Piața Victoriei (Timișoara)

Piața Victoriei (Timișoara)
Blick auf die Oper
Piața Victoriei, Blick auf die Oper
Blick auf die Orthodoxe Kathedrale
Piaţa Victoriei bei Nacht
Lloydzeile 2002 mit Blick auf die Kathedrale

Piața Victoriei (deutsch Siegesplatz), auch Piața Operei (dt. Opernplatz) genannt, ist ein Platz im heutigen Stadtzentrum der westrumänischen Stadt Timișoara. Er gilt als die bekannteste Flaniermeile der Stadt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ursprünglich verliefen auf Höhe des heutigen Staatstheaters die Festungsmauern um den alten Kern der Inneren Stadt (rumänisch Cetate). An Stelle des heutigen Piața Victoriei verlief früher eine Allee in die Josefstadt. Das Gelände war noch im 19. Jahrhundert Teil des Festungsvorlands, dieses sogenannte Glacis durfte aus strategischen Gründen nicht bebaut werden.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Bastion schließlich eingerissen, nach Schleifung der Wallanlagen ging das Festungsvorland 1905 in städtischen Besitz über. Die Allee in die Josefstadt wurde begradigt und verbreitert, ab 1910 entstand ein moderner Boulevard, flankiert von großbürgerlichen Wohnpalästen. Geplant war ursprünglich ein radial angelegtes Stadtviertel bis zur – mittlerweile kanalisierten – Bega. Dieses wäre von einer neuen Ringstraße nach Wiener Vorbild abgeschlossen worden. Der seinerzeit angelegte Platz war als neues Stadtzentrum konzipiert. Tatsächlich wurden diese Pläne nur partiell verwirklicht, im Süden schließen sich an den Piața Victoriei weitläufige Parkanlagen an – große Teile des Festungsvorlands sind bis heute unbebaut.

1923 wurde der Platz umfangreich umgebaut. Die Straßenbahngleise verliefen fortan nach Fahrtrichtung getrennt in einem Abstand von 30 Metern zueinander, in ihrer Mitte entstand die heutige Grünanlage. Letztere wurde jedoch im Laufe der Jahre mehrfach umgestaltet.

Mitte der 1980er-Jahre verbannte man den Individualverkehr vom Vorplatz der Oper, die einst dort befindliche Unterführung wurde geschlossen. Im Sommer 1989 verlegte man schließlich auch die örtliche Straßenbahn in parallel führende Straßen, seither ist der Piața Victoriei eine reine Fußgängerzone.

Während der Rumänischen Revolution von 1989, die zum gewaltsamen Sturz des Regimes unter Nicolae Ceaușescu führte, war der heutige Piața Victoriei ein zentraler Schauplatz der ersten Massendemonstrationen und blutigen Unruhen. Unter anderem hielten die Revolutionäre vom Balkon der Oper aus ihre Reden. Noch heute (Stand 2009) sind in den Fassaden der Häuser links und rechts der Prachtmeile die Einschusslöcher von Geschossen zu sehen.[1] Neben dem Theater erinnern ein schlichtes Holzkreuz, brennende Kerzen und Blumen an die Opfer des Aufstands.[2]

Beschreibung

Der langgestreckte Piața Victoriei liegt zwischen der rumänisch-orthodoxen Kathedrale der Heiligen drei Hierarchen und dem Nationaltheater und Opernhaus (mit dem Deutschen Staatstheater und dem Ungarischen Staatstheater) welche etwas über 350 Meter auseinander liegen. Der Platz ist gesäumt von abwechslungsreicher Architektur im Barock-, Wiener Secession-, und rumänischen Neo-Brâncoveanu-Stil.[3] Hier sind zahlreiche Geschäfte und Straßencafés, sowie Schanigärten im Sommer angesiedelt.

Zu beiden Seiten des breiten Platzes befinden sich einige der bekanntesten Stadtpalais. Von der Oper kommend und in Richtung Orthodoxe Kathedrale gesehen befindet sich rechts als erstes Gebäude auf dem Platz das Hotel Timișoara, das als Pension Central nach den Plänen der Architekten László Székely und Mathias Hubert zwischen 1928 und 1929 erbaut wurde. Es folgt anschließend das Palais Weiss, welches 1912 gebaut wurde. Das Palais Lloyd wurde zwischen 1910–1912 nach den Plänen des Architekten Lipót Baumhorn gebaut. Heute ist hier der Sitz des Rektorats der Polytechnische Universität. Im Erdgeschoss befindet sich das Lloyd Restaurant. Das Palais Neuhaus wurde mit Einflüssen des ungarischen Jugendstils vom László Székely erbaut. Das Palais Merbl wurde nach den Plänen den Architekten Arnold Merbl gebaut. Das Palais Dauerbach wurde im Jahr 1913 nach den Plänen László Székelys für Georg Dauerbach erbaut. Das Palais Hilt & Vogel wurde zwischen 1912 und 1913 nach den Plänen von László Székely erbaut. Die Széchényi-Gesellschaft ließ sich zwischen 1900–1914 das Palais Széchényi nach den Plänen von László Székely bauen.

Die der linken Seite des Platzes findet man als erstes Gebäude das Palais Löffler, das die Familie Löffler zwischen 1912 und 1913 erbauen ließ. Das Handelskammer Palais wurde im Jahr 1850 mittels kaiserlichen Erlass eingerichtet, und wurde von László Székely und wurde 1933 erbaut. Vollendet wurde die Bebauung des Piața Victoriei aber erst in den Jahren 1961 bis 1963. Damals entstanden zwischen der Kathedrale und der Handelskammer zwei moderne Wohn- und Geschäftshäuser, sie schlossen die jahrzehntelange Baulücke in diesem Bereich.

Im Mittelteil wurde ein parkartiger Garten mit Blumen, Alleen, Sitzbänken angelegt. Hier befinden sich drei Denkmäler, so der Fischbrunnen, der in der Form eines fünfeckigen Sterns im Jahr 1957 gebaut wurde. Der Name kommt von den Fischen, die das Wasser durch das Maul spritzen lassen. Das nächste Denkmal ist das Standbild einer Romulus und Remus säugenden kapitolinischen Wölfin auf einer fünf Meter hohen Säule. Es ist eine Kopie des römischen Originals und ein Geschenk der Stadt Rom vom 23. April 1926 an die Bewohner der Stadt, als Allegorie ihres lateinischen Wesens.[4] Das dritte Denkmal, eine den Opfern der Revolution vom Dezember 1989 gewidmete Skulptur mit dem Namen Crucificarea (deutsch Kreuzigung)[Anmerkung 1], ist ein Werk des Künstlers Paul Neagu und befindet sich gegenüber der Kathedrale.[5] In der Nähe des Kreuzes wurden im Dezember 2009 Gedenktafeln mit den Namen der Opfer der Revolution enthüllt.[6]

Das folgende Diagramm zeigt die Anordnung der Gebäude am Platz, zusammen mit dem jeweiligen Jahr des Baubeginns:

Modehaus.jpg
Modehaus Modex
1971
Parkplatz Palatul Loefler Timisoara.jpg
Palais
Löffler

1912
Camera De Comert Timisoara.jpg
Handelskammer-
palais

1933
WohnhausCorso-2.JPG
Wohn- und
Geschäfts-
haus
1961
Wohn - und Geschaeftshaeuser Piata Victoriei Timisoara.jpg
Wohn- und
Geschäftshaus
1961
Banater Philharmonie.JPG
Parcul Justiției mit
der Banater Philharmonie
Strada Alba Iulia Bd. Regele Ferdinand
Temeswar-Oper.jpg
Oper
1871
Fischbrunnen Timișoara.jpg
Fischbrunnen
1957
Lupa Capitolina Timisoara 2003.png
Kapitolinische Wölfin
1926
Gebrochenes-Kreuz.JPG
Skulptur Crucificarea
1990
Orthodoxe-Kathedrale.jpg
Kathedrale
1936
Strada Mărășești Bd. Carol Regele I
Hotel Timisoara.jpg
Hotel Timișoara
1928
Weisspalais.jpg
Palais Weiss
1912
Universitatea Politehnica Timisoara - Rectorat.jpg
Palais
Lloyd

1910
Palatul Neuhausz.jpg
Palais Neuhaus
1912
Palatul Merbl.jpg
Palais
Merbl

1911
Dauerbach-Palais.jpg
Palais
Dauerbach

1911
Palatul Hilt.jpg
Palais
Hilt & Vogel

1912
Gebouw Timisoara2.jpg
Palais
Széchényi

1900
Parcul Central.JPG
Parcul Central

Name des Platzes

Ursprünglich war die unbebaute Allee ein Teil der langen Hunyadi út, diese begann beim Theater und führte bis weit in die Josefstadt hinein. Um 1910 herum teilte man die Namen auf, der heutige Platz hieß fortan einige Jahre lang Ferencz József út. Nur kurz darauf wurde er in Ferdinánd király út beziehungsweise Ferdinánd király kőrút umbenannt, in der Zwischenkriegszeit hieß er dann entsprechend Bulevardul Regele Ferdinand. Namensgeber war hierbei der österreichische Kaiser und ungarische König Ferdinand I..

In der sozialistischen Ära hieß der Platz ab 1948 Bulevardul 30 Decembrie, namensgebend war die Abdankung des rumänischen Königs Michaels des Ersten am 30. Dezember 1947. In Erinnerung an die Ereignisse der Rumänischen Revolution erhielt er zu Beginn der 1990er-Jahre schließlich seinen heutigen Namen Piața Victoriei.[7]

In der deutschen Bevölkerung wird der Platz in Anlehnung an das dortige Palais Lloyd traditionell auch Lloyd-Zeile genannt,[8] analog dazu bei der ungarischen Bevölkerung Lloyd sor.

Eine weitere umgangssprachliche Bezeichnung für den Platz ist Corso (deutsch: Korso, ungarisch: Korzó).[9] Die in Richtung Kathedrale gesehen linke Seite des Platzes ist ferner als Surogat (deutsch: Ersatz, Ersatzkorso) bekannt.[10]

Literatur

  • Dan N. Buruleanu, Florin Mendeleț: Timișoara. Povestea orașelor sale. Die Geschichte seiner Städte. Mirton, Timișoara 2004, ISBN 973-661-276-7. (deutsch/rumänisch)
  • Dinu Barbu: I love Timișoara, editura Almanahul Banatului, ediția V. 2006, ISBN 978-973-8091-30-6.

Weblinks

 Commons: Piața Victoriei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Petru Ilieșu nennt in seinem Buch die Skulptur Das gebrochene Kreuz (rumänisch Crucea ruptă), siehe A tourist in Timișoara - Tourist in Temeswar, Planetarium, Timișoara, 2008, ISBN 978-973-108-154-0, ISBN 978-973-88331-2-8

Einzelnachweise

  1. Dr. Ryan James, Hana Mastrini, Mark Baker, Karen Torme Olson, Angela Charlton, Keith Bain, Pippa de Bruyn: Frommer's Eastern Europe, Issue 655 von Frommer's Complete. John Wiley and Sons, Hoboken, NJ 2009, ISBN 0470399082, 9780470399088, S. 736., in englischer Sprache
  2. WhatsYourPlace.de, Piața Victoriei Timișoara
  3. TripWolf.com, Lloyd-Zeile (Piața Victoriei)
  4. WienerZeitung.at, Walter M. Weiss: Temesvar hieß früher „Klein-Wien“
  5. Petru Ilieșu: A tourist in Timișoara - Tourist in Temeswar, Planetarium, Timișoara, 2008, ISBN 978-973-108-154-0, ISBN 978-973-88331-2-8
  6. 20deanidelibertate.primariatm.ro, Program pentru comemorarea a 20 de ani de la-revoluția Română din Decembrie 1989, in rumänischer Sprache
  7. Darastean.com, Sightseeing Timișoara Portfolio, in englischer Sprache
  8. Hans-Heinrich Rieser: Temeswar: geographische Beschreibung der Banater Hauptstadt. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 978-3-515-08288-4, S. 152.
  9. PrimariaTM.ro, Corso va fi reabilitat, September 2009, in rumänischer Sprache
  10. Qype.com, Piața Victoriei, Timișoara
45.75325621.22554394

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