- Sylter Inselbahn
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Die Sylter Inselbahn war eine Schmalspurbahn mit 1000 mm Spurweite, die zwischen 1888 und 1970 auf der nordfriesischen Insel Sylt in Betrieb war.
Inhaltsverzeichnis
Strecken
Sylter Inselbahn Ostbahn LegendeFähre 0,0 Munkmarsch Fährhafen/Mole 1,5 Lornsenhain Nordbahn von List (s.u.) 4,2 Westerland Inselbahnhof Nord 1 Nordbahn nach Westerland (s.u.) Nordbahn Kursbuchstrecke (DB): ex 112q Spurweite: 1000 mm (Meterspur) Maximale Neigung: 20 ‰ Minimaler Radius: 100 m Höchstgeschwindigkeit: 40 km/h Legende17,4 List Hafen/Dorf 16,2 List 13,3 Westerheide/Blidsel 10,8 Klappholttal 8,9 Vogelkoje 6,1 Kampen 4,1 Wenningstedt Ostbahn nach Munkmarsch (s.o.) 1,1 Westerland Tonderner Straße 0,6 Westerland Inselbahnhof Nord 1 0,0 Westerland Reichsbahnhof 2 Südbahn nach Hörnum (s.u.) Südbahn LegendeNordbahn nach List (s.o) 0,0 Westerland Reichsbahnhof 2 Westerland Südbahnhof 2,9 Dikjen-Deel 4,2 Haus Hanna 6,3 Rantum-Seeheim 7,0 Rantum 8,6 Samoa 10,8 Sansibar 12,3 Puan Klent 16,2 Hörnum-Nord 18,2 Hörnum (Dorf) 18,8 Hörnum Seebrücke/Hafen 1später: Westerland Inselbahnhof
2später: Westerland BundesbahnhofOstbahn
Die Ostbahn führte nördlich der Ost-West-Achse der Insel vom damaligen Fährhafen Munkmarsch an der Ostküste bis zur Stadt Westerland. Die Fahrt auf der Ostbahn dauerte 1921 laut Fahrplan zwölf Minuten. Die Abfahrtszeiten der Züge waren abhängig vom Fahrplan der Fährschiffe, die tidenabhängig verkehrten. In den Wintermonaten ruhte der Bahnverkehr weitgehend. Da vor Bau des Hindenburgdamms bis 1927 der über die Marschbahn bis Hoyerschleuse ein Großteil des Seebäderverkehrs nach Westerland mit dieser Bahn abgewickelt wurde, nahm der Verkehr nach 1927 drastisch ab.
1916 bis 1922 lag auch von Westerland bis Keitum ein Meterspurgleis.
Nordbahn
Die Nordbahn erschloss die Ortschaften nördlich von Westerland. Die Strecke führte überwiegend über den Geestrücken der Insel sowie durch Dünengebiete. Wichtige Ortschaften an der damaligen Strecke sind Wenningstedt, Kampen und der Endbahnhof List. Bis 1937 befand sich der Lister Bahnhof etwa in Höhe der späteren Drehscheibe, rund 500 Meter südlich des Hafens. Wegen militärischer Bautätigkeit in diesem Gebiet musste der Bahnhof rund 500 Meter weiter nach Süden auf Streckenkilometer 16,2 verlegt werden. Zwei Anschlussstrecken zur Sylter Nordspitze dienten militärischen Zwecken. Die Fahrtzeit zwischen Westerland und List betrug im Jahr 1950 planmäßig 41 Minuten.
Südbahn
Die Südbahn wurde ursprünglich errichtet, um die am damals neu erbauten Hörnumer Anleger ankommenden Passagiere bequem nach Westerland zu befördern. Damit begründete sie wesentlich den Badeverkehr nach Westerland. Sie erschloss auf ihrer Strecke die Ortschaften südlich von Westerland, insbesondere Rantum und Hörnum. Die Trasse verlief überwiegend durch Dünengebiete. Bis 1935 war die Südbahn die einzige Verbindung nach Hörnum; befestigte Straßen existierten lediglich bis Rantum. Somit diente die Südbahn auch der Versorgung der südlichen Insel mit Waren und Gütern des täglichen Bedarfs. Die Fahrzeit der Personenzüge zwischen Westerland und Hörnum betrug 1950 planmäßig 42 Minuten.
Heutige Nutzung
Ein Großteil der alten Trasse der Bahn dient heute als Rad- und Wanderweg, der die gesamte Insel in Nord-Süd-Richtung erschließt[1]. Die Trasse der Ostbahn führte zu einem großen Teil über das Gelände des heutigen Flughafens Sylt und ist nach umfassenden Baumaßnahmen auf diesem Gelände nicht mehr zu erkennen. Die Anschlussgleise und Strecken der Wehrmacht sind ebenfalls ausnahmslos zurückgebaut, so dass man heute nur noch in einigen Fällen ansatzweise den damaligen Verlauf dieser Stichstrecke erkennen kann. Vom ZOB Westerland in nordöstliche Richtung verläuft auf der ehemaligen Trasse seit Ende der 1970er Jahre die nach der Inselbahn benannte Straße Bahnweg.
Gebäude
Entlang der Strecken gab es zahlreiche Bahnhöfe und Haltepunkte. Massive Empfangsgebäude gab es an der Südbahn nur an den Endpunkten in Westerland – der Südbahnhof und später der Reichsbahnhof – und in Hörnum. An der Nordbahn gab es, außer an den Endpunkten in Westerland und List, massive Bahnhöfe in Kampen und Wenningstedt. Alle übrigen Haltepunkte mussten ohne feste Bauwerke auskommen. Teilweise dienten umgebaute ehemalige Personenwagen als Wartehäuschen. Ferner gab es einen weitläufigen Betriebshof mit Ausbesserungswerk und Werkstätten auf dem Gelände nordöstlich des Nordbahnhofes (alter Ostbahnhof) in Westerland.
Die damaligen Empfangsgebäude der Bahn sind nicht mehr erhalten. Zuletzt wurden 2004 das ehemalige Empfangsgebäude des Bahnhofs Kampen und 2006 das ehemalige Bahnhofsgebäude in List abgerissen. Von den Betriebsgebäuden ist lediglich ein ehemaliger zweiständiger Lokschuppen im Bereich der ehemaligen Drehscheibe in List erhalten; er wird heute als Werkstatt und Lagerhalle genutzt. Reste des Gleisbettes finden sich heute noch an einem alten Bahnübergang auf der Zufahrtsstraße des Jugendheims Puan Klent. An der Stelle des ehemaligen Bahnhofs Hörnum sind noch die Bahnsteigkante sowie der Plattenbelag des ehemaligen Bahnsteiges gut zu erkennen. Ebenfalls ein Stück der Bahnsteigkante ist entlang des Radwegs in Höhe des ehemaligen Bahnhofs Kampen erhalten geblieben[2].
Das Empfangsgebäude des Südbahnhofs in Westerland hatte nach dem Ende seiner ursprünglichen Nutzung in den 1920er Jahren eine wechselvolle Geschichte. Zunächst fand in seinen Räumen das so genannte Meeresmuseum sein Quartier. Seit den 1940er Jahren beherbergte es bis Ende der 1970er Jahre das Restaurant Sylter Hahn. 1979 wurde das Gebäude abgerissen. An seiner Stelle befindet sich nun ein Parkplatz.
Geschichte
Die Ostbahn
Die so genannte Ostbahn wurde als erste Eisenbahnstrecke der Insel am 8. Juli 1888 von der Sylter Badedirektion in Betrieb genommen; sie befuhr zunächst nur in den Sommermonaten die etwa 4,2 Kilometer lange Strecke von Westerland, dem Hauptort und wichtigsten Seebad der Insel, zum Hafen Munkmarsch an der Ostküste der Insel. Von dort führte eine Fährverbindung nach Hoyerschleuse im damals deutschen Nordschleswig. Der Hafen von Hoyer war über ein Anschlussgleis mit der Bahnlinie über Tondern und Husum nach Altona verbunden. Diese Bahn diente somit überwiegend dem Transport der Badegästen und von Versorgungsgütern vom Anleger in die Inselmetropole; befestigte Straßen gab es damals auf der Insel noch nicht.
In einer zeitgenössischen Beschreibung des Erbauers der Bahn, den Eisenbahn-Betriebsdirektor Kuhrt aus Flensburg, wird der Bahnverlauf wie folgt beschrieben:
„Die Sylter Dampfspurbahn beginnt unmittelbar an der Anlegebrücke bei Munkmarsch, woselbst die Dampfschiffe anlaufen, welche die Kurgäste der Insel zuführen. Von diesem Anfangspunkte gelangt die Bahn zunächst zu den nahe gelegenen Gleisen dem Umsetzen der Maschine, verlässt diese Station mit einer Curve (sic) von 100 m. Radius, mit welcher der Mühlenberg umschritten wird und läuft alsdann in möglichst gerader Richtung auf Westerland zu, woselbst sie vor dem Kurhaus endet. Inzwischen fährt die Bahn in km 1,5 am sogenannten Lornsenhain vorüber, woselbst ein facultativer Haltepunkt vorhanden ist. Die Bahn ist 4,2 km lang und es kommen nur 7 Curven vor, von welchen die schärfste 100 m., die übrigen 150–500 m. Radius haben. Die Maximalsteigung beträgt 1:50 auf 520 m. Länge; im Uebrigen ist die Bahn fast horizontal bis kurz vor Westerland, woselbst noch eine größere Steigung von 1:65 auf 340 m. Länge zu überwinden ist. Die Spurweite ist zu 1 m. gewählt.“
Auf dem Gelände des Fährhafens Munkmarsch befand sich ein Wartesaal im Fährhaus des Postschiffers, daneben ein hölzerner Pavillon als Wetterschutz. In Westerland entstand neben einem mehrfach ausgebauten Kleinbahnhof ein einfacher Betriebshof mit einem im Jahr 1892 errichteten zweiständigen Lokschuppen, sowie einer Werkstattbaracke. Der Westerländer Bahnhof lag in unmittelbarer Nachbarschaft zum damaligen touristischen Zentrum des Seebades, dem Conversationshaus, dem späteren Kurhaus am östlichen Ende der Strandstraße. In den ersten beiden Jahren Ihres Bestehens befanden sich Warteraum und Fahrkartenverkauf in den Räumen des Conversationshauses, bis im Frühjahr 1890 das erste Bahnhofsgebäude eingeweiht werden konnte.
Die Bahn wurde vorwiegend saisonal betrieben. Wenn nach Ende der Sommersaison im September die Badegäste die Insel verlassen hatten, verkehrte die Bahn, ebenso wie das Postschiff zum Festland, nur noch sporadisch. Um die Betriebskosten zu senken, wurde im Winter zeitweise ein Pferd vor den Personenwagen gespannt und diese Bahn als Pferdebahn betrieben.
Während des Ersten Weltkrieges wurde im Jahr 1916 ein Abzweig von der Ostbahn bis an den westlichen Ortsrand von Keitum verlegt, wo im Café Nielsen ein Luftwaffen-Lazarett eingerichtet war. Diese Strecke und die hölzernen Stationsgebäude südwestlich der Kirche St. Severin wurden jedoch kaum genutzt und nach sechs Jahren komplett abgebaut.
Nachdem die Insel mit der Einweihung des Hindenburgdammes am 1. Juni 1927 den Anschluss an das Schienennetz der Deutschen Reichsbahn gefunden hatte, wurde die Postschiffsverbindung von Hoyer-Schleuse nach Munkmarsch eingestellt. Damit wurde auch die alte Ostbahn zwischen Munkmarsch und Westerland überflüssig, die daraufhin ebenfalls ihren Betrieb einstellte. Die Strecke wurde schließlich im Jahr 1931 bei der Erweiterung des Flughafens vollständig abgebaut. Das Rollmaterial fand zu großen Teilen auf den Strecken der Nordbahn Verwendung oder wurde auf der Insel verschrottet.
Süd- und Nordbahn
Zunächst wurde der Anleger in Munkmarsch von der HAPAG mit Dampfern von Hamburg angelaufen. Wegen der Untiefen im Watt und der damit verbundenen Tidenabhängigkeit des Fahrplans verlegte die HAPAG ihre Anlegestelle an die Südspitze von Sylt, wo sie eine tidenunabhängige Seebrücke errichtete. Nach der Jahrhundertwende, am 1. Juli 1901, eröffnete die HAPAG die 14,5 km lange „Südbahn“ von der Landungsbrücke Hörnum nach Westerland Südbahnhof, wo ein großer Lok- und Wagenschuppen sowie ein hölzernes Empfangsgebäude errichtet wurden, das 1903 durch einen steinernen, repräsentativen Bau ersetzt wurde. In Hörnum endete das Gleis auf der eisernen Landungsbrücke. Auch dieser Endpunkt erhielt einen kleinen Lokschuppen sowie ein Empfangsgebäude, das 1903 durch einen aufwändigeren Bau ersetzt wurde. Die Verbindung von Hamburg nach Sylt nahm so nur noch einen Tag in Anspruch und bot in Hamburg Anschluss an die Schnellzüge nach Berlin, Köln und Frankfurt. Diese neue Verbindung brachte einen Gästeboom für die Insel Sylt. Um den zumeist wohlhabenden Gästen den von den Schiffen gewohnten hohen Komfort bieten zu können, setzte die Südbahn von Beginn an vierachsige Wagen mit einer gehobenen Ausstattung ein.
Schließlich nahm die „Sylter Dampfspurbahn“ am 7. Juli 1903 die Nordbahnstrecke von Westerland in den Norden zunächst bis Kampen in Betrieb und erweiterte sie am 1. Juni 1908 mit insgesamt 17,5 Kilometer Länge bis nach List[3], wo die Wassertiefe stabiler war als im Fährhafen Munkmarsch. Im Jahre 1910 erwarb die „Sylter Dampfschiffahrtsgesellschaft“ Ost- und Nordbahn, übereignete sie aber 1926 der 1923 gegründeten „Sylter Inselbahn AG“. Diese war ab 1929 auch Betriebsführer der „Südbahn“. Eine Gleisverbindung beider Bahnen war bereits aus militärtaktischen Überlegungen während des Ersten Weltkrieges 1917 hergestellt worden. Am 10. Oktober 1923 wurde ein gemeinsamer Kleinbahnhof in Betrieb genommen[4]. Das Schienennetz besaß eine Ausdehnung von 35,7 Kilometer. Im Winter 1921/22 wurde der Hörnumer Anleger durch Eisgang zerstört und sofort neu errichtet.
Im Jahr 1927 entstand unmittelbar westlich des neuen „Reichsbahnhofs Westerland“ ein Kleinbahnhof als neuer zentraler Umsteigebahnhof der Süd- und Nordbahn zu den Zügen der Reichsbahn. Bis zum Ende der Bahn blieb dieser als wichtigster Verkehrsknotenpunkt der Insel bestehen.
Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges dienten alle Inselbahnen überwiegend militärischen Zwecken, nicht nur der Marine, sondern auch der Luftwaffe. Das Deutsche Reich übernahm die Inselbahnen auf Sylt formal am 1. Januar 1940 und verwaltete sie durch die Reichsvermögensstelle in Kiel.
Einige Jahre nach dem Krieg veräußerte die Bundesrepublik die Sylter Inselbahnen am 24. September 1954 an die neu gegründete Sylter Verkehrsgesellschaft GmbH (SVG). Diese betrieb ihre beiden Strecken ab 1957 aus wirtschaftlichen Gründen auf der Grundlage einer Straßenbahn-Konzession, obwohl ihnen typischen Merkmale einer Straßenbahn, wie Schienen im Straßenraum und ein elektrischer Betrieb fehlten. So war aber der Verzicht auf feste Signalanlagen und das Fahren auf Sicht möglich.
Einflüsse der Wehrmacht
Während der beiden Weltkriege ergänzte die Wehrmacht dieses Streckennetz um viele Kilometer, um ihre oft abgelegenen Lager und Geschützstellungen anzubinden. So wurden etwa das Listland und der gesamte Ellenbogen mit einem Schienennetz und zahlreichen Anschlussgleisen versehen. Diese Strecken wurden jedoch unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs wieder vollständig abgebaut. Die Wehrmacht verfügte auch über eigene Schienenfahrzeuge, so wurden von ihr u.a. Dieseltriebwagen, wie der Wismarer Schienenbus, das so genannte Schweineschnäuzchen oder Draisinen zum Transport von Material und Personal eingesetzt. In den 1950er Jahren fielen diese Bestände an die Sylter Inselbahn, die verwertbare Fahrzeuge einsetzte, beschädigte oder unbrauchbare Fahrzeuge ausschlachtete oder an andere Bahnen verkaufte.
Weitgehend parallel zur Inselbahntrasse ließ die Wehrmacht durch den Reichsarbeitsdienst 1939 zur Versorgung des Fliegerhorsts am Rantum-Becken eine regelspurige Eisenbahntrasse errichten, die im Ortsbereich Tinnum von der Marschbahnstrecke abzweigte. Pläne der Wehrmacht, anstelle der Inselbahn die gesamte Insel in Nord-Süd-Richtung mit dieser normalspurigen Trasse zu erschließen wurden wegen des Kriegsausbruches 1939 als nicht kriegswichtig verworfen.
Die 1950er Jahre
In den 1950er Jahren erlebte die Inselbahn mit dem wieder einsetzenden Tourismus der Wirtschaftswunderzeit einen erneuten Aufschwung. Es wurden unter anderem in den Jahren 1952 bis 1954 fünf Leichttriebwagen (LT) eingesetzt. Dabei handelte es sich um eine Sylter Eigenentwicklung, bei der Borgward-Sattelschlepper zu Schienenbussen umgebaut wurden (siehe auch Sattelzugomnibus). Diese Umbauten erfolgten nach eigenen Plänen und in der Werkstatt der Inselbahn[5]. Hintergrund dieser Eigenentwicklung war die Tatsache, dass sich die zugekauften Triebwagen oftmals als zu schwer für die in den losen Sand verlegten Gleise oder als zu lang für die engen Kurvenradien erwiesen. Die 90 PS starken Eigenbauten boten bei einer Gesamtlänge (Länge über Puffer, LüP) von 14,4 m in ihrem Personenauflieger 88 Plätze für Passagiere, davon 53 Sitzplätze. Zusätzlich konnten zur Steigerung der Kapazität Personen- oder Gepäckwagen angehängt werden.
Neben diesen Leichttriebwagen verrichteten zahlreiche, zumeist gebraucht angeschaffte Triebwagen, Draisinen, Lokomotiven und Anhänger auf der Insel ihren Dienst.
Der Niedergang
Den Siegeszug des Individualverkehrs auf Sylt konnte dies jedoch auch nicht aufhalten. Gegen Ende der 1960er Jahre war das Passagieraufkommen vor allem auf der Südbahn stark zurückgegangen, so dass die Bahn lediglich in den touristisch starken Sommermonaten Juni bis August weitgehend kostendeckend betrieben werden konnte. Eine dringend notwendige Modernisierung des gesamten Streckennetzes sowie des eingesetzten Rollmaterials wurde wegen der unzureichenden Wirtschaftlichkeit des Betriebes verworfen; man entschied sich, den Schienenbetrieb aufzugeben und Busse einzusetzen. So wurde die Südbahn im November des Jahres 1969 stillgelegt; die Stilllegung der Nordbahn folgte am 29. Dezember 1970. Den Personenverkehr auf der Insel übernahmen nun die Busse der Sylter Verkehrsgesellschaft (SVG). Heute gehört die SVG dem Reeder Sven Paulsen, der außerdem mit seiner Adler-Reederei Ausflugsschiffe auf Nord- und Ostsee betreibt.
Die Fahrzeuge
Die Ostbahn verfügte zunächst über zwei, später über vier Dampflokomotiven. Nach Ende des Betriebes auf der Ostbahn wurden diese auf der Nordbahn eingesetzt. Zusammen mit den sechs eigenen Lokomotiven betrieb die Nordbahn nun zehn Maschinen. Bei der Südbahn waren von Beginn an vier Dampflokomotiven im Einsatz. Die von Dampflokomotiven gezogenen Wagenzüge prägten das Bild der Sylter Bahnen bis in die 1940er Jahre hinein. Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurden die Dampflokomotiven nach und nach von Diesellokomotiven bzw. vor allem durch Dieseltriebwagen abgelöst. Seit der Nachkriegszeit bot sich so ein buntes Bild an Dieseltriebwagen und Dieseldraisinen sowie unterschiedlichsten Personen- und Gepäckwagen. Herkunft, Motorisierung und Ausstattung der Dieseltriebwagen waren vielfältig, da neben ehemaligen Wehrmachtseinheiten Triebwagen von unterschiedlichen Kleinbahnen aus ganz Deutschland angekauft wurden. Häufig wurden Umbauten durchgeführt, so dass es bis zur Einstellung des Betriebes kein einheitliches Bild des Fuhrparks der Inselbahn gab[6]. Herkunft und Bauart dieser Fahrzeuge waren vielfältig, da sie oftmals in Eigenregie umgebaut wurden. Dazu kamen die schon erwähnten und komplett in Eigenregie gebauten Borgward-Leichttriebwagen.
In den späten Jahren der Bahn kamen nahezu ausschließlich diese Leichttriebwagen zum Einsatz. Bis heute ist lediglich ein Leichttriebwagen erhalten geblieben; er steht stark sanierungsbedürftig im Hannoverschen Straßenbahn-Museum in Sehnde-Wehmingen[7]. Der übrige Fuhrpark der Bahn ist entweder auf Sylt verschrottet oder an andere Kleinbahnen abgegeben worden. So verkehrten lange Zeit ehemalige Sylter Fahrzeuge bei der Juister Inselbahn und sind heute noch bei der Selfkantbahn im Einsatz[8]. Beim Deutschen Eisenbahn-Verein (DEV) in Bruchhausen-Vilsen (Niedersachsen) befindet sich der von der Rendsburger Kreisbahn erworbene T23 (DEV T 43) abgestellt in der Wagenhalle, auch er wartet noch auf seine Restaurierung. Vor dem Westerländer DB-Bahnhof erinnert eine Tafel vor zwei Achsen eines Borgward-Leichttriebwagens (LT) auf einem kleinen Stück Gleisbett noch an diese Bahn.
Siehe auch
Literatur
- Günther Klebes: Die Inselbahnen Deutschlands in alten Ansichten. Zaltbommel 1987. ISBN 978-90-288-2003-6
- Hans-Jürgen Stöver: Von der Inselbahn und den Bäderschiffen Sylts. Schleswiger Druck- und Verlagshaus, Schleswig 1979, ISBN 3-88242-043-X
- Jan Kirschner: Blumen pflücken während der Fahrt verboten. Geschichte der Sylter Inselbahn. Schleswig-Holsteiner Zeitungsverlag, Flensburg 2002, ISBN 3-926055-29-4
- Hans-Jürgen Stöver: Sylter Inselbahn Bd. I - IV. Eigenverlag Syltbild Stöver 1989, ohne ISBN
- Harald Voigt: Die Festung Sylt. Verlag Nordfriisk Instituut, Bredstedt 1992, ISBN 3-88007-189-6
- Malte Werning: Inselbahnen der Nordsee. GeraMond-Verlag, München 2003, ISBN 3-7654-7245-X
- Hans Wolfgang Rogl: Die Nordsee-Inselbahnen. 6. Auflage, alba, Düsseldorf 1996, ISBN 3-87094-230-4
- Hans Bock: Die Marschbahn von Altona nach Westerland. Boyens, Heide 1989, ISBN 3-8042-0458-9
- Gerd Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen. Teil 1: Schleswig-Holstein, Hamburg. Zeunert, Gifhorn 1972, ISBN 3-921237-14-9
- Dieter Höltge: Straßenbahn auf der Insel Sylt eingestellt. In: Der Stadtverkehr, Heft 3/1971, S. 94–97. Verlag Werner Stock, Brackwede 1971, 1 D 21850 E
Weblinks
Commons: Sylter Inselbahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Inselbahn.de - Die Sylter Inselbahn – mit Fotos und Fahrzeugdaten
- Umfassender Artikel über die Sylter Inselbahn mit Fahrzeugstatistik
- Datenblatt der Borgward-Chassis (Basis der Leittriebwagen) (PDF-Datei; 402 kB)
Einzelnachweise
- ↑ http://www.sylt-2000.de/Informationen/Inselbahn/inselbahn.html
- ↑ http://www.inselbahn.de/index.php?nav=1401736
- ↑ http://www.dh4lar.com/inselbahn/Seite4.html
- ↑ http://www.inselbahn.de/index.php?nav=1400991
- ↑ http://www.carocar.com/html/m1160_1170.html
- ↑ http://www.inselbahn.de/index.php?nav=1400935
- ↑ http://www.luftschutz-bunker.de/vergessene-orte/index.php?option=com_content&task=view&id=15&Itemid=38
- ↑ http://www.inselbahn.de/index.php?nav=1400973
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