Peter Eberhard Müllensiefen

Peter Eberhard Müllensiefen
Peter Eberhard Müllensiefen

Peter Eberhard Müllensiefen (* 7. März 1766 in Ründeroth (heute Engelskirchen); † 10. April 1847 in Crengeldanz (heute Witten)) war Industrieller und Politiker im Bergischen und Märkischen Raum. Besondere Verdienste hat er sich im Kreis Iserlohn als Landrat erworben.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Familie

Müllensiefen stammt aus einer wohlhabenden protestantischen Familie des Aggertals, die über Generationen Gutsbesitzer und Kaufleute hervorbrachte. Er hatte drei Halbgeschwister und eine Schwester, die schon im Kindesalter starben, sowie zwei Halbbrüder, die erwachsen wurden. Auf Wunsch des Vaters sollte Peter Eberhard Pfarrer werden. Im Alter von 15 Jahren wurde er aber Handelslehrling bei Johann Caspar Rumpe in Altena. 1794 heiratete er die Tochter seines Arbeitgebers: Wilhelmine. Sie gebar 1797 eine Tochter, starb jedoch im Kindbett, während die Tochter überlebte.

Müllensiefens zweite Ehefrau Henrietta Wilhelmina Riedel stammte aus Iserlohn; die Vermählung folgte 1798. Sie gebar ihm neun Kinder, von denen sieben das Kindesalter überlebten, unter ihnen die späteren Unternehmer Gustav und Theodor.

Unternehmerlaufbahn

Nach sieben Jahren Arbeit unter Rumpe stieg er in dessen Unternehmen zum Prokuristen (1788) und später zum Teilhaber (1793) auf. Die Teilhaberschaft führte zum Verwürfnis der beiden, insbesondere nach dem Tod der Tochter Rumpes (Müllensiefens Ehefrau) 1797. Kurz danach erfolgte die Trennung von seinem ehemaligen Lehrherren.

Müllensiefen gründete ca. 1800 in Iserlohn mit Johann Hermann Altgeldt eine Nadelfabrik. Die dort hergestellten Nadeln aus Stahl waren qualitativ hochwertiger als die in anderen Fabriken produzierten Nadeln aus Eisendraht. Die neuen Produktionsweisen in der Nadelindustrie brachten Iserlohn einen industriellen Aufschwung, der die Stadt bis Mitte des 19. Jahrhunderts zur Industriemetropole machte.

Das Unternehmen Müllensiefen & Altgeldt war nur wenige Jahre erfolgreich. 1811 trat Müllensiefen in Kontakt mit den französischen Besatzern und konnte seine Produkte wieder gewinnbringend verkaufen. Er unterstützte Napoleons Politik, weil er dadurch selbst profitierte.

Müllensiefen verfasste zu verschiedenen wirtschaftlichen Fragen Gutachten und Berichte, die ihm in Westpreußen einen Expertenruf einbrachten. Gerade die Fragen zu Monopolen, Angebot und Nachfrage brachten ihm nicht nur Freunde, da verschiedene Unternehmer in ihren (Monopol-)Stellungen geschwächt wurden.

Politikerlaufbahn

Auf Wunsch seiner Ehefrau engagierte sich Müllensiefen nach den Befreiungskriegen für den preußischen Staat. Müllensiefen baute seine politische Laufbahn auf. Ab 1814 initiierte er die Aufstellung des Denkmals Eisernes Kreuz in Iserlohn im Gedenken an die Opfer der Napoleon-Kriege.

1817 bewarb sich Müllensiefen um das Amt des Landrats im neu gegründeten Kreis Iserlohn und trat das Amt im Januar 1818 an. Ein zentrales Problem der Amtszeit war die Eingliederung der katholischen Bevölkerung in die protestantische Mehrheit, da ein kleiner Teil des neuen Kreises aus Gebieten des ehemaligen katholischen Herzogtums Westfalen bestand. Die katholische Bevölkerung stand nicht zur neuen Monarchie.

Unter Müllensiefens Regierung wurden der Straßen- und der Kirchenbau in und um Iserlohn wesentlich vorangetrieben. Durch die Gleichberechtigung katholischer und protestantischer Interessen im Kirchenbau schaffte er eine Annäherung der Konfessionen. Aus Altersgründen trat er im März 1836 zurück.

Müllensiefen verfasste zwischen 1837 und 1839 eine Autobiographie, die etwa 2.000 Seiten umfasste. Eine Aufarbeitung des Materials durch einen Biographen ist aber bisher nicht erfolgt.

Religion

Obwohl Müllensiefen sich in seiner Amtszeit auch um das evangelische Kirchenwesen in seinem Kreis verdient gemacht hatte, waren seine eigenen religiösen Ansichten eher heterodox. Er war seit etwa 1782 Anhänger von Emanuel Swedenborg und stand in enger Beziehung zu Johann Friedrich Immanuel Tafel, der einer der ersten und führenden Vertreter des Swedenborgismus in Deutschland war. Im Jahr 1832 hat eine Tochter von Müllensiefen Tafel geheiratet. Im Alter hat sich Müllensiefen durch die Veröffentlichung einer Druckschrift zur „Neuen Kirche“ Swedenborgs bekannt.

Müllensiefen gehörte zu den Präsidiumsmitgliedern der am 1. Dezember 1814 von Friedrich von Scheibler gegründeten „Märkischen Bibelgesellschaft“ an, die sich in Iserlohn um den engagierten Pfarrer Johann Abraham Strauß gruppiert hatte und dem auch als Patron der spätere erste Oberpräsident Westfalens Ludwig Freiherr von Vincke diente.

Darüber hinaus zählte Müllensiefen wiederum zusammen mit Scheibler, Vincke, Johann Caspar Harkort und anderen zu den Mitgliedern des „Literarischen Vereins der Grafschaft Mark“, der zu jenem Zeitpunkt unter der Leitung des Schwerter Arztes und Universalgelehrten Friedrich Bährens stand und von 1814 bis 1860 bestand.

Literatur

  • Bergisch-Märkische Unternehmer der Frühindustrialisierung, Münster 2004. Aufsatz über Peter Eberhard Müllensiefen (S. 155–185) von Wilfried Reininghaus.
  • Wilfried Reininghaus: Müllensiefen, Peter Eberhard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 18, Duncker & Humblot, Berlin 1997, S. 310 f.
  • Friedhelm Groth: Peter Eberhard Müllensiefen, Iserlohner Landrat von 1818 bis 1836, in seiner Beziehung zum Tübinger Swedenborgianer Immanuel Tafel. Iserlohn 1995, ISBN 3-924385-53-X

Weblinks

  • Friedhelm Groth: Peter Eberhard Müllensiefen, Iserlohner Landrat von 1818 bis 1836, in seinen Beziehungen zum Tübinger Swedenborgianer Immanuel Tafel [1]

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Müllensiefen (Begriffsklärung) — Müllensiefen bezeichnet: Müllensiefen, eine Ortschaft in Nordrhein Westfalen Müllensiefen ist der Familienname folgender Personen: Heinz Müllensiefen (* ca. 1900; † nach 1963), deutscher Rechtswissenschaftler Hermann Müllensiefen (1837–1897),… …   Deutsch Wikipedia

  • Theodor Müllensiefen — (* 9. September 1802 in Iserlohn; † 26. Mai 1879 in Theodorshof bei Rheinfelden, Schweiz) war ein Industriepionier und preußischer Politiker. Theodor Müllensiefen Inhaltsv …   Deutsch Wikipedia

  • Heinz Müllensiefen — (* um 1900; † nach 1963) war ein deutscher Rechtswissenschaftler, Kartellrechtsexperte und später ein intimer Kenner der wirtschaftlichen Lenkungsgruppen des NS Staates. Er war u.a. als Leiter der Abteilung Kartellaufsicht der Reichsgruppe… …   Deutsch Wikipedia

  • Kreis Iserlohn — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Liste von Persönlichkeiten der Stadt Iserlohn — Inhaltsverzeichnis 1 Ehrenbürger 2 Söhne und Töchter der Stadt 3 Persönlichkeiten, die in der Stadt wirken oder gewirkt haben 4 (Ob …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich von Scheibler — (* 1. März 1777 in Monschau; † 3. April 1824 in Iserlohn) war ein deutscher Tuchfabrikant und Maire von Iserlohn. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig von Vincke — Freiherr von Vincke Friedrich Ludwig Wilhelm Philipp Freiherr von Vincke (* 23. Dezember 1774 in Minden; † 2. Dezember 1844 in Münster) war ein preußischer Reformer. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Bährens — um 1798 Johann Christoph Friedrich Bährens (* 1. März 1765 in Meinerzhagen; † 18. Oktober 1833 in Schwerte) war ein deutscher Hofrat, Arzt, Pfarrer, Naturforscher und Universalgelehrter …   Deutsch Wikipedia

  • Landkreis Iserlohn — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Zeitungen und Zeitschriften in Hemer — gibt es seit 1886, als die erste Lokalzeitung ihre Arbeit aufnahm. In den folgenden Jahrzehnten unterhielten unterschiedliche Verlage Redaktionsbüros in Hemer. Seit dem Jahr 2000 befindet sich der Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung allerdings… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”