- Grube Messel
-
Die Grube Messel in Messel (Landkreis Darmstadt-Dieburg in Hessen) ist ein stillgelegter Tagebau. Bekannt wurde die Grube Messel durch die dort gefundenen und hervorragend erhaltenen Fossilien von Säugetieren, Vögeln, Reptilien, Fischen, Insekten und Pflanzen aus dem Eozän. Besonders die Weichteilerhaltung bei Säugetieren macht die dort gefundenen Fossilien einzigartig. Am bekanntesten ist die frühe Pferdeart Propalaeotherium, von der über 70 Individuen gefunden wurden. Weitere bedeutende Funde sind Messelornis cristata, ein Kranichvogel, dem ungefähr die Hälfte aller in der Grube Messel gefunden Vogelfossilien zugeordnet werden, sowie Darwinius masillae („Ida“), ein ausgestorbener Primat.
Die Grube Messel ist die erste der drei UNESCO-Weltnaturerbestätten Deutschlands.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
In der Nähe der heutigen Ortschaft Messel entstand der Messeler Ölschiefer im Eozän vor rund 47 Millionen Jahren. Eine Forschungsbohrung im Herbst des Jahres 2001 ergab, dass sich im Explosionstrichter eines Vulkanausbruches ein bis zu 300 Meter tiefer See, ein Maar, bildete, das durch Sedimentation wieder aufgefüllt wurde.
Der Ölschiefer wurde in einer Stärke von bis zu 150 Metern abgelagert. Das lässt auf eine Zeitspanne von rund 1,5 Millionen Jahren schließen, während der dieser See bestanden haben muss. Die sehr große Tiefe im Verhältnis zur kleinen Oberfläche erlaubte einen Wasseraustausch durch Konvektion nur in den oberen Wasserschichten, was in der Tiefe zu Sauerstoffmangel führte. In dem subtropischen bis tropischen See konservierten sich deshalb in tiefer gelegenen Wasserschichten und im Schlamm des Sees tote Tiere und Pflanzen, die auf den Grund sanken und versteinerten.
In der Grube Messel wurde von 1859 bis 1970 bituminöser Tonstein, Eisenerz und Braunkohle abgebaut und der Tonstein zur Gewinnung von Erdölprodukten verschwelt. Umgangssprachlich werden diese Sedimente auch als Ölschiefer bezeichnet. Die Grube gehörte ab 1923 zu der A. Riebeck'sche Montanwerke AG. Für die Förderung der Bergbauprodukte aus der Grube und der festen Produkte der Verschwelung auf Halden bestanden verschiedene Bahnsysteme (Siehe: Hauptartikel: Grubenbahnen Messel).
Nach Einstellung des Ölschieferabbaus war geplant, die Grube mit Müll zu verfüllen. Wissenschaftler und die Bevölkerung engagierten sich für den Erhalt der Grube. Trotz vieler Einsprüche, Bürgerbegehren und Demonstrationen verhinderte aber letztlich nur ein Formfehler der Planungsbehörde 1990 die Deponie.[2] Die Grube Messel wurde bei der UNESCO zur Aufnahme in die Liste des Weltkultur- und Naturerbes der Menschheit angemeldet und dort am 8. Dezember 1995 eingetragen.
Zu Ehren von Joschka Fischer, der als hessischer Umweltminister gegen eine Nutzung der Grube als Mülldeponie und für deren Bewahrung als Fossilienfundstätte gekämpft hatte, wurde im Jahr 2005 eine fossile Schlange als Palaeopython fischeri benannt.[3]
Fossilien
Der Erhaltungszustand der Messeler Fossilien ist herausragend: Oft finden sich sogar Weichteilabdrücke, Mageninhalte und Flügel von Insekten mitsamt deren ursprünglicher Farbgebung.
Bei den Fossilien aus der Grube Messel gibt es allerdings ein Konservierungsproblem: Das tragende Material, der Tonstein (Ölschiefer), enthält etwa 40 Prozent Wasser. Trocknet er aus, dann zerreißt er und zerkrümelt in kleine Blättchen, ähnlich wie Rindenmulch. Erst seit Anfang der 1960er-Jahre ist es möglich, die Fossilien auf Kunstharz umzubetten und damit dauerhaft zu konservieren, für die Forschung zu erhalten und auszustellen. Das Verfahren wurde von Hobby-Forschern in den 1970er-Jahren zur heute noch angewandten Form entwickelt, da bis 1975 das private Bergen des Ölschiefers von den Behörden geduldet wurde.[2]
Galerie
-
Prachtkäfer mit noch schillerndem Panzer aus der Messel-Sammlung des Hessischen Landesmuseums Darmstadt
-
Rhynchaeites messelensis ein fossiler Ibis
-
Masillamys ist einer der ältesten Nager der Erdgeschichte (Sammlung Forschungsinstitut Senckenberg).
-
Kopidodon macrognatus mit buschigem Schwanz (Sammlung Forschungsinstitut Senckenberg)
Grabungen
Das Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt und das Hessische Landesmuseum Darmstadt sind während der Sommermonate auch mit eigenen Grabungen vor Ort präsent.
Ausstellungen
- Fossilien- und Heimatmuseum Messel: Im alten Rathaus der unmittelbar benachbarten Gemeinde Messel werden in einer modernen und besucherfreundlichen Ausstellung die Bergbaugeschichte der Grube und originale Fossilien gezeigt.
- Hessisches Landesmuseum Darmstadt: In der Geologischen Abteilung im ersten Stock werden herausragende Fossilien mit einem Diorama der Grube zur Zeit des Eozäns in Verbindung gebracht. Darin findet sich auch die Rekonstruktion des in Messel gefundenen pferdeartigen Propalaeotherium.
- Naturmuseum Senckenberg: In Frankfurt am Main können sich Besucher eine sehr umfangreiche wissenschaftliche Ausstellung mit spektakulären Funden ansehen. Insbesondere neuere Verfahren der Präparation sind ausgestellt.
Besichtigung
Die Grube kann in geführten Gruppen besucht werden. Führungen werden regelmäßig angeboten. Eine Aussichtsplattform am Rand der Grube ermöglicht einen Blick in die Grube, ohne an einer Führung teilzunehmen. Informationstafeln helfen bei der selbstständigen Erkundung.
Ein Besucher- und Informationszentrum direkt am Rand der Grube Messel wurde im August 2010 eröffnet. Die Architektur des Gebäudes ist von der Schichtung des Ölschiefers abgeleitet. Jährlich werden rund 100.000 Besucher erwartet. Die Besucher „durchwandern“ die Erdschichten. [4]
Zusätzlich wird die Straße in die Grube saniert und eine erlebnisorientierte Gestaltung mit Stationen und Wetterschutz aufgebaut.[5]
Wissenswert
Die Grube Messel ist ein zentraler Schauplatz in dem Roman von Bernhard Kegel Das Ölschieferskelett.[6]
Die Welterbe Grube Messel GmbH, die auch Führungen durch die Grube arrangiert, erwarb 2011 500 Negative und Glasplatten, die von Kurt Röhrig wahrscheinlich im Jahre 1949 zum Abbau und dem Betrieb in der Ölschiefergrube gemacht wurden. Die Dokumente sind seitdem im Besitz des Besucherzentrums.[7]
Literatur
- Anita Bagus: Die Grube Messel für Kinder und andere Forscher. Interessengemeinschaft zum Erhalt der Fossilienfundstätte, Messel 2003, ISBN 3-00-011776-8.
- Georg Beeger: Chronik der Grube Messel 1884-1964. In: Stephan Schaal und Ulrich Schneider (Hrsg.): Chronik der Grube Messel. Gladenbach 1995. ISBN 3-88343-016-1, S. 3-195.
- Jens L. Franzen, Philip D. Gingerich, Jörg Habersetzer, Jørn H. Hurum, Wighart von Koenigswald, B. Holly Smith (2009): Complete Primate Skeleton from the Middle Eocene of Messel in Germany: Morphology and Paleobiology. PLoS ONE 4(5): e5723. doi:10.1371/journal.pone.0005723.
- Gabriele Gruber, Norbert Micklich: Messel. Schätze der Urzeit. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-80622-092-6 (Begleitbuch zur Ausstellung im Hessischen Landesmuseum Darmstadt vom 29. März bis 30. September 2007, Leiden 2007–2008, Oslo 2008, Hannover 2009, Stuttgart 2009, Basel 2009–2010, Münster 2010–2011).
- Wighart von Koenigswald, Gerhard Storch (Hrsg.): Messel. Ein Pompeji der Paläontologie. Thorbecke, Sigmaringen 1998, ISBN 3-7995-9083-8.
- Gerhard Storch: Die Grube Messel: Säugetiere am Beginn ihrer großen Karriere. In: Biologie in unserer Zeit. 34 (1), 2004, ISSN 0045-205X, S. 38–45.
- Colin Tudge, Josh Young: "The Link. Uncovering Our Earliest Ancestors". Little, Brown and Company, New York, May 2009, ISBN 978-0316070089
- Torsten Wappler (Hrsg.): Messel unter der Lupe. Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Darmstadt 2005, ISBN 3-926527-76-5
- Hans W. Wolf: Schätze im Schiefer. Faszinierende Fossilien aus der Grube Messel. Westermann, Braunschweig 1988, ISBN 3-07-508996-6.
Filme
- Schätze der Urzeit - Müll der Neuzeit. Dokumentation, Deutschland 1985, 29 Min. Film von: Uschi Madeisky und Klaus Werner, Produktion: ZDF, Erstsendung 27. April 1985.
- Fenster zur Urzeit - Weltnaturerbe Grube Messel Dokumentation, Deutschland 1998, 30 min. Produktion: Stadtfernsehen Dreieich
- Ein Fenster zur Urzeit. Die Grube Messel. Dokumentation, Deutschland, 2008, 45 Min., Buch und Regie: Götz Balonier, Produktion: hr, Erstsendung 15. April 2008, Inhaltsangabe von 3sat
- Fossilienlagerstätte Grube Messel. Dokumentation, Deutschland, 2008, 15 Min., Buch und Regie: Josef Becker, Produktion: SWR, Reihe: Schätze der Welt, Inhaltsangabe, Online-Video
- Urzeit am Geistersee. Auf der Suche nach dem Messel von heute. Dokumentation, Deutschland 2009, 43 Min., Regie: Klaus Sparwasser, Iris Sparwasser, ZDF, Inhaltsangabe
- Die geheime Entdeckung. Das Fossil und seine Botschaft. Dokumentation, Deutschland, 2009, Erstausstrahlung 31. Mai 2009, 45 Min., Film von Anthony Geffen, Produktion: ZDF, Reihe: Terra X, Informationsseite, Online-Video
Einzelnachweise
- ↑ Franzen JL, Gingerich PD, Habersetzer J, Hurum JH, von Koenigswald W & Smith BH (2009) „Complete Primate Skeleton from the Middle Eocene of Messel in Germany: Morphology and Paleobiology“. PLoS ONE 4(5): e5723. doi:10.1371/journal.pone.0005723
- ↑ a b „Ein Fenster zur Urzeit. Die Grube Messel“, hr, 15. April 2008
- ↑ „15 Jahre UNESCO-Weltnaturerbe. Wo Urpferdchen, Ida & Co. zuhause sind: Joschka und die Schlange“, Hessischer Rundfunk, 8. Dezember 2010
- ↑ Zehn Millionen für Fossilien, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. August 2010
- ↑ [1]Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, 26. August 2010
- ↑ Bernhard Kegel: Das Ölschieferskelett. Eine Zeitreise. 4. Auflage. Ammann, Zürich 1996, ISBN 3-250-10288-1.
- ↑ Fotoschatz der Grube Messel in: FAZ vom 20. Oktober 2011, Seite 49
Weblinks
Commons: Grube Messel – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Norbert Micklich, Gabriele Gruber: Das UNESCO Weltnaturerbe – Denkmal Grube Messel am Hessischen Landesmuseum Darmstadt (HLMD): Sammlungen und Forschungen.
- Informationen über die Grube Messel
- Welterbe Grube Messel - Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie
- Museumsverein Messel e. V.
- Eintrag in der Welterbeliste der UNESCO auf Englisch und auf Französisch
Weltkulturerbe: Aachener Dom | Dom zu Speyer | Würzburger Residenz mit Hofgarten und Residenzplatz | Wallfahrtskirche auf der Wies | Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl | Dom St. Mariae und Michaeliskirche in Hildesheim | Römische Baudenkmäler, Dom und Liebfrauenkirche in Trier | Historische Hansestadt Lübeck | Schlösser und Gärten von Potsdam und Berlin | Abtei und Altenmünster des Klosters Lorsch | Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar, Kloster Walkenried, Grube Samson und Oberharzer Wasserregal | Zisterzienserabtei Kloster Maulbronn | Eisenhütte in Völklingen | Kölner Dom | Bauhaus-Stätten: Bauhaus Dessau, Kunstschule und Kunstgewerbeschule Weimar, Musterhaus Am Horn | Lutherstädte Eisleben und Wittenberg | Klassisches Weimar | Museumsinsel in Berlin | Wartburg bei Eisenach | Dessau-Wörlitzer Gartenreich | Klosterinsel Reichenau im Bodensee | Zeche Zollverein und Kokerei Zollverein | Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal | Die historischen Altstädte Stralsund und Wismar | Bremer Rathaus und Bremer Roland | Fürst-Pückler-Park Bad Muskau | Obergermanisch-Rätischer Limes | Stiftskirche und Altstadt Quedlinburg | Altstädte von Bamberg und Regensburg | Siedlungen der Berliner Moderne | Fagus-Werk in Alfeld | Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen
Weltnaturerbe: Grube Messel | Wattenmeer der Nordsee | Alte Buchenwälder
Weltdokumentenerbe: Edisonwalzen des Berliner Phonogramm-Archivs | Gutenberg-Bibel | Literarischer Nachlass Goethes | Beethovens 9. Sinfonie | Metropolis | Reichenauer Handschriften | Grimms Märchen | Waldseemüller-Karte | Bibliotheca Corviniana | Briefwechsel von Gottfried Wilhelm Leibniz | Nibelungenlied
Ehemaliges Welterbe: Dresdner Elbtal
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Grube Messel (Begriffsklärung) — Grube Messel bezeichnet: den Ortsteil Grube Messel (Messel) der Gemeinde Messel die UNESCO Welterbestätte Grube Messel Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung mehrerer mit demselben Wort bezeichneter Begriffe … Deutsch Wikipedia
Grube Prinz von Hessen — Blick über die Grube (mit Kettenbahn), kurz vor der Stilllegung 1924 Abbau von … Deutsch Wikipedia
Messel pit — Fossil Site * UNESCO World Heritage Site Country … Wikipedia
Grube Samson — Abbau von Silbermineralien Größte Tiefe 840 mdep1 Betriebsbeginn ca. 1521 Betriebsende 31. März 1910 Geografische Lage … Deutsch Wikipedia
Messel (Begriffsklärung) — Messel bezeichnet: Ortsbezeichnungen die Gemeinde Messel die UNESCO Welterbestätte Grube Messel Personennamen den Architekten Alfred Messel (1853–1909) … Deutsch Wikipedia
Messel — Wappen Deutschlandkarte … Deutsch Wikipedia
Messel — I Mẹssel, Gemeinde im Landkreis Darmstadt Dieburg, Hessen, 185 m über dem Meeresspiegel, 4 000 Einwohner; Fossilien und Heimatmuseum. Das in Ortsnähe befindliche, fast 200 m mächtige Ölschiefervorkommen aus dem mittleren Eozän ( … Universal-Lexikon
Bahnhof Messel — Messel Bahnhof vor der Elektrifizierung Daten Kategorie 6 … Deutsch Wikipedia
Grubenbahnen Messel — Die Grubenbahnen Messel waren unterschiedliche Bahnsysteme, die während der Zeit des aktiven Abbaus in der Grube Messel dort zum Abtransport der Bergbauprodukte und des Abraums eingesetzt wurden. Zug der Abraumbahn auf der Abraumhalde … Deutsch Wikipedia
Sitio fosilífero de Messel — Nombre descrito en la Lista del Patrimonio de la Humanidad … Wikipedia Español
-