- Franz Schnabel
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Franz Schnabel (* 18. Dezember 1887 in Mannheim; † 25. Februar 1966 in München) war ein deutscher Historiker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Franz Schnabel wuchs als Sohn eines evangelischen Kaufmanns und einer französischen katholischen Mutter in der Umgebung des humanistischen, liberalen badischen Bürgertums in Mannheim auf. Nach seinem Abitur an einem humanistischen Gymnasium im Jahr 1906 begann Franz Schnabel das Studium der Geschichte und Romanistik an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität, heute Humboldt-Universität, das er an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg fortsetzte und mit dem Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien 1910 abschloss. Im gleichen Jahr promovierte ihn die Universität Heidelberg zum Doktor der Philosophie mit der von Hermann Oncken gestellten Arbeit Der Zusammenschluß des politischen Katholizismus in Deutschland im Jahre 1848.
Ab 1911 arbeitete Schnabel an Gymnasien in Mannheim und Karlsruhe, ab 1924 für das Generallandesarchiv. 1920 wurde er nach seiner Habilitation über die Geschichte der Ministerverantwortlichkeit in Baden Privatdozent; von 1922 bis 1936 war er ordentlicher Professor der Geschichte auf einer Außenseiterstelle an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Während dieser Zeit erschien neben zahlreichen anderen Arbeiten Schnabels Hauptwerk, die Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. In diesem unvollendeten vierbändigen Werk unternahm er den Versuch, die politische Geschichte sowie die Sozial-, Kultur-, Wirtschafts- und Technikgeschichte des 19. Jahrhunderts in ihrem Zusammenwirken zu analysieren und als Voraussetzungen der „Kulturkrise“ des 20. Jahrhunderts zu deuten. Im Unterschied zu den meisten seiner Kollegen unterstützte Schnabel die parlamentarische Demokratie bis 1933; nicht zuletzt auf Grund dieser politischen Haltung verlor er als Vertreter der „Systemzeit“ (wie die Nationalsozialisten die Weimarer Republik nannten) 1936 seinen Karlsruher Lehrstuhl. Von 1936 bis 1945 lebte er zurückgezogen als Privatgelehrter in Heidelberg.
1945 wurde er Landesdirektor für Unterricht und Kultus in Nordbaden. Nach vergeblichem Bemühen um einen Lehrstuhl in Heidelberg nahm er 1947 einen Ruf an die Universität München an; dabei legte er Wert darauf, nicht einen der für Katholiken reservierten "Konkordatslehrstühle" zu besetzen, sondern einen "freien" Lehrstuhl, um den sich zugleich auch der dann in Göttingen lehrende Hermann Heimpel bemühte. 1948 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Erst 1962 wurde er emeritiert.
Seine Deutsche Geschichte wurde nach 1945 mehrfach neu aufgelegt. Schnabel war Ehrenbürger der Stadt Mannheim, Ehrendoktor mehrerer Fakultäten und Ehrenmitglied der British Historical Association und der American Historical Association. Zu seinen prominentesten Schülern gehören die Historiker Lothar Gall, Imanuel Geiss, Eberhard Weis und Karl Otmar Freiherr von Aretin sowie der Jurist Ernst-Wolfgang Böckenförde. Nach Franz Schnabel wurde die Franz-Schnabel-Gedächtnismedaille benannt, eine Auszeichnung für Abiturienten in Baden-Württemberg für herausragende Leistungen im Fach Geschichte.
Schnabel war in vielfacher Hinsicht ein Außenseiter unter den deutschen Historikern seiner Zeit: Er anerkannte die Bedeutung der Französischen Revolution für die politische Kultur Deutschlands, er wies auf die liberalen Traditionen beim Freiherr vom Stein hin (gegen Gerhard Ritter), er stand kritisch gegenüber Bismarcks Kleindeutscher Lösung, förderte die Kultur- und Technikgeschichte neben der politischen und stellte europäische über nationale Horizonte. Seine Antwort auf die deutsche Katastrophe war die Besinnung auf den Humanismus, von der Massendemokratie versprach er sich wenig.
Schnabel war einer der wenigen republiktreuen Verfasser von Geschichtsbüchern der Weimarer Republik beim B. G. Teubner Verlag Leipzig. Ab 1950 setzte er seine Schulbuchverfasserkarriere beim Ernst Klett Verlag (Grundriß der Geschichte) fort.[1]
Nach ihm ist eine Straße in Mannheim-Feudenheim und eine in Karlsruhe-Hagsfeld[2] benannt. Das Grab seiner Eltern Karl und Maria (geb. Guillemin) sowie seiner Schwester Katharina wurden zugebettet. Neben Schnabel wurde seine Schwester Maria (1889-1971) bestattet, die jahrzehntelang für ihn sorgte.[3]
Werke (Auswahl)
- Franz Schnabel: Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert, Band 1: Die Grundlagen, Band 2: Monarchie und Volkssouveränität, Band 3: Erfahrungswissenschaften und Technik, Band 4: Die religiösen Kräfte, Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv), 1929, 1933, 1934, 1937, 1987, ISBN 3-423-04461-6, ISBN 3-423-04462-4, ISBN 3-423-04463-2, ISBN 3-423-04464-0
Literatur
- Franz Schnabel – zu Leben und Werk (1887–1966). Vorträge zur Feier seines 100. Geburtstages. Oldenbourg, München 1988, ISBN 3-486-54871-9.
- Thomas Hertfelder: Franz Schnabel und die deutsche Geschichtswissenschaft. Geschichtsschreibung zwischen Historismus und Kulturkritik (1910–1945). 2 Bände. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1998, ISBN 3-525-36053-3 (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 60; online: Band 1, Band 2).
- Thomas Hertfelder: Franz Schnabel, in: Katharina Weigand (Hrsg.): Münchner Historiker zwischen Politik und Wissenschaft. 150 Jahre Historisches Seminar der Ludwig-Maximilians-Universität, München 2010, S. 233-258.
- Clemens Rehm (Hrsg.): Franz Schnabel – eine andere Geschichte. Historiker, Demokrat, Pädagoge. Begleitpublikation zur Ausstellung des Generallandesarchivs Karlsruhe und des Instituts für Geschichte der Universität Karlsruhe (TH). Freiburg im Breisgau 2002, ISBN 3-451-20356-1.
- Peter Steinbach, Angela Borgstedt (Hrsg.): Franz Schnabel – Der Historiker des freiheitlichen Verfassungsstaates. Ausstellungskatalog mit zahlreichen Fachbeiträgen, Berlin 2009.
Weblinks
- Literatur von und über Franz Schnabel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiographie von Franz Schnabel von der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften des Karlsruher Instituts für Technologie mit weiteren Links zu den Lebensabschnitten als Historiker, Professor, in der NS-Zeit und als Landespolitiker.
Einzelnachweise
- ↑ Agnes Blänsdorf (2004)
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- ↑ W. Münkel: Die Friedhöfe in Mannheim (SVA,1992) S.99
Kategorien:- Historiker
- Geschichtsdidaktiker
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