Fritz Joß

Fritz Joß
Joß Fritz. Holzschnitt von Albrecht Dürer

Joß Fritz (* um 1470; † um 1525) war Initiator der Bundschuh-Bewegungen in Untergrombach, Lehen und am Oberrhein.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Detail des Joß-Fritz-Brunnens in Untergrombach
Detail des Joß-Fritz-Brunnens in Untergrombach

Joß [1] Fritz wurde um 1470 in Untergrombach bei Bruchsal geboren. Er lernte als Landsknecht [2] die Welt kennen, lesen und schreiben. Nach seiner Rückkehr konnte er sich nicht mehr an die bestehende Gesellschaftsordnung anpassen, angesichts der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme der armen Landbevölkerung (v.a. der Bauern).

In den Jahren 1501 und 1502 war er einer der Initiatoren der Bundschuh-Bewegung in Untergrombach, welches zum Bistum Speyer gehörte, dem damals Bischof Ludwig von Helmstatt vorstand, der kostspielige Bauten durch Erhöhung der Abgaben bei gleichzeitiger Einschränkung der Forst-, Weide- und Fischereirechte der Untertanen finanzierte. Die Artikel der Bundschuh-Bewegung zielten auf die Abschaffung des Zehnten und anderer Zölle, die Beseitigung adeliger Vorrechte bei der Nutznießung der Wälder und Fischgründe sowie die Einziehung eines Großteils der Klöster. Die Bewegung umfasste bald mindestens 7400 Personen im Gebiet zwischen Main und Neckar.[3] Die Losung der Verschwörer war: „Gott grüß dich Gesell! Was ist dir für ein Wesen?“ (Antwort) „Wir mögen von den Pfaffen (und Adel) nit genesen!“ [4] Geplant war zunächst die Besetzung Untergrombachs und anschließend ein Zug in die Markgrafschaft Baden. Die Bewegung wurde jedoch von einem ehemaligen badischen Söldner (Lux Rapp) bei seiner Beichte verraten und von einem Pfarrer daraufhin an die Obrigkeit gemeldet. Nach einer Sitzung in Schlettstadt und dem Befehl Kaiser Maximilians I. zur Verfolgung der Bewegung wurde ebendiese eingeleitet. Die meisten der bäuerlichen Anführer, darunter Joß Fritz, konnten entkommen.

Joß Fritz verbrachte die folgenden Jahre mit Umherziehen im oberschwäbischen Raum. Er hielt sich im Gebiet des Bodensees in den Ortschaften Lenzkirch und Stockach auf. Um 1510 heiratete er in Nenzingen bei Stockach die Bauerstochter Else Schmid.[5] Später wohnte er zeitweilig in Villingen und Horb. Während dieser Zeit kontaktierte er ehemalige Anhänger des Untergrombacher Bundschuhs und fand auch neue Gesinnungsgenossen. Um 1512 zog er nach Lehen, wo er als Bannwart unter dem Gerichtsherrn Balthasar von Blumeneck tätig war. Bald darauf begann er politisch zu agieren, wobei er zunächst den moralischen Verfall der Zeit beklagte, ging jedoch mehr und mehr auf die politische Situation und die Unterdrückung der unteren Bevölkerungsschichten durch Fürsten und Geistlichkeit über. Auf einer abgelegenen Wiese, die als Hartmatte bezeichnet wurde, hielt er Versammlungen ab, in denen er von der Aufhebung der Obrigkeit sprach.

Erste Anhänger

Seine ersten Anhänger, die fortan für seine Ideen warben, waren:

  • Augustin Enderlin (Bauer)
  • Kilian Mayer (Bauer)
  • Hans Heitz (Bauer)
  • Karius Heitz (Bauer)
  • Peter Stüblin (Bauer)
  • Jakob Hauser (Bauer)
  • Hans Hummel (Schneider aus Feuerbach bei Stuttgart)
  • Hieronymus (Bäckerknecht aus Tirol)
  • Johannes (Dorfpfarrer in Lehen)

Neben Joß Fritz wirkte als Oberer der Bewegung Stoffel von Freiburg. Gemeinsam schufen sie sich im schwäbischen Gebiet eine große Gefolgschaft, auch unter den Bettlergruppierungen in dieser Region. Vor Verrat wurde die Bewegung dadurch geschützt, dass jedes Mitglied jeweils nur einen kleinen Teil seiner Mitstreiter kannte. Den Hauptleuten der Bettlergruppen wurde 2000 Gulden versprochen, wenn sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Markgrafschaft Baden Aufruhr verursachen und sich mit 2000 Bettlern zur Einnahme der Stadt Rosen bereitfinden würden.[6]

Neben den Bettlern waren für jede Region gesonderte Unterhauptleute zuständig, denen pro neu angeworbenem Mitglied ein Pfennig versprochen wurde. Joß Fritz und Stoffel von Freiburg zogen von Zeit zu Zeit durch diese Gebiete und nahmen Musterungen vor.

Die Bundschuhfahne

Die Bundschuhfahne/Fähnlein

Die geheimnisumwitterte Bundschuhfahne von Joß Fritz war nur ein Fähnlein. Sie galt als Zeichen der Verschwörung, er gab sie nie aus der Hand und wurde anfangs nur wenigen ausgewählten Personen gezeigt. Selbst der zum Fähnrich gewählte Jakob Huser mußte sich mit einer verbalen Beschreibung des Banners zufrieden geben. Das Bemalen der Fahne gelangte erst im dritten Anlauf: In Freiburg lehnte es der dort ansässige Maler ab, auch ein in Lehen gegenwärtiger Maler konnte hierfür nicht gewonnen werden. Erst in Heilbronn (oder Metz) [7] wurde ein Maler hierzu überredet. [8] Die Fahne enthielt neben allerlei Emblemen und Bildern den Bundschuh, ein weißes Kreuz, sowie die Inschrift: „Herr, steh' deiner göttlichen Gerechtigkeit bei.“ [9]

Die 14 Artikel

Bei Versammlungen auf der Hartmatte wurden 14 Artikel festgesetzt.

Erstens: solle niemand mehr einen anderen Herrn als Gott, den Kaiser und den Papst anerkennen; Zweitens: niemand anderswo, als an dem Ende, da er gesessen sei, vor Gericht stehen; das rottweilische Gericht soll ab, die geistlichen Gerichte sollen auf das Geistliche beschränkt sein; Drittens: alle Zinsen, die so lange genossen wären, daß sie dem Kapital gleichkämen, sollen ab sein und die Zins- und Schuldbriefe vernichtet werden; Viertens: bei Zinsen, da ein Gulden Geld unter zwanzig Gulden Kapital stände, solle so gehandelt werden, wie das göttliche Recht anzeige und unterweise; Fünftens: Fisch- und Vogelfang, Holz, Wald und Weide solle frei, Armen und Reichen gemein sein; Sechstens; jeder Geistliche solle auf eine Pfründe beschränkt sein; Siebtens: die Klöster und Stifter sollen an Zahl beschränkt, ihre überflüssigen Güter zu Handen genommen und daraus eine Kriegskasse des Bundes gebildet werden; Achtens: alle unbilligen Steuern und Zölle sollen ab sein; Neuntens: in der ganzen Christenheit soll ein beständiger Friede gemacht, wer sich dawidersetze totgestochen, wer aber durchaus kriegen wolle, mit Handgeld wider die Türken und Ungläubigen geschickt werden; Zehntens: wer dem Bund anhänge, solle seines Leibs und Guts gesichert sein; wer sich dawidersetze, gestraft werden; Elftens: solle eine gute Stadt oder Feste zu Handen des Bundes genommen werden als Mittelpunkt und Halt des Unternehmens; Zwölftens: jedes Bundesglied solle das Seinige zu den Mitteln der Ausführung beisteuern; Dreizehntens: sobald die Haufen des Bundes sich vereinigt haben, soll kaiserlicher Majestät das Vornehmen geschrieben, und Vierzehntens: wenn des Kaisers Majestät sie nicht annähme, die Eidgenossenschaft um Bündnis und Beistand angerufen werden.[10]

Hierüber kam es zu Konflikten, und Joß Fritz musste die Rechtmäßigkeit der Artikel auf Grundlage der Bibel nachweisen. Daraufhin wurde der Bundeseid von den Versammelten geleistet.[11] Im Jahr 1513 unternahm Joß Fritz erneut eine Reise in Schwaben und Vorderösterreich [12] nach deren Beendigung der Aufstand losbrechen sollte. Hierzu hatte er den 9. Oktober als Versammlungstag in Biengen bestimmt. Während seiner Abwesenheit wurde die Bewegung jedoch der Stadt Freiburg und dem Markgrafen Philipp von Baden bekannt gemacht. Nachdem man in Lehen davon erfahren hatte, wurde auf einer von Kilian Mayer geleiteten Versammlung die Aufgabe der Aufstandspläne beschlossen. Bald darauf wurden führende Mitglieder der Bewegung verhaftet. Auch Joß Fritz’ Frau Else wurde in Freiburg inhaftiert.

Joß Fritz floh mit Hieronymus in die Schweiz. In Seewen trafen sie unter anderem mit Mayer, Hauser, Enderlin zusammen. Auf dem Weg nach Zürich wurden sie von Bewaffneten des Rats der Stadt Basel überfallen, wobei Mayer und Hauser gefasst wurden. Else Schmid wurde am 24. Oktober 1513 [13] aus der Haft entlassen. In den folgenden Jahren wurde vermutet, dass ihr Mann mehrmals bei ihr zu Besuch gewesen sei.

Joß Fritz initiierte (1517) noch eine Verschwörung am Oberrhein.

Rezeption

  • Ein Denkmal schuf ihm der kommunistische Liedermacher Franz Josef Degenhardt in seinem Lied Joß Fritz (LP: Kommt an den Tisch unter Pflaumenbäumen, Polydor 1973).
  • Wilhelm Eichner verewigte ihn im Roman Wir können von den Pfaffen nit genesen (ISBN 3-8004-1389-2)
  • Gustav Regler verewigte ihn im Roman Die Saat (1936)
  • In Untergrombach sind eine Straße und eine Schule, in Lehen eine Straße, in Freiburg im Breisgau eine Buchhandlung und ein Café nach ihm benannt.
  • Quirin Engasser: Der Ursächer (Roman)

Einzelnachweise

  1. „Joß“' oder auch Joss geschrieben, ist der Familienname
  2. Joß Fritz lernte die Welt nicht als Landsknecht kennen. So heißt es bei Rosenkranz im Band 1 auf Seite 180f „Gerne wüßten wir, ob er in seinen jungen Jahren selber im Kriegshandwerk gedient hat.“ Jansen behauptet es.
  3. Wilhelm Zimmermann: Der große deutsche Bauernkrieg (s. Literatur), S. 43
    Der Heimatverein Untergrombach berichtet in seinem Beitrag zur Heimatgeschichte von über „10 000 Personen, darunter ca 400 Frauen“.
  4. Um 1513 war die Losungsantwort: „Der arme Mann in der Welt mag nit mehr genesen!“
  5. Joß Fritz - 500 Jahre Bundschuh
  6. Wilhelm Zimmermann: Der große deutsche Bauernkrieg (s. Literatur), S. 51
  7. Der Ort und der Maler des Fähnleins sind nicht genau bekannt, evtl. unterschiedliche Quellenangaben
  8. Die Bundschuhfahne-Literatur: Rosenkranz, Bundschuh Bd.2. (183f (Nr.64) 187 (Nr.66) 195 (Nr.69); Lehen ebd. 184 (Nr.64) Heilbronn 142 (Nr.18);
    Dito: Josef Blickle Bundschuh S. 91;
    Dito: Ulrich Steinmann; Die Bundschuhfahnen des Joß Fritz, Deutsches Archiv für Volkskunde 6 (1960) 243-284, 247-255
  9. Originalspruch: „Herr, stand diner gottlichen gerechtigkeit bi.“
  10. Zitiert nach Zimmermann (der sich auf die Aussagen verschiedener Zeugen beruft), S. 52
  11. Die Aufnahme in den Bundschuh erfolgte zur Bekräftigung des Schwures mit fünf Vaterunser und fünf Ave Maria.
  12. In den Österreichischen Orten: Lehen, Betzenhausen, Merdingen, Neuershausen oder Munzingen.
    In Baden bereiste er die Orte Mengen, Schallstadt, Wolfenweiler oder Eichstetten.
  13. Das Protokoll nach der Haftentlassung lautete: „Uf mittwoch vor simonis und jede ap(osto)lorum. Else Schmidin von Lentzingen under Stockach, Jos Fritzen wib von Lehen, ist ledig gelassen mit der alten urfehd; soll in demselben eid versprechen, in acht tagen den costen abzurichten.“

Literatur

  • Thomas Adam: Joß Fritz – das verborgene Feuer der Revolution. verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2002 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, 20), ISBN 3-89735-192-7
  • Wilhelm Zimmermann: Der große deutsche Bauernkrieg. Volksausgabe. Dietz, Berlin 1989, ISBN 3-320-01261-4. S. 46–61
  • Heimatverein Untergrombach, Titel: Joß Fritz und seine Zeit, Band 4, Bruchsal, o. J. (1BKFH 2001/02, Geiß Timo, Daiß Timo, Vasilj Anton, Vogel Thomas, Peterschick Kai)
  • Josef Blickle, Jürgen Dummer, Meinolf Vielberg: Bundschuh, Franz Steiner Verlag, 2004, ISBN 3-515-07761-8

Weblinks


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