- Transnistrien (rumänisches Besatzungsgebiet)
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Transnistrien war in der Zeit des Zweiten Weltkrieges die zeitgenössische Bezeichnung für das zuvor sowjetische Gebiet zwischen Dnister und Bug, das von 1941 bis 1944 rumänisches Besatzungsgebiet war. Es umfasste bei einer Ausdehnung von etwa 350 x 120 km eine Fläche von rund 42.000 km². Es war mit 2 Millionen Menschen dünn besiedelt. Darunter waren Ukrainer, Russen, Schwarzmeerdeutsche (etwa 130.000) und rund 300.000 Juden. Die größte Stadt war Odessa, das um 1900 etwa 350.000 Einwohner hatte, davon 50 % Russen und 32 % Juden. Das damalige Transnistrien liegt heute größtenteils im Südwesten der Ukraine und zu einem wesentlich kleineren Teil auf dem Gebiet Moldawiens (sowie in der separatistischen Region Transnistrien).
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Bis zum Frieden von Jassy 1792 gehörte der Süden der Region zwischen Dnjestr und Bug bzw. zwischen Otschakow und Balta zum Osmanischen Reich der Türken, ihr südlicher Teil war als Jedisan bekannt. Nach 1793 gehörte das Gebiet zum Russischen Reich und nach dem Ersten Weltkrieg zur Sowjetunion.
Bis zur zweiten Teilung Polens 1793 gehörte Podolien, die Region nördlich des Jedisan, dem Königreich Polen. Nach 1793 gehörte das Gebiet zum Russischen Reich und nach dem Ersten Weltkrieg zur Sowjetunion.
Eroberung und Besatzung
Am 22.Juni 1941 begann der deutsche Überfall auf die Sowjetunion durch das Unternehmen Barbarossa. Im südlichen Bereich in der Bukowina und in Bessarabien begann der Angriff erst am 2. Juli 1941. Beteiligt waren die 11. deutsche Armee (100.000 Mann) und die 3. sowie 4. rumänische Armee (200.000 Mann). Am 27. Juli erreichten die Truppen den Dnister und stießen auf das Gebiet des späteren Transnistrien vor, dessen Eroberung bis hin zum Bug im August 1941 abgeschlossen war. Die Schlacht um Odessa dauerte noch bis Oktober 1941 an.
Zwischen Rumänien und dem Deutschen Reich kam es auf militärischer Ebene Ende August 1941 zur Vereinbarung von Tighina, die Transnistrien betraf. Das Gebiet wurde Rumänien angeschlossen und die vormals 64 bestehenden sowjetischen Rajone in folgende 13 Kreise (Județ) unterteilt:
- Kreis Ananiev
- Kreis Balta
- Kreis Berezovca
- Kreis Dubăsari
- Kreis Golta
- Kreis Jugastru
- Kreis Movilău (in der Literatur zum rumänischen Holocaust als Moghilev bekannt)
- Kreis Oceacov
- Kreis Odessa
- Kreis Ovidiopol
- Kreis Râbnița
- Kreis Tiraspol
- Kreis Tulcin
Deportation und Vernichtung der Juden und Roma
Nach der Besetzung Transnistriens durch Rumänien und das Deutsche Reich im August 1941 wurden in das Gebiet Juden deportiert. Sie stammten vor allem aus Bessarabien und der Bukowina und waren auf Befehl von Ion Antonescu ausgewiesen worden. Die Deportationen begannen am 15. September 1941 und dauerten bis in den Herbst 1942. Die meisten Juden, die die Massaker in Bessarabien und der Bukowina überlebt hatten, wurden in Todesmärschen hierher getrieben und interniert. Die Zahl der Deportierten betrug wohl um die 150.000, obwohl nach deutschen Quellen 185.000 Personen deportiert wurden. Am 13. Oktober 1942 brachen die Rumänen die Deportationen ab. Die Betroffenen wurden etwa 100 Orten zugewiesen, wo man sie in eigenen Wohnbereichen oder Lagern ghettoisierte und einer Arbeitspflicht unterzog. Einige Lager trugen die Bezeichnung Todeslager, wobei am bekanntesten das Lager Bogdanowka war.
Etwa 185.000 Juden und Roma kamen in Transnistrien um, in dem die Deportierten ihrem Schicksal überlassen wurden. Vor allem im harten Winter 1941/42 starben Zehntausende an Hunger, Krankheiten und Entkräftung. In der Folgezeit gelang es jüdischen Organisationen mit Einwilligung Antonescus den Deportierten Hilfe zu leisten. Dennoch überlebten etwa 90.000 rumänische Juden der insgesamt 145.000 bis 150.000 Deportierten die Lager nicht.
Im Winter 1941/42 deportierte die rumänische Gendarmerie mehrere zehntausend Personen der jüdischen Bevölkerung aus Odessa. Sie trieben sie in das Siedlungsgebiet der Schwarzmeerdeutschen in Richtung Bug und überließen sie teilweise ohne Bewachung sich selbst. Unter den Deportierten breitete sich massiv Fleckfieber aus. Im Siedlungsgebiet der Schwarzmeerdeutschen lebten etwa 130.000 Volksdeutsche in 228 Dörfern, die von der rumänischen Verwaltung ausgenommen waren. Sie unterstanden dem Sonderkommando R mit Sitz in Landau, das zur SS-Organisation Volksdeutsche Mittelstelle gehörte. Bei einigen Überfällen volksdeutscher Siedler auf die Deportationszüge wurden unter Waffengewalt den geschwächten Menschen Wertgegenstände geraubt. Auf Befehl des Sonderkommandos R tötete der volksdeutsche Selbstschutz etwa 3.000 hilflose jüdische Personen am Wegesrand.
Am Fluss Bug kam der Zug der Deportierten zum Stehen. Nach Rücksprache des Sonderkommando R mit der Volksdeutschen Mittelstelle (VoMi) wurde − u. a., da man den Ausbruch von Seuchen befürchtete − ihre Ermordung beschlossen. Die Einsatzgruppen lehnten ab, da Transnistrien unter rumänischer Hoheit stand. Beim Dorf Beresowka erschossen und verbrannten Angehörige des Selbstschutzes sowie der VoMi über mehrere Wochen die Deportierten. Bewohner der deutschen Dörfer waren Zeugen und stellten auch Pferdefuhrwerke zum Transport der Opfer. Die Beseitigung der Leichen erfolgte auch mit Kalkbrennöfen. Die Wertgegenstände der Opfer wurden in deutschen Dörfern verteilt. Die genau Zahl der Tötungen ist nicht bekannt, einigen Angaben zufolge sollen es 52.000 gewesen sein. Aus einer Notiz des Auswärtigen Amtes geht hervor, dass im Winter 1941/42 rund 28.000 Juden in deutsche Dörfer gebracht und liquidiert wurden.
Rückeroberung durch die Rote Armee
Als die sowjetischen Truppen sich im Sommer 1944 Transnistrien näherten und deutsche Truppen in Rumänien geschlagen hatten, wurde den Deportierten die Rückkehr gestattet. Viele der Überlebenden kehrten in den Jahren 1945 und 1946 nach Rumänien zurück.
Im Verhältnis zur Zahl der Opfer ist Transnistrien in Verbindung mit der Vernichtung der Juden (Shoa) heute kaum ein Begriff in Westeuropa. Das liegt zum Teil daran, dass Transnistrien heute auf keiner Karte zu finden ist, und auch kein Ort wie z.B. Auschwitz oder Treblinka ist, sondern als regionale Bezeichnung ausschließlich von Deutschen und Rumänen zwischen 1941 und 1944 verwendet wurde. Auch die Namen der einzelnen Lager wie Bogdanowka, Achmetschetka, Domanewka und Pechora sind kaum bekannt.
Literatur
- Matatias Carp: Holocaust in Romania. Facts and Documents on the Annihilation of Romania's Jews, 1940–1944. Atelierele Grafice, Bukarest 1946 (Neuauflage, herausgegeben von Andrew L. Simon. Simon Publications, Safety Harbor FL 2000, ISBN 0-9665734-7-1, Holocaust in Romania von Matatias Carp (PDF; 779 KB), (englisch).
- Ruth Glasberg-Gold: Keine Zeit für Tränen. Mein Überleben der rumänischen Shoah. Edition Steinbauer, Wien 2009, ISBN 978-3-902494-40-5.
- Marianne Hausleitner, Brigitte Mihok, Juliane Wetzel (Hrsg.): Rumänien und der Holocaust. Zu den Massenverbrechen in Transnistrien 1941–1944. Metropol, Berlin 2001, ISBN 3-932482-43-3 (Nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa 1939–1945 10).
- Edgar Hilsenrath: Nacht. (Roman). Kindler Verlag, München 1964 (Neuausgabe. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Helmut Braun. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-423-13547-4 (dtv 13547)).
- Siegfried Jägendorf: Das Wunder von Moghilev. Die Rettung von zehntausend Juden vor dem rumänischen Holocaust. Mit einem Vorwort von Elie Wiesel, herausgegeben und kommentiert von Aron Hirt-Manheimer. Übersetzt aus dem Englischen von Ulrike Döpfer. Transit Buchverlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-88747-241-2.
- Ephraim Ophir: Was the Transnistria Rescue Plan Achievable? In: Holocaust and Genocide Studies. Bd. 6, Nr. 1, 1991, ISSN 8756-6583, S. 1–16.
- Dina Porat: The Transnistria Affair and the Rescue Policy of the Zionist Leadership in Palestine, 1942–1943. In: Studies in Zionism. Bd. 6, Nr. 1, 1985, ISSN 0334-1771, S. 27–52.
- Horst Scherrer: Die Lager- und Unterdrückungssysteme in Rumänien von 1941–1944. Handbuch über die Lager-, Gefängnis- und Deportiertenpost in Rumänien während des Zweiten Weltkrieges mit einer Darstellung der historischen Voraussetzungen. Selbstverlag, Norderstedt 2006, ISBN 3-00-016915-6.
- Ekkehard Völkl: Transnistrien und Odessa (1941–1944). Lassleben, Regensburg 1996, ISBN 3-7847-3164-3 (Schriftenreihe des Osteuropainstituts Regensburg-Passau 14).
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