- Curiesches Gesetz
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Das curiesche Gesetz (auch Curie-Gesetz genannt) beschreibt die Abhängigkeit der magnetischen Suszeptibilität χm einer Substanz von der absoluten Temperatur T, sofern idealer Spin-Paramagnetismus vorliegt. Es wurde von Pierre Curie im Jahre 1896 erstmals in dieser Form aufgestellt. 1907 entwickelte der französische Physiker Pierre-Ernest Weiss Curies Gesetz zum Curie-Weiss-Gesetz weiter, indem er kooperative Effekte in die Gleichung mit einbezog.
Man erhält das Gesetz, wenn man ein ideales System aus N Spin-½-Teilchen betrachtet. Ideal bedeutet, dass
- der Grundzustand der Teilchen thermisch isoliert ist,
- keine Spin-Bahn-Kopplung vorliegt,
- kein Ligandenfeld-Effekt vorliegt,
- keine magnetische Anisotropie vorliegt,
- und keine kollektiven magnetischen Effekte vorliegen, d. h. keine magnetische Wechselwirkung zwischen den Teilchen besteht.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Als Modell nimmt man die Ausrichtung eines Spin-½-Teilchens in einem äußeren Magnetfeld. Das Elektron als rotierender Ladungsträger hat ein magnetisches Moment und verhält sich als magnetischer Dipol. Legt man ein äußeres Magnetfeld an, übt dieses Magnetfeld eine richtende Kraft auf den Spin des Elektrons aus. Es ist eine Ausrichtung des Spins in Richtung des Magnetfeldes möglich, die energetisch günstig ist, und es ist eine zum Magnetfeld entgegengesetzte Ausrichtung möglich, die energetisch ungünstig ist. Man würde zunächst also erwarten, dass sich in einer Substanz alle Spins parallel zum äußeren Magnetfeld ausrichten. Tatsächlich besteht jedoch eine Temperaturabhängigkeit, die zurückzuführen ist auf:
- Boltzmann-Statistik: Mit steigender Temperatur steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Spins die ungünstige antiparallele Ausrichtung einnehmen.
- bzw. Thermische Bewegung: Mit steigender Temperatur wirkt die Eigenbewegung der Teilchen einer Ausrichtung im Magnetfeld entgegen.
Die magnetische Suszeptibilität χm ist eine physikalische Größe, die davon abhängt, wie viele Spins im Magnetfeld in Feldrichtung ausgerichtet sind und wie viele Spins entgegengerichtet sind. Zur Berechnung der Suszeptibilität müssen daher der richtende Effekt des äußeren Magnetfelds und die entgegenwirkenden thermischen Effekte berücksichtigt werden. Die Brillouin-Funktion ist die quantenmechanisch korrekte Funktion zur Berechnung der Suszeptibilität. Das curiesches Gesetz ist ein Spezialfall der Brillouin-Funktion für schwache Magnetfelder und nicht zu tiefe Temperaturen.
- (curiesches Gesetz)
Die Curie-Konstante C setzt sich zusammen aus:
Darin ist μ0 die magnetische Feldkonstante, n die Teilchendichte, kB die Boltzmann-Konstante und μ der Betrag des permanenten magnetischen Dipolmoments der paramagnetischen Teilchen, aus denen die betrachtete Substanz aufgebaut ist. Beim curiesches Gesetz wird angenommen, dass dieses Dipolmoment temperaturunabhängig ist.
Oft werden magnetische Suszeptibilität und Curie-Konstante statt auf das Volumen auf die Stoffmenge bezogen. In diesem Fall gilt:
mit Cmol = μ0NAμ2 / 3kB, wobei NA die Avogadro-Konstante bezeichnet.
Herleitung für Spin-1/2-Systeme
Das magnetische Moment eines Elektrons hängt direkt von dessen Spin , und damit von der Spinquantenzahl s = 1/2 ab:
Hierin ist gs der Landé-Faktor für elektronischen Spin und μB ist das Bohrsche Magneton.
Im äußeren Magnetfeld gibt es für ein Teilchen mit s = ½ nur zwei Ausrichtungsmöglichkeiten (vgl.: Zeeman-Effekt). Zu der energetisch günstigen Ausrichtung in Feldrichtung gehört die magnetische Spinquantenzahl ms = −½, zu der ungünstigen entgegengerichteten Ausrichtung ms = +½. Die jeweils zugehörige Energie ist gegeben durch:
Dabei ist B der Betrag der magnetischen Flussdichte. Die Energiedifferenz zwischen den beiden Zuständen beträgt:
Im kanonischen Ensemble (bedeutet: bei konstanter Temperatur und konstanter Teilchenanzahl) ergibt sich aus der Boltzmann-Statistik die Besetzungswahrscheinlichkeit des jeweiligen Zustandes:
kB ist die Boltzmann-Konstante, T die Temperatur.
Für eine gegebene Temperatur und magnetische Flussdichte kann man mit dieser Formel die Besetzungswahrscheinlichkeiten der beiden möglichen Zustände berechnen. Aus den Besetzungswahrscheinlichkeiten ergibt sich die Formel für die Magnetisierung M bei reinem Spin-1/2-Paramagnetismus:
Dabei bezeichnet die Komponente des elektronischen (spin-)magnetischen Moments in Feldrichtung:
Die magnetische Suszeptibilität hängt mit der Magnetisierung wie folgt zusammen:
Das curiesche Gesetz erhält man als Näherung unter der Annahme, dass der magnetische Einfluss klein gegenüber dem Temperatureinfluss ist, also bei relativ schwachen Magnetfeldern und relativ hohen Temperaturen:
Hierin ist C die Curie-Konstante, eine stoffspezifische Größe.
Mehrelektronen-Systeme
Für Mehrelektronen-Systeme kann das Curie-Gesetz nur begrenzt angewendet werden, da interelektronische Wechselwirkung und Spin-Bahn-Kopplung zu Komplikationen führen. Für den Fall einer reinen LS-Kopplung, bei der der elektronische Grundzustand thermisch isoliert ist, kann die Curie-Konstante wie folgt formuliert werden:
J ist die Gesamtdrehimpuls-Quantenzahl, die sich durch die LS-Kopplung für den Grundzustand ergibt, und gJ ist der Landé-Faktor bei LS-Kopplung:
S ist die Gesamtspin-Quantenzahl und L ist die Gesamtbahndrehimpuls-Quantenzahl. Beide Quantenzahlen gehören zum Grundzustand der LS-Kopplung.
Die Quantenzahlen S, L und J können mit Hilfe der Hundschen Regeln bestimmt werden.
Spin-Only-Systeme
Bei Mehrelektronen-Systemen, die zusätzlich zur LS-Kopplung und thermischen Isolierung des Grundzustandes auch eine Halbbesetzung einer Unterschale aufweisen, spricht man von Spin-Only-Systemen. Der Name stammt daher, dass bei Halbbesetzung die Gesamtbahndrehimpuls-Quantenzahl L = 0 ist. Dadurch wird das magnetische Verhalten des Atoms allein von seinem Gesamt-Spin bestimmt.
Der Landé-Faktor lautet dann:
Die Curie-Konstante ergibt sich zu:
Stoffe mit Curie-Paramagnetismus
Das ideale Curie-paramagnetische Verhalten tritt relativ selten auf, da zahlreiche Faktoren (Interelektronische Wechselwirkung, Spin-Bahn-Kopplung, Anisotropie, Ligandenfeld-Effekte, kollektive Effekte) das magnetische Verhalten eines Stoffes stark beeinflussen. Bei den Hauptgruppenelementen zeigen Radikale spin-paramagnetisches Verhalten, z. B. das Sauerstoff-Molekül mit zwei ungepaarten Elektronen. Bei den Nebengruppenelementen findet man Curie-Paramagnetismus nur bei Atomen mit LS-Kopplung und thermisch isoliertem Grundzustand.
Spin-Only-Paramagnetismus findet man bei einigen Verbindungen mit schwachem Ligandenfeld von Mn2 + oder Fe3 + (beide: 3d5-Elektronenkonfiguration) oder Gd3 + (4f7-Elektronenkonfiguration). Der Ligandenfeld-Effekt muss schwach genug sein, dass eine high-spin-Konfiguration vorliegt.
Sonstiges
Bei Auftreten kollektiver magnetischer Effekte, also bei Ferromagnetismus, Antiferromagnetismus oder Ferrimagnetismus ist das curiesche Gesetz nicht gültig. Stattdessen wird das Curie-Weiss-Gesetz eingeführt:
Hierin ist Θ die Weiss-Konstante. Ist sie positiv, überwiegen die ferromagnetische Effekte. Ist sie negativ, überwiegen antiferromagnetische oder ferrimagnetische Effekte.
Literatur
- Heiko Lueken: Magnetochemie. B. G. Teubner, Stuttgart/Leipzig 1999, ISBN 3-519-03530-8.
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