Godorfer Hafen

Godorfer Hafen
Godorfer Hafen, Einfahrt

Der Godorfer Hafen ist die 1960 eingeführte Bezeichnung für den Wesselinger Hafen des früheren Landkreises Köln. Dieser bei Wesseling am Rhein liegende Rheinhafen ist der umschlagstärkste Hafen von Köln. Er versorgt unter anderem die chemische Industrie der Region mit Mineralöl. Die geplante Erweiterung um ein viertes Hafenbecken ist politisch umstritten.

Der Wesselinger Hafen wurde 1960 umbenannt.[1] Damals lagen sowohl Wesseling als auch Godorf im Landkreis Köln. Die Umbenennung wies auf die Neuausrichtung auf die Rheinland Raffinerie der Royal Dutch Shell in Godorf hin. Das damalige Ausbauprojekt wurde nach der Eingemeindung Godorfs nach Köln liegengelassen.

In den 1990er Jahren kam die Ausbau-Diskussion erneut auf. Neben wirtschaftlichen Argumenten führen Befürworter vor allem der Verkehrsnutzen als Grund an. Sie erwarten von der Erweiterung des Godorfer Hafens eine erhebliche Verkehrsentlastung in anderen Teilen Kölns.[2] Kritiker des Ausbaus und vor allem die Anwohner vor Ort befürchten dagegen den Verlust eines Naherholungsraum des Kölner Südens und des Naturschutzgebiets Sürther Aue.[3]

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

1901 eröffnete die Querbahn (HGK) im Auftrage der Cöln-Bonner Kreisbahn. Diese 7 Kilometer lange Güterverkehrsstrecke Brühl - Vochem - Berzdorf - Wesseling - Godorf führte zum Bau des Godorfer Hafens. Dieser ging 1901 in Betrieb. 1928 folgte die Inbetriebnahme des ersten Hafenbeckens. 1960/61 wurden der Ölhafen (Hafenbecken II) und der Gashafen (Hafenbecken III) eröffnet. 1992 ging die Köln-Bonner Eisenbahn (KBE) als Betreiber des Godorfer Hafens im Stadtwerke Köln Konzern auf. Der Godorfer Hafen wurde Teil der Häfen und Güterverkehr Köln AG.[4] 2006 wurde der Güterverkehr auf der Rheinuferbahn eingestellt.

Der Godorfer Hafen hat zurzeit mit drei Hafenbecken eine Wasserfläche von 192.900 Quadratmeter und eine Landfläche von 170.200 Quadratmetern. 2009 wurden dort rund 1.224.000 Tonnen Schüttgüter – vor allem Kies, Salz und Feuchthydrat – sowie 4.843.000 Tonnen flüssige und gasförmige Kohlenwasserstoffe umgeschlagen.

Beschreibung des Hafens

Flüssiggutlöschanlage

Der Godorfer Hafen besteht derzeit aus drei Becken, in denen hauptsächlich Schüttgüter und Flüssiggüter umgeschlagen werden. Von den Anlegeplätzen für den Umschlag von Flüssiggütern führen Pipelines direkt in die Werke der umliegenden Unternehmen Shell und Basell.

Direkt am Strom werden Schüttgüter (u. a. Kies oder Feuchthydrat) mit Portalwippdrehkränen umgeschlagen. Am Hafen befindet sich ein Bahnhof der Häfen und Güterverkehr Köln AG. Der Hafen liegt in der Nähe des Kölner Autobahnrings an der Ausfahrt Godorf der Bundesautobahn 555.

Kontroverse um die Erweiterung des Hafens

Ausbaubefürworter

12 Heißluftballons zeigen, wie viel CO2-Volumen der Ausbau des Godorfer Hafens spart.

Die Häfen und Güterverkehr Köln (HGK) strebt seit Anfang der 1990er Jahre[5] den Ausbau um ein viertes Hafenbecken an. Im September 2006 beschloss die Bezirksregierung Köln die Planfeststellung zur Hafenerweiterung. Aufsichtsratsvorsitzender der HGK war zu diesem Zeitpunkt Johannes Eckard Waschek. Seit Januar 2010 sitzt der SPD-Politiker Michael Zimmermann[6] dem Aufsichtsrat der HGK vor.[7]

Die HGK gibt an, mit der Erweiterung auf das seit Jahren steigende Verkehrsaufkommen einzugehen. Verkehrswissenschaftler prognostizieren eine Verdopplung des Lkw-Verkehrs in der Region bis zum Jahr 2025.[8] Besonders im Containerverkehr seien hohe Wachstumsraten vorhanden, für die Kapazitäten ausgebaut werden müssten. Hier habe Köln einen Nachteil, da die Stadt nur über ein geeignetes Terminal verfüge. Allein durch den Wegfall von Transporten der Container aus Industrie-Unternehmen im Kölner Süden an den Niehler Hafen im Kölner Norden könnten pro Jahr rund 50.000 Lkw-Fahrten quer durch das Kölner Stadtgebiet eingespart werden.[9] In zahlreichen See- und Binnenhäfen würden die Kapazitäten für Container und Kombinierter Verkehr bereits angepasst. Auch in Köln sei dies bereits im Hafen Köln Niehl geschehen. Auch im Hinblick auf die dort ansässige Industrie, die diesen Ausbau fordert,[10] sei eine Stärkung des Godorfer Hafens wichtig. Deshalb unterstützen Industrie- und Handelskammer und Deutscher Gewerkschaftsbund den Ausbau.[11]

Ein von der Stadt Köln in Auftrag gegebenes Gutachten des verkehrswissenschaftlichen Instituts der Universität zu Köln belegt diese positive Wirkung für den Standort Köln.[12] Weitere Befürworter sind vor allem die Kölner SPD[13] sowie die Kölner CDU.

Die Ausbaubefürworter argumentieren weiter, eine gute Infrastruktur sei ein wichtiger Standortfaktor für einen Industriestandort wie Köln. Er schaffe Arbeitsplätze und erhalte die Wettbewerbsfähigkeit. Dass mehr Containerumschlagkapazitäten benötigt würden, stehe angesichts des enormen Wachstums völlig außer Frage.

Am 5. Juli 2011 ließ die HGK 12 Heißluftballons in den Kölner Himmel aufsteigen. Damit wollte die Hafengesellschaft zeigen, wie viel Volumen CO2 durch die Erweiterung des Godorfer Hafens täglich eingespart wird.[14] Die HGK gibt an, dass pro Jahr 47 Millionen Lkw-Kilometer auf das Binnenschiff verlagert werden könnten und bezieht sich dabei auf das Wirtschaftlichkeitsgutachten der Uni Köln.[15] Laut HGK könnte der Lkw-Verkehr mit dem Ausbau des Godorfer Hafens reduziert werden und pro Tag rund 52.700 Kubikmeter CO2 - so viel wie die Füllmenge von 12 Heißluftballons - eingespart werden.[16]

Ausbaugegner

Kritische Beobachter sowie Anwohner vor Ort bezweifeln die Notwendigkeit des Ausbaus. Ein von Ausbaugegnern erstelltes Gutachten stellt die Wirtschaftlichkeit in Frage.[17][18] Weiterhin werden der Verlust des Überschwemmungsgebietes für die Innenstadt sowie von der Lagerung von Gefahrgut ausgehende Risiken befürchtet. Eine Katastrophenversicherung sei ungeprüft geblieben und es fehle die Abstimmung mit dem derzeitigen Ausbau der angrenzenden Wohngebiete im Sürther Feld einerseits und der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheines (IKSR) andererseits.[19] Dementsprechend erging im November 2007 eine offizielle Anfrage der IKSR.[20]

Naturschutzverbände argumentieren zudem, die Zerstörung des Naturschutzgebietes Sürther Aue durch die Hafenerweiterung sei unverhältnismäßig, und die von der HGK zur Erfüllung gesetzlicher Auflagen in Aussicht gestellten Ersatzflächen im Norden Kölns sei allein durch ihre räumliche Entfernung und die anders gelagerten Standortfaktoren und Biotoptypen, ungeeignet, den Verlust zu kompensieren. Um einen geeigneten Ersatzlebensraum für die bedrohten Arten herzustellen, wäre die Bereitstellung einer ebenso großen Naturschutzfläche in Sürth mit einer vorlaufenden Entwicklungszeit von etwa 15 Jahren erforderlich.[21]. Die HGK lehnt wiederum einen solchen Vorlauf als unverhältnismäßig ab.

Ratsbeschluss und Bürgerbegehren

Im August 2007 beschloss der Rat der Stadt Köln mit einer absoluten Mehrheit der Stimmen (CDU und SPD, dagegen FDP, DIE LINKE und Grüne) den Ausbau des Godorfer Hafens.[22] Die Ausbaugegner initiierten ein Bürgerbegehren gegen den Ratsbeschluss. Es wurde am 30. November 2007 mit 37.808 der Stadt übergebenen Stimmbelegen abgeschlossen.[23][24] Dieses wurde vom Rat der Stadt Köln mit juristischen Argumenten für unzulässig erklärt. Das Verwaltungsgericht Köln bestätigte diese Sicht des Rates.[25]

Mahnwache in der Sürther Aue

Seit Sonntag, dem 25. Januar 2009, 15 Uhr findet eine Mahnwache in der Sürther Aue statt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Köln gemeinsam mit der Aktionsgemeinschaft Contra Erweiterung Godorfer Hafen, dem NABIS e. V., Bündnis90/Die Grünen und der Bürgerinitiative Kölner Baumschützer hat die Mahnwache eingerichtet, um die Rodung und Abholzung der Sürther Aue durch die Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK), zu verhindern.[26] Ein erster Rodungsversuch am Donnerstag, 29. Januar 2009 wurde durch die Bürger vor Ort durch Umstellen eines Baggers verhindert.[27]

Gerichtliche Überprüfung und Baustopp

Mit drei Entscheidungen vom 11. August 2009, die am 2. September 2009 verkündet wurden, hob das Verwaltungsgericht Köln den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung aus formalen Gründen auf und stellte die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss wieder her, was faktisch einen Baustopp bedeutete.[28][29][30][31][32][33][34][35][36] Seitdem ruht die Baustelle. Gegen den Beschluss über die aufschiebende Wirkung legte die Bezirksregierung Beschwerde und gegen die den Planfeststellungsbeschluss aufhebenden Urteile Berufung ein. Am 29. Juli 2010 bestätigte das Oberverwaltungsgericht in Münster zunächst im vorläufigen Rechtsschutz die formalen Bedenken gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung und bestätigte damit den Baustopp.[37][38] Die HGK kündigte an, ein neues Genehmigungsverfahren zu beantragen.[39] Mit zwei Urteilen vom 15. März 2011 wies dann das Oberverwaltungsgericht in Münster auch die Berufungen in der Hauptsache zurück, nachdem bereits die Bezirksregierung ihre Berufungen zurückgenommen hatte und nur noch der Vorhabenträger seine Berufungen weiter betrieben hatte.[40][41]. Das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht legten ihren Entscheidungen übereinstimmend die Auffassung zugrunde, dass über das gesamte Vorhaben kein einheitliches Planfeststellungsverfahren der Bezirksregierung hätte durchgeführt werden dürfen, sondern dass einzelne Verfahren über verschiedene Vorhabenbestandteile hätten durchgeführt werden müssen, für die nicht ausschließlich die Bezirksregierung zuständig gewesen wäre. Mit dem Hafenvorhaben selbst setzen sich die Entscheidungen hingegen kaum auseinander.

Bürgerbefragung durch die Stadt Köln

Stimmzettel zur Bürgerbefragung
Informationsveranstaltung am 28. Juni 2011 im Gürzenich. Je drei Ausbaubefürworter und Ausbaugegner haben ihre Positionen dargelegt sowie Bürgerfragen beantwortet

Nachdem das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen den erteilten Planfeststellungsbeschluss endgültig verworfen hatte, führte die Stadt Köln am 10. Juli 2011 eine Bürgerbefragung durch. Stimmberechtigt waren alle Einwohner ab 16 Jahren. Der Rat der Stadt Köln hatte ein Quorum von 10 % festgelegt: Mindestens 87.901 Stimmen mussten auf eine der Antwortmöglichkeiten („Ja“ oder „Nein“) entfallen, damit sich der Rat in Form einer freiwilligen Selbstbindung an das Ergebnis der Bürgerbefragung anschließt. Da das Quorum, mit 57.307 Ja- und 72.787 Nein-Stimmen, nicht erreicht wurde, besteht der Rechtszustand von vor der Befragung fort.[42]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.wisoveg.de/koelnland2/artikel/hafen.html
  2. http://www.hafenerweiterung.de
  3. http://www.suerther-aue-retten.de
  4. http://www.stadtwerkekoeln.de/index.php?id=5
  5. http://www.bilderbogen.de/Archiv/Juni99/198190.htm 1896
  6. http://www.koelnspd.de/die-fraktion/der-fraktionsvorstand/
  7. http://www.hgk.de
  8. http://www.ksta.de/html/artikel/1252857530219.shtml
  9. http://www.ihk-koeln.de/upload/NewsletterOktNov2009_5421.pdf, S.10
  10. http://s253428520.online.de/godorf/pdf/presse/20091127.pdf
  11. http://www.ihk-koeln.de/Hafen_Godorf__gemeinsame_Erklaerung_von_DGB_Koeln_und_IHK_Koeln.AxCMS
  12. http://www.suerther-aue-retten.de/uploads/media/hgk-Gutachten-2007.pdf
  13. http://www.koelnspd.de/index.php?id=526&tx_ttnews=1254&tx_ttnews
  14. http://www.koelner-stadtanzeiger.de/html/artikel/1309767262088.shtml
  15. http://www.ksta.de/ks/images/mdsLink/hgk.pdf, S.64
  16. http://www.hgk.de/pdf/news/20110706.pdf
  17. http://www.suerther-aue-retten.de/uploads/media/Gutachten-Citizen-Langfassung.pdf
  18. http://www.suerther-aue-retten.de/uploads/media/Gutachten-Citizen-zusammenfassung.pdf
  19. http://www.hochwasser.de/index.php?id=187&backPID=7&tt_news=388
  20. http://www.hochwasser.de/fileadmin/dateien/dateien2007/20071109_iksr2f.pdf PDF: Schreiben der IKSR vom 9. November 2007 an die Stadt Köln
  21. http://www.bund-koeln.de/index.php?id=53
  22. http://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf-rat-gremien/rat/niederschriften/2007/niederschrift-30-08-2007.pdf
  23. http://www.buergerbegehren-hafen.de
  24. http://www.suerther-aue-retten.de/
  25. http://www.justiz.nrw.de/Presse/presse_weitere/PresseOVG/archiv/2008_02_Archiv/23_10_20081/index.php
  26. http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1231950834462.shtml
  27. http://www.ksta.de/html/artikel/1231945337808.shtml
  28. http://www.ksta.de/html/artikel/1246883848608.shtml
  29. http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1251882083621.shtml
  30. http://www.express.de/nachrichten/region/koeln/gericht-stoppt-ausbau-des-godorfer-hafens_artikel_1251217092115.html
  31. http://www.ksta.de/html/artikel/1246883848608.shtml
  32. http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1251882083621.shtml
  33. http://www.express.de/nachrichten/region/koeln/gericht-stoppt-ausbau-des-godorfer-hafens_artikel_1251217092115.html
  34. VG Köln, Beschluss vom 11. August 2009 ‑ 14 L 764/09 ‑, zitiert nach juris
  35. VG Köln, Urteil vom 11. August 2009 ‑ 14 K 4719/06 ‑, zitiert nach juris
  36. VG Köln, Urteil vom 11. August 2009 ‑ 14 K 4720/06 ‑, zitiert nach juris
  37. http://www.ovg.nrw.de/presse/pressemitteilungen/01_archiv/2010/12_100729/index.php
  38. OVG Münster, Beschluss vom 29. Juli 2010 ‑ 20 B 1320/09 ‑, KommJur 2010, S. 423 ff.
  39. http://www.hgk.de/pdf/presse/20110316.pdf
  40. OVG Münster, Urteil vom 15. März 2011 ‑ 20 A 2147/09 ‑, zitiert nach juris
  41. OVG Münster, Urteil vom 15. März 2011 ‑ 20 A 2148/09 ‑, DVBl 2011, S. 767 ff.
  42. Stadt Köln: [1]

Weblinks

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