- Albrecht von Rechenberg
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Georg Albrecht Julius Heinrich Friedrich Carl Ferdinand Maria Freiherr von Rechenberg (* 15. September 1861[1] in Madrid; † 26. Februar 1935 in Berlin) war ein deutscher Konsularbeamter, Generalkonsul in Warschau, Gouverneur von Deutsch-Ostafrika und Reichstagsabgeordneter.
Inhaltsverzeichnis
Familie
Seine Familie kann erstmals im Jahre 1270 im Raum Meißen nachgewiesen werden, die Erhebung in den Adel mit der Verleihung des Titels eines Freiherrn erfolgte im Jahre 1534 durch den römisch-deutschen König und späteren Kaiser Ferdinand I.. Durch ein Wappen wurde im Jahre 1612 diese Verleihung durch Kaiser Matthias bestätigt. Der Vater Julius von Rechenberg (1812-1892), Sohn des Landrates in Liebenwerda, später Königlich preußischer Geheimer Regierungsrat Carl Georg Friedrich Freiherr von Rechenberg (1785-1854), war Legationsrat und stammte aus Lübben in der Niederlausitz. Seine Mutter Helene Fiedler (1841-1911) war die Tochter des Bankiers Carl Anton Fiedler und seiner Ehefrau Barbara Workuka.
Ausbildung und Konsularischer Dienst
Er besuchte das Deutsche Gymnasium in Prag, wohin sein Vater von Madrid als Generalkonsul versetzt worden war. Er studierte Jura in Prag, Berlin und Leipzig. Nach der Promotion zum Dr. iur. (1883), dem Referendariat und dem Assessorexamen trat er 1893 auf Anforderung in den Dienst des Auswärtigen Amtes. Um die Verwaltung und Gerichtsbarkeit in den neuen deutschen Kolonien in Ostafrika aufzubauen, wurde er zum Richter und Bezirksamtmann in Tanga bestellt. 1896 wurde er als Vize-/Konsul nach Sansibar versetzt.[2] Wegen seines kompromisslosen Auftretens gegenüber den Briten stand er bei den Deutschen wie bei den Einheimischen in hohem Ansehen.
Das Auswärtige Amt schickte ihn 1900 als Konsul nach Moskau. Von 1905 bis 1906 übernahm er in Warschau die Position des Generalkonsuls von seinem Vater.
Gouverneur in Deutsch-Ostafrika
Nachdem der Maji-Maji-Aufstand (1905) niedergeschlagen worden war, ernannte Reichskanzler von Bülow Rechenberg 1906 zum ersten Gouverneur (und damit zum Deutschen Statthalter) von Deutsch-Ostafrika in Daressalam. Rechenberg sah sich auf der Linie von Bernhard Dernburg, der die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes leitete und sich um Reformen in den neuen Kolonien bemühte.
Rechenberg übernahm die Verantwortung für 6.000 Deutsche und knapp acht Millionen Einheimische. Des Kisuaheli mächtig, hat Rechenberg für die Kolonie und die Einheimischen „unendlich viel“ getan. Rechenberg hatte sich mit der Kultur der Afrikaner beschäftigt und beherrschte sowohl die arabische Sprache wie mehrere afrikanische Sprachen und Dialekte. Der Kern der Reformbestrebungen bestand darin, den Zwang über die einheimische Bevölkerung zu lockern und ihnen zu erlauben, mehr für ihren eigenen Bedarf anzubauen; sie mussten aber Baumwolle für den Export anbauen. Auch ließ er eine größere Zuwanderung von Indern zu, um das Land mehr für den Handel zu öffnen. Er verbot den deutschen Siedlern den eigenmächtigen Gebrauch der Nilpferdpeitsche, um die Prügelstrafe einzugrenzen und unterdrückte den bis dahin blühenden Sklavenhandel. Weitergehende Lockerungen und eine größere Selbstverwaltung scheiterten ebenso wie die Reduzierung der Strafen und der Zwangsarbeit. Schon mit seinen ersten Maßnahmen erntete er wütende Attacken aus Reichstagskreisen und kolonialen Vereinen. Dabei war sein Einsatz nicht „selbstlos“, sondern nutzte auch dem Reich. Der „eisenköpfige Rechenberg“ ließ Straßen, Brücken und Eisenbahnen mit einem Netz von 4.500 km bauen. So konnten vor allem Kautschuk, Reis, Erdnüsse und Baumwolle nach Deutschland gebracht werden. In Rechenbergs Amtszeit verdreifachte sich der Export aus der Kolonie.
Rechenberg ließ über 1.500 Schulen bauen, die den Analphabetismus entscheidend minderten. Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges durchliefen über 100.000 Afrikaner eine Ausbildung. Die Zahl von Trägern, Sammlern, Fischern und Kriegern ging zurück; Lehrer, Dolmetscher, Handwerker und Schreiber wurden häufiger, der Wohlstand wuchs.
Das dankten die Askaris ihm und dem Reich mit unverbrüchlicher Treue im Ersten Weltkrieg. Mit 3.500 Deutschen und 12.000 Einheimischen kämpfte die deutsche Schutztruppe unter General Paul von Lettow-Vorbeck gegen 130.000 alliierte Soldaten und behauptete sich bis zum Ende des Krieges.
Rückkehr nach Berlin und Reichstagsmandat
Wegen Unstimmigkeiten mit dem Auswärtigen Amt im Mai 1912 nach Berlin zurückbeordert, trat Rechenberg von seinem Posten zurück und wurde zur Disposition gestellt.[3] Fortan lebte er in Berlin. 1914 zum Geheimrat mit dem Prädikat Exzellenz ernannt, wurde er in schwierigen politischen und diplomatischen Angelegenheiten zu Rate gezogen.
Für die katholische Zentrumspartei übernahm er Ende 1913 ein Reichstagsmandat bis 1918. Als sich das Zentrum der SPD näherte, zog er sich von der Partei zurück und kandidierte nicht mehr.
Nach dem Kriege weilte er in Genf auf mehreren internationalen Konferenzen. Er unternahm weite Reisen nach Ostafrika, Kleinasien, Sibirien, Zentralasien und an die chinesische Grenze. In Deutsch-Ostafrika ließ er wissenschaftliche Labors und landwirtschaftliche Versuchsstationen bauen, die die Entwicklung des Landes stabilisierten.
1914 heiratete er in Marienbad Gabriele Mittenzweig (1875-1965), Tochter des preußischen Medizinalrats Hugo Mittenzweig (1839-1904) und seiner Ehefrau Gabriele Sandmann. In Berlin wohnte er in Berlin-Charlottenburg am Kaiserdamm Nr. 113.
Corpsstudent
Als Jurastudent trat er in Prag dem Corps Cheruscia bei. Das Band dieses Corps hat Rechenberg später nicht mehr getragen, vermutlich weil der Bund beim Eintritt des Prager SC in den KSCV (1919) längst suspendiert war. Als Student und Referendar in Berlin verkehrte er regelmäßig beim Corps Guestphalia. Das Corps verlieh ihm 1885 die Corpsschleife und 1922 das Band.[4] Da er keine Partie auf Kösener Farben geschlagen hatte, musste zuvor das Einverständnis des KSCV eingeholt werden. Rechenbergs eigentliche „Corpskarriere“ begann erst nach der Pensionierung. 1922 wurde er in den Altherrenvorstand und in den Ehrenrat der Guestphalia gewählt. Von 1926 bis 1933 war er Vorsitzender des AH-Vereins. 1924 regte er die Berliner SC-Bälle an. Zum ersten Ball in den Zoo-Sälen kamen etwa 3.000 Gäste. Der finanzielle Überschuss von ca. 10.000 Mark wurde dem Rektor der Universität für mittellose Studenten zur Verfügung gestellt. Zu den glanzvollsten Festen der Berliner Gesellschaft zählte der von Rechenberg initiierte Kolonialball, zu dem er alle Berliner Corpsbrüder einlud. Seinem Corps stiftete er eine stattliche Sammlung von Speeren, Masken, Schilden und Jagdtrophäen.
Rechenbergs Frau Gabriele gründete 1922 die Vereinigung der Corpsschwestern des Corps Guestphalia zu Berlin. Die „First Lady“ des Corps starb 1965 mit 90 Jahren in Wiesbaden.
Auf dem Weg zum Stiftungsfest des AHSC Grunewald erlitt er bei einem Verkehrsunfall schwere Verletzungen, denen er im Februar 1935 erlag.[5]
Mitgliedschaften
- Weltwirtschaftliche Gesellschaft
- Deutsche Gesellschaft
- Vorsitzender der „Deutschen Gesellschaft für Eingeborenenkunde"
Literatur
- Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft, Berlin 1931
- Ulrich van der Heyden: Rechenberg, Albrecht Freiherr von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, S. 231 f.
- Deutsches Koloniallexikon, hrsg. von Heinrich Schnee, Leipzig 1920, Band 3, S. 133
Weblinks
- Literatur von und über Albrecht von Rechenberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek und auf anderen Websites
- Albrecht von Rechenberg in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Albrecht von Rechenberg bei Deutsche Biographie
Einzelnachweise
- ↑ abweichendes Geburtsjahr 1859 in: Deutsches Koloniallexikon, hrsg. von Heinrich Schnee, Leipzig 1920, Band 3, S. 133
- ↑ Die Insel und große Teile Ostafrikas waren von Carl Peters z. T. auf eigene Rechnung erworben worden. 1885 wurden diese Gebiete durch Kaiserliche Schutzbriefe unter die Oberhoheit des Reiches gestellt.
- ↑ Sein Nachfolger in Deutsch-Ostafrika war Heinrich Schnee.
- ↑ Kösener Corpslisten 1960, 2, 200
- ↑ Rudolf Neugebauer: In memoriam Albrecht Freiherr von Rechenberg. Corpszeitung der Guestphalia Berlin, 2006, S. 133-141
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