- Drittes Europa
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Międzymorze (poln. für „Zwischenmeerland“) war der vom polnischen Präsidenten Józef Piłsudski nach dem Ersten Weltkrieg unterbreitete Vorschlag eines konföderierten vorwiegend slawischen Staatsgebildes, das vom Schwarzen Meer bis zur Ostsee reichen sollte, daher auch der Name. Gelegentlich wurde die (inhaltlich gleiche) lateinische Bezeichnung Intermarum verwendet.
Im Großen und Ganzen war das ein Projekt zur Wiederherstellung der Polnisch-Litauischen Union bzw. der Rzeczpospolita, die bis Ende des 18. Jahrhunderts bestand. Es sollte (zunächst) die Zweite Polnische Republik, die Ukraine, Weißrussland und Litauen umfassen. Später wurden auch Rumänien, Ungarn, Jugoslawien, die Tschechoslowakei und die anderen beiden Baltischen Staaten (Lettland und Estland) eingeladen, sich an dem Projekt zu beteiligen.
Allerdings fand der Plan Piłsudskis keine Unterstützung. Ukrainische, weißrussische und litauische Politiker befürchteten, in einem vereinigten Staat würden sich Nichtpolen und besonders Nichtkatholiken als Bürger zweiter Klasse wiederfinden. Auch in Polen selbst gab es viele Befürworter eines rein polnischen Nationalstaates.
Dennoch konnte Piłsudski auf militärischem Weg im Polnisch-Sowjetischen Krieg Teile der heutigen westlichen Ukraine, Weißrusslands und Litauens erobern, die von Litauen in der Union von Krewo 1385 eingebracht wurden, und 1795 ans Russische Reich im Rahmen der Teilungen Polens fielen. Dabei wurden die Erwartungen ukrainischer Politiker, welche sich die Gründung eines ukrainischen Staates auf dem Gebiet der heutigen Westukraine erhofften, enttäuscht. Polen betrachtete die besagten (ethnisch gemischten) Territorien, insbesondere das Gebiet um Lemberg, als Teil eines polnischen Nationalstaats und zögerte nicht, ukrainische Unabhängigkeitsbestrebungen auch militärisch zu bekämpfen. Der hartnäckige polnische Anspruch auf die im Osten eroberten Gebiete und der ähnlich motivierte litauisch-polnische Streit um den Anspruch auf Wilna offenbarten das Scheitern der Międzymorze-Föderation, welche um eine polnisch-litauisch-ukrainische Achse konstruiert werden sollte.
Im Jahr 1939, im Bund mit dem Deutschen Reich und 1944, nach der Zurückdrängung der deutschen Ostfront im Krieg gegen die Sowjetunion 1941–1945, annektierte die Sowjetunion die besagten Gebiete erneut und gliederte sie in die Ukrainische SSR, Weißrussische SSR und Litauische SSR ein.
Nachdem die Realisierung einer polnisch-litauisch-ukrainischen Föderation in weite Ferne gerückt war, begann Polen die Idee einer zentraleuropäischen Allianz (Drittes Europa) zu vertreten, die von Skandinavien bis Bulgarien, von Italien bis zur sowjetischen Grenze reichen sollte. Nach Piłsudskis Tod 1935 wurde das Projekt von Józef Beck weiter propagiert, fand aber ebenfalls wenig Anklang bei den potentiellen Föderierten, obschon Polen in den 1930er Jahren gute Beziehungen zu vielen skandinavischen und Balkanstaaten aufweisen konnte. Für Polen ergab sich aus den außenpolitischen Bemühungen schließlich lediglich die Polnisch-Rumänische Allianz, die sich im Polenfeldzug als weitgehend nutzlos erwies, aber die Flucht ermöglichte.
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