Metall-Isolator-Übergang

Metall-Isolator-Übergang

Als Metall-Isolator-Übergang bezeichnet man einen Phasenübergang, der auf Quanteneigenschaften der Materie beruht. Dabei treten insbesondere Änderungen der Transporteigenschaften eines Materials, z. B. der elektrischen Leitfähigkeit oder des Reflexionsvermögens, zwischen Werten auf, die typisch für Metalle bzw. für Isolatoren sind.

Inhaltsverzeichnis

Elektrische Leitfähigkeit

Metalle haben eine sehr hohe elektrische Leitfähigkeit, während Isolatoren elektrische Ladungen sehr schlecht leiten. Bestimmte Materialien können unter spezifischen Bedingungen, bei Änderung des Drucks, der Temperatur, der Dichte oder des Unordnungsgrades vom einen in den anderen Zustand wechseln. Im letztgenannten Fall spricht man auch von einem Metall-Isolator-Übergang vom Anderson-Typ (siehe Lokalisierung (Physik)), in den ersten drei Fällen dagegen von einem Mott-Übergang. Ein Metall ist ein Material, dessen Fermienergie bei einer Temperatur von 0 K, also am absoluten Nullpunkt, innerhalb eines Bandes liegt.[1] Daraus resultiert im Allgemeinen eine sehr hohe Leitfähigkeit. Beim Isolator liegt die Fermienergie dementsprechend meistens in einer Bandlücke, was elektrische Leitung vollständig verhindert. Bei endlichen Temperaturen ist diese Unterscheidung im Allgemeinen nicht so eindeutig. Metalle haben dann eine niedrigere elektrische Leitfähigkeit als ein freies Elektronengas, kein Isolator ist ein perfekter Isolator. Außerdem kann, wie bei Halbleitern, die Bandlücke sehr klein werden und eine elektrische Leitfähigkeit durch die Besetzung des Leitungsbandes durch thermisch angeregte Elektronen erzeugt werden. Ferner kann durch „Unordnung“ bzw. durch Wechselwirkungseffekte nichtleitendes Verhalten induziert werden, im Gegensatz zu den Erwartungen der üblichen Theorien.[2]

Mott-Effekt

Der Mott-Effekt beschreibt den Übergang eines Isolators zu einem Metall aufgrund der Erhöhung des Drucks.[3] Der einfachste Isolator ist ein Wasserstoffkristall, dessen Atome in hexagonal dichtester Kugelpackung angeordnet sind und dessen atomare Orbitale sich nicht überlappen. Dieses Gitter bildet einen Isolator, wenn die Gitterkonstante groß genug ist. Presst man dieses Gitter zusammen, verkleinert man also die Gitterkonstante, wird dieses Material in ein Metall übergehen. Dies passiert bei einer Dichte, die dem Mott-Kriterium entspricht:

n^{1/3}a_0 = 0{,}2\quad\rm {(Mott-Kriterium)}

wobei a0 der bohrsche Radius und n die Teilchendichte des Systems ist. Der Mechanismus dieses Übergangs besteht darin, dass die Bandlücke verkleinert wird und sich das Leitungs- und das Valenzband schließlich überlappen. Die Fermienergie liegt dann innerhalb eines Bandes und das System ist ein Metall, auch bei niedrigen Temperaturen. Die fundamentale Erkenntnis dieses Gedankenexperimentes ist, dass sich bei genügend hohem Druck jeder Isolator in ein Metall verwandelt.

In anderer Interpretation beruht der wesentliche, zu nichtmetallischem Verhalten führende Effekt darauf, dass sich die Ladungsträger im Isolator-Zustand so stark abstoßen, dass sie nicht propagieren können. D.h. es handelt sich um einen zur Lokalisierung führenden Wechselwirkungseffekt, der durch eine nach dem amerikanischen Physiker John Hubbard benannte Energiekonstante U beschrieben wird. In obiger Interpretation ergibt derselbe Parameter die Bandlücke: Die Bänder überlappen, wenn U kleiner als der Bandbreitenparameter wird.

Elektronenlokalisation

Der umgekehrte Fall, dass ein Metall, also ein Leiter bei 0 K, zu einem Isolator wird, stellt ein wesentlich schwieriger theoretisch zu erklärendes Phänomen dar. Das Zusammenbrechen der elektrischen Leitfähigkeit wird durch eine Lokalisation der im Metall unlokalisierten Elektronenzustände erklärt. Das kann auf verschiedene Weise geschehen. Beim Anderson-Übergang (Philip W. Anderson) tritt eine Lokalisierung der Elektronenzustände auf Grund statistischer Unordnung im System auf. Beim Mott-Hubbard-Übergang (Nevill Francis Mott, John Hubbard (Physiker)) sorgen starke Elektron-Elektron-Korrelationen für ein Einfrieren der lokalen Elektronenkonzentration. Des Weiteren kann es zur Elektron-Gitter-Kopplung kommen, die die Bewegungsfreiheit der Elektronen stark einschränkt.

Beispiele

Ein Beispiel für einen temperaturgetriebenen Metall-Isolator-Übergang wurde in Phosphor-dotiertem Silicium gemessen. Bei Temperaturen unter 0,1 K und Donor-Konzentrationen um 3,6 × 10−18 cm-3 wird das gut leitende Material zum Isolator.[4]

Ein weiteres Beispiel ist Kohlenstoff, in welchem der Metall-Isolator-Übergang durch eine Veränderung der räumlichen Struktur verursacht wird. Während Graphit metallische Eigenschaften zeigt, ist Diamant ein Isolator. Graphen (einzelne isolierte Graphitschichten!) ist ein interessanter zweidimensionaler Grenzfall.

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. P. P. Edwards und C. N. R. Rao (Hrsg.): Metal-Insulator Transitions Revised. Taylor & Francis, Bristol 1995
  2. Man sollte sich insbesondere nicht daran stören, dass die hier benutzte Bänder-Beschreibung eine Einteilchennäherung wiedergibt, die dem zugrunde liegenden Hubbard-Modell, einem Vielteilchenmodell, nicht ganz gerecht werden kann.
  3. Sir Nevill Mott: Metal-Insulator Transitions. Taylor & Francis, Bristol, 2. Auflage 1990
  4. T. F. Rosenbaum, K. Andres, G. A. Thomas und R. N. Bhatt. In: Physical Review Letters. Band 45, 1980, S. 1723

Literatur

  • Ronald Redmer, Bastian Holst, Friedrich Hensel (Hrsg.): Metal-to-Nonmetal Transitions, Springer, Berlin 2009, ISBN 978-3-642-03952-2

Weblinks


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