Einstellung (Recht)

Einstellung (Recht)

Die Einstellung ist die vorzeitige Verfahrensbeendigung durch einen Gerichtsbeschluss.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Strafrecht

Hinsichtlich der Einstellung des Verfahrens ist in mehrfacher Hinsicht zu differenzieren:

Die Einstellung des Verfahrens kann zum einen bereits während des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft erfolgen. Zum anderen ist die Einstellung des Verfahrens auch bis zur Beendigung der Hauptverhandlung, d.h. bis zur Verkündung des Urteils durch das Strafgericht, möglich.

Die einschlägigen Vorschriften für die Einstellung des Verfahrens sind die §§ 153 ff. und § 170 Abs. 2 StPO, die wiederum jeweils an andere tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft sind.

Im Einzelnen sind hier zu nennen:

  • Absehen von Strafverfolgung wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO)
  • Einstellung des Verfahrens bei Erfüllung von Auflagen und Weisungen (§ 153a StPO)
  • Absehen von Klage; Einstellung (§ 153b StPO)
  • Nichtverfolgung von Auslandstaten (§ 153c StPO)
  • Absehen von Strafverfolgung bei politischen Straftaten (§ 153d StPO)
  • Absehen von Strafverfolgung bei tätiger Reue (§ 153e StPO)
  • Absehen von Strafverfolgung bei Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch (§ 153f StPO)
  • Unwesentliche Nebenstraftaten (§ 155 StPO)
  • Beschränkung der Strafverfolgung (§ 154a StPO)
  • Einstellung bei Auslieferung und Landesverweisung (§ 154b StPO)
  • Opfer einer Nötigung oder Erpressung (§ 154c StPO)
  • Entscheidung einer zivil-oder verwaltungsrechtlichen Vorfrage (§ 154d StPO)
  • Straf- oder Disziplinarverfahren wegen falscher Verdächtigung oder Beleidigung (§ 154e StPO)
  • Einstellung des Verfahrens (§ 170 Abs. 2 StPO)

Einstellung nach § 170 II StPO

Die Staatsanwaltschaft muss das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO einstellen, wenn kein hinreichender Tatverdacht vorliegt. Dieser kann entweder aus tatsächlichen Gründen oder aus rechtlichen Gründen fehlen:
Tatsächliche Gründe:

  • Mangel an Beweisen
  • Täter nicht ermittelt

Rechtliche Gründe:

  • Kein Straftatbestand wurde erfüllt
  • Straftatbestand ist gerechtfertigt oder entschuldigt
  • Verfahrenshindernisse (Fehlen des erforderlichen Strafantrags, Verjährung, Fehlen des besonderen öffentlichen Interesses)

Kritik

Die Einstellungsoptionen nach §§ 153 ff. StPO durchbrechen das Legalitätsprinzip, das die Strafverfolgungsbehörde verpflichtet, bei Erlangung der Kenntnis einer Straftat, ein Ermittlungsverfahren zu eröffnen und bei hinreichendem Tatverdacht Anklage zu erheben.

Insolvenzrecht

Das Insolvenzverfahren kann eingestellt werden,

  • wenn die Masse allein nicht ausreicht, um die Verfahrenskosten zu decken, § 207 InsO), d.h. bei der in Insolvenz befindlichen Firma sind nicht genügend Mittel vorhanden, um die Gerichts- und/oder Verwalterkosten zu bestreiten. Üblicherweise wird in diesem Falle auch von einer Einstellung wegen Massearmut gesprochen
  • wenn wegen Masseunzulänglichkeit die übrigen Masseschulden nicht vollständig zu decken sind, Masseschulden sind hierbei Kosten, die während des laufenden Verfahrens entstehen
  • wenn der Eröffnungsgrund des Insolvenzverfahrens weggefallen ist, § 212 InsO
  • wenn ein Eröffnungsgrund irrtümlich angenommen wurde
  • wenn der Schuldner die Einstellung beantragt und alle Gläubiger zustimmen, § 213 InsO

Wenn ein Gläubiger ein besonderes Interesse daran hat, dass ein Verfahren eröffnet, bzw. nicht wegen Massearmut oder -unzulänglichkeit eingestellt wird, so gibt es die Möglichkeit, einen Massekostenvorschuss zu leisten.

Schweiz

Strafrecht

Militärstrafprozess

Eine Einstellungsverfügung im schweizerischen Militärstrafrecht wird nach einer (vom Untersuchungsrichter geführten) Voruntersuchung erlassen,wenn

  • das dem Beschuldigten nachgewiesene Verhalten bloß einen sogenannten leichten Fall darstellt und ein solcher gesetzlich vorgesehen ist (in diesem Fall wird eine Disziplinarstrafe, wie etwa eine Arreststrafe, erlassen),
  • die Sache nicht weiter zu verfolgen ist (wenn beispielsweise das Verhalten gar nicht strafbar ist) oder
  • eine Kombination dieser Konstellationen vorliegt (mit anderen Worten ein Tatbestand als leichter Fall gilt und hinsichtlich eines anderen die Sache nicht weiter zu verfolgen ist).

Die Einstellungsverfügung richtet sich nach Art. 116 des Militärstrafprozesses vom 23. März 1979 (MStP; SR 322.1).

Zuständig zum Erlass einer Einstellungsverfügung ist der Auditor (Staatsanwalt der Militärjustiz).

Die Einstellungsverfügung hat in Schriftform zu ergehen. Eine formlose Einstellung kennt das Militärstrafverfahren nicht. Aus Gründen der Beweissicherung geschieht die Zustellung mittels Gerichtsurkunde oder Einschreiben.

Die Kosten der eingestellten Untersuchung trägt der Bund. Der Auditor kann namentlich dem disziplinarisch Bestraften reduzierte Kosten der Untersuchung auferlegen (Art. 117 Abs. 1 MStP).

Die Rechtsmittelordnung gegen eine Einstellungsverfügung bestimmt sich nach Art. 118 MStP.

Ist das fragliche Verhalten strafbar und stellt es keinen leichten Fall dar, ist ein Strafmandat zu erlassen oder gegebenenfalls Anklage an das Militärgericht zu erheben.

Zivile Strafprozessordnung

Einstellungsverfügungen werden auch im zivilen Strafprozess erlassen (Artikel 319 ff. StPO).

Konkursrecht

Ein Konkursverfahren kann unter Umständen bereits nach Feststellung der Aktivmasse eingestellt werden.

Eine Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven hat zu erfolgen, wenn die die Konkursmasse voraussichtlich nicht ausreicht, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken (Artikel 230 Absatz 1 SchKG).

Die Zuständigkeit zur Einstellung liegt beim Gericht, welches den Konkurs eröffnet hat (sogenanntes Konkursgericht).[1]

Die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen leben nach der Einstellung des Konkurses wieder auf (Artikel 230 Absatz 4 SchKG).

Die Abtretung von Rechtsansprüchen nach Artikel 260 SchKG ist nach einer Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven nicht möglich.[2]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hunziker/Pellascio, S. 220
  2. Hunziker/Pellascio, S. 221
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