahnabgewandten Seite bildeten kurze Mauern. Beide Enden der Säulenhallen besaßen schmückende Aufbauten. Die Formensprache lehnte sich am strengen Barock an und wird heute dem Neobarock zugeordnet. Während der Fahrdamm zwischen den beiden Säulenhallen lag, führten die auf jeder Straßenseite getrennt angelegten Fuß- und Reitwege durch die Säulenhallen hindurch. Die Straßenbahngleise, hier ein Teilstück der ersten Pferde-Straßenbahn Deutschlands, lagen mit beiden Gleisen am nördlichen Rand des Fahrdamms.
Den Säulenhallen aus Richtung Charlottenburg vorgelagert wurde auf jeder Straßenseite ein 20 Meter hoher, reich geschmückter Kandelaber für die Aufnahme der Bogenlampen aufgestellt. Abgeschlossen wurde die künstlerische Anlage durch die Gestaltung der Brückenbrüstungen. Diese wurden an den Charlottenburg zugewandten Enden auf Höhe der Kandelaber stark hochgezogen und schlossen in einem kleinen Pylon.[1]
An der nordwestlichen Ecke der Brücke wurde eine unterirdische Bedürfnisanstalt angelegt, wobei die Zugangstreppen und Räume ebenfalls von Bernhard Schaede entworfen wurden.[9]
Figürlicher Schmuck
Bereits in seinem ersten Entwurf sah Schaede die Darstellung von Friedrich I. und seiner Gemahlin Sophie Charlotte am Tor vor, zunächst jedoch nur als Reliefportraits. In seinem dritten Entwurf hat er sich dann erstmals zu ganzfigürlichen Standbildern in menschlicher Größe durchgerungen. Wilhelm II. erschienen jedoch auch diese Darstellungen nicht ausreichend majestätisch, woraufhin der Bildhauer Heinrich Baucke einen entsprechenden Auftrag erhielt. Er schuf die beiden etwa fünf Meter hohen herrisch-pompösen Bronzestatuen, die an der Außenseite des Tores aufgestellt, die in Charlottenburg ankommenden Reisenden beeindrucken sollten.[10] Im Gegensatz zur Torgestaltung fanden die Statuen nicht den Beifall der Fachwelt. Das Zentralblatt der Bauverwaltung schrieb „Beide erscheinen unter den hoch über ihnen schwebenden Baldachinen sehr gedrungen, der Umriss der dunklen Bronzemassen von weitem fast unförmlich durch die bauschig und breit herabfallenden Mäntel. […] Leider liegen fast alle zur Betrachtung der Denkmäler günstigen Standpunkte auf Fahrdämmen.“[1]
Zwei weitere Bronzeplastiken krönten das Tor. Diese entwarf der Bildhauer Georg Wrba. Die eine Plastik stellte eine Frauengestalt auf einem Hirsch dar, der von zwei Mädchen gebändigt wurde. Die andere zeigte schwertschwingende Krieger mit Schilden, ein Pferd und einen Panther. Auch diese Plastiken wurden kritisch gesehen und das Zentralblatt der Bauverwaltung resümierte lapidar „Es ist nicht leicht, diese verschlungenen Leiber zu entwirren, und ihre Bedeutung zu finden noch schwerer“.[1]
Umbauten und Restaurierungen
Versetzung für die Ost-West-Achse
Im Sommer 1937 erhielt das Tiefbauamt der Stadt Berlin vom Generalbauinspektor Albert Speer den Auftrag, die Ost-West-Achse im Rahmen des nationalsozialistischen Ausbauprogramms der Hauptstadt bis zum April 1939 auf eine Fluchtlinienbreite von 50 Metern zu bringen. Die größte Schwierigkeit hierbei bot der Umbau der Charlottenburger Brücke. Speer forderte nämlich auch, dass der 1½ Meter hohe Buckel, der 1904 aufgeschüttet worden war, um unter der Charlottenburger Brücke eine größere Durchfahrtshöhe für Schiffe zu erreichen, zu beseitigen sei. Das Tor, das bisher ein Brechpunkt in der Sichtachse war, sollte genau dies nicht mehr sein. Ebenfalls der Sichtachse geopfert wurde die Straßenbahn in der Ost-West-Achse, da vor allem die Oberleitung als störend empfunden wurde.
Um gleichzeitig den Anforderungen Speers auch der Forderung der Reichswasserstraßenverwaltung nach einer Verbesserung der Durchfahrtsverhältnisse unter der Charlottenburger Brücke nachzukommen, wurde die alte Charlottenburger Bogenbrücke abgetragen und durch einen Neubau ersetzt. Dieser wies nur eine Bauhöhe von 95 cm auf, was das absolute Mindestmaß der damaligen Bautechnik darstellte. So konnte für die Schifffahrt eine Durchfahrtshöhe von 3,30 Metern auf einer Breite von 25 Metern erreicht werden. Um die geforderten Fahrbahnbreiten aufnehmen zu können, wurde die neue Brücke nach Süden hin um 10 Meter breiter als das Vorgängerbauwerk ausgeführt.
Der Neubau der Brücke einschließlich des Abtragens der Rampen, ließ sich nur bewerkstelligen indem das gesamte Charlottenburger Tor abgebaut wurde. Die Wiederaufstellung erfolgte dann auch gleich in einem auf 33 Meter vergrößerten Abstand der Säulenhallen, der die Durchführung der beiden 14,50 Meter breiten Fahrbahnen und des vier Meter breiten Mittelstreifens ermöglichte. Um eine architektonische Einheit der neuen Brücke mit dem Tor zu erreichen, wurden die Brüstungen in Tuffstein ausgeführt und das Brückenbauwerk mit Sandstein verkleidet. Bernhard Schaede, der Architekt des Tores, war bei dieser Arbeit als leitender Mitarbeiter beteiligt.[11]
Für die Straßenbeleuchtung wurden entlang der gesamten Ost-West-Achse von Speer entworfene Straßenleuchten aufgestellt. Weiterer Strombedarf bestand durch die Beleuchtung der beim Ausbau mit berücksichtigten festlichen Ausschmückung des Straßenzuges. Zur Stromversorgung dieser Anlagen wurden neun unterirdische Netz- und Schaltstationen angelegt.[12] Eine davon wurde in direkter Nachbarschaft der nördlichen Säulenhalle des Charlottenburger Tores errichtet. Der Zugang zur Wartungstreppe in das Tor, diente gleichzeitig als Zugang zu dieser Netz- und Schaltstation.
Im Rahmen der festlichen Schmückung der Straße wurde von den Nationalsozialisten das Tor als Fahnenhalter „missbraucht“. Überdimensionierte Hakenkreuzfahnen wurden bei entsprechenden Anlässen zwischen den Säulen und quer zur Fahrbahn an den Stirnseiten der Säulenhallen aufgehängt.
Zweiter Weltkrieg
Während der Schlacht um Berlin im April und Mai 1945 drang die I. Polnische Infanterie-Division von Charlottenburg kommend auf den Tiergarten vor und lieferten sich am Landwehrkanal Gefechte mit deutschen Truppen.[13] Auf der Charlottenburger Brücke sollten zahlreiche Panzersperren ein Vordringen der Alliierten behindern. Bei den Kämpfen um die Brücke wurde die Westseite des Charlottenburger Tores besonders schwer beschädigt. Nach dem Krieg erfolgte nur eine notdürftige Instandsetzung.
Die Plastiken von Wrba wurden zwischen Februar und Mai 1945 demontiert und gelten seitdem als verschollen.
Kriegsschädenbeseitigung
1968 und 1970 wurden die noch vorhandenen kriegsbedingten Schäden behoben. Bei der Einsetzung von nachgefertigten Steinelementen wurde erstmals ein Verfahren angewandt, bei dem die Teile nicht in klassischer Weise verdübelt, sondern mit einem Klebstoff auf Kunststoffbasis angeklebt wurden. Dieser Klebstoff verlor jedoch im Laufe der Zeit seine Wirkung und 30 Jahre später fielen hierdurch erste angesetzte Teile herab.[14]
Die beiden schwer beschädigten steinernen Kandelaberpfeiler wurden nicht wieder aufgebaut. Die Reste wurden abgebrochen.
Engerer Wettbewerb 1986
1986 plante das Bezirksamt Charlottenburg in Zusammenarbeit mit dem Landeskonservator auf dem Charlottenburger Tor an Stelle der verschollenen Wrba-Figurengruppen moderne Plastiken aufzustellen. Ziel war es durch eine Überhöhung der Türme die durch die Auseinanderrückung verloren gegangene Torwirkung wieder zu verstärken. Der Senator für Bau- und Wohnungswesen lobte zur Findung geeigneter Entwürfe einen engeren Wettbewerb aus. Vier Künstler wurden zur Abgabe von Entwürfen aufgefordert.[15] Denis Oppenheim bekam im August 1986 den ersten Preis zugesprochen. In der Jury herrschten jedoch durchaus unterschiedliche Meinungen über die Einpassung der sehr modernen Plastiken in die historische Architektur und den umgebenden Stadtraum. Auch der Landeskonservator meldete solche Bedenken an.[16] Zu einer Umsetzung ist es dann letztendlich nicht gekommen.
Restaurierung zur 750-Jahrfeier Berlins
Im Vorfeld zur 750-Jahrfeier Berlins im Jahr 1987 wurde die Oberfläche des Charlottenburger Tores versiegelt (hydrophobiert). Das Ziel war, die Poren des Tuffsteins an der Oberfläche zu versiegeln und somit ein weiteres Eindringen des Wassers in das Gestein zu verhindern. Die Festigung der Gesteinsoberfläche führte aber nicht zum erhofften Schutz des Gebäudes. Vielmehr lösten sich die gehärteten Schichten auf dem durchfeuchteten Untergrund und fielen ab.[14]
Restaurierung 2004 bis 2007
Durch ein Gutachten der Stiftung Denkmalschutz Berlin wurde dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 2003 der schlechte bauliche Zustand des Charlottenburger Tores verdeutlicht.[17] In diesem Gutachten wurde auch festgestellt, dass einzelne Elemente des Tores nicht mehr sicher verankert waren und herabzustürzen drohten. Daraufhin wurden Fuß- und Radwege unter dem Tor kurzfristig gesperrt. Erst nach der Beseitigung loser Steine durch Mitarbeiter des Bauamtes wurden sie wieder freigegeben.[18]
Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sah sich aus finanziellen Gründen nicht selbst in der Lage, das Tor zu restaurieren. Im Mai 2004 wurde deshalb ein Vertrag mit der Stiftung Denkmalschutz Berlin unterzeichnet, die die Sanierung durchführte. Die Finanzierung der Restaurierung erfolgte durch die Einhausung des Baugerüstes, das sich im Gegensatz zum eigentlichen Tor auch quer über die Straße erstreckte, mit zwei 3500 m² großen Werbeplanen.
Nach dem Aufbau der Baugerüste erfolgte eine dezidierte Schadenserhebung. Jeder einzelne Stein wurde begutachtet und das Tor mit 20 Millionen Messpunkten millimetergenau dokumentiert.[19] Im Rahmen der Sanierung wurde der alte Fugenmörtel entfernt und durch einen neuen, farblich passenden ersetzt, der extra von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung entwickelt wurde. Notwendige Ausbesserungen an den Steinen wurden vorgenommen und 71 schadhafte Tuffsteinsegmente durch Kopien ersetzt. Schließlich wurde der gesamte Bau durch Abstrahlen mit Aluminiumgranulat gereinigt.[20] Um zukünftig die Probleme durch in das Gestein eindringendes Regenwasser zu reduzieren, wurden Entwässerungen eingebaut und fehlende kupferne Abdeckbleche auf den waagerechten Gesimsen ersetzt.
Nach 32 monatiger Sanierungsdauer fand am 22. Februar 2007 die Bauabnahme durch den Eigentümer, den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf statt.[21] Am 6. Mai 2007, dem Einhundertjährigen Jubiläum der Grundsteinlegung, sollte offiziell der Abschluss der Arbeiten gefeiert werden. Die Kosten beliefen sich auf 1,8 Mio. Euro.
Geplante Maßnahmen
Als nächstes werden die im Krieg zerstörten und 1970 endgültig abgebrochenen 22 Meter hohen Bogenlichtkandelaber wieder neu errichtet. Der Vertrag zwischen Charlottenburg-Wilmersdorf und der Stiftung Denkmalschutz Berlin, die wieder die Arbeiten ausführen wird, wurde am 11. Januar 2007 unterzeichnet.[22] Die Finanzierung erfolgt wiederum durch Vermietung der Baugerüste als Werbeflächen. Die Bauzeit beträgt voraussichtlich 36 Monate.
Weiterhin beabsichtigt der Freundeskreis Charlottenburger Tor die sogenannte „Bastion“, das Rondell auf der Südseite des Tores, umzugestalten. Es sollen Sitzgelegenheiten errichtet werden und die steinerne Brüstung soll durch ein offenes Brückengeländer ersetzt werden, das den Blick auf den Landwehrkanal freigibt.[23]
Die Brückenoberfläche soll nach Vorbild des Pariser Platzes neu gepflastert werden. Weitere Gestaltungsideen des Freundeskreises Charlottenburger Tor betreffen die Grünflächen in unmittelbarer Tornähe, die Beleuchtung und das Brückengeländer.
Tormuseum
In dem bei den Restaurierungsarbeiten „wiederentdeckten“ Raum der Netz- und Schaltstelle, der ehemals der Stromversorgung für die Straßenbeleuchtung diente, richtete der Freundeskreis Charlottenburger Tor, der bei der Stiftung Denkmalschutz Berlin angesiedelt ist, ein Tormuseum ein. In den beiden Räumen werden historische Ansichten und Pläne des Tores und der Brücke ausgestellt. Die Plattform auf dem Nordflügel des Tores kann samstags zwischen 13 und 15 Uhr bestiegen werden. Die Stiftung Denkmalschutz Berlin hat dafür vom Bezirksamt ein kostenloses Nutzungsrecht bis Ende 2021 zugesichert bekommen.[24]
Diskussion des Denkmalschutzes
Der Bereich des Charlottenburger Tores ist eine mittlerweile mehrfach überformte Fläche. Die Zeitschicht der Steuerhäuser ist an keiner Stelle mehr sichtbar. Erhalten sind jedoch Elemente von 1909 mit der originalen Bausubstanz des Tores, aber auch zahlreiche Elemente von 1939, wie die Brückenbrüstungen und die Speer'schen Straßenleuchten. Der derzeitige Trend geht eindeutig in die Richtung möglichst viele Gestaltungselemente von 1909 nachzubauen und dafür gegebenenfalls auch 70 Jahre alte Originalbestandteile aus der Zeit des Nationalsozialismus zu demontieren. Dieses historisierende Vorgehen, das den Umgang mit der nationalsozialistischen Ost-West-Achse ausblendet, ist unter Denkmalschützern nicht unumstritten.
Ohnehin ist mit einer originalgetreuen Wiederherstellung des Tores in absehbarer Zeit nicht zu rechnen, da hierzu auch die Zusammenrückung auf den historischen Abstand von 14,50 Metern notwendig wäre, um die von Schaede beabsichtigte Torwirkung wieder herzustellen. So werden auch die Nachbauten der Bogenlichtkandelaber an den Orten der nationalsozialistischen Neupositionierung errichtet. Wenn nun, wie geplant, die Speer'schen Straßenleuchten auf der Charlottenburger Brücke entfernt würden, entstünde ein ahistorischer Zustand. Dies kann natürlich aus stadtgestalterischen Gründen gewollt sein, ist im Kontext des Denkmalschutzes jedoch problematisch.
Rekonstruktion der Kandelaber am Charlottenburger Tor
Zurzeit werden die beiden knapp 22 Meter hohen Kandelaber auf der anderen Seite der Charlottenburger Brücke mit den jeweils acht Bogenlampen wiederhergestellt.
Literatur
- Stiftung Denkmalschutz Berlin (Hrsg.): Das Charlottenburger Tor. Übersehenes Baudenkmal am Straßenrand, In: Hefte der Stiftung Denkmalschutz Berlin, Berlin 2004
- Stiftung Denkmalschutz Berlin (Hrsg.): Das Charlottenburger Tor – 30. April 1945. Ort der Deutschen Geschichte, In: Themenhefte, Berlin 2005
- Helmut Engel: Das Charlottenburger Tor. Hg. von der Stiftung Denkmalschutz Berlin (Meisterwerke Berliner Baukunst, Bd.5), Berlin 2005
Weblinks
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
- Stiftung Denkmalschutz Berlin
- Charlottenburger Tor (Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf)
- Charlottenburger Brücke (Edition Luisenstadt)
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Brüstlein: Der Neubau der Charlottenburger Brücke. Zentralblatt der Bauverwaltung, 29. Jg., Heft 43 (29. Mai 1909), S. 290–293
- ↑ a b Julius Kohte: Die Steuerhäuser an der Charlottenburger Brücke. Zentralblatt der Bauverwaltung, 28. Jg., Heft 94 (21. November 1908), S. 625
- ↑ a b F. Schultze: Der Wettbewerb für die künstlerische Ausgestaltung der Charlottenburger Brücke. Centralblatt der Bauverwaltung, 20. Jg., Heft 53 (7. Juli 1900), S. 322–324 und Heft 55 (14. Juli 1900), S. 336–338
- ↑ Eintrag der Säulen der Steuerhäuser in der Berliner Landesdenkmalliste
- ↑ Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für die künstlerische Ausgestaltung der Charlottenburger Brücke. Centralblatt der Bauverwaltung, 20. Jg., Heft 14 (17. Februar 1900), S. 80
- ↑ a b c Ernst Spindler: Der Wettbewerb um die Charlottenburger Brücke. Berliner Architekturwelt, 3. Jg., Heft 8 (November 1900), S. 277–286
- ↑ Ernst Spindler: Engerer Wettbewerb um die Charlottenburger Brücke. Berliner Architekturwelt, 4. Jg., Heft 3 (Juni 1901), S. 78–85
- ↑ Der Wettbewerb um den Neubau der Charlottenburger Brücke. Berliner Architekturwelt, 3. Jg., Heft 12 (März 1901), S. 455
- ↑ Hermann Zangemeister: Die unterirdischen Bedürfnisanstalten in Charlottenburg. Zentralblatt der Bauverwaltung, 31. Jg., Heft 3 (7. Januar 1911), S. 12–15
- ↑ Sophie Charlotte und ihr Schloß. Katalog der Ausstellung „Sophie Charlotte und Ihr Schloß. Ein Musenhof des Barock in Brandenburg-Preußen“ der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg im Schloss Charlottenburg, Berlin vom 6. November 1999 bis zum 30. Januar 2000. Prestel Verlag, München 1999. ISBN 3-7913-2225-7
- ↑ H. Langer: Der Ausbau der Berliner Ost-West-Achse vom Brandenburger Tor bis zum Mussolini-Platz. Zentralblatt der Bauverwaltung, 59. Jg., Heft 47/48 (25. November 1939), S. 1133–1147
- ↑ H. Langer: Die Berliner Ost-West-Achse als Verkehrsstraße. Verkehrstechnik, 20. Jg., Heft 17 (5. September 1939), S. 409–415
- ↑ Claudia Fuchs: Berliner Tor wird erforscht, Berliner Zeitung, 27. September 2005
- ↑ a b Stefan Grell: Schadensbilder. Denkmalspiegel (Vierteljahresblatt für Denkmalschutz und Denkmalpflege), 3. Jg., Nr. 1 (Januar 2005), (online, PDF, 300 KB)
- ↑ Charlottenburger Tor / Engerer Wettbewerb Kunst im Stadtraum: Ausschreibung. Hrsg.: Senator für Bau- und Wohnungswesen, Berlin 1986
- ↑ Charlottenburger Tor / Engerer Wettbewerb Kunst im Stadtraum: Protokoll des Preisgerichts und Bericht der Vorprüfung. Hrsg.: Senator für Bau- und Wohnungswesen, Berlin 1986
- ↑ Antwort von Dr. Stimmann für die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 16. April 2003 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christa Müller (SPD) Restaurierung Charlottenburger Tor vom 13. März 2003, (online, PDF, 97 KB)
- ↑ Carolin Brühl: Charlottenburger Tor verfällt: Gefahr durch lockere Steine / Sanierung nötig – Stadtrat lässt Gehweg sperren. Berliner Morgenpost, 1. März 2003
- ↑ Claudia Fuchs: Ein Modell aus 20 Millionen Daten. Berliner Zeitung, 18. Oktober 2004
- ↑ Claudia Fuchs: Die Vase kam scheibchenweise / Der südliche Flügel vom Charlottenburger Tor ist saniert / Bis Jahresende soll alles fertig sein. Berliner Zeitung, 27. Juli 2006
- ↑ Charlottenburger Tor ist fertig, Pressemitteilung des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 26. Februar 2007
- ↑ Vertragsunterzeichnung zur Wiederherstellung der historischen Kandelaber auf der Charlottenburger Brücke, Pressemitteilung des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin vom 11. Januar 2007
- ↑ Brigitte Schmiemann: Die Hüllen fallen noch dieses Jahr / Charlottenburger Tor: Freundeskreis will Kellerräume für Ausstellung nutzen. Berliner Morgenpost, 27. Oktober 2006
- ↑ Birgitt Eltzel: Charlottenburger Tor läßt bald die Hüllen fallen / Kleine Verzögerungen bei den Sanierungsarbeiten. Berliner Zeitung, 11. Januar 2007
52.51333333333313.331388888889Koordinaten: 52° 30′ 48″ N, 13° 19′ 53″ O
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