Chauvi

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Chauvinismus ([∫ovi'nɪsmʊs], nach Nicolas Chauvin) ist der Glaube an die Überlegenheit der eigenen Gruppe.

Chauvinismus im ursprünglichen Sinne ist exzessiver, auch aggressiv überzogener Nationalismus, bei dem sich ein Angehöriger einer Nation allein aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser gegenüber Menschen anderer Nationen überlegen fühlt und sie abwertet.

Inhaltsverzeichnis

Wortherkunft

Das Wort leitet sich vom Namen des übertrieben patriotischen Rekruten Nicolas Chauvin her, der in der Armee von Napoléon Bonaparte diente und 17-mal verwundet wurde. Sein übersteigerter Idealismus wurde in der Figur „Nicolas Chauvin“ im französischen Lustspiel „La cocarde tricolore“ (1831, Paris) der Brüder Cogniard verewigt und in zahlreichen Vaudevilles karikiert, wodurch der Begriff des Chauvinismus geboren wurde.

Staatlicher Chauvinismus

Aus unterschiedlichen Gründen kann der Chauvinismus nicht nur die öffentliche Meinung beherrschen, sondern auch als politische und ganz besonders auch staatliche Propaganda betrieben werden.

Voraussetzungen

Als Voraussetzung des radikalen Nationalismus wird neben dem Nationalstaat eine Krise des nationalen Selbstbewusstseins angesehen. Dazu gehört eine außerordentliche Bedrohung von außen oder eine Gefahr für die Existenz der Nation, beispielsweise eine militärische, wirtschaftliche oder politische Niederlage, die das nationale Selbstwertgefühl verletzt hat.

Laut dem Soziologen Eugen Lemberg tritt die Gefahr für die nationale Existenz immer dann ein, wenn die Integrationskraft für den Fortbestand der Nation schwindet, weil sie dann auf die Gefahr der Desintegration mit dem radikalen Nationalismus antwortet. Als Beleg führt er den deutschen Nationalismus nach 1918 in der Weimarer Republik aufgrund der militärischen Niederlage im 1. Weltkrieg an.

Dieser stellte sich in radikaler Form als Erneuerer der Nation dar und suchte Schuldige für das Kriegsende. Der militärische Zusammenbruch führte zu der Umdeutung der Kriegsniederlage als „Ende des monarchischen Systemes“, während das Volk keine Niederlage erfahren hätte (vgl. Dolchstoßlegende). Deswegen führte der Zusammenbruch zur Betonung der „kulturellen Sendung“ der Deutschen, wobei aus dem Glauben an die Nation der Wiederaufstieg ermöglicht werden sollte. Dazu führte auch die bewusste Betonung der kulturellen Unterschiede gegenüber Frankreich, wozu auch der politische Aspekt des „Diktat von Versailles“ gehört.

Wurzeln und Organisationen

So ist die überstiegene Form des Nationalismus oftmals ein Merkmal der sogenannten „verspäteten“ Nationen, bei denen zwischen Risorgimento, also der Idee, sich als Nation zu konstituieren, und Nationalstaatsbildung ein größerer Zeitraum liegt, beispielsweise auf dem Territorium des Deutschen Reiches 56 Jahre. Dieser längere Zeitraum führt auch zu einer größeren Distanz zwischen Idee und Realisierung, weil frühere Ideen verworfen, radikalisiert und verfälscht werden. Sie können populärer und emotionalisierter werden, was die Gefahr einer instrumentalisierenden Steuerung (= Propaganda) erhöht. Minderwertigkeitsgefühle des kollektiven Gedächtnisses werden also durch eine aggressive, überstiegene Form kompensiert.

Dennoch gibt es weitere Voraussetzungen, beispielsweise die Absolutsetzung der Nation, welche ebenfalls durch Propaganda unterstützt werden kann. Der individuelle Wille soll hinter dem „Volkswillen“ zurückstehen. Machteliten und ihnen zugehörige Politiker benutzen den radikalen Nationalismus oft, um gerade solche auf Machtausübung gerichteten Ziele besser erreichen zu können. Dazu propagieren sie oft einen notwendigen Hass gegen fremde Völker.

So existierten im Deutschen Kaiserreich zahlreiche „nationale Verbände“, die an frühere Traditionen anschließen. Hier sei der Alldeutsche Verband als wichtigster Vertreter genannt. Die anti-parlamentarischen und anti-sozialistischen Verbände haben eine aktive politische Agitation betrieben, welche im (selbstdefinierten und exklusiv verstandenen) „nationalen Interesse“ unter anderem die koloniale Expansion des Reiches im Rahmen eines Wettlaufes gegen England und Frankreich forderten. Um diese Ziele zu erreichen wurde das „nationale Interesse“ durch Schaffung von Feindbildern, wie insbesondere Sozialdemokraten und Juden, aber auch Anhänger anderer Ideologien, gestärkt.

Somit wird im radikalen Nationalismus der emanzipatorische Aspekt des Risorgimento zurückgedrängt.

Genealogie

Der Aspekt der biologischen Zusammengehörigkeit, des Sozialdarwinismus, eines Volkes ist ein besonderes Merkmal des radikalen Nationalismus, da er die bisherigen emotionalen Bindungen in Form eines Nationalbewusstseins vertieft. Verwandtschaften werden von der eigenen Familie und Sippe auf eine weitaus größere Gruppe erhöht. Zwischen dieser vergrößerten ethnischen Abstammung und anderen kulturellen Werten wird nun eine Beziehung vermutet, womit ein höherer Identifikationsgrad geschaffen wird - quasi die Verwandtschaft mit dem gesamten Volk.

Diese enge, emotionale und ethnische Bindung wird innerhalb der Propaganda im radikalen Nationalismus als naturgegeben bezeichnet, womit anderen Kriterien die Natürlichkeit abgesprochen wird − und somit gleichzeitig die objektive Bewertung aller Nationen verhindert wird.

Weitere Formen

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Männlicher Chauvinismus

Von der Frauenbewegung wurde in den 1970er Jahren der Begriff „male chauvinism“ (englisch für „männlicher Chauvinismus“) geprägt. Er bezeichnet patriarchalisch geprägte bzw. sich patriarchalisch verhaltende Männer, die glauben, allein aufgrund ihres Geschlechts einen Überlegenheitsanspruch über Frauen herleiten zu können (siehe auch Machismus). Reiner Frauenhass wird als Misogynie bezeichnet. Androzentrismus dagegen bezeichnet eine überindividuell gesellschaftlich praktizierte Denk-, Sicht- und Orientierungsweise (z.B. von Institutionen), nach der eine Überlegenheit von Männlichkeit nicht direkt behauptet, sondern eine Männlichkeits-orientierte Perspektive unhinterfragt in den Mittelpunkt gestellt und deren Gleichsetzung mit „der Allgemeinen“ vorgenommen, somit deren Universalisierbarkeit für akzeptabel erachtet wird, während das gesellschaftlich dem „Weiblichen“ Zugeschriebene als Abweichung vom vermeintlich Normalen und als Besonderheit aufgefasst, dieses somit - ähnlich wie bei anderen Zentrismen (vgl. beispielsweise Eurozentrismus) - erst indirekt, verdeckt und praktisch (z.B. durch die entsprechende Verschiebung der empirischen Beweislast für Mängel an Objektivität in Form von Geschlechtsneutralität einer Aussage) zu etwas Unterlegenem wird.

Weiblicher Chauvinismus

Von Autoren wie Nicholas Davidson, Autor des Buches „The Failure of Feminism“, wird ein mit dem Feminismus der 1970er Jahre zunehmender weiblicher Chauvinismus beschrieben. Dieser sei das Gegenstück zum männlichen Chauvinismus. Weiblicher Chauvinismus behauptet eine Überlegenheit des weiblichen Geschlechts gegenüber dem männlichen Geschlecht. Im Zusammenhang mit dem „female chauvinism“ wird auch der Begriff Misandrie benutzt.

Religiöser Chauvinismus

Religiöse Chauvinisten glauben an die Superiorität ihrer Religion und fühlen sich als Angehörige ihrer Religion den Angehörigen anderer Religionen überlegen.

Sprachchauvinismus

Der Sprachchauvinismus als Merkmal ist entsprechend die extreme Abwertung der Sprachen anderer Gebiete oder Länder verbunden mit der extremen Aufwertung der eigenen Sprache.

Bedeutung gewinnt der sprachliche Chauvinismus oft bei der sog. „nationalen Wiedergeburt“ im Rahmen der Ethnogenese, welche sich auf gemeinsame Sprache beruft und eine Sprachnation etablieren möchte (siehe auch: Kulturnation). Dabei begleiten den Sprachchauvinismus oft Sprachreinigungen und politische Kontroversen zur Änderung des bisherigen Status als sprachliche Minderheit (Kontaktsprache).

Sozialer Chauvinismus

Sozialer Chauvinismus betont die Überlegenheit der eigenen sozialen Subkultur gegenüber anderen Teilen der Gesellschaft. Hierbei handelt es sich oft um die Inszenierung der Überlegenheit der eigenen Klasse, Kaste oder Schicht gegenüber einer bezüglich Wohlstand, Bildung oder Abstammung als minderwertig empfundenen „niedriger“ stehenden Gruppe im gleichen Bezugssystem, bzw. ebenso umgekehrt die übertriebene Inszenierung der moralischen Überlegenheit gegenüber einer als arrogant oder dekadent empfundenen „höher“ stehenden Gruppe. Neben diesem vertikalen sozialen Chauvinismus kann auch ein horizontaler Chauvinismus zwischen verschiedenen sozialen Milieus auf ungefähr gleichem Niveau bestehen, etwa zwischen unterschiedlichen Berufsgruppen, Familienkonstellationen („geschiedene“ „intakte Familien“, „Einzelkinder“ vs. „Geschwister“) oder gar Anhängern unterschiedlicher Freizeitaktivitäten.

Siehe auch

Weblinks


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