Gerrit Engelke

Gerrit Engelke
Gedenkstein
hergestellt aus dem Turm der ehemaligen Werkkunstschule
Tafel zum Gedenkstein

Gerrit Engelke (* 21. Oktober 1890 in Hannover; † 13. Oktober 1918 bei Cambrai, Frankreich) war ein deutscher Arbeiterdichter.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Sein Vater, ursprünglich kaufmännischer Angestellter, dann Inhaber eines Weißwarengeschäftes, wanderte 1904 nach Amerika aus, Mutter und Schwester folgten ihm 1910.

Nach der Volksschule schloss er seine Malerlehre mit der Gesellenprüfung ab und war ab 1909 in verschiedenen Unternehmen beschäftigt. Nebenher besuchte er Abendkurse in der hannoverschen Kunstgewerbeschule und erhielt dort zwei Preise. Das Museum August Kestner kaufte 1914 80 Aquarelle und Zeichnungen von ihm an.

Nachdem er 1913 Richard Dehmel begegnete, verhalf ihm dieser zu ersten Publikationen in Paul Zechs Zeitschrift Das neue Pathos und vermittelte ihn an die Werkleute auf Haus Nyland, die in ihre Zeitschrift Quadriga Engelkes Textsammlung Dampforgel und Singstimme. Rhythmen aufnahmen. Engelke wurde Mitglied bei den Werkleuten und verfasste gemeinsam mit Heinrich Lersch und Karl Zielke den Kriegslyrikband Schulter an Schulter. Gedichte von drei Arbeitern (1916).

1915 bot ihm Lersch an, ihn für seine Kesselschmiede zu reklamieren. Engelke lehnte ab und wurde zum Kriegsdienst einberufen. Am 11. Oktober 1918 geriet er als Soldat der deutschen Armee bei Cambrai schwer verwundet in Kriegsgefangenschaft und starb zwei Tage später in einem britischen Lazarett. Er fand seine letzte Ruhe auf dem Soldatenfriedhof von Étaples an der französischen Kanalküste.

Leistung

Seine deutlich zeitbezogene Dichtung gibt seinem Werk innerhalb der Arbeiterdichtung eine Sonderstellung. Er fängt die Zeitstimmung auf einzigartige Weise ein in seinen lyrischen Zeugnissen zu Großstadt und Technik. Er verzichtet auf tradierte künstlerische Möglichkeiten und entwickelt neue Formen, seine erlebten Welten sprachlich zu fassen. Doch wie die anderen Arbeiterdichter auch (Karl Bröger, Heinrich Lersch, Ernst Preczang, Bruno Schönlank) zog er sich auf politisch unverbindliche Positionen zurück. Ob sich der früh Verstorbene anders als die Genannten entwickelt hätte, bleibt Spekulation.

Ehrungen

  • 1938 wurde die Gerrit-Engelke-Straße im Stadtteil List angelegt[1]
  • Das Gebäude der Gerrit-Engelke-Schule am Welfenplatz in Hannover wurde jedoch 1978 von der Realschule Werner-von-Siemens Hannover übernommen. [2]
  • Zum Gedächtnis an den Arbeiterdichter verlieh die Stadt Hannover zwischen 1979 und 2005 alle zwei Jahre den Gerrit-Engelke-Preis für Literatur.

Werke

  • Schulter an Schulter – Gedichte von 3 Arbeitern, zus. mit H. Lersch und K. Zielke, Jena (Verlag Bernhard Vopelius) 1916.
  • Rhythmus des neuen Europa – Gedichte, hrsg. aus dem Nachlass von Jakob Kneip, Jena (Diederichs) 1921.
  • Gesang der Welt – Gedichte, Tagebuchblätter und Briefe, hrsg. von Walther G. Oschilewski, Berlin (Arbeiterjugend) 1927.
  • Vermächtnis, aus dem Nachlass hrsg. von Jakob Kneip, Leipzig (List) 1937.
  • Das Gesamtwerk. Rhythmus des neuen Europa, mit einer Einführung und hrsg. von Hermann Blome, München (List) 1960, Reprint: Hannover (Postskriptum) 1979 ISBN 3-922382-02-9

Anthologien

  • Lyrik des expressionistischen Jahrzehnts. Von den Wegbereitern bis zum Dada. mit einer Einleitung von Gottfried Benn, dtv, München 1962
  • Fritz Hofmann, Joachim Schreck, Manfred Wolter (Hrsg.) unter Mitarbeit von Bernd Jentzsch: Über die großen Städte. Gedichte 1885–1967. Aufbau, Berlin und Weimar 1968
  • Wolfgang Rothe (Hrsg.): Deutsche Großstadtlyrik vom Naturalismus bis zur Gegenwart. Reclam, Stuttgart 1973, ISBN 3-15-009448-8
  • Günter Heintz (Hrsg.): Deutsche Arbeiterdichtung 1910–1933. Reclam, Stuttgart 1974, ISBN 3-15-009700-2

Literatur

  • Hans Schwerte: Engelke, Gerrit. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, S. 516 f.
  • Hans Hermann Schulz: Das Volkstumserlebnis des Arbeiters in der Dichtung von Gerrit Engelke, Heinrich Lersch und Karl Bröger. Ein Beitrag zur Morphologie des Problems. Bd. 5 der Reihe: Stadion – Arbeiten aus dem Germanistischen Seminar der Universität Berlin, hrsg. von Franz Koch, Würzburg (Triltsch) 1940.
  • Christoph Rülcker: Ideologie der Arbeiterdichtung 1914–1933. Eine wissenssoziologische Untersuchung. Metzler, Stuttgart 1970
  • Alfred Klein: Im Auftrag ihrer Klasse. Weg und Leistung der deutschen Arbeiterschriftsteller 1918–1933. Aufbau, Berlin und Weimar 1972
  • Österreichische Gesellschaft für Kulturpolitik (Hrsg.): Arbeiterdichtung. Analysen – Bekenntnisse – Dokumentationen. Hammer, Wuppertal 1973, ISBN 3-87294-041-4
  • Christoph Rülcker: Proletarische Dichtung ohne Klassenbewußtsein. Zu Anspruch und Struktur sozialdemokratischer Arbeiterliteratur 1918–1933. In: Wolfgang Rothe (Hrsg.): Die deutsche Literatur in der Weimarer Republik. Reclam, Stuttgart 1974
  • Fritz-Hüser-Institut für Deutsche und Ausländische Arbeiterliteratur (Hrsg.): Verzeichnis der Archivbestände zu den Arbeiterdichtern Paul Zech (1881–1946), Gerrit Engelke (1890–1918) und Max Barthel (1893–1975) sowie Übersicht über den Nachlass von Heinrich Lersch und Katalog zur Ausstellung 'Arbeiterdichter zu Krieg und Arbeitswelt'. Das Institut, Dortmund 1984

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Quelle: Helmut Zimmermann: Die Straßennamen in Hannover, Verlag Hahnsche Buchhandlung Hannover, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 91
  2. Quelle: [1]

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