- Nesseler Grünzig Gruppe
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Nesseler Grünzig Gruppe Rechtsform Personengesellschaft Gründung 1910 Sitz Aachen - Joachim Neßeler
(Geschäftsführender Gesellschafter) - Hubertus Neßeler
(Geschäftsführender Gesellschafter) - Karl Peter Arnolds
(Geschäftsführer)
Mitarbeiter ca. 160 (2010)[1] Umsatz rund 100 Mio. € (2010)[2] Branche Bauhauptgewerbe Produkte Projektentwicklung, Bauplanung, Betonfertigteile, Schlüsselfertige Bauten, Website www.nesseler-bau.de Bei der nesseler grünzig gruppe handelt es sich um ein im Jahre 1910 in Stolberg gegründetes mittelständisches und familiengeführtes Unternehmen des Bauhauptgewerbes, welches den Bau bedeutender Großprojekte für Industrie, Gewerbe und Handel sowie den Wohnungsbau ganzer Ortsteile im gesamten Rheinland betreibt. Der heutige Firmensitz befindet sich seit 2003 in Aachen-Brand.
Inhaltsverzeichnis
Die Anfänge
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war in Stolberg die Baufirma des Baumeisters und Architekten Carl Peltzer (* 1863) das dominierende Bauunternehmen am Ort, zu dessen bedeutendsten Auftragen der Wiederaufbau der verfallenen Stolberg Burg sowie der Bau des alten Goethe-Gymnasiums und der kaiserlichen Post gehörten. Nachdem im Jahr 1908 Carl Peltzer zusammen mit seinen Brüdern die Anteile der Teilhaber Moritz Kraus und Henry Walchenbach an der Zinkgussfabrik Kraus, Walchenbach & Peltzer nach deren Ausscheiden übernommen hatte und hierdurch diese Firma vollständig in den Besitz der Familie Peltzer gelangt war, übertrug er sein Unternehmen an die auch im Raum Stolberg operierende Leipziger Baufirma Castner & Hennig[3].
Diese zeichnete sich hier in den Folgejahren besonders durch die Erweiterungsbauten der Fabrikanlagen und eines neuen Verwaltungsgebäudes für die Firma William Prym GmbH & Co KG sowie durch den Bau der Villa Waldfrieden für die Familie Prym nach den Plänen des Architekten Gabriel von Seidl verantwortlich. Als Bauleiter vor Ort trat dabei erstmals Robert Grünzig in Erscheinung.
Ära Robert Grünzig
Robert Grünzig (1880–1956) kam in Schönau bei Leipzig als Sohn eines Bauunternehmers auf die Welt, erlernte ebenfalls den Beruf des Baumeisters und trat 1906 zunächst als Bauführer und später als Prokurist in die Firma Castner & Hennig ein. Bereits 1910 übernahm Grünzig als persönlich haftender Gesellschafter die Anteile des ausgeschiedenen Teilhabers Castner, woraufhin die Firma sich in Henning & Grünzig umbenannte. Das Unternehmen expandierte nun weiter und erhielt auch außerhalb Stolbergs bedeutende Bauaufträge. Nachdem sich der Gesellschafter Hennig im Jahre 1918 ebenfalls zurückgezogen hatte, wurde Grünzig Alleininhaber des Unternehmens und firmierte es auf seinen Namen um mit Hauptsitz in der Zweifaller Straße in Stolberg. Noch im gleichen Jahr erwarb Grünzig mit einer großen Ziegelei im Bereich der heutigen Sittarder Straße in Forst bei Aachen ein erstes Standbein außerhalb Stolbergs.
Grünzig profitierte nun bald von dem beginnenden Boom der Goldenen Zwanziger, erhielt jetzt auch erstmals Bauaufträge von der Technischen Hochschule Aachens und stieg ab 1927 verstärkt in den Siedlungswohnungsbau ein. Mit rund 1200 Mitarbeitern im Jahr 1928 war ein erster Höhepunkt der Firmengeschichte erreicht, bevor sich die Auswirkungen der nun folgenden Weltwirtschaftskrise auch im Baugewerbe durchsetzten und welche auch in Grünzigs Firma zunächst zu Entlassungen führten.
Dennoch stand ihm das Glück erneut zur Seite, als er unter der Federführung des Euskirchener Zentrumspolitikers und Reichstagsvizepräsidenten Thomas Esser dazu berufen wurde, neben der Thyssen AG und der Mannheimer BBC mit seinem Unternehmen als einer von drei Gesellschaftern in die 1929 gegründete Westmark Industrie GmbH Aachen einzutreten, deren ausschließliche Aufgabe es war, das Steinkohlenbergwerk in Faulquemont in Lothringen im Rahmen der Deutschen Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg zu errichten. Grünzig zeichnete sich hierbei verantwortlich für den Bau der Werksanlagen, des Verwaltungsgebäudes, den Bau der dazugehörenden Wohnsiedlungen sowie der Erstellung der gesamten Gleisanlagen. Allein für diese Bauvorhaben beschäftigte Grünzig zeitweise mehr als 900 Mitarbeiter. Allerdings wurde dabei sowohl Thomas Esser als auch den drei Gesellschaftern von der nun in Deutschland an die Macht strebenden NSDAP unterstellt, Schmiergelder für dieses Bauvorhaben erhalten zu haben. Die Vorwürfe erwiesen sich aber als haltlos und die bereits angelaufenen Gerichtsverfahren wurden eingestellt.
Anfang der 1930er Jahre erwarb Grünzig ein Marmorwerk im Bereich der heutigen Eynatter Straße in Aachen sowie im Jahr 1932 eine weitere Ziegelei in der Nordstraße in Aachen-Brand bei Aachen und eröffnete ein Jahr später in der Schießstraße in Düsseldorf die Niederlassung Grünzig GmbH, die ab 1937 von seinem Sohn Hans als geschäftsführendem Gesellschafter geleitet wurde. Um in den politisch schwierigen Folgejahren wirtschaftlich überleben zu können, trat Robert Grünzig 1934 in die NSDAP ein. Zur Sicherheit verschaffte er darüber hinaus seiner Familie ein weiteres wirtschaftliches Standbein, indem er 1938 zusammen mit seinem Schwiegersohn Ludwig Charlier die Aachener Tuchfabrik Marx & Auerbach an der Ecke Templergraben-Eilfschornsteinstraße übernahm, die fortan unter Grünzig & Charlier und später, nach Ausscheiden Charliers, als Grünzig & Co firmierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese dann von der jüngsten Tochter Robert Grünzigs und ihrem Ehemann Hans-Hubert Neßeler übernommen und in den 1950er Jahren zum Indeweg nach Brand verlagert, wo die Fabrik bis Anfang der 1960er Jahre betrieben wurde.
Das Bauunternehmen selbst erhielt noch vor Kriegsausbruch zahlreiche auch kriegsrelevante Bauaufträge und verfügte zeitweise über mehr als 2700 Mitarbeiter. Während der Kriegsjahre wurde die Firma der Organisation Todt unterstellt und war zusammen mit anderen Bauunternehmen in Form von Arbeitsgemeinschaften an zahlreichen weiteren militärischen Baumaßnahmen beteiligt. In Zusammenhang damit wurde auch die Firma Grünzig dazu verpflichtet, ausländische Zivil- und Zwangsarbeiter einzustellen, die die spätere nesseler grünzig gruppe durch einen finanziellen Beitrag in die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ dafür entschädigte.
Nach Ende des Weltkrieges war die Firma Grünzig über viele Jahre hinweg schwerpunktmäßig mit dem Wiederaufbau zahlreicher Gebäude in Aachen und Düsseldorf betraut, wobei ihr bei besonderen bzw. denkmalgeschützten Gebäuden, wie beispielsweise dem Elisenbrunnen oder dem Haus Nuellens, der heutige Elisengalerie, welche seit den 1930er Jahren auch als Aachener Firmensitz sowie ab 1949 als Wohnsitz der Familie diente, die originalgetreue Wiedergabe ein besonderes Anliegen war. Zugleich baute Robert Grünzig auf dem Gelände der alten Ziegelei in Brand, die mittlerweile außer Betrieb war und als Bauhof diente, ein Logistikcenter mit Schreinerei, Sägerei, Fuhrpark und Tankstelle.
Robert Grünzig verstarb 1954 und hinterließ seinen Erben ein gesundes und gut aufgestelltes Unternehmen.
Bauten in der Ära Robert Grünzig (Auswahl)
In Verantwortung der Firma Henning & Grünzig, Stolberg:
- Zinkhütte Nievenheim, welche zur Gesellschaft für Bergbau, Blei- und Zinkfabrikation Stolberg gehörte, 1910er Jahre
- Brikettfabrik Zukunft Weisweiler, 1910er Jahre
- Verwaltungsgebäude der Waggonfabrik Fa. Goossens, Lochner & Co in Aachen-Brand, 1913
In Verantwortung der Firma Robert Grünzig, Stolberg:
- Verwaltungsgebäude der Waggonfabrik Talbot in Aachen, 1920er Jahre
- Aachener Werksanlagen des belgischen Reifenherstellers Englebert, 1920er Jahre
- Haus der Studentenschaft der RWTH Aachen, 1923
- Siedlungsbauten für den Eschweiler Bergwerksverein, ab 1927
- Siedlungsbauten für die Gewerkschaft Grube Carolus Magnus in Übach-Palenberg, ab 1927
- Werksgebäude, Gleisanlagen, Verwaltungsgebäude und Wohnsiedlung für die Societé de Carbonnages in Faulquemont, 1930er Jahre
Im Auftrag der Organisation Todt:
- Luftschutzanlagen Aachen, Vlissingen und Lorient
- Kriegsmarinesiedlung Fedderwardergroden, 1938/39
- Werksanlagen der Gesellschaft für Elektrometallurgie in Böhlen/Leipzig und der Dynamit AG in Kaufbeuren, 1939/40
- Unterirdische Benzinhydrierungsanlagen für das Projekt Schwalbe 1, 1943/44
Ära Hans Grünzig
Hans Grünzig (1909–1986), ältester Sohn von Robert Grünzig, studierte an der RWTH Aachen Bauingenieurwesen und übernahm 1937 als geschäftsführender Gesellschafter die Niederlassung in Düsseldorf. Nach dem Tod seines Vaters stieg Hans Grünzig gemeinsam mit seiner Schwester Barbara, verheiratete Laschet, als persönlich haftender Gesellschafter mit Berechtigung zur alleinigen Geschäftsführung in das Hauptunternehmen ein und strukturierte dieses zukunftsweisend um. Nach der Schließung der von seiner anderen Schwester und seinem Schwager Hans-Hubert Neßeler geführten Tuchfabrik am Indeweg in Brand rüstete Grünzig das Gelände und die Anlagen im Jahr 1963 in ein Betonfertigteilwerk um und errichtete drei Jahre später in der auf mittlerweile stillgelegten Ziegelei an der Sittarder Straße in Forst ein weiteres Werk nach neuestem Standard. Dieses wurde recht bald im weiten Umkreis marktbeherrschend und 1970 in die Westdeutsche Fertigteilwerk Grünzig GmbH überführt sowie nach Beitritt weiterer Bauunternehmer 1973 zur Westdeutschen Fertigteilwerk GmbH (WFG) umfirmiert. Schon ein Jahr später stieg es zum zweitgrößten Werk dieser Art in Nordrhein-Westfalen auf. Da allerdings die Beteiligungskooperationen vertragsbedingt bereits 1976 endeten, wurde die WFG wieder als Betriebsabteilung in die Firma Grünzig GmbH eingegliedert. Bereits zuvor verlegte Hans Grünzig 1970 die Düsseldorfer Niederlassung in das Aachener Hauptwerk und gab ein Jahr später den alten Stammsitz in Stolberg auf, wodurch Aachen zum Hauptsitz wurde. Außerhalb Aachens übernahm er schließlich 1977 noch das Bauunternehmen Hermann Bock KG in Düren, welches auf Tief- und Rohrleitungsbau spezialisiert war.
Unter der Leitung Hans Grünzigs konnten die Bauübernahmen deutlich gesteigert werden. So wurden neben den wie bisher durchgeführten Hochbauten nun auch Aufträge zum Bau von Brücken und Kläranlagen sowie Straßen- Tief- und Rohrleitungsbau übernommen. Vor allem durch die Gründung der WFG wurde ab den 1970er Jahren das Schlüsselfertige Bauen zu einem maßgeblichen Schwerpunkt des Unternehmens. Dazu schloss sich Grünzig oftmals und je nach Größe des zu errichtenden Objektes mit anderen renommierten Bauunternehmen zu einer ARGE zusammen.
Dennoch blieb auch die Grünzig GmbH in den 1980er Jahren von der allgemeinen Rezession am Bau nicht verschont, Aufträge gingen zurück und Mitarbeiter mussten entlassen werden. Für die soziale Absicherung dieser Mitarbeiter hatte Hans Grünzig bereits in den 1950er Jahren vorgesorgt und als eines der ersten Unternehmen der Region die betriebliche Altersversorgung eingeführt.
Als gebürtiger Stolberger war Hans Grünzig auch dem örtlichen Fußballverein Stolberger SV verbunden, für den er im Jahre 1956 die nach seinem Vater benannte Robert Grünzig-Kampfbahn erbaute und von welchem er später zum Ehrenvorsitzenden ernannt wurde. Noch wenige Monate vor seinem Tod übernahm er erneut die Leitung des Vereins und organisierte im Jahr 1985 maßgeblich die Veranstaltung zum 75-jährigen Vereinsjubiläum.[4].
Bauten in der Ära Hans Grünzig (Auswahl)
- Neue Synagoge Düsseldorf, 1950er Jahre
- Fabrikationsanlagen für die 3 Pagen Versand und Handelsgesellschaft in Alsdorf-Hoengen, 1954
- Hochbauten des Kreiskrankenhauses Würselen, 1966
- St. Gregorius Aachen, 1967
- Verfügungszentrum der RWTH Aachen, 1971
- Staatshochbauamt Kopernikusstraße Aachen, 1972
- Bushof Aachen, 1974
- Karman-Auditorium, 1977
- Wohngebiet Driescher Hof in Aachen-Forst, 1960–1980
- Finanzamt Aachen-Außenstadt
- Finanzamt Düsseldorf
Bauübernahmen als ARGE:
- Kreishaus Aachen, 1957
- Rohbau des Universitätsklinikums Aachen, 1970er Jahre
- Kongresszentrum Eurogress Aachen, 1977
- Neues Polizeipräsidium Aachen, 1978
Ära Joachim & Hubertus Neßeler
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten trat 1982 Joachim Neßeler, Enkel des Firmengründers und Sohn des Tuchfabrikanten Hans Hubert Neßeler, in die Geschäftsleitung des Bauunternehmens ein und setzte durchgreifende Reformen durch. Er löste die WFG sowie die Niederlassung in Düsseldorf endgültig auf, verschmolz vollständig die Dürener Hermann Bock KG mit der Grünzig GmbH und gab dabei zugleich die Tief- und Kabelbauarbeiten auf. Zusätzlich musste er einen Teil der Familie erbrechtlich abfinden, wodurch das Marmorwerk in Aachen und das Logistikcenter in Brand an Familienmitglieder übertragen wurden. Letztere führen seitdem an der Nordstraße in Brand unter der Firmierung Grünzig GmbH & Co KG ein gesellschaftsrechtlich vollständig von der nesseler grünzig gruppe getrenntes Unternehmen mit Schwerpunkt Vermittlung von Wohn- und Gewerbeimmobilien in Aachen und Umgebung.
Neßeler selbst konzentrierte sich nun verstärkt auf dem Bereich Schlüsselfertigbau mit Betonfertigteilen aus eigener Produktion. Im Jahr 1994 wurde seinem Unternehmen als einem der Ersten in Deutschland die Qualitätsnorm ISO 9001 zugesprochen.
Im Jahre 1992 folgte nun auch sein Bruder Hubert Neßeler in die Unternehmensführung und Beide erweiterten das Unternehmen in den Folgejahren gemeinsam unter anderem um die Tochtergesellschaften nesseler grünzig plan GmbH und nesseler projektidee GmbH. Durch die gesamte Neuaufstellung unter der heutigen Firmierung nesseler grünzig gruppe konnten aus ganz Deutschland Bauaufträge hereingeholt und laut firmeneigenen Angaben auf ihrer Homepage der Gesamtumsatz des Unternehmens mit allerdings nur noch rund 160 Mitarbeitern auf mehr als 100 Millionen Euro gesteigert werden.
Die Betriebsanlage an der Sittarder Straße in Aachen-Forst bildete nun mit seinem Bauhof und dem Fertigteilwerk den Kern des Unternehmens, während die Verwaltung ab 2003 nach Brand auf das Gelände der ehemaligen Tuchfabrik an der Indestraße verlegt wurde.
Projekte der Nesseler Grünzig Gruppe (Auswahl)
- Lammerting Technologiepark Köln, 1998–2009
- Annapark-Center Alsdorf, 2001–2002
- Fabrikbauten Brehna bei Leipzig, 2002–2008
- Logistikhalle Bingen, 2007–2008
- Wohnsiedlung Quartier 4 in Essen, 2007–2009
- Physikersiedlung Köln-Porz, 2005–2010
- Erweiterungsbauten Luisenhospital Aachen 2009–2010
- Erweiterungsbauten für die Firma Aixtron in Herzogenrath, 2010–2011
Weblinks
Einzelnachweise
Kategorien:- Bauunternehmen
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