- Ernst Bertram
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Ernst August Bertram (* 27. Juli 1884 in Elberfeld, Wuppertal; † am 3. Mai 1957 in Köln) war ein deutscher Geisteswissenschaftler und Schriftsteller, der dem Kreis um Stefan George nahestand.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ernst Bertram wurde als Sohn des evangelisch-lutherischen Überseekaufmanns Ernst Bertram und seiner Ehefrau Johanne Müller geboren. Auf dem Gymnasium seiner Heimatstadt legte er im Frühjahr 1903 das Abitur ab. Bertram studierte dann in Berlin, München und Bonn Deutsche Literaturgeschichte, Neuere Kunstgeschichte und Philosophie. Am 9. Juli 1907 promovierte er mit einer bei Berthold Litzmann geschriebenen Dissertation über die Novellentechnik Adalbert Stifters an der Universität Bonn.
Das Jahr 1906 war für ihn von zwei zentralen Begegnungen geprägt: Einerseits findet er über Saladin Schmitt Zugang zu Stefan George.[1][2][3] Andererseits lernte er zu Beginn des Sommersemesters seinen Lebensgefährten Ernst Glöckner kennen. Beide begriffen ihre Liebe als „großes Mysterium“[4] und feierten ihren „Du-Tag“ mit Beethoven-Musik und Thomas Mann-Lektüre.[5]
Werkmäßig folgten verschiedene essayistische Schriften über Hugo von Hofmannsthal, Stefan George, Theodor Fontane, Gustave Flaubert, Conrad Ferdinand Meyer und Thomas Mann. Mit letzterem war Bertram über längere Zeit eng befreundet und wurde sogar Taufpate seiner Tochter Elisabeth.
1918 erschien Bertrams Buch Nietzsche - Versuch einer Mythologie, mit dem er in literarisch interessierten Kreisen schnell bekannt wurde. Vom Einfluss auf Thomas Mann während jener Zeit zeugen die erhaltenen Briefe Manns an Bertram (256 Schriftstücke im DLA Marbach) sowie Manns nahezu zeitgleich erschienen Betrachtungen eines Unpolitischen, deren Entstehung durch einen intensiven Gedankenaustausch begleitet wurde. 1919 wurde Bertram als Dozent an die Universität Bonn berufen, 1922 erhielt er eine Professur in Köln.
Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten folgte eine Zeit der politischen Verstrickung. Bertram begrüßte die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 mit Weiheversen: „Verwerft, was euch verwirrt, / Verfemt, was euch verführt! / Was reinen Willens nicht wuchs, / In die Flammen mit was euch bedroht“.[6] Inwieweit sich Bertram im Laufe der nächsten zwölf Jahre innerlich und äußerlich vom Nationalsozialismus distanziert hat, kann nicht abschließend beurteilt werden. Sein Verhältnis zum Dritten Reich ist divergent und zumindest ansatzweise vergleichbar mit dem anderer „konservativer“ Künstler wie Hans Pfitzner oder Wilhelm Furtwängler zu sehen.
Im September 1945 kam eine universitätsinterne Entnazifizierungskommission zu dem Schluss, dass Bertram „als ein Mann ausgewiesen“ (ist), „der zu den Ernährern des Nationalsozialismus gehört“.[6] 1946 wurde Ernst Bertram des Lehramts enthoben, 1950 erfolgte in einer Überprüfung des Entnazifizierungsverfahrens seine Rehabilitierung und Emeritierung. Als Hochschullehrer hat er nicht mehr gearbeitet.
Bertram ist zeitlebens auch als Lyriker in Erscheinung getreten. Die meisten seiner Gedichtbände (unter anderem „Der Rhein“, „Straßburg“, „Patenkinderbuch“, „Griecheneiland“) erschienen im Insel Verlag. Außerdem schrieb er verschiedene sogenannte "Spruchdichtungen", d. h. aufeinander folgende und in einem gewissen Zusammenhang stehende Aphorismen, („Der Wanderer von Milet“, „Sprüche aus dem Buch Arja“, „Deichgrafensprüche“), die in dieser Form in der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts eine Einzelstellung besitzen.
Ehrungen
Werke (in Auswahl)
- Zur sprachlichen Technik der Novellen Adalbert Stifters, 1907
- Gedichte, 1913
- Nietzsche. Versuch einer Mythologie, 1918
- Straßburg. Ein Kreis, 1920
- Zwei Gedichte aus dem unveröffentlichten Buch der Rhein, 1921
- Rheingenius und Génie du Rhin, 1922
- Das Nornenbuch, 1925
- Beethovens Bild. Rede zur Beethoven-Gedächtnisfeier, 1927
- Von deutschem Schicksal, Gedichte, 1932
- Wartburg. Spruchgedichte, 1933
- Deutsche Gestalten. Fest- und Gedenkreden, 1934
- Griecheneiland, 1934
- Michaelsberg, 1935
- Das weiße Pferd, 1936
- Von der Freiheit des Wortes, 1936
- Sprüche aus dem Buch Arja, 1938
- Hrabanus. Aus der Michaelsberger Handschrift, 1939
- Konradstein, Erzählung, 1951
- Moselvilla. Flavus an Veranius, 1951
- Der Wanderer von Milet, 1956
- Möglichkeiten. Ein Vermächtnis, hrsg. v. Hartmut Buchner
Literatur
- Karl Otto Conrady: Völkisch-nationale Germanistik in Köln. Eine unfestliche Erinnerung. Schernfeld: SH-Verl. 1990. ISBN 3-923621-66-3
- Hajo Jappe: Ernst Bertram. Gelehrter, Lehrer und Dichter. Bonn: Bouvier 1969.
- Inge Jens (Hg.): Thomas Mann an Ernst Bertram: Briefe aus den Jahren 1910-1955. Pfullingen: Neske, 1960.
- Norbert Oellers: Dichter und Germanist im "Dritten Reich". Ernst Bertram zum Beispiel. In: Neues Rheinland. 39 (1996) 8, S. 42-43.
- Jan Steinhaußen: "Aristokraten aus Not" und ihre "Philosophie der zu hoch hängenden Trauben". Nietzsche-Rezeption und literarische Produktion von Homosexuellen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts: Thomas Mann, Stefan George, Ernst Bertram, Hugo von Hofmannsthal u.a. Würzburg: Königshausen u. Neumann 2001. (= Epistemata; Reihe Literaturwissenschaft; 326) ISBN 3-8260-1977-6
Weblinks
- Literatur von und über Ernst Bertram im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Baal Müller: Der Mythologe Ernst Bertram. Die Legende wirkt fort
- Heribert Reul über seine Begegnung mit Ernst Bertram
Einzelnachweise
- ↑ Robert Boehringer: Mein Bild von Stefan George - Teil 1, zweite, ergänzte Auflage, Helmut Küpper vormals Georg Bondi, Düsseldorf/München 1967, S. 154
- ↑ Robert Boehringer (Hg.) & Georg Landmann (Hg.): Stefan George - Friedrich Gundolf, Briefwechsel, Helmut Küpper vormals Georg Bondi, München/Düsseldorf 1962, S. 231
- ↑ Hajo Jappe: Ernst Bertram. Gelehrter, Lehrer und Dichter., Bouvier, Bonn 1969, S. 311, Anm. 1.-2.
- ↑ Hajo Jappe: Ernst Bertram. Gelehrter, Lehrer und Dichter., Bouvier, Bonn 1969, S. 30
- ↑ Hajo Jappe: Ernst Bertram. Gelehrter, Lehrer und Dichter., Bouvier, Bonn 1969, S.35
- ↑ a b Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 44.
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