DB-Baureihe VT 88.9

DB-Baureihe VT 88.9
Wismarer Schienenbus Typ Hannover
Wismarer Schienenbus der DGEG
Nummerierung: DRG 133 009-012,
DRG 135 077-080,
DB VT 89 900-901
Anzahl: 57
Hersteller: Waggonfabrik Wismar
Baujahr(e): 1932–1941
Ausmusterung: verschieden
Achsformel: A 1
Spurweite: 750 mm, 900 mm, 1000 mm, 1435 mm
Länge über Puffer: 10.100 mm *
Leermasse: 6,1 t *
Reibungsmasse: 3,05 t *
Höchstgeschwindigkeit: 56 km/h *
Installierte Leistung: 29 kW, 37 kW (40 PS / 50 PS)
Motorentyp: Ford AA, Ford BB
Leistungsübertragung: mechanisch
Bremse: Trommelbremse
Sitzplätze: 24 *
Stehplätze: 18 *
Klassen: 3.
Die mit * gekennzeichneten Daten beziehen sich auf VT 133 009/010.

Der Wismarer Schienenbus „Typ Hannover" ist ein Anfang der 1930er Jahre entwickelter Leichttriebwagen für den kostengünstigen Personenverkehr auf Kleinbahnen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Schon in den 1920er Jahren suchten die Kleinbahnen nach Möglichkeiten, schwach ausgelastete Strecken möglichst kostengünstig betreiben zu können. Die überwiegend eingesetzten gemischten Züge waren wegen der Rangieraufenthalte recht langsam. Auch verkehrten täglich nur wenige Züge. Um schnellere und häufigere Fahrten anbieten zu können, wurden Triebwagen beschafft. Durch Einzelfertigung und nicht immer ausgereifte Technik waren diese oft zu teuer. Deshalb wurde versucht, Erfahrungen und Komponenten aus dem Omnibusbau einzubringen. Der Einsatz umgerüsteter Omnibusse war nicht von Erfolg beschieden, da sie keine leistungsfähigen Getriebe hatten, auch ein Wendegetriebe war im Autobau unbekannt.

T 141 (1. Serie) in Darmstadt-Kranichstein

Ab 1932 baute die Triebwagen- und Waggonfabrik Wismar AG einen leichten zweiachsigen Triebwagen, der durch die Verwendung zahlreicher Bauteile aus dem Straßenfahrzeugbau günstig gefertigt werden konnte. So wurden beispielsweise Ford-Benzinmotoren mit jeweils 40 PS samt Getriebe eingebaut. Die Verwendung von Kraftfahrzeuggetrieben mit fünf Vorwärtsgängen und einem Rückwärtsgang machte den Einbau von zwei Motoren nötig. Diese wurden vor dem eigentlichen Fahrzeugkasten angeordnet und verliehen ihm ein unverkennbares Äußeres. Wegen der geringen Kosten wurde der Wismarer Schienenbus gerade für Klein- und Privatbahnen interessant. 1932 wurde ein Prototyp für die Kleinbahn Lüneburg–Soltau geliefert. Die Erfahrungen damit waren so gut, dass das Landeskleinbahnamt Hannover eine Serie von neun Exemplaren für verschiedene Kleinbahnen bestellte.

Vorzüge waren der niedrige Preis (er lag mit etwa 25.000 Reichsmark bei der Hälfte eines normalen Triebwagens), seine Wartungsfreundlichkeit (die Motoren waren leicht erreichbar und Ersatzteile bei jedem Ford-Händler zu bekommen) und auch sein Komfort (obwohl er nur 3. Klasse führte, waren die Sitze gepolstert).

1936 bot die Waggonfabrik fünf verschiedene Typen an:

Type A Type B Type C Type D Type E
Spurweite (mm) 1.435 1.435 1.435 1.000 1.000
Achstand (mm) 4.400 4.000 3.500 4.000 3.500
Länge (mm) 11.610 10.100 10.100 11.150 10.100
Breite (mm) 2.902 2.902 2.902 2.430 2.430
Gewicht (kg) 6.600 6.200 6.600 6.200 5.800
Sitzplätze 40+16 30+16 26+14 22+13 24+14
Besonderheiten Abort
Holzkohlengas
Abort
Gepäckraum

In der Praxis sind aber nur wenige Fahrzeuge typenrein ausgeliefert worden. In der Regel wurden die Fahrzeuge nach den Wünschen des Bestellers hergestellt. Etwa ein Drittel der Fahrzeuge lässt sich genau einem dieser Typen zuordnen.

Bis 1941 wurden 59 Stück dieser Fahrzeuge produziert und in unterschiedlichen Spurweiten an verschiedene Bahngesellschaften im In- und Ausland geliefert. Die Deutsche Reichsbahn übernahm 1935 vier Triebwagen der Saarbahnen, die sie als 133 009 bis 133 012 einreihte, vier stärkere Triebwagen mit verlängertem Achsstand erhielten die Nummern 135 077 bis 080. Während einige der Wagen im Krieg zerstört wurden oder nach Kriegsende im Ausland verblieben, gelangten noch vier Triebwagen dieser Bauart zur Deutschen Bundesbahn, die ihnen die Nummern VT 88 900 bis 902 (langer Radstand) und VT 89 900 (kurzer Radstand) zuteilte.

Durch die Verstaatlichung von Privatbahnen in der DDR kamen auch einige Exemplare zur Deutschen Reichsbahn der DDR und erhielten dort die Nummern VT 133 505–510, 513–515 (1.435 mm) und 524–525 (750 mm). Die Anfang der 1960er Jahre mit 47 PS Phänomen Garant LKW-Dieselmotoren neu motorisierten VT 133 513–514 trugen zunächst die Bezeichnungen VT 135 501–502.

Wegen seiner langen Motorvorbauten, die für jede Richtung einen eigenen Motor aufnehmen, erhielt diese Bauart auch den Spitznamen „Schweineschnäuzchen". Die Fahrzeuge erwiesen sich als echte „Kleinbahnretter", weil die hohen Kosten des allgemein defizitären Personenverkehrs auf den norddeutschen Kleinbahnen erheblich gesenkt werden konnten. Oftmals ersetzten die Schienenbusse des Typs Hannover Züge, die nur aus der Lok und einem oder sehr wenigen Wagen bestanden und daher hohe Betriebskosten verursachten. Ab sechs zahlenden Fahrgästen fuhr der Triebwagen rentabel.

Auch an verschieden Privatbahnen in Spanien wurden zwischen 1933 und 1937 insgesamt 25 Triebwagen und drei Beiwagen geliefert. Von den nach der Verstaatlichung der Eisenbahnen in Spanien von der Red Nacional de los Ferrocarriles Españoles (RENFE) übernommenen Fahrzeugen wurden vier Triebwagen umgebaut und mit stärkeren Motoren versehen. Andere wurden zu antriebslosen Packwagen umgebaut. Ende der 1960 Jahre waren alle Triebwagen in Spanien ausgemustert.

Konstruktion

T2 der Bleckeder Kreisbahn (Typ C) auf der Museumsbahn Schönberg–Schönberger Strand
T 41 (1. Serie) des DEV im Lokschuppen in Asendorf

Der Wagenkasten ruht auf einem Rahmen aus zwei Gitterlangträgern, die vorne und hinten zusammenlaufen. Die Träger waren zur Gewichtseinsparung mit Löchern versehen. Die gesamte Konstruktion war verschweißt, er war damit das erste vollständig verschweißte Schienenfahrzeug. Die Profile waren gesickt. Insgesamt wog der Triebwagen sechs Tonnen. Die Tragfedern waren auf Gummistücken gelagert. Eine Besonderheit dieses Typs sind die gummigefederten Radsätze, bei denen die Gummielemente zwischen Radreifen und Radkörper angeordnet sind. Dieses Konstruktionsmerkmal ist also keineswegs eine moderne Erfindung im Zusammenhang mit dem ICE. Wegen des geringen Achsstands von nur 3,5 m bis 4 m neigt das Fahrzeug allerdings leicht zum Schlingern.

An jedem Ende befindet sich eine identische Maschinenanlage mit Ford Vergasermotoren, der über ein Vierganggetriebe und Kardanwelle auf die erste Achse wirkt, es wird jeweils nur der in Fahrtrichtung vordere Motor benutzt und von dem vorderen Führerstand bedient. Zum Rangieren und bei Ausfall eines Motoren konnte auch im Rückwärtsgang gefahren werden.

Der Prototyp hatte Drehtüren, die meisten Serienfahrzeuge bekamen 740 mm breite Schiebetüren. Bei der Innengestaltung wirkten Bauhausschüler mit. Das machte sich in den klaren Formen und auch den Design der Stoffbezüge bemerkbar. Die Wände waren mit Sperrholz verkleidet, der Fußboden mit Linoleum belegt. Die Sitze waren gepolstert. Die Fenster ließen sich teilweise herunterkurbeln.

Der jeweils nicht benutzte Führerstand wurde hochgeklappt, so dass der Einstiegsraum frei blieb. Die Heizung war zunächst eine Frischluftheizung mit der Ausnutzung der Motorwärme, später wurden auch Webasto-Heizungen eingebaut. Der Innenraum war elektrisch beleuchtet. Kamen zunächst Ford AA-Motoren (die LKW-Version des Ford Modell A) zum Einsatz, wurden ab 1935 stärkere Ford-BB-Motoren eingebaut, die eine Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 60 km/h ermöglichte. Erkennbar waren diese Schienenbusse an den senkrechten Gitterstäben des Kühlers. Von der Variante mit Holzvergaser wurden nur zwei Exemplare hergestellt. Anstelle einer Sitzgruppe wurde im Wageninnern ein Holzvergaser installiert. Erkennbar war das an dem fehlendem Fenster. Später wurden bei Umbauten auch diverse anderen Motoren eingebaut, bei der Deutschen Reichsbahn der DDR Motoren Robur Typ 4 KVD 12,5 SLR.

Um größere Gepäckstücke und Güter befördern zu können, erhielten viele Schienenbusse Dachgepäckträger, wie sie auch bei Omnibussen üblich waren. Der Platz neben den vorgebauten Motoren wurde oft auch zum Anbringen von Gitterkörben oder für Fahrradhalterungen genutzt. Neu war auch die Farbgebung mit roten Wagenkästen und beigen Fensterbändern. Auch verschiedene Personen- und Gepäckbeiwagen wurden angeboten, aber lediglich die Fliegerkommandantur List erhielt einen dieser Beiwagen der Waggonfabrik Wismar.

Besonders abweichend vom Typenplan waren die Triebwagen für die Saarbahnen. Nach zwei der Regelausführung entsprechenden Triebwagen wurden zwei weitere mit verbreiterten Türen und Längsbänken beschafft, sowie vier Schienenbusse mit sechs Metern Achstand und Dieselmotoren mit gemeinsamen Myliusgetriebe, das ein Fahren mit beiden Motoren gleichzeitig und Antrieb beider Achsen ermöglichte. Außerdem erhielten sie Dieselmotoren mit 50 PS von Humboldt-Deutz.

Verbleib

T1 (Typ D) der Borkumer Kleinbahn

Mindestens zehn Exemplare sind erhalten geblieben, unter anderem werden die Fahrzeuge des Eisenbahnmuseums Bochum-Dahlhausen (Bremen-Thedinghauser Eisenbahn T2) und des Verein Verkehrsamateure und Museumsbahn (Osthannoversche Eisenbahnen VT 0509), beide normalspurig, des Deutschen Eisenbahn-Vereins in Bruchhausen-Vilsen (Steinhuder Meer-Bahn T 41, Spurweite 1000 mm) und der Borkumer Kleinbahn (T1, Spurweite 900 mm) noch regelmäßig eingesetzt. Weitere regelspurige Exemplare sind beim Eisenbahnmuseum Darmstadt-Kranichstein (Lüchow-Schmarsauer Eisenbahn T 141), bei der Museums-Eisenbahn Minden (Wilstedt-Zeven-Tostedter Eisenbahn T145), beim Museum Buurtspoorweg Boekelo–Haaksbergen (Delmenhorst-Harpstedter Eisenbahn T 148) und bei der OHE (VT 0508). Der ehemalige DB-VT 89 900 (ex DRG VT 133 010, ex Saarbahn 72) wird hingegen zur Zeit (2008) von Eisenbahnfreunden in Wismar aufgearbeitet.

Literatur

  • Dieter-Theodor Bohlmann: Die Wismarer Schienenomnibusse der Bauart Hannover. Zeunert, Gifhorn 2001 (Neuauflage), ISBN 3-924335-27-3. 
  • Rolf Löttgers: Schienenbusse in Deutschland. Die Serienwagen von Henschel, Wismar, Uerdingen und MAN. Franckh, Stuttgart 1982, ISBN 3-440-05044-0. 

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