Edmund Forster

Edmund Forster

Edmund Forster (* 3. September 1878 in München; † 11. September 1933 in Greifswald) war ein deutscher Psychiater und Neurologe. Seine Bekanntheit verdankt er mündlich überlieferten Aussagen, nach denen er 1918 Adolf Hitler wegen hysterischer Symptome behandelt haben soll. Diese werden von Medizinhistorikern heute in Zweifel gezogen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Arbeit

Forster, Sohn eines Universitätsprofessors, studierte Medizin an verschiedenen Universitäten. 1901 promovierte er in Straßburg mit einer Arbeit auf dem Gebiet der Neurophysiologie. Ab 1909 war er Dozent an der Charité. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Forster Marinearzt. Ab 1916 hielt er sich zunächst in Belgien auf, später möglicherweise im Reservelazarett Pasewalk.

Am 30. April 1925 wurde Forster Professor für Psychiatrie an der Universität Greifswald und Direktor der dortigen Nervenklinik. 1933 – sieben Monate nach dem nationalsozialistischen Regierungsantritt – beging Forster Suizid.

Die angebliche Behandlung Hitlers

Siehe auch: Hitler im Reservelazarett Pasewalk

Nach einer Senfgasvergiftung, die Hitler sich während einer Abwehrschlacht in Flandern zuzog, wurde er im Oktober 1918 zur Behandlung in das 800 km entfernte Militärlazarett Pasewalk gebracht. Wegen welcher Beschwerden er dort behandelt wurde, lässt sich heute nicht mehr nachweisen, denn Hitlers Krankenblatt galt bereits Ende der 1920er Jahre als verschollen. In Mein Kampf berichtete Hitler, er sei nach dem Gasangriff erblindet, sei dann genesen, habe nach Empfang der Nachricht von der Kriegsniederlage und Novemberrevolution aber einen Rückfall erlitten. Da Hitler seine vorübergehende erneute Erblindung als den dramatischen Wendepunkt darstellt, an dem er seine schicksalhafte Berufung gespürt habe, in die Politik zu gehen und Deutschland zu „erretten“, haben auch seine ersten Biographen die Pasewalk-Episode stark akzentuiert.

Es sind keinerlei Dokumente erhalten, mit denen sich nachweisen ließe, dass Forster und der zu diesem Zeitpunkt noch gänzlich unbekannte Hitler sich in Pasewalk wirklich begegnet sind. Als der Nachrichtendienst des US-Kriegsministeriums (OSS) 1943 einen psychologischen Bericht über die Persönlichkeit Hitlers zu erstellen versuchte, gab der im isländischen Exil lebende Arzt Karl Kroner den Amerikanern jedoch zu Protokoll, dass Forster Hitler in Pasewalk untersucht und ihm die Diagnose „Hysterie“ gestellt habe. Unabhängig von Kroner schrieb Ernst Weiß 1939 einen Roman (Ich, der Augenzeuge), in dem er in Form einer fiktiven ärztlichen Autobiographie von der „Heilung“ eines „hysterischen“ Kriegsblinden A.H. in einem Reichswehrlazarett berichtete. Nachdem der OSS-Bericht Anfang der 1970er Jahre deklassifiziert wurde, regte er eine ganze Serie von Hitler-Psychopathographien an, die – wie Jan Armbruster 2009 aufgewiesen hat – ihre Details und ihren Grundton jedoch vor allem Weiß' Roman entliehen.[1]

Daraus entstand unter anderem auch die Interpretation, dass Forster von den Nationalsozialisten 1933 in den Selbstmord getrieben worden sei, weil er Insiderkenntnisse über Hitler besaß, die unterdrückt werden sollten.

Veröffentlichungen von Edmund Forster

  • Hysterische Reaktion und Simulation. In: Monatsschrift für Psychiatrie und Neurologie, Bd. LXII/1917, pp. 298-324; 370-381

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jan Armbruster: Die Behandlung Adolf Hitlers im Lazarett Pasewalk 1918: Historische Mythenbildung durch einseitige bzw. spekulative Pathographie. In: Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie, 2009, Band 10 (4), S. 18–22

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