Rolf Grunert

Rolf Grunert

Rolf Grunert (* 1. Juli 1925 in Arnstadt[1] ) ist ein ehemaliger Hamburger Kriminalpolizist und Bundesvorsitzender des Bund Deutscher Kriminalbeamter[2]. 1978 wurde er wegen Geheimdienstlicher Agententätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt[3].

Inhaltsverzeichnis

Polizeilaufbahn

1947 übersiedelte Grunert aus der damaligen Sowjetzone und trat 1952 in den Hamburger Polizeidienst ein[2]; er erreichte als Personalchef beim Landeskriminalamt den Rang eines Kriminaloberkommissar[4],

Gewerkschaftliches Engagement

Grunert wurde 1972 Bundesvorsitzender der damals streng konservativ ausgerichteten Kriminalbeamtengewerkschaft BDK[2].

Die Situation während seiner Amtszeit war geprägt durch Konflikte mit dem Dienstherrn und den konkurrierenden Gewerkschaften GdP und ÖTV, die den BDK nicht als vollwertige Gewerkschaft anerkannten.[2]

Durch plakative Forderungen und medienwirksame Enthüllungen wollte Grunert den BDK und sich ins Rampenlicht rücken.

So forderte er u.a., die Kriminalpolizei in Deutschland ähnlich dem FBI auf Bundesebene anzusiedeln und die Polizeien der Länder einheitlich zu organisieren.[2] Diese und andere Forderungen des BDK stießen auf taube Ohren, zumal die Polizei nach dem Grundgesetz Ländersache ist. Als Oppositionsabgeordnete auf Grunerts Anregung hin eine entsprechende Parlamentarische Anfrage einbrachten, fühlte sich die Regierung unter Druck gesetzt und antwortete, dass den Forderungen falsche Angaben zugrunde lägen und sie unvernünftig seien.[2]

Grunert veröffentlichte die Aussage des stellvertretende Hamburger Kripo-Chef Günter Bertling, dass besserwisserische Sachbearbeiter in den Gasofen gehörten. Ein daraufhin gegen Grunert eingeleitetes Disziplinarverfahren wurde 1974 eingestellt, da kein Dienstvergehen festzustellen war.[2]

1974 entdeckte Grunert in seinem Büro ein Abhörgerät und machte die Entdeckung publik.[2] Es konnte nie aufgeklärt werden, wer die Wanze gesetzt hatte; es wurde jedoch vermutet, dass Grunert dies selbst getan haben könnte.[4]

Mit anderen BDK-Mitgliedern erwog Grunert sogar, aus Publicitygründen auf dem Hamburger Rathausmarkt eine Leiche mit seinen Papieren zu verbrennen. [2]

Spionage für die DDR und Strafurteil

Zwischen 1971 und 1977 besuchte Grunert rund dreißigmal seine Schwester in Ost-Berlin, ohne dies wie vorgeschrieben zuvor seinem Dienstherrn mitzuteilen. Später behauptete er, er habe bei dieser Gelegenheit über einen FDGB-Sekretär Kontakte zum DDR-Gewerkschaftsbund knüpfen wollen, um dem BDK öffentlich zur Geltung zu bringen.[2] Nach halbjähriger Observation wurde Grunert 1977 wegen Verdachts der Spionage für die DDR verhaftet; in seinem Haus fanden sich eine Minikamera der Marke Minox und vertrauliche Polizeiunterlagen. Grunert erklärte, dies seien Protokolle der Innenministerkonferenz für BDK-Zwecke gewesen, die er unbenutzt vernichtet habe.[4]

Nach sechzehn Monaten Untersuchungshaft wurde vor dem 3. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts das Hauptverfahren gegen Grunert eröffnet. Dieser bestritt die Vorwürfe. Nach einem reinen Indizienprozess verurteilte das Gericht Grunert wegen Geheimnisverrats zu zweieinhalb Jahren Haft, jedoch äußerten Medien Zweifel an dem Schuldspruch.[3]

Späteres Leben

Grunert versuchte nach der Haftentlassung sein Glück als Privatdetektiv, durch das Urteil war er jedoch hochverschuldet und wanderte daher 1985 in die DDR aus.[3] Stasi-Chef Erich Mielke empfing ihn dort persönlich und machte ihn zum Dozenten an der Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit.[5] 1990 wurde er mit der Stasi-Abwicklung Rentner. Im gleichen Jahr verließ er die SED, der er seit 1947 angehört hatte. 1998 trat er der Partei des Demokratischen Sozialismus bei und kandidierte zwei Jahre später erfolglos für deren Bundesvorstand. 2001 beantragte er gleichfalls ohne Erfolg die Selbstauflösung der Partei[6] und den Ausschluss der Parteivorsitzenden Gabi Zimmer und ihrer Stellvertreterin Petra Pau, da sich diese kritisch zur Zwangsvereinigung von SPD und KPD geäußert und sich für undemokratisches Verhalten der PDS-Vorgängerpartei ausdrücklich entschuldigt hatten[7]. 2003 veröffentlichte Grunert seine Autobiografie "Der Kriminalkommissar" als Book on Demand.

Grunert lebt in Berlin und Thyon.

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Pro und Kontra bei Grunert-Lesung in Arnstadt Arnstädter Stadtecho vom 20. Juni 2004, Artikel auf der Website der Geschichts- und Technologiegesellschaft Jonastal e.V.
  2. a b c d e f g h i j http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40606789.html
  3. a b c http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13496025.html
  4. a b c http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40862556.html
  5. Rainer Link: Der Spion, der aus der Kripo kam - Ein west-östliches Agentenschicksal, Deutschlandradio vom 31. Juli 2001
  6. Berliner Altkommunist Grunert will PDS Anfang Oktober auflösen, Berliner Zeitung vom 26. August 2001
  7. Renate Oschlies: Ausschlussverfahren - Der Zeuge der Anklage, Berliner Zeitung vom 4. Juli 2001.
  8. Berliner Altkommunist Grunert will PDS Anfang Oktober auflösen, Berliner Zeitung vom 26. August 2001

Weblinks


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