Chorherrenstift Berchtesgaden

Chorherrenstift Berchtesgaden

47.63333333333313.0036111111117Koordinaten: 47° 38′ 0″ N, 13° 0′ 13″ O Die Fürstpropstei Berchtesgaden war ein reichsunmittelbares geistliches Fürstentum im äußersten Südosten des heutigen Bayerns. Die geistliche und weltliche Macht hatten die dem Augustiner-Chorherrenstift in Berchtesgaden vorstehenden Fürstpröpste inne.

Inhaltsverzeichnis

Gebiet

Die Fürstpropstei umfasste den Berchtesgadener Talkessel mit den heutigen Gemeinden Berchtesgaden, Bischofswiesen, Marktschellenberg, Ramsau und Schönau am Königssee sowie zeitweise mehrere Gebiete außerhalb. Die Fürstpropstei Berchtesgaden bestand damals aus dem zentralen Markt Berchtesgaden, dem Markt Schellenberg und dem Vikariat Ramsau. Weiter untergliedert wurde es in Gnotschaften.

Geschichte

Der Entstehung der Fürstprobstei war ein Gelübde der Gräfin Irmgard von Sulzbach vorangegangen, als Dank für die Errettung ihres Ehemannes nach einem Jagdunfall ein Kloster zu stiften. Ihr Sohn Berengar I. von Sulzbach und sein Halbbruder Kuno setzten sich für die Erfüllung dieses Gelübdes ein und reisten dafür auch nach Rom. Die Augustiner-Chorherren, die von Berengar berufen wurden, scheuten das damals unwirtliche Berchtesgadener Tal. Der erste Propst Eberwin nahm daher noch bis 1111 seine Sitz im Kloster Baumburg (im heutigen nördlichen Landkreis Traunstein). Erst mit den Rodungen gewann der Talkessel nach und nach auch für die Fürstpröpste seinen Reiz. Es entstand die St. Petrus und St. Johannes Baptist geweihte Stiftskirche in Berchtesgaden. Die Forsthohheit gewährte Kaiser Friedrich Barbarossa dem kleinen Stift 1156 und die Schürffreiheit auf Salz und Metall hängten sich die Berchtesgadener gleich selbst an die kaiserliche Urkunde. Beides zusammen sorgte für einen ersten wirtschaftlichen Aufschwung der Fürstprobstei. 1294 wurde deren Eigenständigkeit auch durch die Übertragung der Blutgerichtsbarkeit für schwere Vergehen gewürdigt. Das nahe Erzbistum Salzburg suchte schon bald seinen Einfluss auf den lukrativen Kleinstaat auszuweiten, die Schellenbergerer Saline war dem großen Nachbarn bereits verpfändet, und auch Berchtesgaden stand von 1393 bis 1404 unter der Verwaltung Salzburgs.

Ein späterer Versuch Salzburgs sich Berchtesgaden gänzlich einzuverleiben, eskalierte zum Ochsenkrieg 1611. Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau war in Konflikt mit Bayern geraten, einerseits wegen der Erträge aus dem Bergwerk Hallein, andererseits nachdem Maximilian I. eine Verdopplung der Zölle auf Salzburger Waren durchsetzen wollte. Daraufhin wurde Berchtesgaden kurzerhand von Wolf Dietrich in der Nacht vom siebten auf den achten Oktober 1611 besetzt. Nach einem kurzen Kriegszug Bayerns flüchtete Wolf Dietrich, wurde jedoch bald gefasst, musste abdanken und blieb bis zu seinem Tode im Kerker auf Hohensalzburg. Erst im Spanischen Erbfolgekrieg 1704 wurde Berchtesgaden von österreichischen Truppen besetzt.

Schon seit 1380 war Berchtesgaden als Reichslehen im Reichstag mit Sitz und Stimme vertreten. 1559 zur Fürstpropstei gefürstet saß Berchtesgaden im Reichstag zu Regensburg – als einzige Fürstpropstei und kleinstes Fürstentum – sogar auf der Fürstenbank und nahm zudem bis in 17. Jahrhundert auch an den Salzburger Landtagen teil. Die Fürstpropstei wurde ab 1559 bis 1723 vom Hause Wittelsbach verwaltet, welches damals auch noch die Kurfürsten und Erzbischöfe des Erzbistums Köln stellte. Die Berchtesgadener Fürstpröpste übten oftmals weitere Ämter in Personalunion aus und hielten sich oftmals nicht in Berchtesgaden selbst auf.

Blick auf Berchtesgaden mit Stifts- und Pfarrkirche, dahinter das Watzmannmassiv.

Der jeweilige Propst besaß nicht nur geistlich-katholische Hirtengewalt, sondern war auch weltlicher Territorialherr und verfügte als Reichsfürst über Sitz und Stimme im Reichstag. Das Chorherrenstift pflegte enge Kontakte zum Fürsterzbistum Salzburg, unterstand aber zeitweise unmittelbar dem Papst.

Mit der Säkularisation und dem damit verbundenen Ende der pröpstlichen Herrschaft im Jahre 1803 war das neugegründete Kurfürstentum Salzburg Herr über das Berchtesgadener Land, nach dem Frieden von Pressburg 1805 das Kaiserreich Österreich und 1809 für kurze Zeit Napoleons Frankreich. Mit der Neuordnung Europas 1810 kam das Berchtesgadener Tal zusammen mit Salzburg zu Bayern und verblieb dort, anders als Salzburg, das 1816 wieder an Österreich überging.

Kirchlich gehört das Gebiet heute zum Erzbistum München und Freising. Die Gebäude dienten später als Kaserne. 1818 wurde die seither als königliches Schloss bezeichnete Anlage Sommerresidenz der Wittelsbacher. Sie ist seit dem Ende der Monarchie in Bayern im Eigentum des Wittelsbacher Ausgleichsfonds. Ein Teil der Räume kann besichtigt werden, andere Teile des Gebäudes dienen noch heute Angehörigen der Wittelsbacher als Wohnung für Aufenthalte in Berchtesgaden. Die Stiftskirche wird heute von der Pfarrei Berchtesgaden genutzt.

Grundlage für die lang andauernde Unabhängigkeit der Fürstpropstei waren zum einen die Salzvorkommen verbunden mit dem beiderseitigen Interesse der großen Nachbarn Bayern und Salzburg, die dem Pufferstaat den Bestand sicherte. Zum anderen ist der Berchtesgadener Talkessel von hohen Bergen umgeben und dadurch praktisch nur von Norden zugänglich.

Fürstpröpste von Berchtesgaden

Erster Fürstpropst war 1111 Eberwin, der 50. und letzte Fürstpropst Joseph Konrad von Schroffenberg-Mös musste 1803 abdanken.

Liste der Fürstpröpste von Berchtesgaden

Weblinks


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