Walther Riese

Walther Riese

Walther Riese, auch Walter (* 30. Juni 1890 in Berlin ; † 9. September 1976 in Richmond, Virginia) war ein deutsch-amerikanischer Psychiater und Medizinhistoriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Walther Riese war der Sohn des Emil Riese und der Anna, geb. Rosenthal. Er studierte Medizin und promovierte 1915 bei Ernst Meyer in Königsberg. 1915 heiratete er die ungarische Berlinerin Hertha Pataky[1] (1892–1981); sie hatten zwei Töchter, Renate (1916) und Beate (1917). Kurt Goldstein holte ihn 1920 nach Frankfurt am Main, wo er sich 1924 habilitierte. 1926 wurde er Leiter des Neuroanatomischen Instituts an der Frankfurter Psychiatrischen Klinik bei Karl Kleist.

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten kamen er und seine Frau für drei Tage in Schutzhaft. Unter Zurücklassung all ihrer Habe fuhr die Familie am 31. März 1933, einen Tag bevor die Pässe der Juden eingezogen wurden, mit dem Zug nach Basel. Da er in der Schweiz keine Arbeitserlaubnis bekam, zog die Familie auf Vermittlung von Angelo Donati und Mieczyslaw Minkowski nach Lyon. Vorher mussten alle vier noch das Baccalauréat in Paris nachholen. 1937 wechselte er an die Sorbonne, um dort ein Laboratorium für vergleichende Anatomie nach Frankfurter Vorbild aufzubauen.

In Folge der deutschen Eroberung Frankreichs flohen sie in den Süden Frankreichs und von dort in die französische Kolonie Marokko, wo sie in Casablanca ein griechisches Schiff nach Kanada erreichten und von dort schließlich in die USA einreisen konnten. Mit Unterstützung der Rockefeller Foundation erhielt Riese einen Lehrauftrag an der Universität Richmond, wo er ein hirnpathologisches Labor aufbaute.

Riese wurde in Richmond Professor für Geschichte der Medizin und schließlich auch Professor für Neurologie und Psychiatrie. Im Zuge der Wiedergutmachung erhielt Riese 1969, 24 Jahre nach Kriegsende und 36 Jahre nach seiner Vertreibung aus Frankfurt, die Rechtsstellung eines ordentlichen Professors der Frankfurter Universität.

Schriften (Auswahl)

  • Historical explorations in medicine and psychiatry, 1978
  • Selected papers on the history of aphasia, 1977
  • La thérapie des passions à la lumière de al pensée médicale du 17_1tne sieěcle, Bâle : Karger, 1965
  • The legacy of Philippe Pinel; an inquiry into thought on mental alienation, 1969
  • On the passions and errors of the soul by Galen, 1963
  • Phyloanalysis; theoretical and practical considerations on Burrow's group-analytic and socio-therapeutic method, 1963
  • Jean-Martin Charcot: Lectures on the diseases of the nervous system, 1962
  • A history of neurology. Vorwort Félix Martí-Ibáñez, New York, MD Publications 1959
  • La pensée morale en médecine; premiers principes d'une éthique médicale, 1954
  • The conception of disease: its history, its versions, and its nature, 1953
  • Principles of neurology in the light of history and their present use, New York : Nervous and Mental Disease Mongraphs, 1950
  • La pensée causale en médecine, Paris : Presses Univ. de France, 1950
  • La pensée causale en médecine, 1950
  • Système nerveux cérébro-spinal (juillet 1938-juillet 1939), 1940
  • Le mystère animal, Paris : Plon, 1939
  • L'idée de l'homme dans la neurologie contemporaine, 1938
  • Das Triebverbrechen, Bern : Huber, 1933
  • Das Triebverbrechen : Untersuchungen über die unmittelbaren Ursachen des Sexual- und Affektdeliktes sowie ihre Bedeutung für die Zurechnungsfähigkeit des Täters : nebst einem Anhang über die reichsgerichtliche und eidgenössische Rechtsprechung in der Frage der Zurechnungsfähigkeit, 1933
  • Die Unfallneurose und das Reichsgericht : 15 z. Teil unveröffentlichte Reichsgerichtsentscheidungen, 1930
  • Die Unfall-Neurose als Problem der Gegenwartsmedizin : Voraussetzungen und Grundlagen ihrer Beurteilung, Begutachtung und Behandlung, 1929
  • Das Sinnesleben eines Dichters, Georg Trakl, 1928
  • Der Fall Wiechmann : zur Psychologie und Soziologie des Familienmordes, 1928
  • Vincent van Gogh in der Krankheit; ein Beitrag zum Problem der Beziehung zwischen Kunstwerk und Krankheit, 1926

Literatur

  • Uwe Henrik Peters: Psychiatrie im Exil : die Emigration der dynamischen Psychiatrie aus Deutschland 1933–1939, Kupka, Düsseldorf 1992, ISBN 3-926567-04-X.
  • Joseph Walk (Hrsg.), Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. hrsg. vom Leo Baeck Institute, Jerusalem. München : Saur, 1988 ISBN 3-598-10477-4
  • Werner Röder; Herbert A. Strauss, (Hrsg.), Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 / International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933-1945, Vol II, 2 München : Saur 1983 ISBN 3-598-10089-2, S. 970

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hertha Riese bei FU Berlin

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Riese (Begriffsklärung) — Riese bezeichnet: Riese, ein übergroßes mythologisches Wesen oder Fabelwesen in Menschengestalt Riese (Altägyptisches Sternbild), Bezeichnung eines altägyptischen Sternbildes Hochwuchs, umgangssprachlich ein übergroßen Mensch Samsonfigur und Olot …   Deutsch Wikipedia

  • Walther von Moßner — Walther Reinhold Moßner, ab 1890 von Moßner, auch Mossner (* 19. Februar 1846 in Berlin; † 20. April 1932 in Heidelberg) war ein preußischer Offizier, zuletzt General der Kavallerie. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Auszeichnungen …   Deutsch Wikipedia

  • Müller, Johannes Peter — born July 14, 1801, Koblenz, France died April 28, 1858, Berlin, Ger. German physiologist, comparative anatomist, and natural philosopher. He studied at the Universities of Bonn and Berlin and later taught at both. His discovery that each sense… …   Universalium

  • Silberner Federball — Der Silberne Federball ist eines der ältesten noch jährlich ausgetragenen Badmintonturniere auf dem Gebiet der neuen Bundesländer. Das Turnier fand erstmals 1958 statt, drei Jahre bevor die ersten Einzeltitelkämpfe der DDR ins Leben gerufen… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Nachwuchsmeisterschaft (Badminton) — DDR Nachwuchsmeisterschaften im Badminton wurden seit 1961 ausgetragen. Vor 1961 wurden DDR Bestenermittlungen durchgeführt. Ab 1961 gab es DDR Juniorenmeisterschaften, die für die Altersklasse 16/17 durchgeführt wurden, und… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Juniorenmeisterschaft (Badminton) — DDR Juniorenmeisterschaften im Badminton fanden in den Einzeldisziplinen seit der Saison 1960/1961 statt. Offiziell wurden sie als Meisterschaften der Altersklassen 14 17 ausgetragen, die Teilnehmer mussten zum Stichtag also jünger als 18 Jahre… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Oberliga (Badminton) — Die Oberliga war in der DDR im Badminton die höchste Spielklasse und ermittelte den DDR Mannschaftsmeister. Mit den Jahren erfuhr sie mehrere Umbenennungen, so wurde sie zeitweise als Verbandsliga, Oberliga A sowie über einen längeren Zeitraum… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Nachwuchsmeisterschaft im Badminton — DDR Nachwuchsmeisterschaften im Badminton wurden seit 1961 ausgetragen. Vor 1961 wurden DDR Bestenermittlungen durchgeführt. Ab 1961 gab es DDR Juniorenmeisterschaften, die für die Altersklasse 16/17 durchgeführt wurden, und… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste österreichischer Schriftsteller — Es gibt keine historisch allgemeingültigen Kriterien, nach denen ein Autor der Liste österreichischer Autoren zugeordnet werden kann. Nach einer weiter gefassten Definition werden alle Schriftsteller und Dichter des ehemaligen Vielvölkerstaats… …   Deutsch Wikipedia

  • Listen österreichischer Autoren — Es gibt keine historisch allgemeingültigen Kriterien, nach denen ein Autor der Liste österreichischer Autoren zugeordnet werden kann. Nach einer weiter gefassten Definition werden alle Schriftsteller und Dichter des ehemaligen Vielvölkerstaats… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”