- Nanothermit
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Nanothermit (selten: Superthermit) ist der gebräuchliche Name für metastabile intermolekulare Gemische (engl. metastable intermolecular composites (MICs)), welche sich durch eine äußerst exotherme Reaktion nach ihrer Entzündung auszeichnen. Nanothermite enthalten – analog zu gewöhnlichem Thermit – einen Oxidator und ein Reduktionsmittel, welche auf nanoskaliger Ebene fein vermischt wurden. Nanothermite werden zu den reaktiven Materialien gezählt und auf eine mögliche Verwendung in Militär-, Sprengstoff- und Pyrotechnik, wie auch in Treib- und Explosivstoffen, hin untersucht.
Was Nanothermit von traditionellem Thermit unterscheidet, ist die Partikelgröße von Oxidator und Reduktionsmittel (normalerweise Eisenoxid und Aluminium): Sie liegen nicht bloß als feines Pulver, sondern in Form von Nanopartikeln vor, wodurch sich neue Verbrennungseigenschaften ergeben.[1] So ist zum Beispiel der Einfluss der Massetransportmechanismen auf die Brennrate auf nanoskopischer Ebene nicht so groß wie auf mikroskopischer Ebene, wodurch die Reaktionsfreudigkeit von Nanothermit wesentlich größer ist als die traditionell durch Mischung mikrometergroßer Komponenten hergestellten Thermits.[2]
Inhaltsverzeichnis
Typen
Es gibt viele thermodynamisch stabile Oxidator-Reduktionsmittel-Kombinationen. Allerdings wurden bisher nur eine Handvoll erforscht. Einige von ihnen sind:
- Aluminium - Molybdän(VI)-oxid
- Aluminium - Kupfer(II)-oxid
- Aluminium - Eisen(III)-oxid
- Antimon - Kaliumpermanganat
- Aluminium - Kaliumpermanganat
- Aluminium - Bismut(III)-oxid
- Aluminium - Wolfram(VI)-oxid-Hydrat
- Aluminium - Fluorpolymer (üblicherweise Viton)
- Titan - Bor (verbrennt zu Titandiborid)
Von Seiten militärischer Forschung wurden den Kombinationen Aluminium/Molybdänoxid, Aluminium/Teflon und Aluminium/Kupferoxid beträchtliche Aufmerksamkeit gewidmet.[2] Andere getestete Verbindungen basierten auf nanoskopischem RDX sowie auf thermoplastischen Elastomeren. PTFE (Teflon) oder andere Fluorpolymere können als Bindemittel des Gemischs verwendet werden. Seine Reaktion mit dem Aluminium fügt der Reaktion Energie hinzu[3], ähnliches lässt sich auch bei einer Magnesium/Teflon/Viton-Kombination beobachten. Von den hier gelisteten Kombinationen ist Al/KMnO4 von der höchsten Reaktivität, gefolgt von den Kombinationen Al/MoO3 und Al/CuO mit einer um ca. zwei Größenordnungen geringeren Reaktivität. Noch deutlicher dahinter folgt Al/Fe2O3.[4]
Ähnliche, aber nicht identische Systeme sind nanolaminierte pyrotechnische Gemische (nano-laminated pyrotechnic compositions), diese werden auch als energetische Nanogemische (energetic nanocomposites) bezeichnet. In solchen Systemen liegen Oxidator und Reduktionsmittel nicht zwangsläufig in Form winziger Partikel vor, sondern bestehen aus dünnen Schichten, die alternierend angeordnet werden. So kann zum Beispiel eine energetische Multischichtstruktur mit einem energetischen Verstärker-Material verkleidet werden.
Durch Auswahl der Materialien (beinahe alle Metalle eignen sich) und Auswahl der Schichtgrößen können die funktionalen Eigenschaften einer solchen Mehrlagenstruktur gezielt eingestellt werden. Das umfasst die Geschwindigkeit der Reaktionsfront, die Entzündungstemperatur und die Energieabgabe der zu erwartenden Reaktion noch unreagierter Schichten.[5]
Produktion
Nanopartikel können mittels Sprühtrocknung aus einer Lösung gewonnen werden, unlösliche Nanopartikel können mittels Pyrolyse aus geeigneten Ausgangsstoffen erzeugt werden. Das Vermischen der Materialien kann sowohl in einem Sol-Gel-Prozess als auch durch konventionelles Nassmischen und Pressen erfolgen.
Des Weiteren ist die dynamische Gasphasenkondensation (dynamic gas-phase condensation) eine Möglichkeit, nanoskaliges (UFG – ultra fine grain) Aluminium herzustellen – eine Hauptkomponente der meisten Nanothermite. Diese Methode wurde von Wayne Danen und Steve Son am Los Alamos National Laboratory entwickelt. Die Indian Head Division des Naval Surface Warfare Center verwendet eine Variante dieser Methode.
Die wesentliche Anforderung an jeden Produktionsprozess ist die Fähigkeit, Partikel in der Größe einiger dutzend Nanometer herstellen zu können, ohne dabei eine zu große Varianz in der Partikelgröße zuzulassen. Im Jahre 2002 erforderte es (noch) einen beträchtlichen Aufwand, nanoskaliges Aluminium herzustellen. Kommerzielle Hersteller waren demnach kaum verfügbar.[2]
Nanolaminierte pyrotechnische Gemische (energetic nanocomposites) variabler Dichte können unter Anwendung des Sol-Gel-Prozesses hergestellt werden - eine Methodik, die auf Randall Simpson, Alexander Gash und andere Forscher am Lawrence Livermore National Laboratory zurückgeht. Die superkritsche Extraktion ermöglicht die Herstellung von hochporösen und sehr gleichförmigen Produkten.[2]
Entzündung
Nanothermit lässt sich leichter entzünden als traditionelles Thermit. In manchen Fällen kann eine direkte Zündung mittels eines elektronischen Zünders aus Nickelchromdraht erfolgen. Andere Gemische lassen sich durch Flammen oder Laserpulse entzünden. Die Temperatur im Reaktionsgebiet kann 2700 °C übersteigen.[5]
Anwendungen
Metastabile intermolekulare Gemische (MICs) werden hauptsächlich auf eine mögliche militärische Verwendbarkeit hin untersucht (Treibmittel, Explosivstoffe, Pyrotechnik). Aufgrund seiner deutlich erhöhten Reaktionsrate im Vergleich mit herkömmlichen Thermit wird Nanothermit auf seine Verwendung als möglicher Ausgangsstoff zur Herstellung neuer, explosiverer Bombentypen hin erforscht[6], darunter sind auch Aerosolbomben. Die Erforschung nanoskopischer Materialien im Fokus militärischer Anwendungen begann ungefähr 1990.[2]
MICs werden als mögliche Nachfolger bleihaltiger (Bleistyphnat, Bleiazid) Anzündhütchen und elektrischer Zünder gehandelt. Hierbei bieten sich Al/Bi2O3-Gemische an, optional kann PETN (Nitropenta) zugemischt werden.[7][8] Des Weiteren können die Eigenschaften konventioneller Explosivstoffe durch die Zugabe von MICs verändert werden.[9] So wird beispielsweise Aluminiumpulver Explosivstoffen zur Steigerung ihrer Energieausbeute beigemischt, eine Hinzugabe von MICs in das Aluminiumpulver erhöht darüber hinaus die Brennrate des Materials.[10]
Gefahren
Nanothermit ist ein Gefahrstoff, da seine Reaktion extrem hohe Temperaturen verursacht und zudem eine einmal eingeleitete Reaktion kaum zu stoppen ist. Zudem spielt bei Nanothermit die Zusammensetzung und Formgebung der Substanz eine entscheidende Rolle, da diese die Verbrennungseigenschaften maßgeblich beeinflussen.[5]
Bei einer Thermitreaktion wird intensiv Licht im sichtbaren und unsichtbaren Spektrum (Ultraviolettstrahlung) emittiert, sodass ohne Schutzvorkehrungen Erblindungsgefahr und Verbrennungen der Haut drohen.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Effect of Al particle size on the thermal degradation of Al/teflon mixtures.
- ↑ a b c d e James S. Murday: The Coming Revolution: Science and Technology of Nanoscale Structures. In: AMPTIAC Quarterly. 6, 2002. Abgerufen am July 8, 2009.
- ↑ 2002 Assessment of the Office of Naval Research's Air and Surface Weapons Technology Program, Naval Studies Board (NSB)
- ↑ Reaction Kinetics and Thermodynamics of Nanothermite Propellants
- ↑ a b c (WO/2005/016850) Nano-laminate-based Ignitors
- ↑ John Gartner: Military Reloads with Nanotech. In: MIT Technology Review. Jan. 21, 2005. Abgerufen am May 3, 2009.
- ↑ Metastable Intermolecular Composites (MIC) for Small Caliber Cartridges and Cartridge Actuated Devices (PDF)
- ↑ Pyrotechnic Literature Series - Kosanke - Part 7
- ↑ Los Alamos National Lab -- Chemistry Division Capabilities
- ↑ Aluminum Burn Rate Modifiers Based on Reactive Nanocomposite Powders (PDF)
Weblinks
- Synthesis and Reactivity of a Super-Reactive Metastable Intermolecular Composite Formulation of Al/KMnO4 (PDF-Datei; 239 kB)
- Performance of Nanocomposite Energetic Materials Al-MoO3
- John J. Granier: Combustion Characteristics of Al Nanoparticles and Nanocomposite Al+MoO3 Thermites May 2005 (Zugriff am May 3, 2009)
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