Godefroy de Bouillon

Godefroy de Bouillon
Gottfried von Bouillon auf einem Fresko in der Burg Manta

Gottfried von Bouillon (französisch Godefroy de Bouillon; * um 1060; † 18. Juli 1100 in Jerusalem) war ein Anführer beim Ersten Kreuzzug; nach der Eroberung Jerusalems wurde er der erste Regent des neu gegründeten Königreichs Jerusalem, lehnte allerdings die Königswürde ab. Er war ein Sohn von Eustach II., Graf von Boulogne, und Ida, Tochter des Herzogs Gottfried III. von Niederlothringen († 1065).

Inhaltsverzeichnis

Die Jahre in Europa

Gottfried von Bouillon wurde von seinem Onkel Herzog Gottfried IV. von Niederlothringen († 1076) als Nachfolger bestimmt, doch 1076, im Todesjahr des Herzogs, übergab ihm König Heinrich IV. lediglich die Mark Antwerpen, die Teil der Herrschaft Bouillon war. Dennoch kämpfte er für Heinrich an der Elster und im Investiturstreit gegen Rom, so dass ihm 1089 das Herzogtum Niederlothringen dann doch noch zu Lehen gegeben wurde. 1077 hatte Gottfried die Festung Bouillon belagert, wodurch er seinen Zunamen bekam.

Lothringen war stark durch die Cluniazensische Reform beeinflusst, und Gottfried war der Überlieferung nach ein frommer Mann, nach den Maßstäben seiner Zeit. Obwohl er unter Heinrich IV. gegen den Papst gekämpft hatte und gegen den Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden, verkaufte er seinen gesamten Besitz und schloss sich 1095 nach der Synode von Clermont dem Ersten Kreuzzug an.

Der Erste Kreuzzug

Hauptartikel: Erster Kreuzzug

Gemeinsam mit seinen Brüdern Eustach III. und Balduin von Boulogne (dem zukünftigen Balduin I. von Jerusalem) führte er ab August 1096 eine etwa 20.000 Mann starke Armee von Lothringen den Rhein und die Donau entlang auf den Balkan. Nach einigen Kämpfen in Ungarn, wo es ihm nicht gelang, seine Männer im christlichen Land an Plünderungen zu hindern, erreichte er im November als erster Kreuzfahrer Konstantinopel. Sehr schnell geriet er in Konflikt mit dem byzantinischen Kaiser Alexios I., der die vor den Toren seiner Stadt auftauchenden „befreundeten Ritter“ mit äußerstem Misstrauen betrachtete und von Gottfried einen Lehnseid auf das byzantinische Kaiserreich verlangte, damit Konstantinopel sicher blieb und alle Gebiete, die die Kreuzfahrer von den Moslems erobern würden, unter seine Oberhoheit gerieten. Wahrscheinlich legte Gottfried den Eid im Januar 1097 ab, wie auch die meisten anderen Heerführer der Kreuzzüge auf ihrem Weg durch Konstantinopel.

Mit dem Zusammentreffen der Kreuzfahrer in Konstantinopel wurde Gottfried zu einer Nebenfigur im Kreuzzug, da von da an Bohemund von Tarent und Raimund IV. von Toulouse den Lauf der Ereignisse bestimmten. Gottfrieds einzige erwähnenswerte Leistung in dieser Zeit war sein Beitrag bei der Befreiung von Bohemunds Armee in der Schlacht von Doryläum am 1. Juli 1097, wo dieser von den Seldschuken unter Kılıç Arslan I. eingekesselt worden war. Dabei war Gottfrieds Armee ebenfalls umzingelt, bis eine weitere Kreuzfahrergruppe unter Adhemar de Monteil, dem Bischof von Le Puy-en-Velay und päpstlichen Legaten für den Kreuzzug das Lager der Seldschuken angriff.

1099, nach der achtmonatigen Belagerung und schließlichen Einnahme von Antiochia, entstand unter den Kreuzfahrern Uneinigkeit über das weitere Vorgehen. Die meisten Fußsoldaten wollten weiter nach Süden, nach Jerusalem, doch Raimund, der nach dem Tod Adhemars als ranghöchster Adliger der Anführer des Kreuzzugs war, zögerte im Streit mit Bohemund mit dem Weitermarsch. Gottfried nutzte die Zeit, um seinen Bruder Balduin, der inzwischen in den Besitz der Grafschaft Edessa gelangt war, in dessen Hauptstadt zu besuchen. Er vereinigte sich erst kurz vor dem endlichen Aufbruch nach Jerusalem (Januar 1099) bei Maara wieder mit dem Hauptheer.

Im Februar 1099 nahm Gottfried an der Belagerung der Burg Arqa nahe Tripolis teil. Während dieser schloss sich ihm Tankred von Tarent, der sich mit Raimund zerstritten hatte, an und trat zu ihm in ein besonderes Treue- und Dienstverhältnis. Dies kam der Stellung Gottfrieds wesentlich zugute. Dem Murren des nach Jerusalem drängenden Heeres nachgebend, war es schließlich auch Gottfried, der entgegen dem Willen Raimunds am 15. Mai 1099 die Aufhebung der Belagerung Arqas veranlasste.

Bei der Belagerung von Jerusalem fand Gottfried Gelegenheit sich besonders hervorzutun. Am Nachmittag des 15. Juli 1099 drang er mit den Seinen als erster in die Stadt ein.

Nachdem Raimund von Toulouse die Königskrone von Jerusalem abgelehnt hatte, weil er sich nicht in der Stadt zum König krönen lassen wollte, in der Jesus Christus die Dornenkrone getragen hatte, fand Gottfried einen Ausweg, indem er sich "Beschützer des heiligen Grabes" (advocatus sancti sepulchri) nennen ließ. Damit konnte er seiner weltlichen und geistlichen Führungsposition gerecht werden: Er war (weltlicher) Herrscher der Stadt und hatte dennoch dem geistlichen Charakter dieser Machtstellung Rechnung getragen. [1]

Das Königreich Jerusalem

Während seiner kurzen Regierungszeit von einem Jahr musste Gottfried das neue Königreich gegen die bisherigen Herren, die Fatimiden aus Ägypten, verteidigen, die dann am 12. August in der Schlacht von Askalon geschlagen wurden. Er sah sich auch der Opposition von Dagobert von Pisa, dem Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, der sich mit Raimund verbündet hatte, gegenüber.

Nach der Schlacht von Askalon betrachteten die Kreuzzugsteilnehmer ihr Kreuzzugsgelübde als erfüllt und die meisten von ihnen kehrten nach Europa zurück. Dennoch betrieb Gottfried 1100 die Ausdehnung seiner Autorität, befestigte beispielsweise die Hafenstadt Jaffa und plante weitere Eroberungen. Gleichzeitig ging der Streit mit Dagobert weiter, so dass Gottfried und Bohemund ihn schließlich durch Arnulf von Chocques ersetzen wollten. Dagobert wollte das Königreich in eine Theokratie unter der Oberhoheit des Papstes umwandeln und drängte Gottfried dazu, Jerusalem und Jaffa an die Kirche zu geben, sobald ein säkulares Königreich in Kairo errichtet werden könne. Gottfried starb jedoch im Juli, und die Frage, wer Jerusalem regieren solle, blieb zunächst unbeantwortet. Die Befürworter einer säkularen Monarchie forderten Gottfrieds Bruder Balduin auf, die Krone zu nehmen, Dagobert gab nach und krönte Balduin am 25. Dezember 1100 zum König von Jerusalem.

Tod

Über Gottfrieds Tod im Juli 1100 existieren verschiedene Aussagen. Nach dem Bericht das arabischen Chronisten Ibn al-Qalanisi soll er während der Belagerung von Akko durch einen Pfeil getötet worden sein. Christliche Quellen erwähnen dies jedoch nicht, Albert von Aachen und Ekkehard von Aura schreiben dagegen, er sei in Caesarea erkrankt und an dieser Krankheit in Jerusalem gestorben. Es gab auch Gerüchte, die von Vergiftung sprachen, doch diese konnten nicht bestätigt werden.[2] Gottfried wurde in der Grabeskirche in Jerusalem beigesetzt, die Grabplatte mit einfacher Inschrift wurde 1808 entfernt.

Gottfried in Geschichte und Legende

Bronzefigur von Gottfried von Bouillon in der Hofkirche (Innsbruck)

Da Gottfried der erste Herrscher über Jerusalem war, wurde er später christlich idealisiert und mythisiert: er wurde als Anführer des Kreuzzugs, König von Jerusalem und als Gesetzgeber bezeichnet, der die Schwurgerichte in Jerusalem einführte. Seit dem 14. Jahrhundert wurde er zu den idealen Rittern gezählt, die als die Neun Guten Helden bekannt wurden. Tatsächlich war all dies Legendenbildung. Adhemar, Raimund und Bohemund führten den Kreuzzug, Balduin war der erste „König“, und die Schwurgerichte das Ergebnis einer schrittweisen Entwicklung.

Gottfrieds Rolle im Kreuzzug wurde zunächst von Albert von Aachen, dem anonymen Autor der Gesta Francorum, und von Raimund von Aguilers beschrieben. In der Romanliteratur war Gottfried der Held zweier französischer Chansons de geste, die den Kreuzzug behandeln, die Chanson d’Antioche und die Chanson de Jerusalem. Seine Familie und sein Leben vor dem Kreuzzug wurden ebenso Thema von Legenden. Sein Großvater sei Helias, Ritter des Schwans, gewesen, einer der Brüder, deren Abenteuer in der Schwanenritterlegende, einer Abwandlung der Lohengrin-Legende, erzählt werden. Torquato Tasso feierte ihn in seinem großen Epos Gerusalemme liberata (1575).

In einer weitverbreiteten jüdischen Legende wird Gottfried von Bouillon ein bedrohlicher Charakter zugeschrieben: Gottfried lässt Raschi (Rabbi Schlomo ben Jizchak) rufen, um sich von ihm den Ausgang des Kreuzzuges vorhersagen zu lassen. Als Raschi nicht bei dem Fürsten erscheint, sucht dieser ihn im Lehrhaus in Begleitung seiner Truppen auf. Raschi prophezeit ihm den unglücklichen Ausgang des Kreuzzuges in Einzelheiten, deren letztes Detail sich erfüllt, als der zurückkehrende Gottfried Raschis Heimatstadt betritt.

Pierre Plantard bezeichnete Gottfried von Bouillon als Gründer einer „Bruderschaft vom Berg Zion“ (Prieuré de Sion). Die angeblichen Quellen wurden als Fälschungen entlarvt, aber das Thema wurde immer wieder in Verschwörungstheorien in Literatur und Populärkultur aufgegriffen, beispielsweise im Roman Sakrileg.

Quellen

Literatur

  • Amin Maalouf: Der Heilige Krieg der Barbaren. Die Kreuzzüge aus Sicht der Araber. Kreuzlingen 2001. ISBN 3896314203
  • Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Leipzig 1879. Band IX, S.471-473.
  • Diederich von dem Werder: Gottfried von Bulljon oder das erlösete Jerusalem, hrsg. Gerhard Dünnhaupt. Tübingen 1974 (Ndr. d. Ausg. 1626). ISBN 3-484-16020-9
  • Lucia Raspe: Jüdische Hagiographie im mittelalterlichen Aschkenas. Tübingen 2006, S. 199-241.
  • Dr. Heinrich Graetz: Volkstümliche Geschichte der Juden, I, O-Leiner 1914; Gilbert und Lilly Klapermann: Geschichte des jüdischen Volkes, I, 1958 Feldheim, Schulbuch auf traditioneller jüdischer Grundlage mit vielen Karten, Bildern und Fragen
  • Rabbi Joseph Telushkin: Jewish Literacy, Morrow NYC 1991; Haim Hillel Ben-Sasson: Die Geschichte des jüdischen Volkes, Dvir 1969 / CH-Beck 1978

Bilder Gottfrieds

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Arnold Bühler et alii: Das Mittelalter, Stuttgart 2004, S.248.
  2. Amin Maalouf: Der Heilige Krieg der Barbaren. Die Kreuzzüge aus Sicht der Araber, Kreuzlingen 2001.
Vorgänger Amt Nachfolger
Konrad Herzog von Niederlothringen
1089-1100
Heinrich
-- König von Jerusalem
1099–1100
Balduin I.


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