Doppelte Haushaltsführung

Doppelte Haushaltsführung

Doppelte Haushaltsführung ist ein Begriff aus dem Einkommensteuerrecht. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn ein Steuerpflichtiger außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beruflich tätig ist und auch am Ort der Berufstätigkeit übernachtet (Zweitwohnung). Notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Dieselben Regelungen gelten für Gewerbetreibende und Freiberufler. Zur Thematik gibt es auch Erläuterungen in den Lohnsteuerrichtlinien und in verschiedenen BMF-Schreiben.

Inhaltsverzeichnis

Eigener Hausstand

Für die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung ist es nötig, dass der Steuerpflichtige tatsächlich zwei Wohnungen hat. Ein eigener Hausstand setzt eine eingerichtete, den Lebensbedürfnissen entsprechende Wohnung voraus. In dieser Wohnung muss der Arbeitnehmer einen Haushalt unterhalten, d. h. er muss die Haushaltsführung bestimmen oder wesentlich mitbestimmen. Die Wohnung muss der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers sein. Ein eigener Hausstand liegt nicht vor bei Arbeitnehmern, die in den Haushalt der Eltern eingegliedert sind oder in der Wohnung der Eltern lediglich ein Zimmer bewohnen. In diesem Fall handelt es sich um eine unechte doppelte Haushaltsführung, diese kann nicht als Werbungskosten angesetzt werden. Nur bei der Berechnung der Einkünfte für den Kindergeldanspruch können die Familienheimfahrten als besondere Ausbildungskosten berücksichtigt werden.

Bei der doppelten Haushaltsführung kommt es nicht auf den Familienstand des Steuerpflichtigen an. Es können also auch Lebenspartner oder Ledige ohne Partner einen doppelten Haushalt begründen. Bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer ist entscheidend, dass er sich im eigenen Haushalt im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit aufhält. Allein das Besitzen einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder Ferienaufenthalte ist nicht ausreichend.[1]

Ein kurzfristiger eigener Hausstand – zum Beispiel eine Ferienwohnung – gilt hierbei nicht.[2]

Zweitwohnung am Beschäftigungsort

Als Zweitwohnung kommt jede dem Arbeitnehmer entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung stehende Unterkunft in Betracht, z.B. auch eine eigene Eigentumswohnung, ein möbliertes Zimmer, ein Hotelzimmer, eine Gemeinschaftsunterkunft. Die Wohnung muss allerdings angemessen sein, es wird maximal die übliche Miete für eine 60m²-Wohnung anerkannt.[3]

Entscheidend ist, dass der doppelte Haushalt aus beruflichen Gründen begründet wurde. Ist der doppelte Haushalt entstanden, so ist es in der Folgezeit unbeachtlich, aus welchen Gründen dieser weiter aufrechterhalten wird, eine zeitliche Begrenzung des Werbungskostenabzugs wird nicht vorgenommen. Die übergangsweise eingeführte gesetzliche Befristung des Werbungskostenabzugs (auf zwei Jahre) ist vom Bundesverfassungsgericht wegen Verstoßes gegen das objektive Nettoprinzip für nicht rechtmäßig erklärt worden.[4]

Gründe für eine doppelte Haushaltsführung

Die doppelte Haushaltsführung muss stets beruflich veranlasst sein.

Berufliche Gründe liegen vor, wenn der Arbeitgeber den Umzug fordert, zum Beispiel um die jederzeitige Einsatzmöglichkeit des Arbeitnehmers zu gewährleisten, bei Werks- oder Dienstwohnungen, aber auch wenn die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (zum Beispiel in einer Großstadt) erheblich verkürzt wird, sowie bei Betriebsverlagerung.

Für Umzüge bei Arbeitsplatzwechsel ist es notwendig, dass sich durch den Umzug die Fahrzeit zwischen Wohnung und Arbeitsplatz erheblich verringert. Fahrzeitverkürzungen von einer Stunde täglich, welche zumindest zeitweilig gegeben sein müssen, wurden vom Bundesfinanzhof als Gründe anerkannt.

Ein Arbeitsplatzwechsel bei Versetzung wird auch dann anerkannt, wenn der Arbeitnehmer die Versetzung beantragt hat und wenn der Umzug in ein neu errichtetes Eigenheim erfolgt. Die berufliche Veranlassung liegt aber dann nicht mehr vor, wenn die neue Wohnung oder das eigene Haus bezogen wird, weil sich die Familie vergrößert hat. Die privaten Gründe überdecken dann die beruflichen. Doch ist diese sogenannte „private Mitveranlassung“ für die Finanzbehörden schwer nachzuweisen.

Bei Heirat oder Zusammenzug mit dem nichtehelichen Partner können die Aufwendungen für den Wohnortwechsel geltend gemacht werden. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann auch der Wegzug vom Arbeitsort aus privaten Gründen zu einer doppelten Haushaltsführung führen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer sich am Arbeitsort eine neue Wohnung nimmt oder seine alte Wohnung zur Zweitwohnung „umwidmet“.

Mehraufwendungen aus beruflichem Anlass

Als Werbungskosten kommen in Betracht:

Umzugskosten

Umzugskosten können anlässlich der Begründung, der Beendigung oder des Wechsels einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn der Umzug beruflich bedingt war, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Wechsel unmittelbar nach der Veränderung stattgefunden hat. Die Kosten müssen nachgewiesen werden (siehe LStR 9.11 Abs. 9), die Umzugspauschale kann nur bei einem Wechsel der Zweitwohnung berücksichtigt werden (FG Münster, Urteil v. 23. Januar 2002, 8 K 2060/99, EFG 2002 S. 66).

Fahrtkosten/Familienheimfahrten

Wöchentlich kann eine nachweisbar durchgeführte Familienheimfahrt angesetzt werden. Unabhängig vom Verkehrsmittel können für jeden Entfernungskilometer pauschal 30 Cent als Werbungskosten abgesetzt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG). Heimfahrten mit einem Firmenwagen sind nicht absetzbar, da die Privatnutzung des Fahrzeugs in diesem Punkt schon geringer angesetzt ist. Wird die Familienheimfahrt mit einem Flugzeug durchgeführt, sind die tatsächlichen Kosten anzusetzen. An Stelle der wöchentlichen Heimfahrt können die Gebühren für ein Ferngespräch bis zu einer Dauer von 15 Minuten mit Angehörigen, die zum eigenen Hausstand des Arbeitnehmers gehören, berücksichtigt werden.

Des Weiteren sind die Fahrten zwischen der Zweitwohnung am Beschäftigungsort zum Arbeitsplatz als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten abzugsfähig.

Die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten anlässlich des Wohnungswechsels zu Beginn und zum Ende der doppelten Haushaltsführung sind wie Dienstfahrten zu behandeln und daher mit 30 Cent für jeden gefahrenen Kilometer anzusetzen.

Ein Besuch der Familie am Beschäftigungsort ist nicht abzugsfähig, es sei denn, der Beschäftigte ist aus beruflichen Gründen an der Familienheimfahrt gehindert.[5]

Unterkunftskosten

Miete und Nebenkosten sind im angemessenen Rahmen als Werbungskosten absetzbar. Eine Wohnung bis zu 60 m² (zum ortsüblichen Vergleichsmietzins) gilt als angemessen. Wegen eines Umzugs geleistete doppelte Mietzahlungen können bei beruflicher Veranlassung (zeitlich begrenzt) in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar sein [6]. Ist der Arbeitnehmer Eigentümer der Wohnung, gehören die Absetzungen für Abnutzung (AfA), Hypothekenzinsen und Reparaturkosten zu den Werbungskosten – begrenzt auf die Aufwendungen, die ein Mieter für eine nach Größe, Ausstattung und Lage vergleichbare Wohnung tragen müsste. Eine Inanspruchnahme der Eigenheimzulage kommt nicht in Betracht, solange der Arbeitnehmer die genannten Aufwendungen als Werbungskosten geltend macht. Kosten der Ausstattung der Zweitwohnung sind im Allgemeinen nicht abziehbar (vgl. BFH-Urteil vom 17. Dezember 2002, BStBl 2003 Teil II S. 314). Dieses Urteil bezieht sich jedoch nicht auf die doppelte Haushaltsführung, sondern auf die Verlegung des Familiensitzes. Die laufende BFH-Rechtsprechung besagt, dass Kosten für Einrichtungsgegenstände, die objektiv zur Führung eines geordneten Haushalts notwendig sind, im Rahmen der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten abziehbar sind.

Verpflegungsmehraufwendungen

Für die ersten drei Monate der doppelten Haushaltsführung können die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand, die bei Dienstreisen angesetzt werden, als Werbungskosten abgezogen werden. Die Höhe dieser Pauschale richtet sich nach der Dauer der Abwesenheit von der Familienwohnung oder dem Ort des Lebensmittelpunktes. Seit dem Veranlagungszeitraum 2005 betragen die Pauschalen (nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG) für eine Abwesenheit von mindestens 8 Stunden 6 €, für eine Abwesenheit von mindestens 14 Stunden 12 € und bei einer Abwesenheit von 24 Stunden 24 € je Kalendertag. Die Zulässigkeit der Beschränkung der Absetzbarkeit von Verpflegungsmehraufwendungen auf drei Monate wurde vom Bundesfinanzhof mit Urteil vom 8. Juli 2010 bestätigt.[7]

Einzelnachweise

  1. BFHUrteile.de, BFH-Urteil vom 21. April 2010 zur doppelten Haushaltsführung bei Alleinstehenden (abgerufen am 21. November 2010)
  2. BMF-Schreiben vom 10. Dezember 2009(abgerufen am 21. November 2010)
  3. BFHUrteile.de - BFH-Urteil vom 9. August 2007 (abgerufen am 21. November 2010)
  4. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Dezember 2002, 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00 - (zur zeitlichen Begrenzung der doppelten Haushaltsführung) (abgerufen am 5. Juni 2011)
  5. Urteil des Bundesfinanzhofes vom 2. Februar 2011, Az. VI R 15/10
  6. Urteil des Bundesfinanzhofes vom 13. Juli 2011, Az. VI R 2/11
  7. BFH-Urteile.de Urteil vom 8. Juli 2010 zur Zulässigkeit der Beschränkung der Verpflegungsmehraufwendungen auf 3 Monate (abgerufen am 24. November 2010)
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