Edmund Oscar von Lippmann

Edmund Oscar von Lippmann

Edmund Oskar von Lippmann (* 9. Januar 1857 in Wien; † 24. September 1940 in Halle/Saale) war ein deutscher Chemiker, Zuckertechnologe und Wissenschaftshistoriker. Von 1890 bis 1926 leitete er in Halle (Saale) eine der größten Zuckerfabriken in Deutschland. Mit grundlegenden Lehr- und Handbüchern über die Zuckerchemie, sowie zur Kulturgeschichte der Zuckerrübe und des Zuckers erwarb er sich hohes internationales Ansehen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Edmund Oskar von Lippmann, Sohn eines Zuckerfabrikanten, studierte seit 1874 Chemie am Polytechnikum (ETH) Zürich und seit 1877 an der Universität Heidelberg. Dort promovierte er 1878 unter der Ägide des Chemikers Robert Bunsen mit der Dissertation "Der Zucker, seine Derivate und sein Nachweis". 1881 wurde Lippmann Direktor der Zuckerraffinerie in Duisburg und 1884 Direktor der der neuerbauten Zuckerraffinerie in Rositz bei Altenburg. 1890 übernahm er die technische Leitung der Zuckerraffinerie in Halle (Saale), die er mit relativ geringen Mitteln zu einer der größten und leistungsfähigsten Zuckerfabriken in Deutschland ausbaute. Als erfahrenem Industriechemiker gelang ihm die Entwicklung neuer Raffinationsverfahren für die Zuckergewinnung. 1926, in seinem 70. Lebensjahr, trat er in den Ruhestand.

Neben seiner Tätigkeit als Raffineriedirektor war Lippmann gleichzeitig ein äußerst produktiver Forscher auf den Gebieten der Zuckerchemie, der chemischen Technologie und der Chemiegeschichte. Er publizierte etwa zweihundert wissenschaftliche Arbeiten, darunter mehrere Lehr- und Handbücher. Zu seinen bedeutendsten Buchveröffentlichungen gehört das Werk "Die Zuckerarten und ihre Derivate (1882), das in der dritten Auflage (1904) mit einem Gesamtumfang von mehr als 2000 Druckseiten unter dem Titel "Die Chemie der Zuckerarten" erschienen ist. Es galt über mehrere Jahrzehnte als das maßgebende Standardwerk auf dem Gebiet der Zuckerchemie.

Von den wissenschaftshistorischen Werken Lippmanns sind hervorzuheben: "Geschichte des Zuckers, seiner Darstellung und Verwendung, seit den ältesten Zeiten bis zum Beginne der Rübenzuckerfabrikation" (Erstauflage 1890) und "Geschichte der Rübe (Beta) als Kulturpflanze von den ältesten Zeiten an bis zum Erscheinen von Achard´s Hauptwerk (1809)" (Erstauflage 1925). Beachtenswert von den umfangreicheren chemiehistorischen Publikationen sind seine "Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte der Naturwissenschaften" (zwei Bände, 1906, 1913) und das dreibändige Werk "Entstehung und Ausbreitung der Alchemie" (1919, 1931, 1954). Lippmann hat seine wissenschaftshistorischen Arbeiten sorgfältig dokumentiert und eingebettet in die allgemeine Kulturgeschichte. Sie fanden in der Fachwelt hohe Anerkennung.

Für seine wissenschaftlichen Leistungen wurden Lippmann hohe Ehrungen zuteil. Preußen verlieh ihm 1901 als erster Persönlichkeit in nichtstaatlicher Stellung den Titel Professor. Von 1926 bis 1933 hielt Lippmann als Honorarprofessor für Geschichte der Naturwissenschaften Vorlesungen an der Universität Halle (Saale). Die Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin verlieh ihm 1919 die Silberne Leibniz-Medaille und die Deutsche Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik 1926 die Sudhoff-Medaille. Außerdem war Lippmann Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina zu Halle (Saale), Ehrendoktor der Technischen Hochschule Dresden, der Universität Halle (Saale) und der Universität Rostock, sowie Ehrenmitglied aller deutschen und mehrerer ausländischen Vereinigungen der Zuckerindustrie.

Hauptwerke

  • Die Zuckerarten und ihre Derivate. Verlag Vieweg Braunschweig 1882; 2. Aufl. ebd. 1895; 3. Aufl. ebd. 1904. Die 2. und 3. Auflage erschienen jeweils in zwei Bänden unter dem Titel Die Chemie der Zuckerarten.
  • Geschichte des Zuckers, seiner Darstellung und Verwendung, seit den ältesten Zeiten bis zum Beginne der Rübenzuckerfabrikation. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte. Verlag Hesse Leipzig 1890; 2. Aufl. Verlag Julius Springer Berlin 1929; Neudruck der Ausgabe von 1929 mit Ergänzungen und Nachträgen, Verlag M. Sändig Niederwalluf bei Wiesbaden 1970.
  • Die Entwicklung der deutschen Zuckerindustrie von 1850 bis 1900. Festschrift zum fünfzigjährigen Bestande des Vereins der Deutschen Zuckerindustrie. Verlag Hesse & Becker Leipzig 1900.
  • Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte der Naturwissenschaften. 2 Bände, Verlag Veit Leipzig, Bd. 1 1906; Bd. 2 1913.
  • Entstehung und Ausbreitung der Alchemie. Mit einem Anhange: Zur älteren Geschichte der Metalle. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte. Verlag Julius Springer Berlin 1919, Nachdruck dieser Ausgabe: Georg Olms Verlag Hildesheim 1978; Bd. 2 mit dem Zusatz: Ein Lese- und Nachschlagebuch, Verlag Julius Springer Berlin 1931; Bd. 3, herausgegeben von Richard von Lippmann, Verlag Chemie Weinheim 1954.
  • Zeittafeln zur Geschichte der organischen Chemie. Ein Versuch. Verlag Julius Springer Berlin 1921.
  • Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik, Bd. 1: Verlag Julius Springer Berlin 1923; Bd. 2: herausgegeben von Richard von Lippmann, Verlag Chemie Weinheim 1953.
  • Geschichte der Rübe (Beta) als Kulturpflanze von den ältesten Zeiten an bis zum Erscheinen von Achard´s Hauptwerk (1809). Festschrift zum 75 jährigen Bestande des Vereins der Deutschen Zuckerindustrie. Verlag Julius Springer Berlin 1929. – Neudruck dieser Ausgabe mit Nachträgen und Ergänzungen: Verlag M. Sändig Niederwalluf bei Wiesbaden 1971.
  • Die Geschichte des Wismuts zwischen 1400 und 1800. Ein Beitrag zur Geschichte der Technologie und Kultur. Verlag Julius Springer Berlin 1930.
  • Geschichte der Magnetnadel bis zur Erfindung des Kompasses (gegen 1300). Verlag Julius Springer Berlin 1932.
  • Urzeugung und Lebenskraft. Zur Geschichte dieser Probleme von den ältesten Zeiten an bis zu den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Verlag Julius Springer Berlin 1933.
  • Erinnerungen aus meinem Leben, 1857-1937. Handschriftlicher Nachlaß von E. O. von Lippmann. Ausgewählte Abschnitte herausgegeben von Guntwin Bruhns. In: Zuckerindustrie Jg. 107–119, 1982–1994.

Literatur

  • Ernst von Lippmann: Verzeichnis der von Edmund O. von Lippmann veröffentlichten Bücher und der Arbeiten zur Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik. In: Studien zur Geschichte der Chemie. Festgabe Edmund O. v. Lippmann zum siebzigsten Geburtstage. Herausgegeben von Julius Ruska. Verlag Julius Springer Berlin 1927, S. 228-233 (mit Bild vor S. 1).
  • Eduard Färber: Edmund O. von Lippmann zum fünfundsiebzigsten Geburtstag. In: Die Naturwissenschaften Jg. 20, 1932, S. 25-28.
  • Rudolph Zaunick: Edmund O. von Lippmann zum achtzigsten Geburtstag. In: Die Naturwissenschaften Jg. 25, 1937, S. 33-34 (mit Bild).
  • G(untwin) B(ruhns): Edmund Oskar von Lippmann zum 125. Geburtstag. In: Zuckerindustrie Jg. 107 (32), 1982, S. 60-61 (mit Bild).
  • Klaus Priesner: Edmund Ritter von Lippmann, Zuckerchemiker und Chemiehistoriker. In: Neue Deutsche Biographie Bd. 14, 1985, S. 666.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Edmund Oscar von Lippmann — Edmund Oscar von Lippmann, Edmund Oskar von Lippmann, or Edmund O. von Lippmann (Vienna January 9, 1857 Halle September 24, 1940) was a German chemist and natural science historian.He studied at the ETH Zurich and took a degree in 1878 under… …   Wikipedia

  • Lippmann — is a German surname, and may refer to:* Alexandre Lippmann (1880 ?), French Olympic fencer * Bernard A. Lippmann, known for the Lippmann Schwinger equation * Edmund Oscar von Lippmann (1857 ndash; 1940), German chemist * Horst Lippmann (1927… …   Wikipedia

  • Antimony — This article is about the element. For the town, see Antimony, Utah. Not to be confused with Antinomy, a type of paradox. tin ← antimony → tellurium As ↑ Sb ↓ Bi …   Wikipedia

  • Roger Bacon — For the Nova Scotia premier, see Roger Stuart Bacon. Roger Bacon Order of Friars Minor Statue of Roger Bacon in the Oxford University Museum Born c …   Wikipedia

  • Antimoine — Étain ← Antimoine → Tellure As …   Wikipédia en Français

  • 1940 en science — Années : 1937 1938 1939  1940  1941 1942 1943 Décennies : 1910 1920 1930  1940  1950 1960 1970 Siècles : XIXe siècle  XXe siècl …   Wikipédia en Français

  • Harry Mulisch — Harry Kurt Victor Mulisch (* 29. Juli 1927 in Haarlem; † 30. Oktober 2010 in Amsterdam[1]) war ein niederländischer Schriftsteller. Beachtung fand er vor allem durch seine Romane Das Attentat (1982) und Die Entdeckung des Himmels (1992).… …   Deutsch Wikipedia

  • List of Nobel laureates by university affiliation — This list of Nobel laureates by university affiliation shows the university affiliation (either as a student, alumnus or faculty) of winners of the Nobel Prize. Universities are listed in order of number of affiliated Nobel Prize winners, from… …   Wikipedia

  • Fritz Rau — (2006) Fritz Rau (* 9. März 1930 in Pforzheim) ist ein deutscher Konzert und Tourneeveranstalter. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Zitate zu Fritz Rau …   Deutsch Wikipedia

  • Liste des lauréats du Prix Nobel par Université — Nombre de Lauréats[1] Diplômé de cette université[2] Étudiant ou chercheur de cette université [3] En poste avant ou au moment de la nomination …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”