- Dobrutschadeutsche
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Die Dobrudschadeutschen sind eine deutsche Bevölkerungsgruppe, die etwa 100 Jahre lang in der nördlichen Dobrudscha am Westufer des Schwarzen Meeres lebte. Die Volksgruppe bildete sich ab 1840, als deutschstämmige Siedler in das etwa 23.000 km² große Gebiet einwanderten. 1940 verließen sie es wieder bei ihrer Umsiedlung in das Deutsche Reich.
Inhaltsverzeichnis
Deutsche Besiedlungsperioden
Die ersten deutschstämmigen Siedler kamen 1841 aus dem Süden des russischen Zarenreichs in die Dobrudscha. Es waren deutsche Bauernfamilien aus dem benachbarten Gouvernement Bessarabien. Sie ließen sich in dem von Türken bewohnten Dorf Akpunar nieder. Auswanderungsgründe waren wirtschaftliche Rückschläge im Herkunftsgebiet und die Suche nach Land. Die 1841 begonnene erste Einwanderungswelle, mit der auch deutschstämmige Menschen aus dem russischen Gouvernement Cherson kamen, hielt bis 1856 an. Zu dieser Zeit bis zum Anschluss an Rumänien 1878 gehörte die Dobrudscha zum osmanischen Reich. Die Siedler unterwarfen sich dessen Kolonisationsreglement. Die Dobrudschadeutschen waren die einzige deutsche Volksgruppe, die zeitweise osmanische Untertanen waren. Sie trugen zur landwirtschaftlichen Entwicklung auf dem fruchtbaren Steppenboden bei. Ab 1873 setzte die zweite Einwanderungswelle ein, zu der auch schwäbische Einwanderer gehörten. Sie hielt bis 1883 an. Die dritte Einwanderungszeit waren die Jahre 1890/91.
Landesbevölkerung
Die deutsche Volksgruppe war mit 1,5 % Bevölkerungsanteil eine der vielen Minderheiten des Gebietes, wie Türken, Tataren, Russen, Griechen, Juden und Tscherkessen. Laut der Volkszählung von 1930 stellten die Rumänen mit 40 % und die Bulgaren mit 25 % Anteil die größeren Gruppen. Fast alle Dobrudschadeutsche siedelten im nördlichen Teil, der nach dem russisch-türkischen Krieg von 1877/78 zu Rumänien kam. Nur einige hundert Deutsche lebten im südlichen Teil, der dann zu Bulgarien kam.
Deutsche Ortsgründungen
Die erste Ansiedlung deutscher Einwanderer fand 1842 im türkischen Dorf Akpunar statt. Die erste eigenständige Kolonie war Malkotsch, deren Gründer aus dem russischen Cherson kamen. Die zweitälteste deutsche Siedlung wurde 1848 Atmadscha. Sie war ein wichtiges protestantisches Zentrum, das heute über Ciucurova (früher Tschukurowa) zu erreichen ist. Um 1850 entstanden die Siedlungen Kataloi und Ciucurova. Später ließen sich in Tultscha Arbeiter und Handwerker nieder, die in der Donauschifffahrt tätig waren.
Die zweite Einwanderungswelle ab 1873 war bedingt durch die Aufhebung der Kolonistenprivilegien 1871 in Russland. Die Zugezogenen ließen sich vorwiegend im Süden der Dobrudscha nieder. Dadurch entstanden um 1875 Kogealak, Tari Verde und Fachria bei Konstanza. 1876 siedelten 30 Familien aus Bessarabien im Tatarendorf Karamurat, das sie in Ferdinand I. nach dem rumänischen König umbenannten. Um 1880 entstand etwa 30 km weiter nördlich die Kolonie Cololia durch Zuzügler aus Cherson. 1878 entstand Anadolchoi bei Konstanza, 1880 Horoslar in einem von Tataren verlassenen Dorf. 1881 entstand in einem Tatarendorf die deutsche Kolonie Cogealia durch schwäbische Siedler aus Cherson.
Die dritte Einwanderungswelle war bedingt durch die staatliche Übernahme deutscher Schulen im Zarenreich. Dadurch entstanden in der Dobrudscha die Orte Kobadin und Sarighiol. Als letzte deutsche Kolonie von Einwanderern aus Russland wurde Neue Weingärten 1892 als Vorort von Konstanza gegründet. Die weiteren deutschen Ortsgründungen waren Tochterkolonien, die bereits im Lande befindliche Personen aufbauten.
Das größte katholische Dorf war Karamurat. Als Ferienort der Siebenbürger Sachsen wurde „Büffelbrunnen“ bekannt, das heute Costineşti heißt und weiterhin als Badeort dient. In Murfatlar wurde Weinbau (siehe: Weinbau in Rumänien) intensiviert, der heute noch fortgeführt wird.
Weitere Orte waren Cobadin, Palazu Mare, Cogealac und Malkotsch, Karatai, Alakap, Sofular, Agemler, Mangeapunar, Techirghiol, Groß-Pallas, Bratianu, Ciobancuis, Ali-Anife, Bazargic, Ciobancuis und Karali. Colelia wurde zur Wüstung.
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es etwa 40 deutsche Ansiedlungen mit etwa 9.000 Bewohnern. Die Dobrudschadeutschen lebten überwiegend von der Landwirtschaft auf eigener Scholle. Mit etwa 50 % war der Anteil der Landlosen, die Helfer in der Landwirtschaft waren, sehr hoch. Weitere Berufe waren Müller und Wagner, also Handwerksberufe, die gleich an die Landwirtschaft anschlossen. Die Volksgruppe siedelte aufgrund ihrer landwirtschaftlichen Orientierung vorwiegend in Dörfern. In städtischen Bereichen gab es deutschstämmige Bewohner nur in Konstanza (im Vorort „Neue Weingärten“) und in Tultscha.
Umsiedlung ins Deutsche Reich
Im Herbst 1940 besetzten bulgarische Truppen die Süd-Dobrudscha. Auf der Grundlage eines Umsiedlungsvertags des Deutsche Reichs mit Rumänien erhielt die deutschstämmige Bevölkerung die Möglichkeit der Umsiedlung. Ihr schlossen sich die meisten der 16.000 Dobrudschadeutschen gemeinsam mit den Bessarabiendeutschen und den Bukowinadeutschen an.
Dei Dobrudschadeutschen kehrten unter dem Motto Heim ins Reich zurück wurden mehrheitlich im Protektorat Böhmen und Mähren angesiedelt. Rund 5.000 Personen wurden im früheren Polen im Wartheland als Landwirte angesiedelt.
Flucht
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges 1944/45 flüchtete der größte Teil der Bevölkerungsgruppe aus den östlichen Ansiedlungsgebieten nach Westen. Ihre Angehörigen wurden zu Flüchtlingen in den vier alliierten Besatzungszonen in Deutschland. Etwa 8.500 kamen in damaligen Westdeutschland und rund 2.300 im damaligen Ostdeutschland an. Viele ließen sich in Nordwürttemberg und Heilbronn nieder. 1.500 Personen wanderten bis 1955 nach Übersee, darunter Kanada und die USA, aus.
Etwa 2.000 – 3.000 Dobrudschadeutschen misslang 1944/45 die rechtzeitige Flucht vor der Roten Armee. Sie wurden zurück in ihr Heimatgebiet in die Dobrudscha geschickt. Jahre später wurden 1.600 Personen nach Dresden abgeschoben.
Heute
Die Dobrudschadeutschen erhielten das Gebäude der alten "Evangelischen Schule" in der "Strada Sarmizegetusa" im Zentrum von Konstanza zurück und bauten es zu einen Zentrum aus. Sie gaben ein rumänischsprachiges Buch über die Volksgruppe der Dobrudschadeutschen heraus und stellte eine Wanderausstellung über ihre ehemaligen Siedlungsorte zusammen.
Gertrud Knopp-Rüb als Vorsitzende der Landsmannschaft der Dobrudscha- und Bulgariendeutschen gibt die regelmäßig erscheinende Schrift "Dobrudscha Bote" heraus. 2009 fusionierte die Landsmannschaft wegen Auflösungserscheinungen mit dem Bessarabiendeutschen Verein. [1]
Siehe auch
Literatur
- Dobrudscha. In: Handwörterbuch für das Grenz- und Auslandsdeutschtum. Band 2, Breslau. S. 278 - 290.
- Hans Petri: Geschichte der Deutschen Siedlungen in der Dobrudscha. Hundert Jahre deutschen Lebens am Schwarzen Meere, München 1956
- Willibald Teutschländer: Geschichte der evangelischen Gemeinden in Rumänien, Leipzig 1891, S. 240 f.
- Paul Träger: Die Deutschen in der Dobrudscha in: Schriften des deutschen Auslandsinstituts zu Stuttgart (Kulturhistorische Reihe Bd. 6), Stuttgart 1922.
Einzelnachweise
- ↑ Mitteilungsblatt des Bessarabiendeutschen Vereins e. V., Heft 2, Februar 2009
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