Einheitswurzel

Einheitswurzel

In der Algebra werden Zahlen, deren n-te Potenz die Zahl 1 ergibt, n-te Einheitswurzeln genannt.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Es sei R ein kommutativer Ring mit Einselement und n\geq 1 eine natürliche Zahl. Ein Element \zeta\in R heißt eine n-te Einheitswurzel, wenn es eine der beiden gleichwertigen Bedingungen erfüllt:

Die n-ten Einheitswurzeln in R bilden eine Untergruppe der multiplikativen Gruppe R^\times, die oft mit μn(R) bezeichnet wird.

Eine n-te Einheitswurzel ζ heißt primitiv, falls \zeta^m\ne 1 für m=1,\ldots,n-1 gilt.

Einheitswurzeln in den komplexen Zahlen

Im Körper \Bbb C der komplexen Zahlen sind

 \exp\left({2\pi \mathrm i k\over n}\right),\quad k=0,1,\ldots, n-1

die n-ten Einheitswurzeln. Setzt man

 \zeta_n = \exp\left({2\pi \mathrm i \over n}\right),

so ist ζn primitiv, und diese Zahlen bekommen (in der gleichen Reihenfolge) die einfache Gestalt

1, \zeta_n, \zeta_n^2, \dots, \zeta_n^{n-1}.

Ist klar, um welches n es sich handelt, lässt man den unteren Index häufig fallen. Die n-te Wurzel ζk ist genau dann primitiv, wenn k und n teilerfremd sind.

Geometrischer Bezug

Die n-ten Einheitswurzeln lassen sich in der komplexen Zahlenebene geometrisch anschaulich interpretieren: Sie sind die auf dem Einheitskreis (mit Mittelpunkt 0 und Radius 1) liegenden Ecken eines regelmäßigen n-Ecks, wobei eine der Ecken die Zahl 1 ist, denn diese ist für jedes n\geq 1 eine n-te Einheitswurzel.

Realteil und Imaginärteil der Einheitswurzeln \zeta_n^k = x_k + \mathrm i\, y_k sind damit die Koordinaten der Ecken des n-Ecks auf dem Kreis, d.h. für k=0,1,\dots,n-1 ist

 x_k = \cos (2\pi k/n) = \cos (360^\circ \cdot k/ n )    und   y_k = \sin (2\pi k/n) = \sin (360^\circ \cdot k/ n ) .

Mehr siehe unter Radizieren komplexer Zahlen.

Summe der Einheitswurzeln

Ist ζ eine n-te Einheitswurzel, so gilt

1+\zeta+\zeta^2+\dots+\zeta^{n-1}=\begin{cases} n & \mathrm{falls}\ \zeta = 1 \\ 0 & \mathrm{sonst}. \end{cases}

Diese Aussage folgt unmittelbar aus der geometrischen Summenformel und ist ein Spezialfall der analogen Aussage für Charaktere von Gruppen.

Die dritten Einheitswurzeln
Die Funktion x3-1
Die Funktion x5-1

Beispiele

Die zweiten, dritten und vierten Einheitswurzeln

Die zweiten Einheitswurzeln sind

 \zeta_1 = -1,\quad \zeta_2 = 1 ;

die dritten Einheitswurzeln sind

 \zeta_1 = -\frac12+\frac{\mathrm i}2\sqrt3,\quad \zeta_2 = -\frac12-\frac{\mathrm i}2\sqrt3,\quad \zeta_3 = 1 ;

die vierten Einheitswurzeln sind wieder von einfacherer Form:

 \zeta_1 = \mathrm i,\quad \zeta_2 = -1,\quad \zeta_3 = -\mathrm i,\quad \zeta_4= 1 ,

wobei i die imaginäre Einheit ist.

Die fünften Einheitswurzeln

Aus 0 = 1 + ζ + ζ2 + ζ3 + ζ4 folgt

0=\frac{1}{\zeta^2}+\frac{1}{\zeta}+1+\zeta+\zeta^2 = \left({\zeta}+\frac{1}{\zeta} \right)^2+ \left({\zeta}+\frac{1}{\zeta} \right)-1 = w^2+w-1

für w=\zeta+\frac{1}{\zeta}=\zeta+\zeta^4=2 \cos (72^\circ ). Lösen dieser quadratischen Gleichung liefert w=-\frac{1}{2} \pm \sqrt{\frac{5}{4}}. Da der Winkel 72^\circ im 1. Quadranten liegt, ist w positiv, und damit ist \cos(72^\circ)=\frac{\sqrt{5} - 1}{4} der Realteil von ζ. Der Imaginärteil ist nach dem Satz des Pythagoras \sin(72^\circ)=\sqrt{\frac{\sqrt{5} + 5}{8}}.

Eigenschaften der Einheitswurzeln

Einheitswurzeln in Körpern

In einem Körper K bilden die n-ten Einheitswurzeln eine zyklische Untergruppe der multiplikativen Gruppe K^\times. Ihre Anzahl ist stets ein Teiler von n. Ist sie gleich n, so sagt man, K „enthalte die n-ten Einheitswurzeln“.

Enthält K die n-ten Einheitswurzeln, so ist eine Einheitswurzel genau dann primitiv, wenn sie die Gruppe der n-ten Einheitswurzeln erzeugt. Die primitiven n-ten Einheitswurzeln sind genau die Nullstellen des n-ten Kreisteilungspolynoms.

Erweiterungen von \Bbb Q, die durch Adjunktion von Einheitswurzeln entstehen, heißen Kreisteilungskörper.

Einheitswurzeln in Restklassenringen

  • Im Ring \Z_{2^n+1} = \Z / (2^n+1)\Z der ganzen Zahlen modulo (2n + 1) ist die Zahl 2 eine primitive 2n-te Einheitswurzel, denn in diesem Ring gilt 2n = − 1.
  • Im Ring \Z_{2^n-1} = \Z / (2^n-1)\Z der ganzen Zahlen modulo (2n − 1) ist die Zahl 2 eine primitive n-te Einheitswurzel.

Diese beiden speziellen Restklassenringe sind für die Computeralgebra höchst bedeutsam, denn sie ermöglichen eine nochmals drastisch beschleunigte Variante der schnellen diskreten Fouriertransformation. Dies liegt darin begründet, dass Addition und Multiplikation dieser Restklassenringe durch entsprechende zyklische Addition und Multiplikation in einem unwesentlich größeren Restklassenring ersetzt werden können, und damit in binärer Zahlendarstellung die Multiplikation mit Potenzen der Zahl 2 eine zyklische binäre Shift-Operation bedeutet, was wesentlich schneller durchführbar ist als eine allgemeine Multiplikation zweier Zahlen. Die erhebliche Zeitersparnis für die diskrete Fourier-Transformation ergibt sich aus der Tatsache, dass während der FFT viele Multiplikationen mit der gewählten Einheitswurzel durchzuführen sind.


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