- Die schwarzen Schafe
-
Die schwarzen Schafe ist eine satirische Kurzgeschichte, für deren Lesung der damals noch unbekannte Autor Heinrich Böll den Literaturpreis der Gruppe 47 auf der Zusammenkunft Anfang Mai 1951 in Bad Dürkheim[1] gewann[2]. Am 12. Juni desselben Jahres wurde die kleine Erzählung im SWF gelesen, und im September 1951 erschien sie im Opladen Verlag Friedrich Middelhauve[3]. Bis Ende April 1951 war Böll als Aushilfskraft bei der Stadt Köln tätig gewesen[4]. Nach der Preisvergabe musste er sich nicht mehr für den neuen Hauptberuf rechtfertigen[5]. Fortan arbeitete Böll als freier Schriftsteller[6]. Ein Autorenvertrag bei Kiepenheuer & Witsch bahnte den Weg[7].
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Als der Erzähler seine Geschichte mitteilt, fühlt er, dass sich sein Leben dem Ende zu neigt. Die Zeichen sind untrüglich. Er sieht sich innerhalb seiner Familie als letztes Glied in der bisher über Generationen nicht abgerissenen Kette der schwarzen Schafe. Zu jeder Zeit gab es bisher genau eines in der Familie. Der Erzähler weiß, dass er z.Zt. das schwarze Schaf sein muss. Zum Beweis erzählt er die Geschichte seines Onkels Otto. Dieser Mensch hielt sich zu Lebzeiten nicht an die Normen gutbürgerlichen Zusammenlebens, sondern behielt viel lieber seine Freiheit. Onkel Otto lebte nur auf Pump. Reihum borgte der Onkel sich kleinere Geldbeträge von den Vätern der Familie. Jedes Mal flocht er in die Geldbitte das in der ganzen Familie gefürchtete Wort „kurzfristig“ ein.
Rasch kommt der Erzähler zu einer Merkwürdigkeit. An seinem letzten Lebenstag holte Onkel Otto einen größeren Lottogewinn ab und starb auf dem Heimwege bei einem Verkehrsunfall. Mit dem Gewinn konnten alle Schulden - vom Verstorbenen zu Lebzeiten sorgsam notiert - beglichen werden. Den Rest hatte der Onkel dem Erzähler per Testament vermacht. Onkel Otto kannte also seinen Nachfolger. Und er hatte Recht. Der Erzähler bricht nach der Erbschaft aus dem gutbürgerlichen Leben aus, verjubelt das Erbe, gewinnt in der Lotterie, kann somit den stattlichen Schuldenberg mit Leichtigkeit abtragen und hat noch eine schwere Aufgabe. Nach dem Gesetz der Serie muss der Erzähler nun kurz vor dem vermeintlich bevorstehenden Tode sich nach seinem Nachfolger umsehen. Wie heißt der Junge aus der Familie, dessen Namen er testamentarisch bestimmen soll?
Rezeption
- Balzer merkt zu Die schwarzen Schafe an: "Böll ist kein humoristischer Schriftsteller", stellt jedoch "das Abfällige in seiner Erhabenheit" dar. Zutaten der Erzählung seien "minimaler Optimismus, Trauer" und "humane Qualität"[8].
- Barner spricht von "hintergründiger humorvoller Familiensatire"[9].
Literatur
- Quelle
- Heinrich Böll: Die schwarzen Schafe. In: Heinrich Böll Werke. Romane und Erzählungen 1. 1947 - 1952. Herausgegeben von Bernd Balzer. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1977 (ergänzte Neuaufl. 1987), S. 620 - 629 (877 Seiten), ISBN 3-462-01871-X
- Erstausgabe
- Heinrich Böll: Die schwarzen Schafe. Mit sieben Zeichnungen v. Mirko Szewczuk. Opladen: Middelhauve 1951, 20 Seiten. Abb. → [1]
- Ausgaben
- Heinrich Böll: Die schwarzen Schafe Mit Illustrationen von Wiltraud Jasper. Insel Verlag 1988, Insel-Bücherei Nr.1078, ISBN 3-458-19078-3
- Michael H. Gloth: Heinrich Böll: Erzählungen (Die Waage der Baleks, Die schwarzen Schafe, Weggeflogen sind sie nicht, Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral, Die unsterbliche Theodora) 1995, Toncassette, ISBN 978-3-922647-12-6
- Heinrich Böll: Werke (Kölner Ausgabe), Bd. 5, Köln: Kiepenheuer & Witsch 2004, ISBN 978-3-462-03264-2
- Sekundärliteratur
- Gabriele Hoffmann: Heinrich Böll. Leben und Werk. Heyne Biographie 12/209 München 1991 (Cecilie Dressler Verlag 1977). 301 Seiten, ISBN 3-453-05041-X
- Bernd Balzer: Anarchie und Zärtlichkeit. S. [11] bis [187] in der Quelle (s.o.)
- Bernd Balzer (Hrsg.): Heinrich Böll 1917 - 1985 zum 75. Geburtstag. Peter Lang AG Bern 1992. 354 Seiten, ISBN 3-906750-26-4
- Karl Heiner Busse: Zu wahr, um schön zu sein. Frühe Publikationen S. 25 - 42 in: Bernd Balzer (Hrsg.): Heinrich Böll 1917 - 1985 zum 75. Geburtstag. Peter Lang AG Bern 1992. 354 Seiten, ISBN 3-906750-26-4
- Wilfried Barner (Hrsg.):Geschichte der deutschen Literatur. Band 12: Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis zur Gegenwart. Beck, München 1994 (1116 Seiten),ISBN 3-406-38660-1
- Werner Bellmann (Hrsg.): Das Werk Heinrich Bölls. Bibliographie mit Studien zum Frühwerk. Westdeutscher Verlag Opladen 1995, 292 Seiten, ISBN 3-531-12694-6
- Beate Schnepp: Die Aufgabe des Schriftstellers. Bölls künstlerisches Selbstverständnis im Spiegel unbekannter Zeugnisse. in: Werner Bellmann (Hrsg.): Das Werk Heinrich Bölls. Bibliographie mit Studien zum Frühwerk. Westdeutscher Verlag Opladen 1995, 292 Seiten, ISBN 3-531-12694-6
- Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Deutsche Autoren A - Z. S. 68 (698 Seiten). Stuttgart 2004, ISBN 3-520-83704-8
Weblinks
- Heinrich Böll - Kölner Ausgabe Bd.5
Einzelnachweise
- ↑ Busse, S. 29
- ↑ Bellmann, S. 133
- ↑ Quelle, S. 877
- ↑ Balzer 1992, S. 348
- ↑ Schnepp, S. 45
- ↑ Hoffmann, S. 131
- ↑ Rudolf Walter Leonhardt: Ein Blick zurück in Liebe Die Zeit 52/1997
- ↑ Quelle, S. [38], [39]
- ↑ Barner, S. 28
Romane
Wo warst du, Adam? | Und sagte kein einziges Wort | Haus ohne Hüter | Billard um halbzehn | Ansichten eines Clowns | Gruppenbild mit Dame | Fürsorgliche Belagerung | Frauen vor FlußlandschaftErzählungen
Der Mann mit den Messern | Der Zug war pünktlich | Wanderer, kommst du nach Spa… | Auch Kinder sind Zivilisten | Die schwarzen Schafe | Nicht nur zur Weihnachtszeit | Die Waage der Baleks | Das Brot der frühen Jahre | Irisches Tagebuch | Im Tal der donnernden Hufe | Der Bahnhof von Zimpren | Doktor Murkes gesammeltes Schweigen | Als der Krieg ausbrach | Als der Krieg zu Ende war | Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral | Entfernung von der Truppe | Ende einer Dienstfahrt | Die verlorene Ehre der Katharina Blum | Berichte zur Gesinnungslage der Nation | Du fährst zu oft nach Heidelberg | Was soll aus dem Jungen bloß werden? | Das Vermächtnis | Die VerwundungHörspiele
Die Spurlosen | HausfriedensbruchPostum
Der Engel schwieg | Der blasse Hund | Kreuz ohne Liebe
Wikimedia Foundation.