- Fossillagerstätte Rott
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Die Fossillagerstätte Rott ist eine unter Fachleuten weltbekannte Lagerstätte für fossile Pflanzen und Tiere bei der Ortschaft Rott in der Stadt Hennef (Sieg).
Vor 25 Millionen Jahren, im Oberoligozän, befand sich an der heutigen Stelle Rotts ein großer See, dessen Schlammschichten viele Abdrücke von Pflanzen und auch Tieren konserviert haben. Da die Bedingungen selten die Konservierung von Flora und Fauna gleichzeitig zulassen, ist hier ausnahmsweise die genaue Zuordnung von Pflanzen- und Tierarten in eine Epoche möglich. Schon durch den Fund eines Kohlenschweins ist eine Zuordnung auf die Perioden MP 28–30 möglich.
Die Fundstätten und die alten Kohlenhalden sind geschützt als Naturdenkmal.
Inhaltsverzeichnis
Bergbau
Am 24. Februar 1751 wurde in Rott ein Braunkohlenwerk gemutet. Die hier gefundene feinschichtige Blätterkohle befindet sich in einer Teufe von 20–30 m. Bereits vorher war Blätterkohle in den nicht weit entfernten Vorkommen Orsberg bei Erpel und Minderberg bei Linz am Rhein abgebaut worden. Diese wurde verheizt, als Dünger verwendet oder zu Teer verarbeitet. Blätterkohle liefert durch Erhitzen 15–20 % Teer. In Rott wurde auch Eisensulfid als Eisenvitriol gewonnen, Alauntone und unterhalb der Blätterkohle Pyritan.
1849 wurde das Vorkommen in Rott von der Societé des schistes bitumineux du rhin untersucht, um Mineralöl zu gewinnen. Die Nachfolgefirma August Wiesmann & Co. erbaute in Combahn (heute Bonn-Beuel) die Augustenhütte. 1851 begann die industrielle Produktion, wenig später wurde die Blätterkohle aus Rott und der Grube Am Stößchen vom Minderberg dort hin geliefert, um verschwelt zu werden. 1854 übernahm eine in Bonn gegründete Aktiengesellschaft den größten Teil der Rotter Gruben. 1864 wurde direkt in Rott eine Verschwelungsanlage erbaut. Der Rohteer wurde über eine Pferdebahn zur Augustenhütte geliefert.
Dort wurden ein leichtes Leuchtölgemisch (Photogen), Solaröl (deutsches Petroleum), Schweröle und Asphalt als Eisenanstrich hergestellt. Das Paraffin Photogen wurde erstmals in Deutschland kommerziell hergestellt und war über einen Zeitraum von zehn Jahren richtungsweisend für die Beleuchtungstechnik. Aufgrund billigerer ausländischer Importe wurde die Produktion auf Schwefelsäureprodukte umgestellt, aber trotzdem musste der Betrieb 1887 geschlossen werden.
1890 bis 1894 fand ein weiterer Abbauversuch statt, wobei die Braunkohle mit einer Feldeisenbahn nach Siegburg gebracht wurde. 1911 und 1915 bis 1919 scheiterten weitere Versuche, die Gruben kommerziell auszubeuten.
Forschung
Der mineralogisch-geologische Siebengebirgs-Forscher Carl Wilhelm Nose (1758–1835) schilderte 1789/90 ausführlich die Blätterkohle von Stößchen und erwähnt Blattabdrücke des wilden Salbei und der gemeinen Weide. 1803 berichtete Johann Ludwig Jordan, ein als Bergschullehrer tätiger Mediziner, in dem Verhärteten Blätterthon vom Stößchen fänden sich Blätter, Grashalme und selten zerdrückte Insektenreste. Ein Schüler von Nose, Johann Jacob Nöggerath, der später an der Universität Bonn als Professor tätig war, brachte 1808 dessen Mineralogische Studien über die Gebirge am Niederrhein heraus. Hierin werden Blätter- und Samenfunde vom Stößchen und vom Orsberg aufgeführt, aber noch rezenten Arten zugerechnet. Die erste wissenschaftliche Arbeit erschien 1828 von dem Zoologen und Paläontologen Heinrich Georg Bronn in Heidelberg. Die Untersuchung über fossile Reste der Papierkohle von Geistingerbusch (= Rott) listet Fische, Froschlarven, Garnelen und Pflanzenreste auf, auch von Abbildungen begleitet. 1831 veröffentlichte Georg August Goldfuss, ebenfalls Zoologe und Paläontologe an der Universität Bonn, seine jahrelange Forschungsergebnisse über Wirbeltierfunde. Teile seiner Käferfunde wurden von dem mit ihm befreundeten Ernst Friedrich Germar aus Halle auf Tafeln koloriert abgebildet. Goldfuss’ Schüler Johann Gottfried Zehler schrieb in seinem Buch über das Siebengebirge einiges über die Funde von Rott. Der Nachfolger von Goldfuss auf dem Lehrstuhl, Franz Hermann Troschel, erforschte von 1851 bis 1862 verschiedene Wirbeltierreste. Ein weiterer Fundstücksammler war der Leiter des Oberbergamtes seit 1841, Heinrich von Dechen. 1851 bis 1861 beschäftigte sich Karl Otto Weber als Mitglied des naturwissenschaftlichen Seminars der Universität Bonn intensiv mit der Blätterkohlenflora. Neben vielen anderen Forschern ist noch der Lehrer Georg Statz als Erforscher der Insekten der kieseligen Schicht wichtig, er studierte hierfür ab 1926 zehn Semester Biologie. Seine dortige Forschung wurde von der Universität Köln mit der Ehrendoktorwürde belohnt, seine Sammlung mit 3500 Insekten und 2300 Pflanzen wurde nach seinem Tod nach Los Angeles verkauft.
Funde
Die Fundstätte ist scheinbar ein im Grund toter See gewesen, da kaum Verwesung oder Verwühlung der Überreste stattfand. Die Fundqualität in Rott ist bei Pflanzen aufgrund der Schichtung sehr gut, allerdings bei tierischen Fossilien selten hervorragend. Hier sind aufgrund der Schichtenbildung selten komplette Stücke erhalten, zumal es sich meist um Zufallsfunde während des Kohleabbaues handelte. Die oft 100 Jahre alten Fundstücke sind in der Folgezeit auch oft zerfallen (da sich die Blattkohle aufwölbt) oder (z. B. durch Kriegswirren) nur durch Zeichnungen oder in der Beschreibung erhalten geblieben sind. Neue Fundstücke für moderne Präparationsmethoden sind kaum vorhanden, da die alten Gruben unzugänglich sind und der Regen den Abraumhalden Schaden durch starke Auswaschung zugefügt hat. Lediglich kleine Stücke wie z. B. Zähne wurden in jüngerer Zeit bei Bohrungen gewonnen.
Säugetiere
Das Nashorn Brachydiceratherium lemanense, das Kohlenschwein Microbunodon, das Moschustier Moschus meyeri, der Bärhund amphicyon, zwei marderartige Raubtiere, der Pfeifhase Ochtotonide (ohne Hinterbeine, aber eines der schönsten Fundstücke), drei Hamsterartige: Eucricetodon cf. collatus, Pseudocricetodon cf. thaleri und Adelomyarion vireti, der Biber Stenofiber cf. eseri, das Flughörnchen Blackia cf. miocaenica, drei Siebenschläferverwandte: Bransatoglis cf. fugax, Glirudinus glirulus und Peridyromys cf. murinus, vier Arten der ausgestorbenen Nagetierfamilie Eomyide, drei Maulwurfarten: Desmanella sp., Paratalpa sp. und Talpidae gen. et sp. indet., der Wassermaulwurf Dimylidae gen. et sp. indet., zwei Spitzmausarten Soricide, eine Glattnasenfledermausart und die Beutelratte Amphiperatherium exilie.
Vögel
Von Vögeln wurden nur vereinzelt Federn gefunden.
Schwanzlurche und Reptilien
Zwei Riesensalamander (40 und 60 cm), ein Schwanzlurch (11 cm), eine Wasserschildkröte und eine Sumpfschildkröte, eine Gürtelechse, drei Schleichen, die Zwergboa Rottophis und das Krokodil Diplocynodon, ein beschriebenes Skelett mit gebrochenem, aber abgeheilten Oberschenkel.
Frösche
Drei Arten Wasserfrösche, zwei Arten Krötenfrösche und zwei Arten Echte Frösche, eventuell auch Scheibenzüngler. Teilweise sind von den Fröschen, wie bei anderen Tieren auch, die Körperumrisse erkennbar durch die mineralischen Ablagerungen von Fäulnisbakterien.
Fische
Hauptsächlich kleine Karpfenartige Palaeorutilus papyraceus, zwei Sexualmorphismusen von Tarsichthys macrurus (30 cm), zu 10 % Hechtartige Esox papyraceus Troschel 1854 (40 cm) und Stintartige Osmerus solitarius (6,5 cm). Letztere Gattung gehört heute zu den Wanderfischen und spricht für eine Verbindung des Rotter Sees zu dem damals in der Kölner Bucht stehenden Meeres.
Insekten
Es wurden etwa 630 Insektenarten gefunden, dazu Eibogen (Gelege) von Libellen auf Blätterabdrücken. Zu den Insekten gehören Libellen (meist Larven), Steinfliegen, Schaben, Termiten, Heuschrecken, Wanzen, Zikaden, Blattläuse, Netzflügler, Käfer, Hautflügler, Köcherfliegen, Schmetterlinge, Schnabelfliegen, Zweiflügler u. a.
Pflanzen
Fünf Laubmoose, vereinzelt Farn und Schachtelhalm, Nacktsamer wie Zypressen- und Kieferngewächse und auch eine Wasserfichte, Blütenpflanzen wie die Fächerpalme Sabal?, Stechwindengewächse, Binsengewächse, Sauergräser, eventuell auch Süßgräser und Ingwerartige, des Weiteren Magnoliengewächse, Seerosengewächse, Ulmengewächse, Walnussgewächse, Gargelgewächse, Sapotegewächse, als Schmetterlingsblütler vermutlich die Cassia, Podostemmungsgewächse, Tupelbaumgewächse, Ahorngewächse, Bittereschengewächse, Buchengewächse, Lindengewächse, Birkengewächse, Weidengewächse und Heidekrautgewächse.
Sammlungen und Ausstellungen
Ausstellungen der Fundstücke sind im Los Angeles Country Museum of Natural History zu sehen, das 1954 6500 Fundstücke erwarb, sowie im Goldfuß-Museum der Universität Bonn, das kürzlich einen Teil der Sammlung zurückführte. Weitere Stücke befinden sich im Natural History Museum, London, im Institut für Paläontologie der Universität Bonn, dem Senckenberg-Museum der Stadt Frankfurt am Main, dem Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart und dem Museum der Stadt Siegburg. Daneben gibt es noch die Privatsammlungen Tammler in Hennef-Lichtenberg und Winterscheid in Köln.
Vergleich zu anderen Fundstätten
Die Fossilfundstätte Holzmaden zeigt unter ähnliche Erhaltung 180 Millionen Jahre alte Fossilien des Meeres. Die Fossillagerstätte Grube Messel entstand ebenfalls aus einem Süßwassersee, ist aber schon vor 50 Millionen Jahren entstanden und zeigt kaum Wasserinsekten, Krebse und nur wenige Fischarten. Ähnlich alt wie Messel ist das Eckfeld bei Manderscheid in der Eifel. In dem ehemaligen Maar liegen auch gröbere Schichten, wodurch etwa ein Urpferd-Schädel unzerdrückt erhalten blieb. Enspel im Westerwald war ebenfalls ein Süßwassersee, dessen feine Fundschichten von einer Basaltdecke geschützt wurden und erst jetzt beim tieferen Abbau des Basalts entdeckt wurde.
Literatur
- Wighart von Königswald (Hrsg.): Fossillagerstätte Rott bei Hennef am Siebengebirge. Das Leben an einem subtropischen See vor 25 Millionen Jahren. 2. erweiterte Auflage. Rheinlandia-Verlag, Siegburg 1996, ISBN 3-931509-12-5.
- Meinolf Hellmund: Hennef-Rott, eine Fossilfundstelle von Weltgeltung im Rhein-Sieg-Kreis. In: Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 1988, ISBN 3-925551-04-2, S. 152 ff.
Weblinks
50.7516637.267199Koordinaten: 50° 45′ 6″ N, 7° 16′ 1,9″ OKategorien:- Hennef (Sieg)
- Geschichte des Rhein-Sieg-Kreises
- Fossillagerstätte
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