Sprachen in Spanien

Sprachen in Spanien

Es gibt verschiedene Sprachen in Spanien, da die Bevölkerung Spaniens keine kulturelle und daher auch keine sprachliche Einheit bildet. Die kastilische Sprache, gemeinhin als „spanische Sprache“ oder einfach „Spanisch“ bezeichnet, ist Amtssprache im gesamten Staatsgebiet.

Inhaltsverzeichnis

Amtssprachen

Art. 3 der Spanischen Verfassung lautet:

(1) Das Kastilische ist die offizielle spanische Sprache des Staates. Alle Spanier haben die Pflicht sie zu beherrschen und das Recht sie zu benutzen.
(2) Die anderen spanischen Sprachen sind in den jeweiligen Autonomen Gemeinschaften ebenfalls Amtssprachen, soweit ihre Autonomiestatute dies bestimmen.
(3) Der Reichtum Spaniens an sprachlicher Vielfalt ist ein Kulturgut, das Gegenstand besonderer Achtung und besonderen Schutzes ist.

In einem Grundsatzurteil[1] hat das spanische Verfassungsgericht hierzu entschieden: Nach Absatz 1 kann sich jeder Bürger im Verkehr mit jeder öffentlichen Institution (unabhängig davon, ob sie in Trägerschaft des Staates, einer Autonomen Gemeinschaft, einer Provinz oder einer Kommune steht) des Kastilischen bedienen und hat Anspruch darauf, dass ihm in dieser Sprache geantwortet wird. Umgekehrt folgt nach Absatz 2 aus der Statuierung einer zusätzlichen regionalen Amtssprache, dass dies dann nicht nur für die Behörden der Autonomen Gemeinschaft selbst, sondern auch für die staatlichen Behörden in dieser Region gilt. Mit anderen Worten: So wie es regionalen Behörden verwehrt ist, das Kastilische nicht zu akzeptieren, ist es den staatlichen Institutionen in den Regionen (wie Gerichten, der Policía Nacional oder der Guardia Civil) verboten, die jeweilige regionale Amtssprache nicht zu akzeptieren.

Folgende Autonomiestatute sehen solche weitere Amtssprachen (lenguas co-oficiales) neben dem Kastilischen vor:

weitere Sprachen

Art. 4 des Autonomiestatuts von Asturien bestimmt, dass die dort gesprochenen Varietäten des Asturleonesischen (el bable) von der Autonomen Gemeinschaft zu schützen und zu fördern sind, aber ohne sie in den Rang einer Amtssprache zu erheben. Ähnliches bestimmt Art. 7 des Autonomiestatuts für Aragonien für die nicht näher bezeichneten "Sprachen und sprachlichen Eigenarten Aragoniens" (gemeint sind das in einem östlichen Streifen der Region gesprochene Katalanisch und das Aragonesisch). Zu den weiteren Sprachen wird auf die obige Karte verwiesen.

Sprachenpolitik

Während unter der Franco-Diktatur die nichtkastilischen Sprachen unterdrückt worden waren, setzte mit dem Übergang zur Demokratie (transición) auch die Politik der "sprachlichen Normalisierung" (normalización lingüística) ein, d.h. die Wiederzulassung der übrigen Sprachen im öffentlichen Gebrauch und deren öffentliche Förderung. Die Koexistenz der verschiedenen Sprachen kann mittlerweile als allgemein akzeptierte Tatsache gelten. Zu sprachpolitischen Unstimmigkeiten kommt es aber nach wie vor bei Themen wie der Unterrichtssprache oder der Reglementierung des privatrechtlichen Sprachgebrauchs (wie etwa der katalanischen Vorschrift, dass Speisekarten, Preislisten, etc. in allen Bereichen in Kastilisch und Katalanisch vorzuhalten sind).

Unbestritten ist heute auch, dass es sich bei den nichtkastilischen Sprachen um eigenständige Sprachen und nicht um Dialekte des Spanischen handelt: Katalanisch ist eine Brückensprache zwischen Iberoromanisch und Galloromanisch. Galicisch und Portugiesisch haben denselben Ursprung. Beide Sprachen trennten sich erst mit der Unabhängigkeit Portugals Anfang des 12. Jahrhunderts. Danach nahm das Galicisch mehr kastilische Einflüsse auf. Baskisch ist schon gar keine romanische Sprache. Vielmehr ist bislang keine Verwandtschaft mit irgendeiner anderen Sprache nachgewiesen (isolierte Sprache). Aranesisch ist eine Varietät des galloromanischen Okzitanisch. Umstritten ist nur noch, ob es sich bei dem Valencianisch um eine eigene Sprache oder nicht um einen bloßen Dialekt des Katalanisch handelt.

Sprachverbreitung

bis Anfang der 80er Jahre

Ausbreitung der Sprachen auf der iberischen Halbinsel vom 13. bis zum 21. Jahrhundert:

Bis Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts dominierte im öffentlichen Bereich eindeutig das Kastilisch bzw. Spanisch. Der Gebrauch der anderen Sprachen, die auch nicht unterrichtet wurden, war fast ausschließlich auf den privat-familiären Bereich beschränkt. Diese Dominanz des Spanisch ist auf verschiedene Entwicklungen zurückzuführen, die teilweise weit in die Vergangenheit zurückreichen:

  • Das Königreich Kastilien hatte im Laufe der Reconquista (722-1492) die größten Gebietsgewinne zu verzeichnen (die ganze Mitte der iberischen Halbinsel und Andalusien). Mit Ausweitung des Herrschaftsbereichs der Krone von Kastilien breitete sich auch die Sprache, die in ihren Ursprüngen auf das relativ kleine Gebiet der ursprünglichen Grafschaft Kastilien zurückgeht, immer weiter aus.
  • Mit der Heirat der Katholischen Könige (1469) bildete sich erstmals eine gesamtspanische Monarchie. Allerdings behielten die verschiedenen Reichsteile ihre eigenen Institutionen, ihre Rechtssysteme und ihre Sprachen. Aufgrund der großen militärischen und politischen Bedeutung Kastiliens gewinnt auch die dort gesprochene Sprache an sozialem Prestige. Mit der Entdeckung Amerikas (der Handel mit der Neuen Welt wurde ausschließlich über die kastilischen Häfen Sevilla und Cádiz abgewickelt) kommt noch eine gesteigerte wirtschaftliche Bedeutung hinzu. Im Ergebnis entwickelt sich damit das Kastilisch zur lingua franca der Halbinsel.
  • Mit dem Spanischen Erbfolgekrieg gelangen Anfang des 18. Jahrhunderts die Bourbonen auf den spanischen Thron. Sie schaffen die bis dahin immer noch bestehenden eigenen Institutionen und Rechtssysteme der Reichsteile weitgehend ab und wandeln Spanien in einen nach kastilischem Recht regierten Zentralstaat um, womit auch die Favorisierung der kastilischen Sprache etwa im Unterrichtswesen einhergeht.
  • Katalonien und das Baskenland sind die am frühesten und intensivsten industrialisierten Regionen Spaniens. Dies führte bis weit in das 20. Jahrhundert hinein zu einer starken Einwanderung von Arbeitskräften aus den ländlich geprägten kastilischsprachigen Gebieten. Da sich in ihrer neuen Heimat das Spanische schon weit etabliert hatte, waren die Einwanderer nicht gezwungen, zusätzlich noch Katalanisch oder Baskisch zu erlernen.
  • Den Abschluss bildet die Unterdrückung des Regionalismus und der nichtkastilischen Sprachen durch das Franco-Regime.

heutige Situation

Auch heute noch wird Kastilisch in ganz Spanien verstanden und gesprochen. Allerdings hat sich durch die Politik der normalización lingüística mittlerweile in den im ersten Abschnitt angegebenen Autonomen Gemeinschaften praktisch ein Zustand der Zweisprachigkeit eingestellt.

Eine gesamtspanische amtliche Statistik über den Sprachgebrauch fehlt.

In einer Eurobarometer-Umfrage[2] aus dem Jahr 2005 gaben in Spanien von den Befragten im Alter ab 15 Jahren auf die Frage nach ihrer Muttersprache 89% Spanisch, 9% Katalanisch, 5% Galicisch und 1% Baskisch an.

Außerdem führen die Regionalregierungen der mehrsprachigen Autonomen Gemeinschaften Stichproben-Umfragen zu Sprachfragen durch, deren Periodizität und Fragenkataloge allerdings nicht einheitlich (und damit auch nur beschränkt vergleichbar) sind. In der Regel wird nach der Muttersprache, der Sprache, mit der man sich identifiziert, Sprachkompetenzen, Sprachgewohnheiten (wie oft und in welchem sozialen Kontext wird welche Sprache genutzt) und sprachpolitischen Einstellungen gefragt.

Im Folgenden werden einige Kennzahlen zur Muttersprache und zur Sprachkompetenz wiedergegeben:

Katalonien

Es handelt sich um eine Umfrage des Statistikinstituts von Katalonien aus dem Jahr 2008 an Personen ab 15 Jahren.[3] Auf die Frage nach der Muttersprache antworteten:

Katalanisch Kastilisch beide Aranesisch andere/k.A.
31,6% 55,0% 3,8% 0,1% 9,5%

Auf die Frage nach der Sprachbeherrschung wurde geantwortet:

Katalanisch Kastilisch
Verstehen 94,6% 99,9%
Sprechen 78,3% 99,7%
Lesen 81,7% 97,4%
Schreiben 61,8% 95,6%

Balearen

Die aus dem Jahr 2003 stammende Umfrage der Regionalregierung wandte sich ebenfalls an Personen ab 15 Jahren.[4] Das Ergebnis auf die Frage nach der Muttersprache lautete:

Katalanisch Kastilisch beide andere/k.A.
42,6% 47,7% 1,8% 7,9%

Auf die Frage nach der Sprachbeherrschung (nur für Katalanisch gestellt) wurde mit "ja" geantwortet von:

Katalanisch
Verstehen 93,1%
Sprechen 74,6%
Lesen 79,6%
Schreiben 46,9%

Valencia

In der Umfrage aus dem Jahr 2005[5] wurde nach der Muttersprache nicht gefragt. Befragt wurden auch hier Personen im Alter ab 15 Jahren. Auf die Frage nach der Kenntnis des Valencianisch wurde in folgendem Umfang mit "ausreichend gut" oder "perfekt" geantwortet[6]:

Valencianisch
Verstehen 73,3%
Sprechen 52,1%
Lesen 50,8%
Schreiben 29,8%

Baskenland

Für die Autonome Gemeinschaft Baskenland sind zur Muttersprache folgende Zahlen aus dem Jahr 2006 veröffentlicht (Befragte ab 16 Jahren):[7]

Baskisch nur andere[8] andere[8] und Baskisch
19% 76% 5%

Zur Sprachkompetenz finden sich in der Studie folgende Angaben:

zweisprachig, Baskisch besser beherrscht 10%
zweisprachig, ausgeglichen 9%
zweisprachig, Kastilisch besser beherrscht 12%
zweisprachig passiv[9] 18%
kein Baskisch (erdaldun) 52%

Navarra

Zur Lage in Navarra wird auf die im vorigen Abschnitt angeführte Studie der baskischen Regionalregierung[7] zurückgegriffen, in der die Daten auch für Navarra erhoben wurden.[10]

Navarra gliedert sich nach dem Sprachgesetz in eine baskischsprachige (mit ca. 9% der Gesamtbevölkerung), eine gemischtsprachige (54%) und eine spanischsprachige (37%) Region. Die folgenden Zahlen aus dem Jahr 2006 beziehen sich auf die Gesamtbevölkerung. Als Muttersprache wurde angegeben:

Baskisch nur andere[8] andere[8] und Baskisch
6% 91% 3%

Zur Sprachkompetenz finden sich für Navarra folgende Zahlen:

zweisprachig, Baskisch besser beherrscht 3%
zweisprachig, ausgeglichen 3%
zweisprachig, Kastilisch besser beherrscht 5%
zweisprachig passiv[9] 8%
kein Baskisch (erdaldun) 81%

Galicien

In der Umfrage des galicischen statistischen Instituts aus dem Jahre 2008[11] wurden Daten für Personen ab 5 Jahren erhoben. Das Ergebnis zur Frage nach der Muttersprache lautete:

Galicisch Kastilisch beide
47,4% 27,1% 23,1%

Zur Selbsteinschätzung der Galicisch-Kenntnisse wurden folgende Angaben gemacht:

gut genügend gering gar nicht
Verstehen 66,0% 28,8% 4,6% 0,7%
Sprechen 54,1% 35,0% 7,7% 3,1%
Lesen 46,8% 36,2% 14,0% 3,0%
Schreiben 25,3% 32,6% 23,3% 18,9%

schriftliche Sprachkompetenz

Auffällig in allen Untersuchungen ist, dass für die nichtkastilischen Sprachen bei älteren Befragtem häufig die Sprachkompetenz im schriftlichen Ausdruck fehlt. Dies ist noch eine Nachwirkung der Franco-Zeit: Die nichtkastilischen Sprachen wurden nicht unterrichtet. In diesen Sprachen verfasste Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften, Bücher) waren so gut wie nicht erhältlich. Daher kamen selbst Muttersprachler mit ihrer Sprache in Schriftform über annähernd ein halbes Jahrhundert nicht in Berührung.

Weblinks

 Commons: Sprachkarten von Spanien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Urteil des Verfassungsgerichts v. 26. Juni 1986, STC 82/1986: [1] (Spanisch)
  2. Europäische Kommission, Eurobarometer Spezial - Die Europäer und ihre Sprachen
  3. Institut d´Estadística de Catalunya, Enquesta d´usos lingüístics de la població 2008 (Katalanisch)
  4. Govern de les Illes Balears - Direcció General de Política Lingüística, Enquesta Sociolingüística 2003 (Katalanisch)
  5. Generalitat Valenciana - Conselleria d´Educació, Enquesta 2005 Coneixement i ús social del valencià (Katalanisch)
  6. die anderen Einstufungsmöglichkeiten waren "gar nicht" oder etwas"
  7. a b Gobierno Vasco, Sistema de indicadores lingüísticos de Euskal Herria (Spanisch) bei der Bedienung dieser Internet-Seite ist zu beachten: Die Erhebung der Daten erfolgte nicht nur für die Autonome Gemeinschaft Baskenland selbst, sondern für das gesamte "historische" Baskenland (Euskal Herria). Die Daten können nach Territorien selektiert werden, wobei die Bedeutung die folgende ist: CAV=Autonome Gemeinschaft Baskenland (Comunidad Autónoma Vasca), País Vasco Norte=französisches Baskenland, Navarra=Autonome Gemeinschaft Navarra, País Vasco=alle Gebiete zusammen
  8. a b c d "andere" wird naturgemäß ganz überwiegend Spanisch sein
  9. a b Baskisch wird nicht oder nur "mit Schwierigkeit" gesprochen, aber gut verstanden [2]
  10. die letzten publizierten Angaben der Regionalregierung von Navarra stammen aus dem Jahr 1996
  11. Instituto Gallego de Estatística, Encuesta de condiciones de vida de las familias (Spanisch/Galicisch)

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