Fachkraft für Arbeitssicherheit

Fachkraft für Arbeitssicherheit

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit (Abkürzung in Deutschland Sifa [1]. Verwendet werden wegen der begrifflichen Überschneidung mit den Sicherheitsfachkräften des Bewachungsgewerbes (§34a Gewerbeordnung) vermehrt die Abkürzungen FASi und gelegentlich FAS) ist eine speziell ausgebildete Person, die zusammen mit einem Arbeitsmediziner (Betriebsarzt) Unternehmen oder Behörden ab einem Mitarbeiter bei Aufgaben unterstützt, die sich aus der Umsetzungen der der EG-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG ergeben.

Zentrale Aufgabe der FASi ist es, den Unternehmer bzw. Arbeitgeber auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit - genauer: "Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz und der menschengerechten (ergonomischen) Arbeitsgestaltung" zu beraten und zu unterstützen.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

In Deutschland wird die EG-Richtlinie u.A. im Siebten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) und mit dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) umgesetzt

Was ist die Fachkraft für Arbeitssicherheit

Die FASi sollte weder mit dem Sicherheitsbeauftragten noch mit dem "Sicherheitsverantwortlichen" (Übertragung der Unternehmerpflichten; Weisungsbefugnis, ein zentraler Baustein der "Verantwortung" liegt bei der Sifa in der Regel nicht vor) verwechselt werden. Die Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit wird in Deutschland überwiegend von den Berufsgenossenschaften durchgeführt.

Sie erfolgt bei der BG berufsbegleitend und verursacht neben dem fortzuzahlenden Lohn keine direkten Kosten (da sie über die Pflichtbeiträge aller der BG zugehörigen Unternehmen finanziert wird). Die Ausbildung umfasst in der Regel sechs Präsenzphasen (jeweils eine Woche, in einem Bildungszentrum der BG), zwei Selbstlernphasen (CD-ROM) und einer Praxisarbeit (muss in der fünften Präsenzphase vorgestellt werden). Die einzelnen Abschnitte werden durch schriftliche Prüfungen abgeschlossen.

Je nach vorheriger bestandener beruflicher Qualifizierung kann sich eine Fachkraft für Arbeitssicherheit Sicherheitsmeister (Meisterausbildung), Sicherheitstechniker (Abschluss als Techniker) oder Sicherheitsingenieur (Abschluss eines Ingenieurstudiums) nennen, die bei der Ausbildung zur FASI erworbenen Kenntnisse unterscheiden sich jedoch bei allen drei Bezeichnungen nicht. Mit Ausnahmegenehmigung der BG kann auch mit gleichwertiger Ausbildung und entsprechender Berufserfahrung der Lehrgang zur FASI absolviert werden.

Sonderstellung von Kleinbetrieben

Nach dem SGB VII besteht für Kleinunternehmen die Möglichkeit des sog. Arbeitgebermodells. D.h. Arbeitgeber mit nur wenigen Beschäftigten (je nach Berufsgenossenschaft und Gefährdungslage i.d.R. bis zu 10 Mitarbeiter) können die Aufgaben der FASI übernehmen und damit 50% der externen Betreuungszeit selbst leisten. Dazu werden diese von der BG aus- und weitergebildet.

Stellung im Unternehmen

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit muss vom Unternehmen gemäß dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) schriftlich bestellt werden. Dabei kann es sich um einen Mitarbeiter des Unternehmens oder um einen externen Dienstleister handeln (externe sicherheitstechnische Betreuung). Die FASi ist fachlich weisungsfrei. Das bedeutet, dass keine Person im Unternehmen Anweisungen zur Ausübung der Tätigkeit geben darf (z.B. "Du prüfst die Anlage als bedenkenlos!" → nicht möglich). In der Regel hat die FASi aber auch keine Weisungsbefugnis, sofern dies nicht (arbeits)vertraglich anders geregelt ist. Ist eine FASi weisungsbefugt, ist sie auch voll haftbar (zivil- und strafrechtlich). Die FASi und der Betriebsarzt sind im Organigramm direkt der Geschäftsleitung beigestellt (Stabsfunktion), berichten dieser direkt und unterstützen diese in allen Fragen rund um die Arbeitssicherheit. Dabei sollten diese dem technischen Geschäftsführer unterstellt sein um Interessenkonflikte zu vermeiden.

Aufgaben

In §6 Arbeitssicherheitsgesetz sind die Aufgaben definiert:

Die Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben die Aufgabe, den Arbeitgeber bei der Arbeitssicherheit, dem Gesundheitsschutz, der Unfallverhütung und in allen Fragen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu unterstützen.
Sie haben insbesondere

  • den Arbeitgeber und die sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen zu beraten, insbesondere bei
  • der Planung, Ausführung und Unterhaltung von Betriebsanlagen und von sozialen und sanitären Einrichtungen,
  • der Beschaffung von technischen Arbeitsmitteln und der Einführung von Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffen,
  • der Auswahl und Erprobung von Körperschutzmitteln (persönliche Schutzausrüstung),
  • der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs, der Arbeitsumgebung und in sonstigen Fragen der Ergonomie,
  • der Beurteilung der Arbeitsbedingungen,
  • die Betriebsanlagen und die technischen Arbeitsmittel insbesondere vor der Inbetriebnahme und Arbeitsverfahren insbesondere vor ihrer Einführung sicherheitstechnisch zu überprüfen,
  • die Durchführung der Arbeitssicherheit und der Unfallverhütung zu beobachten und im Zusammenhang damit
  • die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen zu begehen und festgestellte Mängel dem Arbeitgeber oder der sonst für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Person mitzuteilen, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel vorzuschlagen und auf deren Durchführung hinzuwirken,
  • auf die Benutzung der Körperschutzmittel zu achten,
  • Ursachen von Arbeitsunfällen zu untersuchen, die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten und dem Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung dieser Arbeitsunfälle vorzuschlagen,
  • darauf hinzuwirken, dass sich alle im Betrieb Beschäftigten den Anforderungen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung entsprechend verhalten, insbesondere sie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen sie bei der Arbeit ausgesetzt sind, sowie über die Einrichtungen und Maßnahmen zur Abwendung dieser Gefahren zu belehren und bei der Schulung der Sicherheitsbeauftragten mitzuwirken.

Tätigkeit

In der Berufsgenossenschaftlichen Information BGI 838 Inhalt und Ablauf der Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit sind die Tätigkeiten in einem PDCA (Plan-Do-Check-Act)-Prinzip umrissen:

  1. Analyse des Arbeitssystems
  2. Beurteilung der in der Analyse festgestellten Gefährdungen
  3. Setzen von (Schutz-)Zielen
  4. Entwicklung von Lösungsalternativen (Maßnahmenhierarchie)
  5. Vorschläge zu geeigneten Lösungen (Entscheidung liegt bei der Geschäftsführung)
  6. Durch- und Umsetzung der Lösung (in der Regel nur veranlassen und überwachen)
  7. Kontrolle der Wirksamkeit der Lösung

Durch weiterführende Schlussfolgerungen oder einer erneuten Analyse entsteht ein Kreislauf.

Abweichend davon wird in der aktuellen Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) der Bereich weiterführende Schlussfolgerungen nicht als Teil des Kreislaufes verstanden, da der Kreislauf im Zuge des Kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP; siehe auch Qualitätsmanagement nach ISO 9001, Umweltmanagement nach EMAS oder ISO 14001 bzw. Arbeitsschutzmanagement nach OHRIS) auch ohne Handlungsanlass ständig durchlaufen werden soll und die weiterführenden Schlussfolgerungen für gewöhnlich nicht das Arbeitssystem, sondern das Managementsystem betreffen (z. B. übergeordnete organisatorische Maßnahmen IMS).

Besonderheiten

  • Seit der letzten Novellierung der Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften wird den Unternehmen mehr Entscheidungsspielraum eingeräumt. Die Unternehmer sind verpflichtet, anhand einer Gefährdungsbeurteilung ihre Entscheidungen nachvollziehbar zu gestalten und zu dokumentieren. In der Regel wird erst nach einem negativen Ereignis (Unfall) von der Berufsgenossenschaft (bzw. der Staatsanwaltschaft) überprüft, ob die Maßnahmen ausreichend sind; z. B. muss ein Kleinunternehmer eine Beratung nachweisen, bei der die Einsatzzeiten für die Fachkraft für Arbeitssicherheit festgelegt werden. Dabei kann sich ergeben, dass ein kleines Büro (weniger als 20 Mitarbeiter) mit einer Beratungsleistung von 8 Stunden alle 3 Jahre auskommt, während ein Chemiebetrieb mit der gleichen Mitarbeiterzahl 8 Stunden monatlich benötigt.
  • Die Einsatzzeit der Fachkraft für Arbeitssicherheit ist abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter und deren Gefährdungen (Gefährdungsklassen) und kann von der Geschäftsleitung mittels einer Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden, sofern dies die zuständige Berufsgenossenschaft vorsieht. Ansonsten werden die Mindesteinsatzzeiten von der jeweilige Berufsgenossenschaft bzw. Unfallkasse in einer Liste vorgegeben (siehe die DGUV V2, früher BGV A2 der jeweiligen BG bzw. GUV-V A2 Regelwerk der Unfallkassender jeweiligen Unfallkasse).
  • Wie schon aus den Aufgaben und der Position hervorgeht, hat sie keine Linienverantwortung und keine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Mitarbeitern des Unternehmens. Daraus erwächst eine auf die Richtigkeit der Beratung beschränkte Haftung. Die Verantwortung für die Umsetzung des Arbeitsschutzes selbst bleibt i. A. beim Unternehmer, der sie wiederum delegieren kann (Übertragung von Unternehmerpflichten).

Fachkraft für Arbeitssicherheit in Österreich

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit wird in Österreich durch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) vorgeschrieben. Die alte Bezeichnung lautet noch Sicherheitsfachkraft (SFK).

Aufgaben

Im ASchG sind die Aufgaben im § 76 festgehalten:

Sicherheitsfachkräfte haben die Aufgabe, die Arbeitgeber, die Arbeitnehmer, die Sicherheitsvertrauenspersonen und die Belegschaftsorgane auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und der menschengerechten Arbeitsgestaltung zu beraten und die Arbeitgeber bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf diesen Gebieten zu unterstützen.

Arbeitgeber haben die Sicherheitsfachkräfte und erforderlichenfalls weitere geeignete Fachleute hinzuzuziehen:

  1. in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der Unfallverhütung,
  2. bei der Planung von Arbeitsstätten,
  3. bei der Beschaffung oder Änderung von Arbeitsmitteln,
  4. bei der Einführung oder Änderung von Arbeitsverfahren und bei der Einführung von Arbeitsstoffen,
  5. bei der Erprobung und Auswahl von persönlichen Schutzausrüstungen,
  6. in arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere der Gestaltung der Arbeitsplätze und des Arbeitsablaufes,
  7. bei der Organisation des Brandschutzes und von Maßnahmen zur Evakuierung,
  8. bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren,
  9. bei der Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung,
  10. bei der Organisation der Unterweisung und bei der Erstellung von Betriebsanweisungen und
  11. bei Verwaltungsverfahren im Sinne des 8. Abschnittes.

Tätigkeit

Im § 77. des ASchGs werden die Tätigkeiten aufgezählt:

  1. die Beratung und Unterstützung des Arbeitgebers in Angelegenheiten gemäß § 76 Abs. 3,
  2. die Beratung der Arbeitnehmer, der Sicherheitsvertrauenspersonen und der Belegschaftsorgane in Angelegenheiten der Arbeitssicherheit und der menschengerechten Arbeitsgestaltung,
  3. die Besichtigung der Arbeitsstätten, Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen sowie die Teilnahme an Besichtigungen durch das Arbeitsinspektorat,
  4. die Ermittlung und Untersuchung der Ursachen von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen sowie die Auswertung dieser Ermittlungen und Untersuchungen,
  5. die Überprüfung und Anpassung der nach den Arbeitnehmerschutzvorschriften erforderlichen Ermittlung und Beurteilung der Gefahren und der festgelegten Maßnahmen samt Anpassung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente,
  6. die Weiterbildung bis zum Höchstausmaß von 15% der für sie festgelegten jährlichen Präventionszeit,
  7. die Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsschutzausschusses und des zentralen Arbeitsschutzausschusses,
  8. die Dokumentation der Tätigkeit und der Ergebnisse von Untersuchungen sowie die Erstellung von Berichten und Programmen auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und der Arbeitsgestaltung und
  9. die Koordination der Tätigkeit mehrerer Sicherheitsfachkräfte.

Einsatzzeiten

In Arbeitsstätten mit bis zu 50 AN hat die Präventivbetreuung in Form von Begehungen zu erfolgen, die

  • bei 1 bis 10 AN mindestens in 2-Jahresabständen und
  • bei 11 bis 50 AN mindestens jährlich durchzuführen sind, wobei diese Begehungen nach Möglichkeit durch die SFK und AM gemeinsam erfolgen sollen.

In Arbeitsstätten mit über 50 AN sind SFK und AM mindestens im Ausmaß der im § 82a ASchG geregelten Präventionszeit zu beschäftigen. Diese beträgt pro Kalenderjahr und AN für

  • Büroarbeitsplätze 1,2 Stunden und für
  • sonstige Arbeitsplätze 1,5 Stunden.

Für Nachtarbeit ist ein Zuschlag zu berücksichtigen. Von der errechneten Einsatzzeit hat die Fachkraft für Arbeitssicherheit mindestens 40% zu erfüllen. Der Arbeitsmediziner muss 35% erfüllen, die verbleibenden 25% müssen individuell auf alle Präventivfachkräfte aufgeteilt werden.

Position im Unternehmen

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit wird vom Unternehmer schriftlich bestellt (externe Fachkraft oder Mitarbeiter des Unternehmens). Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist dem Unternehmer direkt unterstellt und hat die Position einer Stabsstelle. Eine Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern ergibt sich aus dieser Position nicht.

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit ist bei Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern (Deutschland) Mitglied im Arbeitsschutzausschuss, in Österreich ab 100 Mitarbeitern.

Weblinks

siehe auch

BuS-Betreuung und Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ gültig ab 1. Januar 2011(früher BGV A2, alte Bezeichnung BGV A6 / A7) der jeweiligen Berufsgenossenschaften.

Einzelnachweise

  1. Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Unfallverhütungsvorschrift "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit" - DGUV Vorschrift 2. Häufig gestellte Fragen. Abgerufen am 28. Juni 2011

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