Au (Berchtesgaden)

Au (Berchtesgaden)
Au
Marktgemeinde Berchtesgaden
Koordinaten: 47° 39′ N, 13° 4′ O47.65159213.05886510Koordinaten: 47° 39′ 6″ N, 13° 3′ 32″ O
Höhe: 510–960 m
Eingemeindung: 1. Jan. 1972
Postleitzahl: 83471
Vorwahl: 08652

Au ist seit dem 1. Januar 1972 ein Ortsteil der Marktgemeinde Berchtesgaden im oberbayerischen Landkreis Berchtesgadener Land.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Gliederung

Oberau, Unterau und Resten auf einer Karte von 1826

Au liegt etwa fünf Kilometer nordöstlich des Zentrums von Berchtesgaden am Ufer und am östlichen Hang über der Berchtesgadener Ache, die auch die westliche Grenze bildet. Unterau liegt in Flussnähe, während sich Oberau als der Hauptteil des Ortes auf einer Hochfläche in einer Höhe um 850 m erstreckt. Die Ostgrenze von Au bildet die Staatsgrenze zu Österreich, über die eine Straße nach Dürrnberg führt. Nördlich wird Au in etwa vom Nesseltalgraben und südlich von Lettengraben und Larosbach begrenzt. In Oberau beginnt die Nordauffahrt der Roßfeldhöhenringstraße.

Die vor 1972 eigenständige Gemeinde Au umfasste die Gnotschaftsbezirke bzw. Ortsteile Unterau, Oberau und Resten. Der einstige Gnotschaftsbezirk Resten bildet heute eine Exklave, die vom gemeindefreien Gebiet des Staatsforstes Eck umschlossen ist und etwa zwei Kilometer südlich von Oberau liegt.

Geschichte

In dem ersten Steuerbuch des Berchtesgadener Landes von 1456 wird Au als eine seiner acht „Urgnotschaften“ mit drei „Gnotschaftsbezirken“ (den heutigen Ortsteilen Oberau, Unterau und Resten) und ihren sie betreuenden „Gnotschaftern“ aufgeführt. Als Gnotschaft hatte Au wie die anderen bis zur Säkularisation im Jahre 1803 Bestand und dürfte sich bereits Ende des 14. Jahrhunderts im Zuge des 1377 ausgestellten „Landbriefs“ von Propst Ulrich Wulp herausgebildet haben. 1803 wurde die Fürstpropstei Berchtesgaden aufgelöst und das Berchtesgadener Land verlor damit seine politische Eigenständigkeit. Nach drei kurz hintereinander folgenden Herrschaftswechseln wurden 1810 dessen Gebiet und seine Ortschaften, darunter auch Au, dem Königreich Bayern angegliedert.[1]
Siehe zu diesem Absatz auch die Abschnitte: Geschichte in Fürstpropstei Berchtesgaden

Einheimische Salz- und Holzhändler haben reformatorische Gedanken und Schriften verbreitet, die sie auf ihren Reisen in die protestantischen Städte Augsburg, Nürnberg und Regensburg erlangten. Eine bedeutende Keimzelle des Protestantismus bildete aber vor allem das im Salzburgischen benachbarte Dürrnberg.[2] Hier trafen Berchtesgadener Bergleute aus den Gnotschaften Au und Scheffau auf eingewanderte Bergknappen aus dem lutherischen Sachsen und waren sehr offen für deren religiöse Unterweisung und Angebote zur Erbauung. Nachdem 1686 rund 70 Männer und Frauen um Joseph Schaitberger aus Dürrnberg vertrieben und deren Kinder auf katholische Familien verteilt worden waren, kam es ein Jahr später auch im Berchtesgadener Land verstärkt zu Hausdurchsuchungen. 1687 sahen sich allein in der Au 156 Personen strengen Verhören ausgesetzt. Des „falschen“ Glaubens überführte hatten Geldstrafen zu leisten und wieder auf das „richtige“ Glaubensbekenntnis zu schwören. Von einem ist bekannt, dass er wegen eines verbotenen Buches mehrere Tage bei Wasser und Brot eingesperrt, nach dem sonntäglichen Gottesdienst an den Pranger gestellt und anschließend zu einer Wallfahrt „verurteilt“ wurde.[3]
Siehe zu diesem Absatz auch den Abschnitt: Religion / Kirchengeschichte in Fürstpropstei Berchtesgaden

Die Au war ein abgelegenes Bergdorf, das erst 1929 durch eine Postautobuslinie mit Berchtesgaden verbunden wurde. Zuvor war der einzige Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz die Haltestelle Unterau der Lokalbahn „Berchtesgaden – Salzburg“, vor der aus man dann den Anstieg in die Oberau zu Fuß zu bewältigen hatte. Vergleichsweise lebhaft wurde der Verkehr aber erst ab 1938 mit dem Baubeginn der Kehlsteinstraße und der Roßfeldhöhenringstraße, dessen „Ring“ heute mit Hilfe der Kreisstraße BGL 9 in der Oberau und einem Teilstück der Bundesstraße 319 (Oberau–Landau–Klaushöhe) geschlossen wird.[4]

Als erster Berchtesgadener Olympiasieger im alpinen Skisport (Kombination) gilt der in der Au geborene Franz Pfnür, der bei den Olympischen Winterspielen 1936 in Garmisch-Partenkirchen Gold errang. Nach den Spielen wurde Pfnür von Adolf Hitler zum Kaffee auf den Obersalzberg geladen und trat in die SS ein.[5]

In Resten wurde während der NS-Zeit die Wohnsiedlung Buchenhöhe für Angestellte und Beamte auf dem Obersalzberg errichtet.[6][7]

Als Folge des Krieges nahm die Gemeinde Flüchtlinge aus den Ostgebieten des ehemaligen Deutschen Reiches auf. Die Heimatvertriebenen, insbesondere Deutschböhmen und Schlesier, konnten anfangs nur in ehemaligen Arbeiterbarackenlagern untergebracht werden. Sie lebten zum Teil bis in die 1960er-Jahre im Flüchtlingslager Vockenbichl in der Oberau, das für die SS errichtet worden und dann von der US-Army belegt war,[8] oder sie wurden in Privathäuser beziehungsweise -wohnungen eingewiesen.

Im Zuge der Gebietsreform in Bayern verlor die Gemeinde am 1. Januar 1972 ihre Eigenständigkeit und ist seitdem ein Teil der Marktgemeinde Berchtesgaden.[9]

Kommunalpolitik

Bis zur Bildung der Gemeinde Au wählten die Gnotschaften aus ihren Reihen jährlich jeweils einen „Gnotschafter“. Dieser hatte vielfältige Aufgaben. So gehörten z.B. die Einhebung der Steuern und die Weiterleitung regierungsamtlicher Anordnungen dazu. Auch bei der Besprechung von Wege- und Brückenbaumaßnahmen, Bachregulierungen u. ä. war er dabei. Als Armenpfleger war er zuständig für die Auswahl und auch Unterstützung der bedürftigen Personen.

Mit der Bildung der Gemeinden nach dem Zweiten Gemeindeedikt in Bayern von 1818 ging die Verwaltung der Gemeinde an den Gemeindeausschuss mit dem Gemeindevorsteher an der Spitze. Bürgermeister der Gemeinde Au nach dem 2. Weltkrieg waren:[4]

  • 1945–1947/48 vakant[10]
  • 1948–1960 Anton Schaupp (Mühlauer Freie)
  • 1960–1971 Johann Hinterseer (Oberfrauenhof)

Einrichtungen

  • Die Kirche Zur Heiligen Familie in der Oberau wurde 1908 nach einem Entwurf von Franz Rank fertig gestellt. Den Altar, gestiftet von Prinzregent Luitpold von Bayern, schuf Theodor Kolmsperger, Altarbild und Leonhardaltar Waldemar Kolmsperger jun. Der Brauereibesitzer Rudolf Kriß stiftete die Orgel. Das Eisengitter in der Kirche stammt aus der Berchtesgadener Stiftskirche.[11] Sie ist heute Pfarrkirche der Pfarrei Au.[12] Die Pfarrgemeinde verfügt mit der Franziskuskirche über eine Nebenkirche auf der Buchenhöhe, gehört jedoch zusammen mit St. Nikolaus und ihrer Filial- bzw. Wallfahrtskirche Ettenberg in Marktschellenberg zum Pfarrverband Marktschellenberg.[13][14]
  • Die gemeindliche Auer Grundschule in der Oberau ist wegen ihres kleinen, relativ weitab gelegenen Einzugsgebietes eine Zwergschule. Im 18. Jahrhundert wurden die Kinder der Au noch von Augustiner-Eremiten aus Dürrnberg unterrichtet. Deren Sold waren jährlich vier Gulden oder zwei Eimer (je 68,4 l) Bier, die das Berchtesgadener Chorherrenstift bezahlte.[15]
  • Die Freiwillige Feuerwehr Au wurde 1903 gegründet und hat über 70 aktive Mitglieder (Stand: 2011).[16]
  • Im Winter wird von Oberau aus ein Pendelbus betrieben, der in kurzen Abständen Wintersportler zum Roßfeld mit seinen Skiliften bringt. Vom Roßfeld aus führt die „lange Abfahrt“ wiederum direkt an Oberau vorbei.

Kulturelle Traditionen

  • Am 5. und 6. Dezember, dem Nikolaustag, ziehen Bassen (Gruppen) von Nikolausdarstellern mit Kramperl (Fellbass) durch die Oberau.[17]
  • In der Au gibt es den Trachtenverein D'Weißenstoana, der als letzter der neun Berchtesgadener Trachtenvereine 1924 gegründet wurde. Er gehört wie die anderen den Vereinigten Trachtenvereinen des Berchtesgadener Landes e.V. an. Vereinslokal der Weißenstoana ist das Gasthaus „Pechhäusl“. Ihre Schuhplattlergruppe veranstaltet im Sommer regelmäßig „Heimatabende“.[17]
  • Der Weihnachtsschützenverein Au e.V. wurde am 1. Januar 1922 im Gasthaus „Pechhäusl“ gegründet und ist heute Teil der Vereinigten Weihnachtsschützen des Berchtesgadener Landes e.V..[17]

Söhne und Töchter der Gemeinde

Literatur

  • Manfred Feulner: Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner. Verlag Berchtesgadener Anzeiger, Berchtesgaden 1986 ISBN 3-925647-00-7
  • Hellmut Schöner (Hrsg.), A. Helm: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Reprint von 1929. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes. Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1973.
  • Hellmut Schöner (Hrsg.): Berchtesgaden im Wandel der Zeit – Ergänzungsband I. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes. Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1982 ISBN 3-87490-528-4

Einzelnachweise

  1. Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke. Band 2, ab S. 145 f.
  2. berchtesgaden-evangelisch.de Alfred Spiegel-Schmidt: Reformation und Emigration im Berchtesgadener Land. Text zur Emigration der Protestanten aus der Fürstpropstei Berchtesgaden.
  3. Manfred Feulner: Berchtesgaden – Geschichte des Landes und seiner Bewohner. Siehe Kap. Die Vertreibung der Protestanten aus Berchtesgaden. S. 168–169
  4. a b Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 199
  5. Spiegel Online: Olympia – Die versteckten Spiele, abgerufen am 22. Januar 2010
  6. gemeinde.berchtesgaden.de – topografische Karte zu Berchtesgaden Ost mit gekennzeichneter Exklave Resten; PDF-Datei (5,21 MB)
  7. „Snippet-Zitat“ zu Wohnsiedlung Buchenhöhe in Exklave Resten aus Winfried Nerdinger, Katharina Blohm: Bauen im Nationalsozialismus: Bayern, 1933-1945
  8. Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 204
  9. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C.H.Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1983, ISBN 3-406-09669-7. Seite 434
  10. ebenda - unklar, ob in Schöners Buch die zeitliche Lücke bei den Bildunterschriften zu den Bürgermeistern von Au eine fehlerhafte Auslassung darstellt.
  11. A. Helm, Helmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. 1929, Kirche in der Au S. 12
  12. erzbistum-muenchen.de Auflistung der Gemeinden nach Dekanaten, darunter die eigenständige Kirchengemeinde "Au b. Berchtesgaden - Hl. Familie" siehe S. 2 von 29 Seiten PDF-Datei
  13. Walter Brugger (Hrsg.) u. a.: Geschichte von Berchtesgaden. Band III/1, 1999, S. 246.
  14. erzbistum-muenchen.de Zum Pfarrverband Marktschellenberg.
  15. Hellmut Schöner: Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Ergänzungsband I, 1982, S. 98
  16. Website Freiwillige Feuerwehr Au
  17. a b c Fremdenverkehrsverein Oberau: Brauchtum und Vereine online unter berchtesgaden-oberau.com

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