- Chinone
-
Chinone sind eine große und wichtige Gruppe organischer Verbindungen, die als Oxidationsprodukte von Aromaten, insbesondere von Phenolen, aufgefasst werden können. Der Name Chinon leitet sich von der Chinasäure ab, deren Oxidation u. a. zu 1,4-Benzochinon führt. Chinone sind Benzolderivate, in denen unter Aufhebung der Aromatizität des Ringes an zwei Kohlenstoffatomen die Substituenten durch doppelbindigen Sauerstoff ersetzt sind. Stoffe, deren chemische Struktur ein Chinon-Element enthält, nennt man chinoid, das Strukturelement selbst chinoides System. Die Reduktion von Chinonen liefert die zugehörigen Phenole, die auch Chinole genannt werden.
Die durchweg farbigen Chinone sind Oxidationsmittel, deren Redoxpotential durch Substituenten (Halogen-, Cyan-, Alkyl-, Hydroxy-Gruppen etc.) deutlich verändert wird. Man unterscheidet 1,2-(ortho-)Chinonen (z. B. PQQ) und 1,4-(para-)Chinonen (z. B. Anthrachinon).
Formaler Ersatz des Sauerstoffs einer chinoiden Carbonyl-Gruppe durch =NH, =NOH, =N2 oder =CH2 führt zu Chinoniminen, Chinonoximen, Chinondiaziden und Chinonmethiden.
Synonym bezeichnet Chinon die Verbindung 1,4-Benzochinon, die durch Oxidation aus 1,4-Dihydroxybenzol (Hydrochinon) entsteht.
Unter den Chinonen finden sich viele Gifte, aber auch ein breites Spektrum lebensnotwendiger Vitalstoffe, z. B. Ubichinone, Phyllochinone, PQQ.
Inhaltsverzeichnis
Vorkommen
In der Natur kommen Chinone besonders häufig in Farbstoffen vor, z. B. in Pilzen, Bakterien oder Blüten. Chinoide Systeme findet man auch in verschiedenen Antibiotika. Chinone entstehen auch durch enzymatische Oxidation von Polyphenolen. So spielen Chinone beispielsweise bei der Braunfärbung angeschnittener Äpfel eine wichtige Rolle.
Bekannte Chinone sind:
- die Ubichinone als Elektronenüberträger in der Atmungskette
- die Plastochinone bei der Photosynthese
- die K-Vitamine (Phyllochinon, Menachinon)
- das Pyrrolochinolinchinon (PQQ)
- das Tryptophantryptophylchinon (TQQ)
- das Dichlordicyanochinon (DDQ)
- die Hydroxynaphthochinone (in Henna und Walnüssen)
- Echinochrom A, Adrenochrom, Dopachrom
Chinone werden auch in den Wehrsekreten von Insekten gefunden, vor allem Benzo- und Toluchinone.
Darstellung
Chinone bilden sich u. a. durch Oxidation von Phenolen oder polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Dabei erweisen sich besonders Cer(IV)-Verbindungen wie Cerammoniumnitrat als nützlich.
Reaktionen
Synthetisch wichtig sind die (gegebenenfalls photochemisch ausgelösten) Cycloadditions-Reaktionen der Chinone, die zu Cyclobutan-Derivaten, Oxetanen, Käfigverbindungen und Pyranen führen können. Olefine addieren sich z. B. bei Belichtung an das 1,2-Dicarbonyl-System von ortho-Chinonen, das in diesen Fällen als Hetero-1,3-dien-System fungiert (siehe Diels-Alder-Reaktion). Dies geschieht unter anderem unter Bildung von Dioxan-Derivaten (Schönberg-Reaktion).
Das im Gegensatz zu den Reinsubstanzen tieffarbige 1:1-Gemisch von 1,4-Hydrochinon und 1,4-Benzochinon nennt man Chinhydron, ein klassisches Beispiel für einen Charge-Transfer-Komplex.
Semichinone
Die Reduktion von Chinonen zu Chinolen geschieht mehrstufig über reaktive radikalische Zwischenverbindungen, die Semichinone. Dabei sind die Reduktionsvorgänge mit Säure-Basen-Gleichgewichte gekoppelt.[1] Diese sind z. T. recht beständig, wie die Semichinone der Ubichinone. Die Reduktion des Chinons mit der Bildung eines Semichinons und dessen weiterführende Reduktion zum Hydrochinon sei am Beispiel von 1,4-Benzochinon erläutert:
Aus dem 1,4-Benzochinon 1 entsteht nach Protonierung und Reduktion das Semichinon 2. Das ungepaarte Elektron ist dabei über das semichinoide System verteilt. Die weitere Reduktion nebst Protonierung führt zum Hydrochinon 3.
Verwendung
Chinone finden als Oxidationsmittel, Bakterizide und analytische Reagenzien Verwendung. Sie entstehen auch als Zwischenprodukt bei Farbstoffsynthesen (siehe auch Alizarin). Auch in Malariamedikamenten spielen Chinone eine wichtige Rolle. In der technischen Chemie sind sie vor allem zur Gewinnung von Wasserstoffperoxid über Anthrachinon wichtig.
Einzelnachweise
- ↑ Michaelis, L. und Schubert, MP. (1938): The Theory of Reversible Two-step Oxidation Involving Free Radicals. In: Chem. Reviews 22(3); 437–470; doi:10.1021/cr60073a003
- ↑ nach Paul Rys und Heinrich Zollinger: Farbstoffchemie. Ein Leitfaden. Wiley-VCH; 3. neubearb. Auflage 1982; ISBN 3-527-25964-3; S.45
Wikimedia Foundation.