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Gagelstrauch Gagelstrauch (Myrica gale)
Systematik Rosiden Eurosiden I Ordnung: Buchenartige (Fagales) Familie: Gagelstrauchgewächse (Myricaceae) Gattung: Myrica Art: Gagelstrauch Wissenschaftlicher Name Myrica gale L. Der Gagelstrauch (Myrica gale), auch Gagel genannt, gehört zur Familie der Gagelstrauchgewächse (Myricaceae). Der Gagelstrauch steht auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten und ist in Europa die einzige Art der Familie Myricaceae.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Der Gagelstrauch wird 0,5 bis 1,5 m hoch. Er ist ein winterkahler Strauch, der dicht mit Drüsen besetzt ist. Diese Drüsen sondern ätherische Öle mit α-Penin, D- und Y-Cadinen und Limonen ab. Die Blätter haben einen aromatisch bitteren Geschmack.
Blüten
Die Gagelsträucher sind zweihäusige Pflanzen (diözisch), die „Windblüten“ sind vom „unbeweglichen Typ“. Weibliche Blüten stehen in kurzen, männliche in länglichen Ähren (Kätzchen) ab.
Ökologie
Der Gagelstrauch bildet mit dem Strahlenpilz Frankia alni eine Stickstoff-fixierende Wurzelsymbiose aus.
Volkstümliche Bezeichnungen
Für den Gagelstrauch existieren zahlreiche regionalspezifische und volkstümliche Bezeichnungen wie Bäckerbusch, Birtgenbertz, Borse, Flohkrut, Gerber-Myrthe, Grut, Mirtelbaum, Mirtelbon, Mirtelepoumahi, Mitrus, Myrtenheide, Noppenkraut, Portz, Rausch, Talgbusch, Torf-Öl-Myrte oder Waschbaum. In norddeutschen Gegenden wird der Gagelstrauch auch Beerpost, Kienpost, Porst, oder Post genannt. Dies kann an einer Ableitung aus den skandinavischen Namen liegen (z. B. dänisch „porse“, estnisch „porss“, norwegisch und schwedisch „pors“). Zahlreiche dieser Bezeichnungen sind jedoch irreführend, da der Name Porst oder Sumpfporst im botanischen Gebrauch der deutschen Sprache die Pflanze Rhododendron tomentosum (alte Bezeichnung Ledum palustre) bezeichnet.
Die Autoren alter Kräuter- und Arzneibücher verwendeten häufig die Bezeichnungen Mirtus pors, Myrten, Rhus sylvestris oder Tamariscen.[1]
Im Englischen bog myrtle = Sumpfmyrte, oder der spanische Namen mirto holandés = holländische Myrte und mirto de Brabante unter Bezug auf die belgische Provinz Brabant.(siehe auch unten: Kulturgeschichte)
Verbreitung
Der Gagelstrauch wächst vorwiegend an den Rändern von Mooren und feuchten Heiden des atlantischen Klimabereichs.
Er ist verbreitet in Nordamerika und Nordwesteuropa, hier vor allem in den küstennahen (niederschlagsreichen) Gebieten Großbritanniens, Belgiens, der Niederlande, Dänemarks, Polens, Südwestnorwegens sowie Süd- und Mittelschwedens.
In Deutschland ist er auf Bereiche mit atlantischen Klima beschränkt. Seine Vorkommen reichen bis ins Niederrheinische Tiefland, die Westfälische Bucht (Münsterland, Senne), das nördliche Niedersachsen, das westliche Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und die Niederlausitz. Auf den Ostfriesischen Inseln kommt der Gagelstrauch heute nur noch auf Spiekeroog vor. Auf Juist wurde er einst gepflanzt.Gefährdung und Schutz
Größere Gagelstrauchbestände finden sich in Mitteleuropa heute fast nur noch in Naturschutzgebieten. Der Gagelstrauch ist vor allem durch die Eutrophierung, Trockenlegung und durch Beschattung seiner Standorte stark gefährdet.
Die Raupen einiger Schmetterlingsarten wie Heidespanner (Ematurga atomaria), Wolfsmilch-Rindeneule (Acronicta euphorbiae) und Rotrandbär (Diacrisia sannio) sind von der Pflanze als Nahrungsquelle abhängig[2].
Kulturgeschichte
Der Gagelstrauch wurde in Nordwesteuropa schon früh zum Bierbrauen verwendet. Aufgrund von archäologischen Funden im Gebiet der Rheinmündung kann angenommen werden, dass Gagel dort bereits zur Zeit Christi Geburt zum Bierbrauen verwendet wurde.[3] Nach der am Niederrhein üblichen Bezeichnung für den Gagelstrauch „Grut“ werden solche Biere auch Grutbiere genannt. Diese waren bis in das 15. Jahrhundert weit verbreitet. Die Bierbrauer, die damit arbeiteten, nannte man früher „Gruter“, woher sich viele ähnliche Familiennamen wie Greuter, Gruyter, Grüter usw. herleiten. Auch heute gibt es noch bzw. wieder Gagelbiere. In Dänemark, vor allem in Jütland, wo der Strauch noch recht häufig vorkommt, bilden die Zweige des Gagelstrauchs den entscheidenden Bestandteil des wegen seiner Mildheit beliebten Gagel-Schnapses (Porsesnaps). Außerdem braut die Brauerei Thisted Bryghus ein Gagelbier mit dem Namen Porse Guld. Für den Jahresbedarf an Gagel (Porse) macht die gesamte Belegschaft der Brauerei Mitte Juli einen Betriebsausflug in die Jütländische Heide um so für den notwendigen Bedarf an Gagel zu sorgen. Somit ist Gagel auch noch gut für das Betriebsklima.
Er fand auch als Gerberpflanze und als insektenvertreibendes Mittel Anwendung. Die Blütenknospen wurden zum Gelbfärben (Färberpflanze) verwendet.
Literatur
- Rubrecht Düll & Herfried Kutzelnigg: Botanisch-ökologisches Exkursionstaschenbuch, ISBN 3-494-01229-6
- Peter Lietz: Die Roh- und Zusatzstoffe in der Geschichte der Bierbereitung in: GGB-Jahrbuch 2004, Gesellschaft für Geschichte des Brauwesens e.V. (GGB), Berlin 2004, ISSN 0072-422-X, S.154-156.
- Frank Lorberg: Das Verschwinden des Gagels - Landschaft ein ephemeres Phänomen in: Gagel, Speik und Wegerich. Beiträge zur Pflanzensoziologie, Landschafts- und Vegetationskunde. Notizbuch der Kasseler Schule 52, Seiten 82-107. Kassel, 1999.
- Thomas Prolingheuer und Klaus Kaplan: Zur Vergesellschaftung und zum Standort des Gagels (Myrica gale L.) in Westfalen. In: Metelener Schriftenreihe für Naturschutz, Heft 1, Metelen 1990, S. 39-57.
Einzelnachweise
- ↑ Christian Rätsch: Urbock - Bier jenseits von Hopfen und Malz. AT Verlag, Arau 1996, ISBN 3-85502-553-3.
- ↑ Heiko Bellmann: Der neue Kosmos Schmetterlingsführer, Franck Kosmos Verlags-GmbH, Stuttgart, ISBN 978-3-440-11965-5.
- ↑ Heinrich Beck, Karl-Ernst Behre: Porst. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 23, Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.). De Gruyter, Berlin – New York 2003. ISBN 3-11-017535-5. S. 287ff.
Weblinks
Commons: Gagelstrauch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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