- Grignard-Verbindungen
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Eine Grignard-Verbindung ist ein nach Victor Grignard (IPA: ɡriɲar) benanntes metallorganisches Reagenz. Dieser bekam für die Entdeckung der Grignard-Verbindungen 1912 den Nobelpreis für Chemie. Grignard-Verbindungen entstehen, wenn ein Alkylhalogenid (z. B. Brommethan BrCH3) oder ein Arylhalogenid (z. B. Chlorbenzen C6H5Cl) in Anwesenheit von trockenem Diethylether oder Tetrahydrofuran mit metallischem Magnesium reagiert. Die Grignard-Reaktion, die mit Hilfe dieser Reagenzien durchgeführt wird, ist eine wichtige Reaktion in der organischen Chemie.
Inhaltsverzeichnis
Bildung
Das Magnesium-Atom insertiert in die Kohlenstoff-Halogen-Bindung. Zwei freie Elektronenpaare von Ethermolekülen koordinieren an das Magnesium und stellen das zur Stabilität notwendige Elektronenoktett (siehe: Oktettregel) her.
Der erste Schritt der Synthese einer Magnesium-organischen Verbindung ist analog einer Sandmeyer-Reaktion zu beschreiben: Das Magnesium transferiert ein Elektron in das LUMO der organischen Verbindung unter Bildung eines Radikal-Anions. Hierin ist die negative Ladung möglicherweise direkt am Halogenid lokalisiert. Das Radikalanion zerfällt aufgrund der schwachen Kohlenstoff-Halogenid-Bindung. Der zweite Schritt ist eine oxidative Addition: Das einfach positiv geladene Magnesium-Ion geht mit dem organischen Rest eine Bindung ein. Je nach Lösungsmittel existiert dabei noch eine polare Bindung zum Halogenid.
Schlenk-Gleichgewicht
- → Hauptartikel Schlenk-Gleichgewicht
Das Schlenk-Gleichgewicht (benannt nach Wilhelm Schlenk) beschreibt die molekulare Zusammensetzung bzw. dessen Verteilung in Abhängigkeit des Lösungsmittels. In Diethylether liegt das Gleichgewicht praktisch vollständig auf der Seite von RMgX, in 1,4-Dioxan dagegen praktisch vollständig auf der Seite von R2Mg und in Tetrahydrofuran ziemlich in der Mitte zwischen beiden Extremfällen.
Eigenschaften
Die Grignard-Verbindung hat die allgemeine Formel RMgX (wobei X hier für eines der Halogene Chlor, Brom oder Iod steht). Alkyl- bzw. Arylfluoride reagieren normalerweise nicht zu einer Grignard-Verbindung. Sehr reaktive Verbindungen, wie Iodide, können Nebenreaktionen unterliegen, z.B. der Wurtz-Kupplung.
In der Grignard-Verbindung trägt das dem Magnesium benachbarte Kohlenstoffatom eine negative Partialladung; es wird sozusagen „umgepolt“. Diese Polarisierung ist so stark, dass z.B. ein nucleophiler Angriff an einem positiv polarisierten C-Atom stattfinden kann. Man kann die Stärke der Polarität durch den Ionencharakter ausdrücken, welcher 35% beträgt. Somit verhält es sich ähnlich wie ein Carbanion. Dies kann auch durch eine Resonanzformel verdeutlicht werden, welche eine ionische Bindung mit Ladungstrennung darstellt:[1]
Grignard-Reagenzien reagieren sehr heftig mit Wasser, -SH oder -NH-Gruppen. Dies liegt daran, dass Grignard-Verbindungen stark basisch reagieren.- Hydrolyse einer Grignard-Verbindung zum entsprechenden Alkan und Metallhalogenidhydroxid (Mischsalz)
Daher muss trockener Ether als Lösungsmittel für eine Grignard-Reaktion verwendet werden. Ähnlich, wenngleich teilweise heftiger, reagieren Organolithium-Verbindungen.
Verwendung der Grignard-Verbindungen
Die Bedeutung der Grignard-Verbindungen liegt darin, dass sie sehr gute Nukleophile sind. Sie reagieren unter der neuen Bildung einer Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung mit Elektrophilen, wie beispielsweise mit Ketonen, Aldehyden, Estern und Nitrilen. Grignard-Verbindungen reagieren mit Kohlenstoffdioxid zu Magnesium-Salzen von Carbonsäuren. Analog reagieren Grignard-Verbindungen mit Schwefelkohlenstoff. Die Hydrolyse der Umsetzungsprodukte mit Kohlendioxid liefert Carbonsäuren, R-CO2H, bzw. Dithiocarbonsäuren, R-CS2H. Bei der Reaktion von Grignard-Verbindungen mit elementarem Selen bilden sich durch eine Insertionsreaktion Substanzen des Typs RSeMgX; deren Hydrolyse liefert unter Sauerstoffausschluss Selenole, in Gegenwart von Luftsauerstoff entstehen durch Oxidation der Selenole Diselenide. Eine Methode, um CH-acide Verbindungen in einer Probe mit Grignard-Reagenzien quantitativ zu bestimmen, ist die Zerewitinow-Reaktion.
Technische Bedeutung
Früher hatte eine elektrochemische Variante der Grignard-Reaktion, also die Reaktionen von Grignard-Verbindungen eine Bedeutung bei der Herstellung von Tetraethylblei, einer dem Benzin zur Erhöhung der Klopffestigkeit zugesetzten organischen Bleiverbindung. In der Synthese von Arzneistoffen und anderen Feinchemikalien wird die Grignard-Reaktion häufig angewandt.
Literatur
- Heinz G. O. Becker, Werner Berger, Günter Domschke: Organikum. 22. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2004, ISBN 3-527-31148-3.
Einzelnachweise
- ↑ K.P.C. Vollhardt, N.E. Schore; H. Butenschön (Hrsg.): Organische Chemie. 4. Auflage. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 2005, ISBN 3-527-31380-X, S. 348-349.
Kategorien:- Stoffgruppe
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