Straßenbahn Saint-Étienne

Straßenbahn Saint-Étienne
Saint-Etienne tram.jpg

Die Straßenbahn Saint-Étienne ist ein meterspuriges Straßenbahnnetz in der französischen Stadt Saint-Étienne. Die Stadt Saint-Étienne gehört – zusammen mit Lille und Marseille – zu den drei Städten in Frankreich, in denen die Straßenbahn die Stilllegungswelle der Nachkriegszeit überlebt hat. Ohne Unterbrechung in Betrieb seit 1881, hat Saint-Ètienne den ältesten Straßenbahnbetrieb in Frankreich.[1] Mit täglich 70.000 Fahrgästen erbringt die Straßenbahn 49 % der Leistung des Öffentlichen Nahverkehrs in der Region agglomération stéphanoise.[1]

ab Oktober 2006 gültiger Streckenplan der Straßenbahn

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Dampfstraßenbahn auf dem Place Badouillère in Saint-Étienne, um 1890

Die Anfänge der Straßenbahn gehen auf den 4. Dezember 1881 zurück, als die erste meterspurige Dampfstraßenbahn eröffnet wurde. Seit dem 17. April 1897 fuhren die ersten elektrischen Straßenbahnen in Saint-Étienne. Bis 1914 wurden die meisten Dampfstraßenbahnen elektrifiziert. Am 15. Juli 1931 wurden die letzten dampfbetrieben Bahnen aufgrund hoher Betriebsverluste stillgelegt. Am 1. April 1932 wurden die ersten elektrischen Straßenbahnlinien stillgelegt und durch Omnibuslinien ersetzt.

Während des Zweiten Weltkrieges beschloss die Stadt die Abschaffung der Straßenbahn und deren Ersatz durch den Obus. Die erste Linie wurde am 1. Januar 1942 auf Obus-Betrieb umgestellt. Bis 1952 war nur noch die nachfragestärkste Linie 4 übrig geblieben, da sich wegen des engen Straßenquerschnitts Busse auf dieser Strecke nicht begegnen konnten. Letztendlich ist es den Fahrgästen der Straßenbahn zu verdanken, dass diese wichtige, aber veraltete Linie gerettet wurde. Nach langwieriger Überzeugungsarbeit einer Fahrgastvereinigung, die mit dem Widerstand der Presse, Politik und Autolobby zu kämpfen hatte, gelang es schließlich, die Anschaffung neuer Wagen durchzusetzen. 1958 wurde neue Fahrzeuge vom Typ PCC-Wagen nach Brüsseler Vorbild angeschafft.

Den neuen Wagen folgte eine vollständige Modernisierung der Strecke. Man schuf eigene Trassen und gestaltete die Haltestellen neu. 1980 übernahm die neu gegründe Société des Transports de l’Agglomération Stéphanoise die Betriebsführung des gesamten ÖPNV in der Region und damit auch die Straßenbahn. Am 1. November 1982 wurde der Ein-Mann-Betrieb aufgenommen. Am 17. Februar 1983 wurde mit der Verlängerung der Strecke um 1,5 Kilometer in Richtung Süden die erste Neubaustrecke Frankreichs nach Ende des Zweiten Weltkrieges eingeweiht.

Der Fuhrpark

Neues Wagenmaterial – in Form von Straßenbahnen vom Typ TFS (=Tramway français standard) – kam am 7. Dezember 1991 von Vevey (heute Bombardier) und Alstom. Die Niederflur-Straßenbahnen lösten sukzessive die alten PCC ab, welche das Überleben der Straßenbahn in der Stadt gesichert hatten.

Die erste Serie wurde 1991 ausgeliefert und umfasste 15 Bahnen, nummeriert von 901 bis 915. Sie wurden zusammen mit der Verlängerung der Linien 4 zum Hôpital Nord in Betrieb genommen. Da zu diesem Zeitpunkt die alten PCC-Bahnen noch verkehrten, waren die neuen Bahnen mit Stangenstromabnehmern ausgerüstet. Als am 4. Juli 1998 das letzte Fahrzeug vom Typ PCC aus dem Dienst genommen wurde, wurden die Stangenstromabnehmer durch Einholm-Stromabnehmer ersetzt.

1998 wurde die zweite Serie von 20 Bahnen ausgeliefert, die von 916 bis 935 nummeriert wurden. Sie waren von Beginn an mit Einholm-Stromabnehmern ausgestattet und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Insgesamt gingen 35 TFS-Garnituren in Betrieb.

Das Liniennetz

Das Straßenbahnnetz erreichte mit 90 km seine maximale Länge im Jahr 1930. Ab 1932 wurden die ersten Linien mit geringen Fahrgastzahlen auf Obusbetrieb umgestellt. Die Stammstrecke 4 zwischen den Haltestellen La Terrasse und Bellevue blieb erhalten, weil in diesem Bereich die Straßen für Busse einfach zu eng waren. 1983 wurde dies Linie nach Süden bis zur neuen Endstation Solaure verlängert, 1991 dann nach Norden bis zum Hôpital Nord. Insgesamt liegen an dieser Strecke 27 Haltestellen.

Seit Oktober 2006 sind wieder zwei Straßenbahnstrecken in Betrieb. Zusätzlich zur bestehenden Linie 4 wurde die Linie 5 in Betrieb genommen, die einen Teil des Strecke der Linie 4 mitbenutzt und in einer zusätzlichen Schleife mit 6 weiteren Haltestellen auch den Hauptbahnhof der SNCF (Gare de Châteaucreux) anfährt.

Am 30. August 2010 wurden die Linien neu geordnet und umbenannt:

  • Die Linie T1 bedient 27 Haltestellen und verkehrt von Hôpital Nord nach Solaure.
  • Die Linie T2 bedient 17 Haltestellen und verkehrt von Terrasse nach Châteaucreux SNCF.
  • Die Linie T3 bedient 13 Haltestellen und verkehrt von Châteaucreux SNCF nach Bellevue.

Straßenbahndepot und Straßenbahnmuseum

Tramway de Saint Etienne - Depot plan.png
  • Am Hauptsitz der STAS in St-Priest-en-Jarez in Nähe der nördlichen Endstation der Linie T1 befindet sich auch das Depot.
  • Dort ist auch ein kleines Verkehrsmuseum (Musée des transports urbains de Saint-Étienne et sa région) eingerichtet. Zu sehen sind u.a. eine Dampfstraßenbahn sowie elektrische Triebwagen der Baureihen "H" aus dem Jahr 1907, "J" aus dem Jahr 1938 und ein "PCC" von 1958. Außerdem gibt es auch einen Oberleitungsbus und verschiedene Omnibusse (VETRA Baujahr 1952 und SAVIEM Baujahr 1966).

Literatur

  • Christoph Groneck: Französische Planungsleitbilder für Straßenbahnsysteme im Vergleich zu Deutschland. Dissertation, Universität Wuppertal 2007 (PDF).
  • Harald A. Jahn: Die Zukunft der Städte. Phoibos Verlag, Wien 2010, ISBN 978-3-85161-039-0.

Weblinks

 Commons: Trams in Saint-Étienne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Saint-Étienne - 130 ans de tram sans interruption in: Ville, Rail & Transports, Nr. 527, 21. September 2011 (in französischer Sprache)

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