Datasette

Datasette
Commodore Datassette 1530

Eine Datasette (Fa. Commodore: Datassette) ist ein in den 1980er Jahren weitverbreitetes Gerät, um Computerdaten auf herkömmlichen Compact Cassetten (CC) zu speichern. Datasette ist ein Kofferwort aus Data (englisch für Daten) und Cassette. Die Bezeichnung stammt ursprünglich von Commodore, wurde später gelegentlich auch für ähnliche Geräte anderer Heimcomputer, u. a. von Atari, Apple, Robotron, Tandy, Sinclair, Texas Instruments und Amstrad/Schneider verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Datenträger

Typische Beschriftung von Cassetten-Inlays mit den Zählerständen der Datasette und den entsprechenden Computerspiele-Titeln

Es gab speziell als Datenbänder bezeichnete Kassetten (z. B. die Produkte Magna oder Computape), allerdings waren diese teuer und boten weniger Speicherplatz als herkömmliche Kassetten an, so dass meistens handelsübliche Audio-Kassetten als Daten-Kassette genutzt wurden. Auf einer herkömmlichen Kassette mit 30 Minuten können im Standardformat der Commodore-Rechner rund 100 kByte gespeichert werden. Durch die Verwendung von Ladebeschleunigern wie Turbo Tape können grob 1 MByte pro 30 Minuten Band gespeichert werden. Die Bitrate liegt im Bereich von rund 300 Bit/s bis zu knapp 5 kBit/s.

Nachteile

Heute kommen Datasetten nicht mehr zum Einsatz, da sie den aktuellen Datenträgern in Bezug auf Kapazität und Geschwindigkeit um viele Größenordnungen unterlegen sind. Zudem sind fast alle Datasetten rein lineare Medien, bei dem Bandstellen vom Benutzer per Hand mittels langwierigem Spulen aufgesucht werden müssen; sie sind damit den Medien mit wahlfreiem Zugriff, wie etwa Disketten, Festplatten oder CD-ROMs, auch prinzipiell unterlegen.

Varianten

Kassettenlaufwerke mit wahlfreiem Zugriff waren nur in der mittleren Datentechnik vor allem der 1970er-Jahre vertreten; als einzige Heimcomputer, die über ein Kassettenlaufwerk mit wahlfreiem Zugriff verfügten, gelten der Philips P2000M aus dem Jahr 1980 sowie der tragbare Epson HX-20 und PX-8. Beide verwendeten die vom Hersteller für Diktiergeräte entwickelte und auf den Start-/Stop-Betrieb ausgelegte Minikassette. Dort brachten beide etwa 170 KB an Daten unter.

Daneben gab es noch eine Reihe von Laufwerken, die spezielle Kassetten mit einem Endlosband verwendeten, etwa das MicroDrive der Firma Sinclair, oder das eher exotische Entrepo Quick Data Drive für den Commodore 64.

Entfernte Verwandte der Datasette sind Laufwerke, die Daten auf VHS-Videokassetten oder auf Video-8-Bänder abspeichern. Diese wurden wegen ihres hohen Preises nicht bei Heimcomputern verwendet, kamen aber teilweise im Profibereich zur Datensicherung großer Archive zum Einsatz, da sie für damalige Verhältnisse eine extrem hohe Speicherkapazität boten (auf einem 240-Minuten VHS-Band konnten schon Mitte der 1980er Jahre über 2 Gigabyte gespeichert werden, was damals dem Inhalt mehrere Dutzend Festplatten entsprach). Bandlaufwerke dieser Art werden auch als Streamer bezeichnet.

Auch die ersten digitalen Synthesizer verfügten oft über eine Buchse zum Anschluss eines Tonbandgerätes oder eines Kassettenrekorders, über die sich einzelne Presets auf Tonband oder Kassette speichern und wieder abrufen ließen. Da vom jeweiligen Instrument selber keine Steuerung des Laufwerks vorgenommen wurde, konnte prinzipiell jedes zur Aufzeichnung von Audio geeignete Medium verwendet werden. Die in den Tonstudios verwendeten Medien variierten mit der Zeit und so wurden auch digitale Formate wie DAT, DCC und Minidisc häufig genutzt. Liebhaber von klassischen Synthesizern speichern ihre Presets heute in der Regel über die Audioschnittstelle eines Personal Computers.

Die Datasette 1530/31 von Commodore war 0,7 kg schwer und 19,5 cm breit, 5 cm hoch und 15 cm tief.

Technik

Datensignal einer Datassette: 15 Sekunden Audio-Beispiel (kein Schnelllader)
Signalverlauf einer beispielhaften Datenfolge bei der Commodore Datassette

Zum Bau der Datasette werden das Laufwerk, der Vorverstärker und die Tonköpfe eines normalen Musik-Kassettenrekorders verwendet, auf Lautsprecher und Mikrofon wird verzichtet. Als zusätzliches Element besitzt sie einen Demodulator, welcher in diesem Fall ein Schmitt-Trigger ist, welcher zur Ermittlung der Nulldurchgänge des empfangenen Signals dient.

Die Daten werden meist (Ausnahme: Firma Atari) mit einer modifizierten Frequenzumtastung auf dem Band gespeichert, wie in nebenstehender Abbildung dargestellt. Bei dieser Aufzeichnung trägt die Amplitude keine Information. Beim Lesen und zum Dekodieren wurden nach dem Schmitt-Trigger die zeitlichen Abstände zwischen den positiven bzw. negativen Nulldurchgänge des Signals über Timer-Bausteine wie dem MOS Technology CIA (6526) ausgemessen und aus dieser Zeitinformation die Dateninformation zurückgewonnen. In nebenstehender Skizze sind die für die Datenrekonstruktion wichtigen negativen Nulldurchgänge des Signals als schwarze Kreise auf der Mittellinie eingezeichnet. Je nach zeitlichen Abstand können so die beiden Werte logisch-1 und logisch-0 unterschieden werden.[1]

Die so einzeln empfangenen Bits werden dann in ein Schieberegister geschoben und am Anfang einer Datenübertragung fortlaufend mit speziellen Bitsequenzen zur Synchronisation verglichen. Das erste Byte einer solchen Sequenz zur Synchronisation des Blockanfangs wird als Lead-In-Byte bezeichnet, gefolgt von mehreren Sync-Bytes welche dazu dienen mögliche Gleichlaufschwankungen des Bandes durch Abstimmung der Timer zu kompensieren. Beispielsweise verwendet der am Commodore C-64 verwendete Turbo Tape 64 als Lead-In-Byte 0x02, gefolgt vom der Sync-Sequenz 0x08, 0x07, 0x06, 0x05, 0x03, 0x02, 0x01. Danach folgten die eigentlichen Nutzdaten.

Geräte der Firma Atari verwendeten eine direkte Frequenzumtastung. Statt die Nulldurchgänge des Signals zu erkennen und deren Zeitabstand zu messen, wurden beim Abspielen zwei feststehende Frequenzen, die für die Bitwerte 0 und 1 standen, mittels Bandpass-Filtern aus dem Audiosignal herausgefiltert und in ihrer Amplitude verglichen; das jeweils stärkere Signal bestimmte den von der Atari-Datasette ausgegebenen Logikpegel. Schnell-Lade-Programme ließen sich mit den Atari-Datasetten nicht nutzen, da die meisten Eigenschaften des Aufzeichnungsformats durch die Hardware dieser Geräte unveränderlich vorgegeben waren.

Bei manchen Computermodellen (u. a. Apple II und die Sinclair-Modelle) gab es keine dazu passenden speziellen Datasetten vom gleichen Hersteller. Stattdessen konnte jeder handelsübliche Audio-Kassettenrekorder über die Ton-Ein- und Ausgänge angeschlossen werden, der Demodulator befand sich in diesem Fall im Computer selbst. Zur Aufzeichnung ist es wichtig, dass der Tonkopf richtig justiert ist, verwendet wurde typischerweise nur eine Monospur mit einer typischen Bandbreite von rund 10 kHz. Eine Ausnahme sind die Geräte der Firma Atari, die auf einer Stereospur die Daten, auf der anderen eine Musikspur zur Untermalung des Ladevorgangs unterbrachten. Gleichlaufschwankungen, die vom Antrieb und der Kassette rühren, wurden entweder durch entsprechend geringe und somit robustere Datenrate, oder bei einigen Schnellladern durch spezielle, laufend wiederholte Synchronisations-Sequenzen, welche je nach Verfahren auch innerhalb von Datenblöcken wiederholt wurden, zur Laufzeit kompensiert.

Auch beim ursprünglichen IBM-PC sowie beim IBM PCjr war ein Datasettenport vorhanden, welcher wie der Tastaturport als 5-poliger weiblicher DIN-Rundsteckeranschluss ausgeführt war.[2] Allerdings galten Cassetten als Speichermedien bereits zur Einführung des IBM-PC für das angepeilte Marktsegment als veraltet; außerdem konnte nur über das interne ROM-Basic des IBM-PC direkt auf die Datasette zugegriffen werden, nicht aber über das wesentlich mächtigere und meist eingesetzte DOS. Aus diesen Gründen wurde das Interface kaum genutzt und es entstand, anders als bei früheren Kleincomputern, kein Markt für vorbespielte Programmkassetten. Aus diesem Grunde wurde die Schnittstelle bereits beim unmittelbaren Nachfolger, dem IBM PC XT, nicht mehr verwendet.

Seitens des PC-BIOS war die Programmierschnittstelle für Anwendungsprogramme sehr einfach gehalten und bestand aus vier Funktionen des Software-Interrupts 15h. Diese ermöglichten, den Laufwerksmotor zu starten (Funktion 00h, AH=00h), zu stoppen (Funktion 01h, AH=01h) sowie das Lesen (Funktion 02h) und Schreiben (Funktion 03h) einer bestimmten Anzahl von Bytes auf das Band, welche in CX angegeben werden musste. In ES:BX war der Zeiger auf die Speicheradresse des Datenpuffers zu nennen.[3] Da DOS – im Gegensatz zu den Diskettenlaufwerken – keine weiteren Routinen für die Datasette bot, standen lediglich die Lowlevel-Zugriffsroutinen des BIOS für die Nutzung der Schnittstelle durch Programmierer und Anwender zur Verfügung, welche eigene Wege für die Verwaltung der Rohdaten auf den Cassetten finden mussten. Nach dem Verschwinden der Schnittstelle wurde bei den PC-Nachfolgern der Interrupt 15h für andere Zwecke verwendet. Beim PC AT konnte ein versuchter Aufruf der Datasettenroutinen sogar zum Systemabsturz führen.

Anwendungen

Gespeichert werden kann, je nach Heimcomputer, in verschiedenen Dateiformaten. Selbstgeschriebene Programme wurden häufig als eine einzelne BASIC-Datei gespeichert. Kommerzielle Programme und Spiele bestanden, ebenso wie Diskettenprogramme, in der Regel aus mehreren Dateien (Titelgrafik, weitere Level), die dann nachgeladen wurden und oft in Maschinensprache gespeichert waren. Auf der Rückseite der Cassette befand sich häufig eine identische Kopie des Spiels oder weitere Level.

Emulatoren verwenden fast nur Cassettenabbilder, wie .TAP und .T64, seltener auch echte Tondateien wie .WAV.

Im WDR-Computerclub wurden Audiosignale als sogenannter Hard-Bit-Rock in BASICODE gesendet, die man aufnehmen und per Datasette einlesen konnte.

Galerie

Einzelnachweise

  1. How Commodore tapes work, abgefragt 25. Oktober 2010, (engl.)
  2. Heca's Computer Museum
  3. Programmer's Technical Reference for MSDOS and the IBM PC

Weblinks

 Commons: Commodore Datassette – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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