Fleischskandal

Fleischskandal

Fleischskandal steht für die Skandalisierung von widerrechtlich in Umlauf gebrachtes, für den menschlichen Verzehr ungeeignetes Fleisch. Die Fleischskandale auslösenden Produkte werden stark zunehmend umgangssprachlich als Gammelfleisch oder Ekelfleisch bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Widerrechtlich verwendete Produkte

Das in Fleischskandalen widerrechtlich in Umlauf gebrachte Fleisch lässt sich in zwei Bereiche einteilen:

  • Fleisch zum menschlichen Gebrauch, die das Verbrauchsdatum oder das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten hat und nicht auf ihre einwandfreie Beschaffenheit hin von Befugten sorgfältig vorschriftsgemäß geprüft wurde[1].
  • Fleisch, das nicht zum menschlichen Gebrauch bestimmt ist, aber dafür verwendet wurde. Es handelt sich dabei nach der EU-Verordnung Nr.1774/2002 mit Gültigkeit vom 1. Mai 2003 um die Kategorien K1 und K3 (siehe Tierkörperverwertung).

Bekanntgewordene Fleischskandale

  1. Die weitgehend durch Tiermehl ausgelöste Tierseuche BSE, auch Rinderwahnsinn genannt.
  2. Bei dem Gammelfleischskandal im November 2005 um einen Fleisch-Großhändler aus Gelsenkirchen wurden 131 Tonnen Rind- und Putenfleisch in NRW, Niedersachsen und Hamburg sichergestellt[2][3][4]Der Fleischhändler wurde wegen gewerbsmäßigem Betrug und Verstoß gegen das Lebensmittelrecht aufgrund von nachgewiesenem in Umlaufbringen von rund 400 Tonnen Gammelfleisch zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt[5][6].
  3. Im gleichen Zeitraum (Herbst 2005) wurden auch andere Skandale bekannt, die in der Öffentlichkeit oft nicht deutlich vom bisherigen unterschieden wurden[7]. Insgesamt wurden Tausende Tonnen verdorbenes, abgelaufenes oder umetikettiertes Fleisch beschlagnahmt.
  4. Im September 2006 wurden in München nur noch etwa 100 Tonnen einer ursprünglich wesentlich größeren Menge an verdorbenem Fleisch – darunter Döner- und Entenfleisch – sichergestellt. Das sichergestellte Fleisch war bis zu vier Jahre alt. Eine weitaus größere Menge ist an 26 Betriebe in München beliefert worden und wurde verzehrt[8]. Weitere bundesweite „kleinere“ Fälle wurden im Zusammenhang bekannt[9].
  5. Im Oktober 2006 wurden in Hamburg über 5 Tonnen teilweise grünlich verfärbtes Gammelfleisch beschlagnahmt[10]. Es besteht der Verdacht auf eine weit größere, schon verzehrte Menge. Es wurde ein Strafverfahren eingeleitet.
  6. Im August 2007 wurde in Wertingen (Bayern) ein Skandal von etwa 200 Tonnen sogenanntem K3-Fleisch (Handelskategorie 3) veröffentlicht, das nicht für menschlichen Gebrauch tauglich war. Die Ware sei bei dem Großhändler als K3-Material angekommen und wurde nach bisherigen Erkenntnissen umetikettiert. Verwendet wurde das Fleisch angeblich vorwiegend zwischen Juni 2006 und August 2007 zur Herstellung von Dönerkebab in Berlin, aber auch in Gesamt-Deutschland (siehe [11][12][13][14][15]). Äußerungen, dass dieses Fleisch unerkannt verwendet wurde, widerspricht Berlins größter und mehrfach DLG-prämierter Döner-Produzent Remzi Kaplan: „So etwas sieht und riecht man.“[16] Der Verkäufer aus Bayern wurde zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.[17]
  7. Im September 2009 flog im polnischen Sosnowiec ein Lager voller bis zu 26 Jahre alten Fleischkonserven auf. Diese stammten aus Beständen der schwedischen Armee und wurden über mehrere Zwischenhändler nach Polen gebracht. Mehrere Betriebe der örtlichen Lebensmittelbranche kauften das Material und benutzten es für Produkte wie Frikadellen und Piroggen, die an Kantinen, Mensen und sogar Kindergärten gingen.[18]

Über diese bekanntgewordenen Fälle hinaus äußerte die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungswirtschaft im September 2006 den Verdacht, dass die weit größere Menge von 15.000 Tonnen an bisher nicht entdecktem Gammelfleisch im Umlauf sei[19].

Verbraucherschutz

Fleischuntersuchung der Tierkörper durch Amtstierärzte an der Fleischstraße

Am 1. Juli 2008 traten neue Bestimmungen der EU-Kommission in Kraft, die eine verbesserte Rückverfolgung, Bewertung und Identifikation tierischer Nebenprodukte zulassen. Unter anderem wurde bestimmt, Kategorie 1 und 2 Material im innereuropäischen Handel mit Glycerintriheptanoat zu kennzeichnen und auf nationaler Ebene das Einfärben auch von Kategorie 3 Produkten zu erlauben[20][21].

Quellen

  1. BVL: Hintergrundinformation: Neu verpackt und umdatiert – Verbrauchertäuschung oder legale Praxis?
  2. 10/2005: Umwelt & Ernährung: Gammelfleisch aus Gelsenkirchen
  3. 11/2005: 131 Tonnen sichergestellt, Skandal um Gammelfleisch weitet sich aus
  4. FAZ.net: Fleischhandel im Hotelzimmer.
  5. Tagesspiegel: Lebensmittelskandal: Haftstrafe in Gammelfleisch-Prozess
  6. Wichtigster Drahtzieher des Fleischskandals vom November 2005 verurteilt (PDF)
  7. 12/2005: Foodwatch: Ein Gammelfleisch-Skandal nach dem anderen
  8. 6/2006: Focus online: Ernährungs-Skandal: Ekelfleisch überwiegend verzehrt
  9. Abendblatt: Gammelfleisch aus Hamburg: Händler verhaftet
  10. 10/2006: HAMBURG:Polizei beschlagnahmt 5,5 Tonnen Gammelfleisch
  11. 8/2007: Tagesspiegel online: Akkordausbeiner und Gammeldöner
  12. Max Hägler: Dönerspieße gammeln weiter in taz, die tageszeitung vom 7. September 2007
  13. 8/2007: Spiegel online: Bis zu 180 Tonnen Ekelfleisch ausgeliefert
  14. 8/2007: Focus online: LEBENSMITTEL-SKANDAL: Bis zu 180 Tonnen Gammelfleisch
  15. Berliner Zeitung: Wieder kaufte ein Berliner Döner-Hersteller Ekelfleisch
  16. 8/2007: Tagesspiegel online: Gammelfleisch Dönerskandal weitet sich aus
  17. Der Spiegel: Fleischhändler muss zwei Jahre ins Gefängnis
  18. TV-Sendung «Uwaga!», gesendet am 25. September 2009 auf tvn (poln.).
  19. Spiegel online: BEFÜRCHTUNG DER ERNÄHRUNGSWIRTSCHAFT: 15.000.000 Kilogramm Gammelfleisch
  20. Europe Press Releases: Member States agree to new traceability rules for animal by-products
  21. BVL: Hintergrundinfo zum Einfärben tierischer Nebenprodukte

Siehe auch

Literatur

  • K. Meyer-Kullmann: Lebensmittelskandale und Konsumentenreaktionen. Analyse der Auswirkungen von Lebensmittelskandalen unter besonderer Berücksichtigung des Informationsverhaltens. Dargestellt am Beispiel BSE. Lang, Frankfurt a. M. u. a. 1999, ISBN 3-631-34928-9 (Dissertation an der Technischen Universität München)
  • Matthias Horst, Otto A. Strecker (Hrsg.): Krisenmanagement in der Lebensmittelindustrie. Behr, Hamburg 2006, ISBN 3-89947-302-7

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Lebensmittelskandal – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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