- Georges Bernanos
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Georges Bernanos (* 20. Februar 1888 in Paris; † 5. Juli 1948 in Neuilly-sur-Seine) war ein französischer Schriftsteller. In einzelnen deutschen Ausgaben lautet die Schreibweise des Vornamens auch „Georg“.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Seine Eltern vermittelten Bernanos bei der Erziehung ihre katholisch religiösen und monarchistischen Grundüberzeugungen; väterlicherseits hat er französische und auch spanische Vorfahren. Bis 1924 schrieb er seine Romane im Elternhaus in Fressin im Artois. Literarisch ist er einer der Hauptvertreter des Renouveau catholique. An der Universität von Paris erwarb er den akademischen Grad eines „Licencié en droit et licencié ès lettres“. Er heiratete Jehanne Talbert d'Arc, die er in dem monarchistischen Umfeld in Paris kennengelernt hatte; sie war eine direkte Nachfahrin des Bruders von Jeanne d'Arc.
Bernanos war Soldat im Ersten Weltkrieg, von 1908 bis 1919 Mitglied der Action française und aktiver Monarchist (in der Jugendorganisation Camelots du roi). Als Romanschriftsteller trat er seit 1926 hervor, später aber auch politischer Schriftsteller, als der er sich gegen das wiederholte Zurückweichen der französischen Republik vor Adolf Hitler empörte. Er lebte von 1934 bis 1937 auf Mallorca, von wo aus er die nationalspanische Falange und den Opportunismus der katholischen Bischöfe und insbesondere der Jesuiten scharf attackierte. Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli kommentierte das Buch über die Großen Friedhöfe von 1938 so: Cela brûle, mais cela éclaire. ("Das brennt, aber das reinigt." Zit. nach J.-L. Bernanos (s.u.), S. 292.) Bernanos war überzeugt, dass Papst Pius XI. persönlich verhinderte, dass er auf den "Index" gesetzt wurde, was span. Bischöfe betrieben (ebd.). Angewidert von der Unterwürfigkeit seines Landes gegenüber Hitler ging er im Juli 1938 (zwei Monate vor dem „Münchner Abkommen“) ins Exil, zunächst nach Paraguay, bald danach nach Brasilien. Von 1938 bis 1945 lebte er nicht allzu weit entfernt von Rio de Janeiro, wo er mit seiner Frau und seinen sechs Kindern (drei Söhne und drei Töchter) einsam und abgeschieden auf einer Farm wohnte. Von dort aus ging er in Essays und Aufrufen gegen das NS-loyale „Vichy-Regime“ vor und setzte sich für die Résistance (unter Charles de Gaulle) ein. Er selbst konnte als Kriegsversehrter nicht aktiv am Kampf gegen die von ihm attackierten totalitären und freiheitsfeindlichen Regime (NS-Regime, faschistische und stalinistische Regime) teilnehmen, seine zwei ältesten Söhne nahmen aber ab 1941 – im Kampf gegen die Besetzung Frankreichs – am Zweiten Weltkrieg teil.
Nach der Befreiung Frankreichs lud ihn General de Gaulle ein, dorthin zurückzukehren, wo er seinen Platz habe, y compris au gouvernement (auch in einer Beteiligung an der Regierung). Er kehrte zwar 1945 aus Brasilien nach Frankreich zurück, ging bald darauf aber für zwei Jahre nach Tunesien (wo er in Tunis am 4. April 1947 den berühmten Vortrag Nos amis les saints hielt) und starb 1948 im Amerikanischen Krankenhaus Paris in Neuilly-sur-Seine.
Stil
Die Stellung des Menschen zwischen Gut und Böse, zwischen göttlicher und teuflischer Macht, ist der Mittelpunkt seines Romanwerks. Dabei stehen Priester und Ärzte oft im Mittelpunkt einer Handlung, die im bäuerlichen Milieu spielt. Bei Bernanos gilt in besonderem Maße die Gleichgültigkeit als eine Erscheinungsform des Bösen: vor diesem Hintergrund ließ sich für ihn keine zufriedenstellende Erklärung für die Blindheit seiner Landsleute in Bezug auf die politisch-gesellschaftliche Lage in der Zeit zwischen den Weltkriegen finden. Auf der anderen Seite steht ebenso zentral die göttliche Gnade und Barmherzigkeit – oft die einzige Hoffnung für die Armen und Verlassenen in dieser Welt.
Das Wort imbéciles (im Plural: Schwachsinnige, Einfaltspinsel... „die Dummen“) tritt häufig in Bernanos Essays auf. Seine offene und klare Sprache provozierte manche, fand aber auch rückhaltlose Bewunderer, so zum Beispiel die französische Philosophin Simone Weil (1909-1943), die an Bernanos Briefe aus dem Kampfgeschehen des spanischen Bürgerkriegs schrieb, und Albert Camus (1913-1960), der in einem Antwortbrief an Gabriel Marcel („Warum Spanien?“, in: A. Camus, Fragen der Zeit, Reinbek 1977, S. 71) die mitfühlende Anteilnahme von Georges Bernanos an dem Geschehen des spanischen Bürgerkriegs (1936-39) lobend hervorhob.
Der katholische Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar schrieb ein umfangreiches Buch über Bernanos' Leben und sein Gesamtwerk: Gelebte Kirche – Bernanos (3. Auflage 1988).
Zitate
„Georges Bernanos ist lebenslang ein gläubiger Katholik gewesen, ein selbstbestimmter freilich, dessen Gewissheit der Glaube und dessen Verzweiflung die Kirche war.“ (Walter Heist)
„Seine Freude in der Freude des anderen finden können, das ist das Geheimnis des Glücks.“ (Georges Bernanos)
„Das Fieber der Jugend hält den Rest der Welt auf Normaltemperatur.“ (Georges Bernanos)
„Lehren, mein lieber junger Mann, das ist kein Spaß. Gottes Wort, das ist glühendes Eisen. Und du willst es lehren, indem du es mit der Zange anfasst, um dir die Finger nicht zu verbrennen! Du willst nicht mit beiden Händen danach greifen? Dass ich nicht lache!“ (Georges Bernanos)
„Viel leichter ist es zu meinen, sich zu verachten. Die Gnade besteht darin, sich zu vergessen. Aber wenn in uns jeder Stolz gestorben ist, wird es die Gnade über Gnade sein, sich selbst demütig zu lieben, wie ein leidendes Glied am Leibe Christi.“ (Georges Bernanos)
„Das große Unglück dieser Welt ist nicht, dass es Gottlose gibt, sondern dass wir so mittelmäßige Christen sind!“ (Georges Bernanos)
„Es gibt in der Welt nur einen Irrtum, nur ein Unheil: Nicht genug lieben zu können.“ (Georges Bernanos)
„Nur eins ist wichtig, ob wir tapfer oder feige sind: immer dort zu sein, wo Gott uns haben will und im Übrigen ihm zu vertrauen.“ (Georges Bernanos)
„Unsere Tragödie besteht genaugenommen darin, daß sich der Lebensrhythmus nicht mehr nach dem Herzschlag richtet, sondern nach der rasenden Umdrehungsgeschwindigkeit von Turbinen, die sich täglich steigern!“ (Georges Bernanos)
"Ich weiß nicht, für wen ich schreibe, aber ich weiß, warum ich schreibe. Ich schreibe, um mich zu rechtfertigen.- In wessen Augen? (...)in den Augen des Kindes, das ich einst war. Es kommt nicht darauf an, ob es aufgehört hat mit mir zu sprechen oder nicht; ich werde nie in sein Schweigen einwilligen, ich werde ihm immer antworten." (Georges Bernanos in Les enfants humiliés)
Werke
- Sous le Soleil de Satan (1926) - Die Sonne Satans
- L’Imposture (1927) - Der Betrug
- La Joie (1929) - Die Freude (Gewinner des Prix Femina)
- L’Imposture und La Joie erschienen in Deutschland zusammen als Der Abtrünnige
- La Grande Peur des Bien-pensants (1931)
- Journal d’un Curé de Campagne (1936) - Tagebuch eines Landpfarrers (Grand Prix du Roman de l'Académie francaise im Jahr 1943)
- Nouvelle Histoire de Mouchette (1937) - Die neue Geschichte der Mouchette
- Les Grands Cimetières sous la Lune (1938) - Die großen Friedhöfe unter dem Mond
- Monsieur Ouine (1943) - Die tote Gemeinde
- La France contre les Robots (1945) – Wider die Roboter. [Übers. von Werner von Grünau.] Köln, G. Kiepenheuer, 1949. Eine argumentative Verwünschung der Allmacht der Technik, dessen, was man zwanzig Jahre später "Das System" nennen wird; die französische Zivilisation wird von Bernanos als unvereinbar mit einer Verherrlichung der Welt der Technik angesehen, wie er sie ganz besonders in den angelsächsischen Ländern verwirklicht sieht. Seine Analyse, in der er eine Revolte der Franzosen prophezeit, übersättigt von einer Gesellschaft voller materieller Güter und Werbung, nimmt einen Teil der Studentenunruhen vom Mai 1968 vorweg und hat auch einen Bezug zu den - ab Mitte der 60er Jahre einsetzenden - gesellschaftskritischen Bewegungen.
- Français, si vous saviez! (1945-1948, dt. unter dem Titel: Europäer - wenn ihr wüßtet ..., Essen 1962.
- Les Dialogues des Carmélites (1949, 1957) - Die begnadete Angst: Bernanos schrieb einige Zeit vor seinem Tod dieses Drehbuch nach der Erzählung Die Letzte am Schafott von Gertrud von Le Fort, die wiederum die wahre Geschichte der Karmelitinnen aufgreift, die auf der Place de Grève auf der Guillotine hingerichtet wurden. Das Stück wurde von M. Tassencourt und A. Béguin für die Bühne bearbeitet. Eine Vertonung als Oper Dialogues des Carmélites unternahm Francis Poulenc (Uraufführung 1957).
Ausgaben
- M. Estève (Hg.): Œuvres romanesques, 1961.
- J. Murray (Hg.): Correspondance, gesammelt v. Albert Béguin, 1971 ; "Lettres retrouvées", 1983 (3 Bände).
- M. Estève (Hg.): Essais et écrits de combat, 1972.
- Gesamtausgaben : "Romans (suivis de Dialogues des carmélites)" (1 Band), "Essais et écrits de combat" (2 Bände), Paris, Gallimard, Bibliothèque de la Pléiade, 1961-1991.
Verfilmungen
- 1950: Tagebuch eines Landpfarrers (Journal d’un Curé de Campagne)
- 1959: Opfergang einer Nonne (Le dialogue des Carmelites)
- 1966: Mouchette
- 1987: Die Sonne Satans (Sous le soleil de Satan)
Literatur
- Hans Urs von Balthasar: Gelebte Kirche - Bernanos (1. Aufl. Köln-Olten 1954, u.ö.)
- Albert Béguin: Georges Bernanos in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, übers. von Guido G. Meister, Reinbek b. Hamburg 1958.
- Joseph Jurt: Essai de bibliographie des études ... consacrées à Georges Bernanos (3 Bde., Paris 1972-1975)
- M. Gosselin: L’écriture du surnaturel dans l’œuvre romanesque de Georges Bernanos (Paris 1979)
- A. R. Clark: La France dans l’histoire selon Bernanos (Paris 1983)
- P. Gille: Bernanos et l’angoisse. Étude de l’œuvre romanesque (Nancy 1984)
- J.-L. Bernanos: Georges Bernanos à la merci des passants, (Paris 1986)
- M. Kohlhauer: Bernanos und die Utopie (1992)
- Veit Neumann: Die Theologie des Renouveau catholique. Glaubensreflexion französischer Schriftsteller in der Moderne am Beispiel von Georges Bernanos und François Mauriac (Frankfurt a. M. 2007)
Weblinks
Wikiquote: Georges Bernanos – Zitate
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