Irisches Tagebuch

Irisches Tagebuch

Irisches Tagebuch ist der Titel eines halbdokumentarischen Reiseberichts von Heinrich Böll aus dem Jahr 1957. Das Buch basiert in weiten Teilen auf „Irland-Impressionen“, die Böll zuvor in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht hatte.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Bevor Böll das Buch schrieb, hielt er sich mehrere Monate in Irland, unter anderem im County Mayo auf. Seine Eindrücke hat er in 18 durchgestalteten Texten festgehalten, die zum größten Teil (ab 1954) zuerst in Zeitungen veröffentlicht und anschließend in eine zusammenhängende Komposition eingebracht wurden. Den eher poetischen als journalistischen Anspruch bekräftigt Böll mit dem Motto: „Es gibt dieses Irland: wer aber hinfährt und es nicht findet, hat keine Ersatzansprüche an den Autor.“ Gewidmet ist die Buchausgabe dem Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Ich widme dieses kleine Buch dem, der mich anregte, es zu schreiben: Karl Korn.“ Für die ab 1961 erscheinende dtv-Ausgabe hat Böll diese Widmung gestrichen.[1]

Das Buch beschreibt Irland zu einem Zeitpunkt, als es noch ein Armenhaus Europas in isolierter Randlage war. Den Hintergrund der Erzählungen bilden die Rückständigkeit der Infrastruktur, die traditionelle Religiosität der Iren und der Aderlass durch Auswanderung nach Großbritannien und Übersee. Dabei vermittelt Böll in der Beschreibung persönlicher Begegnungen einen teils schwermütigen, jedoch durchweg positiven Eindruck von Irland und den Iren.

Rezeption

In einer Besprechung des Buches in der Stuttgarter Zeitung hieß es, sein Geheimnis sei, „daß kaum ein Wort über die verzwickte Ökonomie und die noch verzwicktere Geschichte des kleinen Staates gesagt wird und daß dennoch das ganze Irland in diesem Tagebuch eingefangen zu sein scheint“.

Es gibt immer wieder das Gerücht, Heinrich Böll habe nach Irland auswandern wollen; für ihn trifft das allerdings nicht zu. Andere deutsche Autoren haben jedoch während der 1950er Jahre verschiedentlich die Auswanderung nach Irland erwogen.

Carl Zuckmayer schrieb 1968 über das Irische Tagebuch: „Ich halte dieses Buch für eines der schönsten und wertvollsten, die in den letzten fünfzig Jahren geschrieben worden sind.“ Zuckmayer schätzte an Böll vor allem „die Einfachheit, Klarheit, Genauigkeit seiner Sprache“.[2]

Ausgaben

  • Der Erstdruck erschien 1957 bei Kiepenheuer & Witsch. Für einen 1959 veröffentlichten Neudruck hat Böll den Text noch einmal durchgesehen und überarbeitet.
  • 1961 kam das Irische Tagebuch als Nummer 1 im Gesamtkatalog des Deutschen Taschenbuch Verlages heraus. 1991 nahm Annemarie Böll, die Witwe des Autors, für eine Million verkaufte Exemplare das „Goldene dtv-Taschenbuch“ entgegen. Die dtv-Ausgabe wird laufend wieder aufgelegt als: Heinrich Böll: Irisches Tagebuch. dtv, München, ISBN 3-423-00001-5.
  • Band 10 der Kölner Böll-Ausgabe, Kiepenheuer & Witsch 2005. Diese Ausgabe des Irischen Tagebuchs weist laut Werner Bellmann zahlreiche Textfehler und Lektoratseingriffe auf. Er zog das Fazit: „Diese Edition ist nicht zitierfähig.“[3]
  • Eine gebundene Sonderausgabe mit Materialien, zahlreichen Fotos und Nachwort zum 50. Jahrestag der Erstausgabe erschien im März 2007 beim Verlag Kiepenheuer & Witsch in Köln, herausgegeben von René Böll und Jochen Schubert, ISBN 3-462-03797-8.
  • 2003 erschien eine vom Autor selbst gelesene Hörbuch-Ausgabe: Heinrich Böll: Haus ohne Hüter. Irisches Tagebuch. Nicht nur zur Weihnachtszeit u. a. 4 CDs, Der Hörverlag, München 2003, ISBN 3-89940-069-0.

Böll schrieb 1967 einen ergänzenden Essay über die Entwicklung Irlands in der Zwischenzeit. In aktuellen Ausgaben ist dieser Essay mit abgedruckt.

Forschungsliteratur

  • Werner Bellmann: Heinrich Bölls „Irisches Tagebuch“. Kritische Anmerkungen zur Neuedition in der Kölner Ausgabe. In: Wirkendes Wort 60 (2010) Heft 1, S. 157–165.
  • Gisela Holfter: Heinrich Böll’s „Irisches Tagebuch“ in Context. Trier 2010.
  • Thorsten M. Päplow: „Faltenwürfe“ in Heinrich Bölls „Irischem Tagebuch“. Untersuchungen zu intertextuellen, poetologischen, stilistischen und thematischen Aspekten als Momente einer textimmanenten Strategie der „Bedeutungsvervielfältigung“. München 2008.
  • Wolfdietrich Rasch: Zum Stil des „Irischen Tagebuchs“. In: Marcel Reich-Ranicki (Hrsg.): In Sachen Böll – Ansichten und Einsichten. Köln 1968, S. 259–267.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. dazu den Beitrag von Werner Bellmann in Wirkendes Wort 60 (2010).
  2. Carl Zuckmayer: Gerechtigkeit durch Liebe. In: In Sachen Böll. Ansichten und Einsichten. Hrsg. von Marcel Reich-Ranicki, Köln/Berlin 1968.
  3. Michael Bengel: Kraftakt mit Schwachstellen. In: Kölner Stadtanzeiger vom 16. November 2010. Vgl. dazu den Kritischen Beitrag von Bellmann in Wirkendes Wort (2010).

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