Gb 2/2

Gb 2/2
Gb 2/2
Anzahl: 7 Triebwagen
Hersteller: Verkehrsbetriebe Timişoara (Eigenbau)
Baujahr(e): 1950 bis 1954
Spurweite: 1.435 mm
Höhe: 3.120 mm
Breite: 2.240 mm
Drehzapfenabstand: 6.200 mm
Leermasse: 14.332 kg
Höchstgeschwindigkeit: 50 km/h
Traktionsleistung: 4 x 25 kW
Stromsystem: Gleichstrom
Stromübertragung: Oberleitung
Anzahl der Fahrmotoren: 4
Betriebsart: Einrichtungsfahrzeug
Sitzplätze: 21
Stehplätze: 100 (bei 5 Personen je m²)
Besonderheiten: nicht mehrfachtraktionsfähig, ausgelegt für Fahrgastfluss

Als Gb 2/2 wird eine sieben Fahrzeuge umfassende Kleinserie rumänischer Großraum-Straßenbahntriebwagen bezeichnet welche ausschließlich beim Straßenbahnbetrieb der westrumänischen Großstadt Timişoara im Einsatz waren.

Die sieben normalspurigen Wagen (201 bis 207) entstanden in der ersten Hälfte der 1950er-Jahre in Eigenregie der örtlichen Verkehrsbetriebe (damals IET – Intreprinderii electromecanice Timişoara) und waren bis Mitte der 1970er-Jahre im Einsatz.

Der Typ Gb 2/2 war der erste moderne Drehgestell-Straßenbahnwagen Rumäniens, äußerlich ähnelt er stark dem sogenannten Schweizer Standardwagen (der früher in den meisten Schweizer Straßenbahnbetrieben anzutreffen war).

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Beschreibung

Die Großraum-Vierachser des Typs Gb 2/2 wurden in der zweiten Hälfte der 1940er-Jahre bei IET projektiert, als Konstrukteur gilt der damalige Direktor des Unternehmens, Herr Dr. Ing. Corneliu Mikloşi (1887–1963). Die Typenbezeichnung setzt sich wie folgt zusammen:

G Fortlaufende Buchstabenvergabe im Anschluss an die alphabetische Reihenfolge der zweiachsigen Vorkriegsbauarten in Timişoara (Typ A von 1899 bis Typ F von 1925 bzw. Typ F II von 1927)
b Drehgestellfahrzeug – b ist die Abkürzung für boghiu(ri), rumänisch für Drehgestell(e)
2/2 Fahrzeug mit zwei Drehgestellen mit jeweils zwei angetriebenen Achsen (d. h. ein Fahrmotor je Achse, zwei Fahrmotoren je Drehgestell und vier Fahrmotoren insgesamt).

Gebaut und in Betrieb genommen wurde die kleine Serie dann zwischen 1950 und 1954, insgesamt produzierte die Timişoaraer Werkstatt jedoch nur sieben Fahrzeuge dieses Typs. Die Wagen entstanden komplett im Eigenbau bei IET und waren die ersten modernen vierachsigen Großraumwagen und gleichzeitig die ersten Stahlwagen Rumäniens (die insgesamt 36 in der Hauptstadt Bukarest produzierten Wagen des Großraumwagen-Typs V-951 Festival wurden erst ab 1951 gebaut). Neben der vollständig verschweißten Komplett-Stahlbauweise ebenfalls revolutionär für rumänische Verhältnisse war das von den Peter Witt- bzw. PCC-Wagen bekannte Prinzip des Fahrgastflusses (Einstieg in der Mitte und Ausstieg an der vorderen oder an der hinteren Tür). Für Timişoara neuartig waren darüber hinaus die durchgehend in Fahrtrichtung angeordneten Einzelsitze (zuvor kannte man in diesem Betrieb nur Längssitzbänke). Die sieben Gb 2/2 (welche man in Timişoara betriebsintern später auch noch als Typ T.7 bezeichnete) wurden wie folgt in Betrieb genommen:

Baujahr Betriebsnummern
1950 201, 202 und 203
1951 keiner
1952 204 und 205
1953 206
1954 207
Dr. Ing. Corneliu Mikloşi (1887–1963) – Konstrukteur des Typs Gb 2/2

Der Schweizer Standardwagen als mögliches Vorbild

Auffällig ist die verblüffende Ähnlichkeit des Typs Gb 2/2 mit dem Schweizer Standardwagen. Ob es sich hierbei um einen Zufall handelt, oder eine offizielle Lizenz existierte ist nicht überliefert (eine mögliche Parallele ergibt sich zu den aus der gleichen Epoche stammenden rumänischen Dieselloks der CFR-Baureihe 060 DA bei welchen es sich um offizielle Lizenzbauten der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik handelt). Der Schweizer Standardwagen wurde Mitte der 40er-Jahre vom Verband Schweizerischer Transportanstalten entwickelt, Wagen dieses Typs wurden in Basel, Zürich, Bern, Luzern und Genf eingesetzt). Ein weiterer möglicher Verwandter des Gb 2/2 könnten auch die Hamburger Sambawagen sein (denen wiederum der Dresdener Hechtwagen Pate stand).

Gründe für die geringe Stückzahl

Trotz der bereits damals dringend notwendigen Verjüngung des Wagenparks der Straßenbahn Timişoara kam die Baureihe Gb 2/2 nicht über die Produktion von sieben Fahrzeugen hinaus, ursächlich hierfür waren verschiedene Gründe:

  • Die Zentralisierung des Baus von Großraumstraßenbahnen bei der Lokomotivfabrik Electroputere in Craiova (welche ab 1954 mit dem Bau der Serie Electroputere V-54 verwirklicht wurde).
  • Die Herstellung größerer Stückzahlen wäre in den beengten Werkstätten des Straßenbahndepots an der strada Take Ionescu logistisch nicht möglich gewesen, vor allem weil die Fertigung parallel zum regulären Instandhaltungs- und Fahrbetrieb erfolgte.
  • Der in der Nachkriegszeit vorherrschende Rohstoffmangel (insbesondere Stahl).
  • Der geplante Beginn der Rekonstruktion von Vorkriegs-Zweiachsern mit Holzaufbau, welche ab 1958 zu Stahlwagen der Baureihe Pionier umgebaut wurden (die äußerlich wiederum der Baureihe Gb 2/2 ähneln) und die entsprechenden Werkstattkapazitäten banden.
  • Der damals nur geringe Bedarf an Einrichtungswagen im Netz der Straßenbahn Timişoara.

Einsatz und Umbauten

Weil das Liniennetz der Straßenbahn Timişoara in den 1950er-Jahren noch überwiegend auf den Zweirichtungsverkehr ausgelegt war, waren die Einsatzmöglichkeiten des Typs Gb 2/2 zunächst noch relativ beschränkt. Die Wagen konnten in ihren ersten Einsatzjahren deshalb ausschließlich auf der Ringlinie 6 eingesetzt werden. Erst später kamen durch den Bau von Wendeschleifen, der Einrichtung einer zweiten Ringlinie sowie dem Ringschluss im Stadtteil Fabrikstadt weitere Einsatzgebiete hinzu (Ringlinie 7 ab 1958, Linien 1 und 2 ab 1959). Nachdem jedoch der Ringverkehr auf der Linie 7 im Jahr 1969 wieder unterbrochen wurde (Stilllegung des Streckenabschnitts im Bereich der damaligen Calea Şagului) entfiel die Linie 7 damals wieder als Einsatzgebiet. In den 1970er-Jahren wurden die Gb 2/2 schließlich auf den Linien 1 und 6 eingesetzt (vereinzelt möglicherweise auch noch auf der Linie 2).

Die sieben Wagen konnten zunächst nur solo eingesetzt werden, ab 1966 begann man jedoch damit - parallel zu den 20 etwas jüngeren Electroputere-Vierachsern des Typs V-54 – auch die sieben Gb 2/2 für den Beiwagenbetrieb umzubauen (wozu sie mit einer Druckluftbremse ausgestattet wurden). Zunächst wurden die drei Wagen 204 (1966), 206 (1966) und 205 (1967) umgebaut, nach 1969 (wann genau ist unklar) folgten außerdem noch die Wagen 201 und 203. Ob die restlichen beiden Wagen 202 und 207 später ebenfalls noch für den Beiwagenbetrieb umgebaut wurden ist nicht überliefert.

Vermutlich ebenfalls bei diesem Umbau erhielten die Gb 2/2 auch ihre Wagenschürzen, gegen diese Theorie spricht jedoch, dass Wagen 201 auch schon in der 1969 erschienen Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Straßenbahn Timişoara mit Schürzen abgebildet ist, obwohl dieser Wagen in der gleichen Festschrift noch nicht bei den für Beiwagenbetrieb umgebauten Wagen aufgeführt ist. Interessanterweise sahen die Gb 2/2 durch die nachträgliche Montage dieser Schürzen den Schweizer Standardwagen noch viel ähnlicher als im Ursprungszustand.

Als Beiwagen hinter den umgebauten Gb 2/2 fanden dann zum einen die aus Bukarest stammenden ITB-Beiwagen zum anderen die Timiş1-Beiwagen Verwendung. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass um ca. 1969 herum sechs Timiş1-Beiwagen freigesetzt wurden, weil man damals aus sechs der dazugehörigen Timiş1-Triebwagen insgesamt drei Doppeltriebwagen bildete. Ob darüber hinaus noch andere Beiwagentypen hinter den Gb 2/2 zum Einsatz kamen ist nicht bekannt.

Einsatzende

Das Einsatzende der sieben Wagen dieser Serie zeichnete sich dann in der ersten Hälfte der 70er-Jahre ab: laut der Zeitschrift Stadtverkehr (Ausgabe 9-1974) war damals „nur noch der Wagen 202 in den Frühstunden im Einsatz“. Unabhängig davon befand sich jedoch im Sommer 1975 noch der Triebwagen 203 im Einsatz. Im Stadtverkehr 1-1981 heißt es dann schließlich dass alle sieben Gb 2/2 damals bereits komplett außer Betrieb waren. Vom Typ Gb 2/2 ist kein einziges Exemplar der Nachwelt erhalten geblieben. Unklar bleibt außerdem, warum diese auch in den 1970er-Jahren noch relativ modernen und zudem sehr eleganten Wagen schon so früh aus dem Stadtbild von Timişoara verschwanden, sie wurden ab 1969 durch die ebenfalls in Timişoara produzierte Großserie Timiş2 ersetzt. Mögliche Gründe könnten die schlechten Materialeigenschaften (bedingt durch die Herstellung in der Nachkriegszeit) sowie die starke Beanspruchung gewesen sein.

Gleichartige Fahrzeuge in Arad

Ab dem Jahr 1952 produzierte auch die traditionsreiche Arader Schienenfahrzeugfabrik Astra Vagoane Arad S.A. für den meterspurigen Arader Straßenbahnbetrieb vierachsige Großraumstraßenbahnen nach dem Baumuster des Timişoaraer Typs Gb 2/2. Es entstanden auf diese Weise zusätzlich zu den Wagen in Timişoara insgesamt zwölf weitere Fahrzeuge dieser Art. Sie erhielten die Betriebsnummern 2 und 16 bis 26, der erste von ihnen wurde im Mai 1953 in Dienst gestellt. In Arad wurden die Großraumwagen aufgrund ihrer vierachsigen Bauweise umgangssprachlich auch als Typ Pullman bezeichnet (in Anlehnung an die US-amerikanischen Pullman-Eisenbahnwagen), die offizielle Typenbezeichnung ist hingegen nicht überliefert. Und auch in Arad wurden die Triebwagen in den 1960er-Jahren für den Beiwagenbetrieb umgebaut, allerdings schon in den Jahren 1962 bis 1964 und damit ein paar Jahre vor ihren Brüdern in Timişoara (zudem wurden sie in Arad teilweise auch mit zwei Beiwagen eingesetzt). Ebenso waren auch die Arader Pullman-Triebwagen – wie ihre Vorbilder in Timişoara – bis in die 1970er-Jahre im Einsatz, letztendlich ist jedoch auch von diesen zwölf Fahrzeugen kein einziges Exemplar der Nachwelt erhalten geblieben.

Literatur

  • Dorin Sarca, Gh. Radulovici: Centenarul tramvaielor din Timişoara, Monografie 1869−1969. Timişoara 1969. 
  • 1869−1994, 125 de ani de circulaţie cu tramvaiul în Timişoara, Monografie. Timişoara 1994. 

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