Fidonisi

Fidonisi
Skizze Schlangeninsel
Blick auf Schlangeninsel von Westen (Sommer 2007)

Die kleine Schlangeninsel (ukrainisch Острів Зміїний/Ostriw Smijinyj, rumänisch Insula Şerpilor, russisch Остров Змеиный/Ostrow Smeiny und griechisch Leuke „die Weiße“) ist eine der wenigen Inseln und Eilande im Schwarzen Meer und gehört zum Rajon Kilija, Oblast Odessa, Ukraine.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die Insel ist dem Donaudelta vorgelagert und ragt etwa 12 Seemeilen vor der rumänischen Küste als 40 m hoher, weißer Felsen aus dem Meer. Sie hat einen Durchmesser von etwa 600 m, eine Fläche von 17 Hektar, sowie eine Küstenlänge von 4 km.

Die Angaben über die auf der Felseninsel errichteten Anlagen sind widersprüchlich, da sie als militärisches Sperrgebiet bisher unzugänglich war. Es soll einen nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten, 23 m hohen Leuchtturm mit einer Reichweite von 19 Seemeilen geben. Außerdem seien zwei Anlegestellen für Schiffe mit großer und mittlerer Tonnage sowie eine ukrainische Grenzstation vorhanden. Die sowjetische Schwarzmeerflotte soll Munitions- und Treibstofflager, Radaranlagen sowie Raketenstellungen errichtet haben.

Der Name

In antiker Zeit soll die Insel nur von Meeresvögeln und Schlangen bewohnt gewesen sein, wobei letztere ihr den späteren Namen gaben. Das Eiland wurde auch Leuke (Λευκή, griechisch), die Weiße, genannt, weil es aus der Ferne Ähnlichkeit mit dem weißen Kalkstein der Dobrudscha hat.

Die Griechen benannten die Insel während der Besetzung durch die Türken Fidonisi (Griechisch: Schlangeninsel) und die Insel gab der Schlacht von Fidonisi ihren Namen. Die Schlacht zwischen Türken und Russen fand 1788 im Zuge des 6. Russischen Türkenkriegs (1787-1792) in der Nähe der Insel statt.

Griechische Mythologie

Über die Insel berichtet die im 2. Jahrhundert vom Historiker Philostratos von Lemnos verfasste Sagengeschichte Heroica. In der griechischen Mythologie galt sie als „Insel der Glücklichen“, weil auf ihr geplagte Seelen ihre ewige Ruhe fanden. Die prominenteste Seele war die des im trojanischen Krieg gefallenen Achilleus, Sohn der Meeresgöttin Thetis. Der Sage nach soll Poseidon ihn aus der Tiefe erhoben und ihm dort einen letzten Ruheplatz verschafft haben. Die Sage berichtet, dass auf dem Eiland ein Tempel sowie ein Standbild des Achilleus existiert haben. Griechische Seeleute hätten auf der Insel angelegt, um kostbare Gaben, wie Ringe und Gefäße, zu opfern. Entsprechende Funde befinden sich heute in einem Museum in Odessa.

Unter den zahlreichen Hypothesen zur Lage des im Meer versunkenen Atlantis des Platon beschreibt eine jüngere These die Schlangeninsel als letzten Rest dieses Inselkontinents.

Inselbeschreibung in der Antike

Ein weißes Felsengebirge steigt aus dem Meer, zum Teil mit überhängenden Wänden, keine Wohnung, kein menschlicher Laut weder am Gestade noch in den einsamen Talschluchten, nur Scharen von weißen Vögeln umschweben die Klippen.

Wer die Insel betritt, wagt doch nie, die Nacht auf ihr zuzubringen. Wenn man den Tempel und das Grab Achills besucht und die von früheren Besuchern niedergelegten Weihgeschenke betrachtet hat, so besteigt man abends wieder das Schiff.

Geschichte

Mittelalter und Neuzeit

Die Herrschaft über das unbewohnte und militärstrategisch günstig gelegene Eiland war stets an die politischen Verhältnissen auf dem nahe liegenden Festland gekoppelt.

Im 14. und 15. Jahrhundert stand die Insel unter Hoheit des walachischen Fürsten Mircea cel Bătrân, der über die gesamte Region (Dobrudscha, Donaumündung, Südbessarabien) herrschte. Als das Schwarze Meer im 16. Jahrhundert ein türkisches Binnenmeer wurde, fiel mit dem walachischen Fürstentum auch die Schlangeninsel für Jahrhunderte an die Hohe Pforte in Istanbul.

Mit dem Zerfall des Osmanischen Reichs und durch die russische Südexpansion im 19. Jahrhundert stieg die militärische Bedeutung der winzigen Meeresinsel. Nach dem 7. russischen Türkenkrieg gelangte Russland für eine kurze Zeit in ihren Besitz, als es 1829 im Frieden von Adrianopel das türkische Reich zur Abtretung der Donaumündung und damit auch der Schlangeninsel zwang. 1854 trafen sich vor der Insel die Flotten von England, Frankreich und des Piemont, um gemeinsam in den Krimkrieg zu ziehen und Sewastopol anzulaufen. Nach Russlands Niederlage verblieben zaristische Truppen auf der Insel, denn sie fand im Frieden von Paris 1856 keine Erwähnung. Ein Abzug erfolgte erst 1857 nach Androhung von Beschuss russischer Häfen durch die englische Flotte.

Die Schlangeninsel im Jahr 1898

Im 9. russischen Türkenkrieg 1877/78 zwang das Russische Reich die Türkei erneut die Abtretung des Donaudeltas und der Schlangeninsel, jedoch zugunsten des rumänischen Königreichs, als Teil der Dobrudscha.

Im Ersten Weltkrieg wurde die Insel am 25. Juni 1917 kurzzeitig von deutschen Marinesoldaten besetzt: Ein Landungstrupp des Kreuzers Breslau (türk. Midilli) besetzte die Insel für zwei Stunden, nachdem der Kreuzer die Funkstation auf der Insel durch Artilleriefeuer zerstört hatte. Der Trupp machte mehrere Gefangene und erbeutete ein Schwein und mehrere Hammel.

Gegenwart

Felsen der Schlangeninsel

Bis 1948 gehörte die Schlangeninsel zu Rumänien (Stadt Sulina), um dann wegen der moskautreuen rumänischen Politikerin Ana Pauker in den Besitz der Sowjetunion zu gelangen. Die Schlangeninsel wurde in einem geheimen Protokoll vom 23. Mai 1948 der Sowjetunion übergeben, wovon die rumänische Öffentlichkeit jahrzehntelang nichts erfuhr. Noch im Jahre 1975 fragte der damalige rumänische Präsident Nicolae Ceauşescu nach Rechenschaft wie es überhaupt möglich war dass diese Insel im sowjetischen Besitz kam.[1] Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, 1991, verhandelten in Kiew die Ukraine und Rumänien mehrere Jahre über das Schicksal der Insel. 1991 wurde dann auch der Grenzverlauf des Festlandes zwischen den beiden Staaten festgelegt, der aber bis zum Jahr 2003 umstritten war. Nachdem die NATO Rumänien zu einer besseren Sicherung seiner Landesgrenzen gedrängt hatte, unterzeichnete man am 17. Juni 2003 in Czernowitz nach zehnjährigem Streit den ukrainisch-rumänischen Grenzvertrag, der den Grenzverlauf nun verbindlich festlegt. Im Gegenzug sicherte die ukrainische Regierung zu, keine Offensivwaffen auf der Insel zu stationieren.

Ein wichtiger Streitpunkt war unter anderem die Grenzziehung durch die Aufteilung des Schwarzmeer-Kontinentalsockels, in dem große Öl- und Erdgasvorkommen vermutet werden. Der Streit um die Grenzziehung an dem Kontinentalsockel wurde am 3. Februar 2009 durch den Internationalen Gerichtshof für Grenzstreitigkeiten gelöst - Rumänien erhält etwa 79 %, die Ukraine bekommt 21 % des umstrittenen Kontinentalsockels[2].

Inselbesuch

1998 steuerte der deutsche Weltumsegler Rollo Gebhard bei einer Segeltour durch das Schwarze Meer die kleine Felsinsel an. Sein Boot war das erste ausländische Schiff, das die als Militärstützpunkt und Beobachtungsstation ausgebaute Insel aufsuchen durfte. Der kurze Aufenthalt diente der wissenschaftlichen Erkundung der Fauna und Flora. Der Felsen erinnere an dem 10 mal größeren Helgoland, aber ohne geschützten Anlegeplatz oder Hafen. Die Landung erfolgte mit dem Schlauchboot zwischen den Felsen und durch Erklettern einer steilen Wand. Für die Soldaten der Küstenwache war der Besuch wegen des eintönigen Dienstes eine Sensation. Der Inselkommandant führte die Besucher sogar zu den Kasernenanlagen.

Literatur

  • Hannes Hofbauer, Viorel Roman: Bukowina, Bessarabien, Moldawien - Vergessenes Land zwischen Westeuropa, Russland und der Türkei. Promedia, Wien 1993, 1997, ISBN 3-900478-71-6.

Einzelnachweise

  1. http://www.evz.ro/articole/detalii-articol/819316/Dilema-lui-Ceausescu-cum-a-ajuns-insula-la-sovietici/
  2. Urteil des Internationalen Gerichtshofes vom 3. Februar 2009.

Weblinks

45.25472222222230.2033333333337Koordinaten: 45° 15′ N, 30° 12′ O


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